Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Februar 2001
Aktenzeichen: 28 W (pat) 45/00

(BPatG: Beschluss v. 21.02.2001, Az.: 28 W (pat) 45/00)

Tenor

Die Beschwerde der Widersprechenden wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die international registrierte Marke 650 401 ANGELS OF OUR TIME die in der Bundesrepublik Deutschland unter anderem für die folgenden Waren 14 Metaux precieux et leurs alliages et produits en ces matières ou en plaque non compris dans d'autres classes ; joaillerie, pierres precieuses ; horlogerie et instruments chronometriques.

18 Cuir et imitations du cuir, articles en ces matières non compris dans d'autres classes ; bourses, coffres et valises ; parapluies.

Schutz begehrt, ist Widerspruch erhoben aus der seit dem 25. November 1997 unter anderem für Waren der Klassen 14 und 18, nämlich

"Edelmetalle und deren Legierungen sowie daraus hergestellt oder damit plattierte Waren (soweit in Klasse 14 enthalten); Juwelierwaren, Schmuckwaren, Edelsteine; Uhren und Zeitmeßinstrumente; Leder und Lederimitationen sowie Waren daraus (soweit in Klasse 18 enthalten); Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme und Spazierstöcke"

eingetragenen Marke 2 104 356 ANGELS Die Markenstelle hat den Widerspruch mit der Begründung zurückgewiesen, trotz teilweiser Warenidentität liege ein ausreichender Markenabstand vor, zumal der übereinstimmende Bestandteil "ANGELS" die angegriffene Marke nicht allein präge und auch ein gedankliches Inverbindungbringen nicht in Frage komme.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und der angegriffenen IR-Marke den Schutz zu verweigern.

Zur Begründung trägt sie vor, der flüchtige Verkehr verkürze die angegriffene Marke auf das am Zeichenanfang stehende identische Wort "ANGELS", dessen Bedeutung innerhalb der Wortfolge durch das Genitivattribut "OF" noch hervorgehoben werde. Die Widersprechende sei Inhaberin einer Zeichenserie mit dem Wort "ANGELS", so daß die angegriffene Marke vom Verkehr als aktuelle Produktlinie von "ANGELS" angesehen werde.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie führt aus, der Beurteilung sei die jüngere Marke in ihrer Gesamtheit zugrunde zu legen; der Bestandteil "ANGELS" präge diese nicht, sondern bilde mit den weiteren Elementen einen phantasievollen Gesamtbegriff. Eine assoziative Verwechslungsgefahr liege nicht vor, da die Widersprechende den Verkehr nicht an einen Stammbestandteil "ANGELS" gewöhnt habe.

II.

Die zulässige Beschwerde der Widersprechenden ist nicht begründet.

Die Markenstelle hat zu Recht den Widerspruch mangels Verwechslungsgefahr (§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG) zurückgewiesen.

Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierzu gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Widerspruchsmarke im Markt, die gedankliche Verbindung, die das angegriffene Zeichen zu ihr hervorrufen kann sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken und den damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen. Bei der umfassenden Beurteilung ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der Marken auf deren Gesamteindruck abzustellen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind.

Was die beiderseitigen Waren betrifft, ist von der Registerlage auszugehen, wonach Warenidentität hinsichtlich der Klassen 14 und 18 festzustellen ist. Im übrigen fehlt es offensichtlich an einer Warenähnlichkeit.

Unter Zugrundelegung einer von Haus aus normalen Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sind an den von der jüngeren IR-Marke einzuhaltenden Abstand angesichts der teilweisen Warenidentität strenge Anforderungen zu stellen, denen sie aber im Ergebnis gerecht wird, wobei der Senat in Bezug auf den beteiligten Verkehr von einem durchschnittlichen informierten und aufmerksamen Endverbraucher der Waren ausgeht.

Soweit die einander gegenüber stehenden Marken in dem Wort "ANGELS" übereinstimmen, kann dies auch vor dem Hintergrund teilweiser identischer Waren die Gefahr von Verwechslungen nicht begründen. Ausgangspunkt der Beurteilung der Markenähnlichkeit ist stets der Gesamteindruck der jeweiligen Kennzeichnungen, da sich der markenrechtliche Schutz auf das eingetragene Zeichen in seiner konkreten Form bezieht. Insoweit halten die Marken bereits durch ihre offensichtlich unterschiedliche Zeichenlänge den erforderlichen Abstand ohne weiteres ein. Entgegen der Ansicht der Widersprechenden bestehen aus Rechtsgründen auch keine Anhaltspunkte, die jüngere Marke auf das identische Wort "ANGELS" zu verkürzen. Denn die aus einfachen Wörtern der englischen Sprache bestehende jüngere Marke bildet erkennbar einen Gesamtbegriff, was bereits aus dem sich als Bindeglied selbst sprachunkundigen Teilen des Verkehrs erschließenden Wort "OF" ersichtlich ist. Der Verkehr nimmt daher auch wegen des sich leicht erschließenden Aussagegehalts der Wortverbindung keine Trennung vor. Entsprechende Überlegungen haben den 27. Senat des Bundespatentgerichts in seiner Entscheidung vom 17. Juni 1997 (Az: 27 W (pat) 40/96), betreffend die jetzige Widerspruchsmarke, veranlaßt, den Widerspruch aus einer Wort-/Bildmarke mit der vergleichbaren Wortfolge "When Angels travel" zurückzuweisen. Die Tatsache, daß im Unterschied zu der zitierten Entscheidung das identische Wort "ANGELS" im vorliegenden Fall am Zeichenanfang steht, rechtfertigt entgegen der Ansicht der Widersprechenden keine abweichende Beurteilung der Sach- und Rechtslage, da für eine zergliedernde Betrachtungsweise mit einem prägenden Bestandteil "ANGELS" keinerlei Anhaltspunkte bestehen. Auch der einheitliche, insbesondere einzeilige Zeichenaufbau der jüngeren Marke belegt die Gleichwertigkeit der Bestandteile, so daß für die Annahme einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr zwischen den Marken kein Raum ist.

Die Gefahr, daß die Vergleichsmarken miteinander gedanklich in Verbindung gebracht werden könnten, besteht ebenfalls nicht. Das Vorhandensein eines übereinstimmenden Elementes in beiden Marken reicht allein noch nicht zur Annahme einer mittelbaren Verwechslungsgefahr aus. Vielmehr muß dem übereinstimmenden Bestandteil Hinweischarakter auf die Inhaberin der älteren Marke zukommen, was insbesondere dann der Fall sein kann, wenn der Verkehr aufgrund ähnlich gebildeter Serienzeichen an den Stammbestandteil gewöhnt ist. Die Widersprechende hat zwar vorgetragen, sie verfüge über eine entsprechende Zeichenserie, doch handelt es sich dabei erkennbar um Kombinationszeichen mit Bildbestandteilen, die in ihrem Aufbau deutlich von der vorliegenden Widerspruchsmarke abweichen, so daß selbst ein mit der Marke vertrauter Verkehr nicht annehmen wird, die vorliegend einander gegenüber stehenden Marken entstammten der selben betrieblichen Herkunft.

Da ein gedankliches Inverbindungbringen zweier Marken nur im Rahmen der Verwechslungsgefahr des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG relevant ist, kann das Argument der Widersprechenden, die jüngere Marke stelle eine Abwandlung der Widerspruchsmarke im Sinne einer Produktlinie "für die heutige Zeit" dar, ebenfalls nicht zum Erfolg der Beschwerde führen. Um zu einem solchen Aussagegehalt zu kommen, bedarf es mehrerer analysierender Schritte, die der Verkehr, selbst wenn er mit den Marken näher befaßt ist, nicht unternimmt, und die von den tatbestandlichen Voraussetzungen des § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht mehr gedeckt sind.

Die Beschwerde der Widersprechenden war daher unter allen rechtlichen wie tatsächlichen Gesichtspunkten zurückzuweisen.

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlaß (§ 71 Abs 1 MarkenG).

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Az: 28 W (pat) 45/00


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