Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 28. August 2013
Aktenzeichen: 21 K 4884/10

(VG Köln: Urteil v. 28.08.2013, Az.: 21 K 4884/10)

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar, für die Beigeladene jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch die Beklagte durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Beigeladene ist Rechtsnachfolgerin der E. C. bzw. der E. C. U. und als solche Eigentümerin der von dieser aufgebauten Telekommunikationsnetze und der hierzu gehörenden technischen Einrichtungen.

Die Beigeladene bietet ihren Wettbewerbern den Zugang zur Teilnehmeranschlussleitung (TAL) in verschiedenen Varianten an. Für die angebotenen Zugangsvarianten sind - je nach Ausführung - unterschiedliche monatliche Überlassungs- und einmalige Bereitstellungsentgelte vorgesehen.

Die Klägerin betreibt ein lokales Teilnehmernetz, über das sie Endkunden mit Telekommunikationsdienstleistungen versorgt. Die Klägerin schloss mit der Beigeladenen Standardverträge über den Zugang zu deren TAL ab. Leistungsgegenstand sind u.a. die reguläre Bereitstellung und die Kündigung des TAL-Zugangs, die Voranfrage sowie die Bereitstellung dieses Zugangs zu besonderen Zeiten. Die einzelnen Entgeltpositionen für den Zugang zur TAL sind in der Anlage Preise zum TAL-Vertrag geregelt.

Auf Antrag der Beigeladenen vom 21. April 2010 genehmigte die Beklagte mit Bescheid vom 30. Juni 2010 - BK 3c-10-087- für den Zeitraum vom 1. Juli 2010 bis zum 30. Juni 2012 u.a. einmalige Bereitstellungs- und Kündigungsentgelte für den Zugang zur TAL in 17 Zugangsvarianten. Dabei wird bei den unter Ziffer 1.2 genehmigten Kündigungsentgelten für jede Zugangsvariante zwischen Kündigungsentgelten ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden und Kündigungsentgelten mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden unterschieden, wobei für das Kündigungsentgelt ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden bei der Variante "D. 0 E1. " ein Betrag in Höhe von 16,05 Euro und bei dem Kündigungsentgelt mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden ein Betrag von 4,48 Euro genehmigt wurde. Für die Variante "D. 0 E1. hochbitratig" wurden die gleichen Entgelte genehmigt. Zur Begründung wird auf die Ausführungen der Beklagten in diesem Bescheid verwiesen.

Die Klägerin hat am 3. August 2010 Klage erhoben.

Zur Begründung weist sie darauf hin, dass sich die Klage auf die grundsätzliche Nicht-Genehmigungsfähigkeit der Kündigungsentgelte und auf die fehlende Berechtigung und Begründung der Unterteilung in Kündigungsentgelte "mit" und "ohne" eine gleichzeitige Umschaltung richte. Die Klage sei zulässig. Als Vertragspartnerin der Beigeladenen sei sie klagebefugt.

Die Klage sei auch begründet, da die von der Beigeladenen beantragten Kündigungsentgelte nicht genehmigungsfähig gewesen seien. Kündigungsentgelte seien nicht "grundsätzlich berechtigt" und hätten von der Beklagten nicht genehmigt werden dürfen. Leistungen, die ausschließlich im Interesse der Beigeladenen stünden und für die Leistungsbereitstellung nicht notwendig seien, dürfe diese ihr nicht in Rechnung stellen. Kosten für die Kündigung könnten den Bereitstellungskosten nicht zugeordnet werden und seien somit leistungsfremde Kosten. Besonders eklatant werde der fehlende Leistungszusammenhang dann, wenn die Beigeladene aufgrund Netzumbaumaßnahmen die Schließung ganzer Hauptverteilerstandorte ankündige und sie, die Klägerin, sowie andere TAL-Nachfrager die geschalteten TAL zur Sicherstellung des Endkundenanschlusses auf andere Zugangsvarianten migrieren müssten. Dass Kündigungsentgelte grundsätzlich nicht erhoben werden dürften, ergebe sich vor allem auch aus der zivilrechtlichen Rechtsprechung zur Rechtswidrigkeit von sog. "Deaktivierungsgebühren" im Mobilfunk, die auf die vorliegende Fallkonstellation übertragbar sei. Auch in anderen Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) werde festgestellt, dass für Tätigkeiten, die auch im Interesse des Klauselverwenders lägen, der Kunde kein Entgelt schulde. Diese Aufwendungen seien allgemeine, nicht auf die Kunden abwälzbare Betriebskosten des Klauselverwenders.

Die zusätzliche Erhebung eines Kündigungsentgeltes von dem "abgebenden Netzbetreiber" laufe zudem auf eine Doppelbezahlung von Schaltarbeiten hinaus. Soweit für die Bereitstellung der TAL sowohl im Falle der Übernahme als auch der Neuschaltung Schaltarbeiten erforderlich seien, müssten die Kosten der Schaltung verursachungsgerecht der bestellende Vorleistungsnachfrager oder die Beigeladene selbst als "aufnehmender Netzbetreiber" tragen. Die Beigeladene gehe vollkommen anders vor, wenn ein eigener Endkunde kündige, denn dann werde keine Leitung "abgeschaltet". Dem Endkunden würden zudem auch keine Kündigungsentgelte in Rechnung gestellt.

Insbesondere im Falle der Kündigungsentgelte für die Variante D. 0 E1. hochbitratig sei die Gefahr einer Doppelbezahlung gegeben. Im streitgegenständlichen Beschluss seien erstmals im Neuschaltungsentgelt für die Produktvariante D. 0 E1. hochbitratig auch Kosten für die Aufhebung der bisherigen Schaltung eingepreist worden, wodurch sich das Entgelt erhöht habe, wie sich aus den Ausführungen im streitgegenständlichen Beschluss ergebe. Für die Kündigung einer hochbitratigen Kupferdoppelader, die nicht übernommen werde, dürften also keinerlei Kündigungsentgelte mehr erhoben werden. Zum anderen würden die Kosten der Aufhebung auch dann mit den Neuschaltungsentgelten bei dieser Variante bezahlt, wenn gar keine Aufhebung vorgenommen und damit keinerlei Leistung diesbezüglich erbracht werde. Dennoch genehmige die Beklagte für die Kündigung einer hochbitratigen Kupferdoppelader im streitgegenständlichen Bescheid ein Entgelt in Höhe von 16,05 Euro, von dem der größte Anteil auf die Tätigkeiten für die Aufhebung der Schaltung entfalle.

Darüber hinaus differenziere die Beklagte bezüglich der Kündigungsentgelte "mit" bzw. "ohne" die "gleichzeitige Umschaltung" des Endkunden, ohne hierzu auszuführen, was unter dem Begriff der "gleichzeitigen Umschaltung" überhaupt zu verstehen sei. Dies führe zu einer Definitionshoheit der Beigeladenen und eröffne Missbrauchspotential.

Ebenso setze sich die Beklagte im streitgegenständlichen Bescheid nicht mit der Frage auseinander, ob die geltend gemachten Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Aufhebung der Schaltung und dem Entfernen des Schaltdrahtes dem Effizienzmaßstab des § 31 Telekommunikationsgesetz (TKG) genügten. Eine ordnungsgemäße Überprüfung der Effizienz der von der Beigeladenen geltend gemachten Tätigkeiten hätte auch die Prüfung der Häufigkeit der vorgenommenen Tätigkeiten mit umfasst. Gerade dies sei jedoch bei dem in der Praxis weitaus häufigsten Fall des Kündigungsentgelts ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden nicht gemacht worden. Eine "Stillegungsquote" von 80 - 90 % der Festnetzanschlüsse im Falle einer Kündigung widerspreche der Plausibilität.

Die genehmigten Kündigungsentgelte seien auch auf der Grundlage des Rechts der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) insbesondere im Hinblick auf das Urteil des BGH vom 18. April 2002 zur sog. "Deaktivierungsgebühr" rechtlich zu überprüfen. Insbesondere werde die Rechtsweggarantie nach den Feststellungen des BGH auch bezüglich der Einhaltung AGB-rechtlicher Bestimmungen ausschließlich durch die Verwaltungsgerichte sichergestellt.

Da die Beigeladene im Endkundenmarkt kein Kündigungsentgelt, ein solches aber im Vorleistungsmarkt verlange, ergebe sich darüber hinaus auch eine rechtswidrige Preis-Kosten-Schere im Sinne von § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG i.V.m. §§ 19, 20 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB).

Die Klägerin beantragt,

den Beschluss der Beklagten vom 30. Juni 2010 (BK 3c-10-087) insoweit aufzuheben, als damit unter Ziffer 1.2 Kündigungsentgelte für die Produkte "D. 0 E1. " und "D. 0 E1. hochbitratig" genehmigt werden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, die Rechtsauffassung der Klägerin, die Genehmigung von Kündigungsentgelten sei prinzipiell nicht zu rechtfertigen, da diese insbesondere nicht notwendig im Sinne von § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG seien, gehe fehl. Dass die Kündigungskosten grundsätzlich berücksichtigungsfähig seien, ergebe sich schon aus den im Fall der Kündigung notwendig werdenden Arbeiten. Die Kündigungsentgelte wiesen einen hinreichenden Leistungsbezug auf. Sie bildeten den Aufwand der Aufhebung der Schaltung der TAL am Hauptverteiler (HVt), sowie den damit verbundenen administrativen Aufwand ab. Das Kündigungsentgelt sei notwendig, um die TAL der Beigeladenen nach Vertragsende in den Zustand vor Nutzung durch die Klägerin zurückzuversetzen. Die gesonderte Ausweisung der Kündigungsentgelte als eigenständige Entgeltposition sei ebenfalls sachgerecht. Eine Einstellung der Kündigungskosten in das monatliche Überlassungsentgelt würde, da es sich bei der Kündigung um ein einmaliges, jedoch ungewisses und in der Zukunft liegendes Ereignis handele, im Falle ihres Ausbleibens die Klägerin monatlich zusätzlich belasten.

Im Falle des Aufeinandertreffens von Kündigungsentgelten auf der einen und Entgelten für die Übernahme auf der anderen Seite komme es zu keiner Doppelverrechnung. Die Übernahme einer TAL sei entweder mit oder ohne gleichzeitige Übernahme des Endkunden möglich. Wenn eine Kündigung mit der gleichzeitigen Umschaltung des Endkunden zusammenfalle, sei eine Doppelverrechnung ausgeschlossen. Denn bei der Kalkulation des Entgelts für diesen Fall sei keine Schaltung am HVt berücksichtigt, da diese mit der anschließenden Schaltung anlässlich der Übernahme durch einen anderen Wettbewerber oder die Beigeladene zusammenfalle. Entsprechend erfolge in diesen Fällen auch keine Vergütung einer ineffizienten zusätzlichen Anfahrt zum HVt. Im Hinblick auf das genehmigte Entgelt für die Kündigung ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden seien sämtliche unter Effizienzgesichtspunkten zu erzielenden Bündelvorteile in die Entgeltberechnung eingeflossen. Da die Aufhebung von Schaltungen schon alleine wegen des Erfordernisses der Bereinigung der HVt von nicht mehr benötigten Kabeln erforderlich sei, könne sie, die Beklagte, im Rahmen des ihr zustehenden Beurteilungsspielraums fehlerfrei von der Annahme ausgehen, dass diese Aufhebungen auch durchgeführt werden und daher bei der Ermittlung der Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) zu berücksichtigen seien.

Zu einer Doppelverrechnung der Kündigungsentgelte komme es auch nicht bei den erstmals genehmigten Entgelten für eine Neuschaltung der TAL, wobei bei dieser Variante nicht zwischen dem Verfahren "mit" und "ohne" Aufhebung der Leitung differenziert werde. Die Variante "Neuschaltung" erfasse u.a. auch die Fälle, bei denen ein Endkunde von schmalbandigen Leistungen der Beigeladenen zu einem Wettbewerber wechsele und dort ein Breitbandprodukt in Anspruch nehme. Bei den Kündigungsentgelten werde zwar zwischen solchen "mit Umschaltung" und solchen "ohne Umschaltung" unterschieden. Die Einschätzung der Klägerin, dieser Umstand führe zwingend zu einer Doppelverrechnung von Neuschaltungs- und Kündigungsentgelten, gehe fehl. Vielmehr sei eine doppelte Vergütung ein und desselben Vorgangs grundsätzlich ausgeschlossen. Selbst wenn es jedoch zu einer Doppelverrechnung kommen würde, erfolge diese allein im Rahmen der Neuschaltungsentgelte und berühre die Rechtmäßigkeit der Kündigungsentgelte damit nicht.

Ferner gehöre eine AGB-rechtliche Kontrolle der beantragten Entgelte nicht zum Prüfprogramm in Verfahren der Entgeltgenehmigung.

Der Genehmigung von Kündigungsentgelten stehe entgegen der Auffassung der Klägerin auch nicht der Versagungsgrund einer Preis-Kosten-Schere entgegen.

Die Beigeladene beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung bezieht sie sich im Wesentlichen auf die entsprechenden Feststellungen des Gerichts im Urteil vom 12. Dezember 2012 im Verfahren 21 K 1062/11.

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte verwiesen.

Gründe

Die Kammer kann mit Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden, § 101 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -.

Die Klage, gerichtet auf die Aufhebung des Beschlusses der Beklagten vom 30. Juni 2010 - BK 3c-10-087 -, soweit damit unter Ziffer 1.2 Kündigungsentgelte für die Produkte "D. 0 E1. " und "D. 0 E1. hochbitratig" genehmigt wurden, ist zulässig, aber nicht begründet.

Die Klägerin ist gemäß § 42 Abs. 2 VwGO klagebefugt, denn sie kann geltend machen, durch den angefochtenen Beschluss möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die in Rede stehende Entgeltgenehmigung gestaltet gemäß § 37 Abs. 2 TKG unmittelbar die zwischen der Klägerin und der Beigeladenen bestehende privatrechtliche Vereinbarung über die Gewährung des Zugangs zu den Teilnehmeranschlussleitungen der Beigeladenen, so dass das vom Grundgesetz gewährleistete Recht verletzt sein kann, den Inhalt von vertraglichen Vereinbarungen mit der Gegenseite frei von staatlichen Bindungen auszuhandeln,

vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. Dezember 2006 - 6 C 23.05 -, Buchholz 442.066 § 24 TKG Nr. 2, Rn. 15.

Unter diesen Umständen kann auf sich beruhen, ob sich die Klagebefugnis bei gemeinschaftsrechtskonformer Auslegung des § 42 Abs. 2 VwGO sogar auf solche potenziell Betroffenen erstrecken muss, die noch keine Vertragsbeziehungen eingegangen sind,

so: Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften (EuGH), Urteil vom 24. April 2008, C-55/06 , Rn.177 (http://curia.europa.eu/jurisp/).

Der angefochtene Bescheid vom 30. Juni 2010 ist, soweit damit unter Ziffer 1.2 Kündigungsentgelte für die Produkte "D. 0 E1. " und "D. 0 E1. hochbitratig" in der im Beschlusstenor ausgewiesenen Höhe genehmigt werden, rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Genehmigungsbedürftigkeit der von der Beigeladenen beantragten Kündigungsentgelte ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG in der zum Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung vom 30. Juni 2010 geltenden Fassung. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen Entgelte des Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, für nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen einer Genehmigung durch die Regulierungsbehörde nach Maßgabe des § 31 TKG. Eine solche Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG ist der Beigeladenen als Betreiberin eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes durch Regulierungsverfügung vom 27. Juni 2007 (BK 4a-07-002/R) auferlegt worden. Nach § 35 Abs. 3 Satz 1 TKG ist die Genehmigung ganz oder teilweise zu erteilen, soweit die Entgelte den Anforderungen der §§ 28 und 31 TKG nach Maßgabe des § 35 Abs. 2 TKG entsprechen und keine Versagungsgründe nach § 35 Abs. 3 Satz 2 oder 3 TKG vorliegen. Gemäß § 35 Abs. 3 Satz 3 TKG kann die Bundesnetzagentur eine Genehmigung der Entgelte auch versagen, wenn das Unternehmen die in § 33 TKG genannten Unterlagen nicht vollständig vorgelegt hat.

Die genehmigungsbedürftigen Entgelte sind nach § 31 Abs. 1 Satz 1 TKG genehmigungsfähig, wenn sie die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung nicht überschreiten. Die Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung ergeben sich nach § 31 Abs. 2 Satz 1 TKG aus den langfristigen zusätzlichen Kosten der Leistungsbereitstellung und einem angemessenen Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosten, einschließlich einer angemessenen Verzinsung des eingesetzten Kapitals, soweit diese Kosten jeweils für die Leistungsbereitstellung notwendig sind.

Die Rechtmäßigkeit der angegriffenen Entscheidung scheitert nicht schon daran, dass Kündigungsentgelte grundsätzlich nicht genehmigungsfähig sind.

Auszugehen ist aufgrund der maßgeblichen Vorschriften des TKG davon, dass die Beigeladene als zur Gewährung zum Zugang zur TAL Verpflichtete einen Ausgleich für alle diejenigen notwendigen Aufwendungen geltend machen kann, die ihr dadurch entstehen, dass sie den Wettbewerbern den Zugang zur TAL zu ermöglichen hat. Dies folgt unmittelbar aus § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG i.V.m. §§ 35 Abs. 3 Satz 1, 28, 31 TKG. Die genannten Vorschriften verpflichten die Regulierungsbehörde, Entgelte auf der Grundlage der auf die einzelnen Dienstleistungen entfallenden Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung zu genehmigen. Soweit der Beigeladenen infolge der Bereitstellung oder Kündigung von TAL Kosten entstehen und sie diese nachweist, sind von der Regulierungsbehörde hierfür Entgelte, die sich an den KeL orientieren, zu genehmigen.

Um solche Kosten handelt es sich bei den Kündigungsentgelten. Hätte die Beigeladene den Wettbewerbern die von diesen angemietete TAL nicht zur Verfügung stellen müssen, so wäre ihr auch nicht der Aufwand entstanden, der mit der Beendigung dieses Verhältnisses naturgemäß verbunden ist. Im einzelnen sind dies administrative Tätigkeiten und Schaltarbeiten nebst den dazu notwendigen Fahrten zu den jeweiligen Einrichtungen, wie z.B. dem HVt, da die Leitung physisch zurückgeschaltet werden muss. Die Kündigungsentgelte, mit denen dieser Aufwand abgegolten wird, weisen damit einen unmittelbaren Leistungszusammenhang mit der Bereitstellung der TAL auf. Die mit dem Kündigungsentgelt abgegoltenen Abläufe und Schaltmaßnahmen sind notwendig, um die TAL der Beigeladenen wieder in den Zustand zu versetzen, den sie vor der Schaltung zur Nutzung durch die jeweiligen Vertragspartner der Beigeladenen hatte,

vgl. hierzu und zum Folgenden: VG Köln, Urteil vom 12. Dezember 2012 - 21 K 1062/11 -.

Der Zulässigkeit der Abrechnung des Kündigungsaufwandes kann auch nicht erfolgreich entgegengehalten werden, die Beklagte habe keine Kündigungsentgelte genehmigen dürfen, weil der Kündigungsprozess im originären Interesse der Beigeladenen erfolge und keine (abrechenbare) Leistung gegenüber den Wettbewerbern der Beigeladenen darstelle. Die in der zivilrechtlichen Rechtsprechung zur sog. "Deaktivierungsgebühr" im Mobilfunk und den "Wechselgebühren" im Energiebereich entwickelten Grundsätze,

vgl. zu der sog. "Deaktivierungsgebühr" im Mobilfunk: Bundesgerichtshof (BGH), Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 -, NJW 2002, 2386 ff.; Juris Rn. 27; OLG Köln, Urteil vom 14. Mai 2004 - 19 U 114/03 -, CR 2004, 911 ff.; Juris Rn. 27, im Wesentlichen bestätigt durch BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04 -, NJW 2007, 3344 ff; zu der sog. "Wechselgebühr" im Energiebereich: OLG Naumburg, Urteil vom 25. Juni 2001 - 1 U (Kart) 1/01 -, NJW-RR 2001, 1617 ff. und LG Düsseldorf, Urteil vom 16. Mai 2001 - 12 O 395/00 -,

sind - soweit sie überhaupt einschlägig sind - , auf den hier in Rede stehenden Vorleistungsbereich nicht übertragbar. Die vom BGH vorgenommene AGB- rechtliche Überprüfung der Erhebung einer Deaktivierungsgebühr findet im Rahmen des Verfahrens der Entgeltgenehmigung nach dem TKG nicht statt. Anders als im Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gibt die Beigeladene die Zugangsbedingungen hier nämlich nicht einseitig unter Inanspruchnahme eines autonomen Entscheidungsspielraums vor, vielmehr unterliegt sie insoweit der behördlichen Regulierung. Anders auch als bei der "Wechselgebühr" im Energiesektor hindern die vom Wettbewerber zu tragenden Kündigungsentgelte auch keine Endkunden daran, zu einem anderen Anbieter von Telekommunikationsdienstleistungen zu wechseln; sie stellen keine Gegenleistung dafür dar, dass der marktbeherrschende Netzbetreiber seine (End-) Kunden aus einem bestehenden Vertragsverhältnis entlässt. Vielmehr sind sie ausschließlich eine Kompensation für den Aufwand, der der Beigeladenen im Rahmen ihrer Pflicht zur Zugangsgewährung bei der Beendigung des Zugangs entsteht. Insoweit wird im Übrigen auch in der genannten zivilrechtlichen Rechtsprechung durchaus das legitime Interesse des jeweiligen Netzbetreibers anerkannt, dass er für die in dieser Funktion von ihm zu tätigenden Aufwendungen aus Anlass eines Kundenwechsels einen angemessenen Ausgleich erhält und zusätzliche Kosten, die durch die Kündigung entstehen, nicht selbst zu tragen hat, sondern in sein Produkt an anderer Stelle einpreisen darf,

vgl. BGH, Urteil vom 18. April 2002 - III ZR 199/01 -, NJW 2002, 2386 ff.;Juris Rn. 27; OLG Köln, Urteil vom 14. Mai 2004 - 19 U 114/03 -, CR 2004, 911 ff.; Juris Rn. 27, im Wesentlichen bestätigt durch BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04 -, NJW 2007, 3344 ff.; OLG Naumburg, Urteil vom 25. Juni 2001 - 1 U (Kart) 1/01 -, Urteilsabdruck (UA) S. 14.

Zu folgen ist schließlich auch nicht der Auffassung der Klägerin, die Überprüfung der Zulässigkeit der Kündigungsentgelte an AGB-rechtlichen Maßstäben sei zur Wahrung der Rechtsweggarantie gemäß Art. 19 Abs. 4 GG zwingend erforderlich. Das ist schon deshalb nicht der Fall, weil die Klägerin durch das vorliegende Verfahren die Möglichkeit hat, eine etwaige Verletzung ihrer Rechte durch die erteilte Genehmigung der Kündigungsentgelte geltend zu machen,

so im Ergebnis auch BGH, Urteil vom 24. Mai 2007 - III ZR 467/04 -, NJW 2007, 3344 ff; Juris Rn. 18.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ferner beanstandet, dass die Genehmigungspraxis der Beklagten darauf hinauslaufe, dass die Beigeladene für ein und dieselbe Leistung von zwei Vertragspartnern Entgelte verlangen könne, was zu einer unzulässigen Doppelverrechnung zu Gunsten der Beigeladenen führe, ist dem nicht zu folgen. Die Beklagte hat im Tenor des streitgegenständlichen Beschlusses unter Ziffer 1.2 bei der Genehmigung der Kündigungsentgelte differenziert. Einem höheren Kündigungsentgelt ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden steht ein niedrigeres Kündigungsentgelt mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden - aufgeteilt auf die jeweilige Variante des Zugangs zur Teilnehmeranschlussleitung - gegenüber. Durch diese Differenzierung verhindert die Beklagte die von der Klägerin gerügte angebliche Doppelverrechnung von Kostenansätzen im Kündigungsentgelt. Bei der Kündigung mit gleichzeitiger Umschaltung des Endkunden sind die Kosten für die Schaltung am HVt bei den Kündigungsentgelten nicht berücksichtigt. Die anfallenden Kosten werden vielmehr im Rahmen der Bereitstellung veranschlagt. Bei der Kündigung ohne gleichzeitige Umschaltung des Endkunden erfolgt eine Abschaltung am HVt, um die weitere Nutzung der Verbindung durch den Wettbewerber zu verhindern. Die Neuschaltung erfolgt zu einem späteren Zeitpunkt, so dass beide Prozesse auseinander fallen. In diesem Falle werden die Schaltungskosten beim Kündigungsentgelt berücksichtigt.

Soweit die Klägerin darauf verweist, ein Fall der unzulässigen Doppelverrechnung liege insbesondere im Hinblick auf die Kündigungsentgelte bei D. 0 E1. hbr vor, da sich aus den Ausführungen der Beklagten im angefochtenen Beschluss ergebe, dass bei einigen Neuschaltungsvarianten der D. 0 E1. hbr auch Kosten für die Aufhebung der bisherigen Schaltungen berücksichtigt würden, die nicht nochmals in das Kündigungsentgelt eingerechnet werden dürften, hat die Beklagte in ihrer Stellungnahme vom 31. Oktober 2010 nachvollziehbar dargelegt, dass dies grundsätzlich nicht der Fall ist. Auszugehen ist davon, dass ein Wechsel von einer Schmalband- auf eine Bereitbandverbindung mehr erfordert als die bloße Verbindung der senkrechten und waagerechten Seite des HVt, teilweise nämlich - sowohl bei einem Anbieterwechsel, als auch bei einer bisherigen Anbindung des Kunden über eine Leitung, die nicht für eine hochbitratige Verbindung geeignet ist, - noch eine Aufhebung der bisherigen Leitung. Keine (zusätzliche) Aufhebung der Leitung ist hingegen erforderlich, wenn der Endkunde erstmalig angebunden wird oder wenn die Leitung aufgrund einer zuvor erfolgten Kündigung aufgehoben worden ist. Zutreffend ist, dass die Beklagte zwischen diesen Umständen bei der Höhe der Entgelte für Neuschaltungen im Rahmen der Bereitstellungsentgelte aus Praktikabilitätserwägungen nicht unterscheidet, sondern die Höhe der genehmigten Entgelt für die "Neuschaltung" insoweit auf einer Mischkalkulation beruht. Sollte es bei dieser Mischkalkulation zu Doppelverrechnungen von Kosten für die Aufhebung der Schaltung kommen, berührte dies allerdings nur die Bereitstellungsentgelte, nicht jedoch die von der Klägerin angefochtenen Kündigungsentgelte. Denn bei diesen ändert sich nichts dadurch, ob bei einer Neuschaltung eine zusätzliche Aufhebung der bisherigen Schaltung erforderlich wird.

In diesem Zusammenhang folgt das Gericht im Übrigen auch nicht der Auffassung der Klägerin, dem streitgegenständlichen Beschluss lasse sich nicht eindeutig entnehmen, was unter den unterschiedlichen Varianten "mit" und "ohne" Umschaltung beim Endkunden zu verstehen sei, denn aus Ausführungen der Beklagten in ihrer Gesamtheit, insbesondere aus ihren Ausführungen unter Ziffer 4.2.3.1 D. 0 E1. und D. 0 E1. hbr (S. 21 ff. des angefochtenen Beschlusses) ergibt sich für die in diesem Zusammenhang sachverständige Klägerin hinreichend deutlich, wann ein Fall der Kündigung "mit" und "ohne" Umschaltung beim Endkunden vorliegt und welche Aktivitäten seitens der Beigeladenen grundsätzlich für die Kündigung einer TAL erforderlich sind.

Dass nach dem Vortrag der Klägerin in der Praxis der Fall der gleichzeitigen Umschaltung der häufigere sein müsse, ihr gegenüber aber überwiegend die Kündigungsvariante "ohne" Umschaltung seitens der Beigeladenen in Rechnung gestellt werde, ist keine Frage, die die Rechtmäßigkeit der streitgegenständlichen Genehmigung betrifft.

Der Genehmigungsfähigkeit der hier streitgegenständlichen Entgelte standen auch keine Versagungsgründe nach § 35 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. § 28 TKG entgegen. Soweit die Klägerin meint, der Umstand, dass sich die Beigeladene bei der internen Kostenkalkulation weder ein Kündigungsentgelt in Rechnung stelle noch ein solches Entgelt von ihren Endkunden erhebe, führe zu einer rechtswidrigen Preis-Kosten-Schere im Sinne des § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG, folgt dem die Kammer nicht. Eine Preis-Kosten-Schere liegt gemäß § 28 Abs. 2 Nr. 2 TKG vor, wenn die Spanne zwischen dem Entgelt, das der Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der über beträchtliche Marktmacht verfügt, Wettbewerbern für eine Zugangsleistung in Rechnung stellt, und dem entsprechenden Endnutzerentgelt nicht ausreicht, um einem effizienten Unternehmen die Erzielung einer Verzinsung des eingesetzten Kapitals auf dem Endnutzermarkt zu ermöglichen. Die zentrale Frage bei der Prüfung einer Preis-Kosten-Schere ist die Frage, ob der Vorleistungsbezieher ein mindestens gleichpreisiges Angebot im Verhältnis zur Beigeladenen am Endkundenmarkt darstellen kann,

vgl. Schuster/Ruhle, in: Beck´scher TKG Kommentar, 3. Auflage, § 28 Rn. 88 f.

Die Klägerin macht zum einen schon keine fundierten Ausführungen dazu, dass sie aufgrund der Summe angeblich überhöhter Vorleistungsentgelte die Endkundenprodukte der Beigeladenen nicht nachbilden könne. Zum anderen verkennt die Klägerin, dass eine Preis-Kosten-Schere nur im Hinblick auf die zur Genehmigung gestellte Leistung in ihrer Gesamtheit - hier Zugang zur TAL - vorliegen kann, nicht jedoch jeder einzelne Bestandteil dieser Leistung einer solchen Prüfung zu unterziehen ist. Soweit die Klägerin für ihre Ansicht darauf verweist, dass gemäß § 35 Abs. 2 Satz 1 TKG im Fall einer Genehmigung nach § 32 Nr. 1 TKG für jedes einzelne Entgelt die Einhaltung der Maßgaben nach den §§ 28 und 31 TKG zu prüfen ist, steht dies dem gefundenen Ergebnis nicht entgegen. Denn aus dem Gesamtzusammenhang und der Systematik, sowie Sinn und Zweck der Vorschrift ergibt sich, dass mit der verwendeten Formulierung "für jedes einzelne Entgelt" auch nur die von der Beklagten genehmigte Leistung, hier: Zugang zur TAL, gemeint sein kann.

Was die Höhe der genehmigten Entgelte betrifft, liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Rechtswidrigkeit vor. Zum einen macht die Klägerin vorliegend keine entsprechenden Einwände geltend; vielmehr hat sie ihren Prozessvertrag auf die rechtliche Prüfung der grundsätzlichen Genehmigungsfähigkeit von Kündigungsentgelten beschränkt. Zum anderen sind etwaige Fehler hinsichtlich der Höhe der genehmigten Entgelte auch nicht offensichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 154 Abs. 1, Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind gemäß § 162 Abs. 3 VwGO erstattungsfähig, da sich die Beigeladene durch die Stellung eines Antrags selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 709 Satz 1, 711 ZPO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.






VG Köln:
Urteil v. 28.08.2013
Az: 21 K 4884/10


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