Bundespatentgericht:
Beschluss vom 7. November 2006
Aktenzeichen: 6 W (pat) 42/03

(BPatG: Beschluss v. 07.11.2006, Az.: 6 W (pat) 42/03)

Tenor

Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. September 2003 wird aufgehoben und das Patent mit folgenden Unterlagen erteilt:

Ansprüche 1 bis 5, eingegangen am 2. November 2006, Beschreibung, Seite 1 bis 16, eingegangen am 2. November 2006, Zeichnungen, Figuren 1 und 2 gem. DE 199 52 010 A1.

Gründe

I.

Die Beschwerde der Anmelderin ist gegen den Beschluss der Prüfungsstelle für die Klasse F 16 C des Deutschen Patent- und Markenamts vom 5. September 2003 gerichtet, mit dem die vorliegende Patentanmeldung mit der Begründung zurückgewiesen wurde, der Gegenstand des Anspruchs 1 sei nicht gewährbar, da er nicht als ein Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit angesehen werden könne.

Im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt sind zum Stand der Technik folgende Druckschriften berücksichtigt worden:

(1) DE 39 22 720 C2

(2) DE 197 14 948 A1

(3) DE 197 33 101 C2

(4) DE 690 27 898 T2

(5) US 50 05 417 A

(6) DE 38 10 906 A1

(7) CH 468 009.

Gegen den vorgenannten Beschluss hat die Anmelderin am 27. Oktober 2003 Beschwerde eingelegt. Mit Schriftsatz vom 30. Oktober 2006, hier im Original in der endgültigen Fassung eingegangen am 2. November 2006, wurde ein neues Patentbegehren im Umfang der Ansprüche 1 bis 5 vorgelegt. Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle aufzuheben undein Patent mit den in der Beschlussformel aufgeführten Unterlagen zu erteilen.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet:

Verfahren zum Testen eines Rollenlagers, insbesondere eines Zapfen-Rollenlagers, wobei das Rollenlager einen inneren Laufring (23), einen äußeren Laufring (22), jeweils aus Stahl, und eine Mehrzahl von Rollelementen (21) zwischen dem inneren und äußeren Laufring (23, 22) aufweist, wobei ein Volumen (2% x Da x Laufringfläche), bestimmt durch eine Laufringfläche des inneren und äußeren Laufrings und eine Tiefe von 2 % des mittleren Durchmessers (Da) der Rollelemente (21) einer Ultraschall-Werkstoffprüfung unterworfen wird und eine verkürzte Lebensdauer verhindert wird, wenn die Ultraschall-Werkstoffprüfung keine nichtmetallischen Einschlüsse mit einer Länge von ³ 500 m ergibt.

Der nebengeordnete Patentanspruch 5 lautet:

Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch beabstandet in einem Wassertank (1) angeordnete Tragrollen (4) zur rotierenden Abstützung eines inneren oder äußeren Laufrings (2) eines Rollenlagers, einer Drehantriebsvorrichtung mit einem Drehantriebsmotor (5) für die Tragrollen (4), einer Steuereinheit (9) für den Drehantriebsmotor (5), einer Ultraschallerfassungssonde (3), bewegbar durch eine Linearführungsvorrichtung (10) und einer inneren Laufringfläche des inneren oder äußeren Laufrings zugewandt angeordnet und mit einer Ultraschallerfassungsvorrichtung (14) in Verbindung mit der Ultraschallerfassungssonde (3) zur Abgabe eines Ultraschallimpulses auf die Laufringfläche des inneren oder äußeren Laufrings (2) und zum Empfang eines reflektierten Echos des Ultraschallimpulses, und mit einer Anzeigevorrichtung.

Hinsichtlich der Unteransprüche 2 bis 4 sowie wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II.

Die frist- und formgerecht eingereichte Beschwerde ist zulässig und im Hinblick auf die geltenden Unterlagen auch begründet.

1. Der Gegenstand der geltenden Patentansprüche 1 bis 5 ist in den ursprünglich eingereichten Anmeldungsunterlagen offenbart, die Patentansprüche sind somit zulässig.

Der geltende Patentanspruch 1 setzt sich aus Merkmalen der ursprünglichen Ansprüche 1 und 5, sowie aus der ursprünglich eingereichten Beschreibung, Seite 4, 3. und 4. Absatz, sowie Seite 5, vorletzter Absatz, zusammen.

Die Patentansprüche 2 und 3 entsprechen mit geringen sprachlichen Anpassungen den ursprünglichen Ansprüchen 2 und 3.

Die Merkmale des Patentanspruchs 4 stimmen unter Anpassung an dessen verfahrensmäßige Ausbildung mit denen des ursprünglichen Anspruchs 5 überein.

Der nebengeordnete Patentanspruch 5 enthält Vorrichtungsmerkmale die der Beschreibung des Ausführungsbeispiels (S. 8 bis 10) entnommen sind.

2. Der Anmeldungsgegenstand stellt eine patentfähige Erfindung i. S. d. PatG §§ 1 bis 5 dar.

a. Das Verfahren nach Patentanspruch 1 bzw. eine Vorrichtung nach Anspruch 5 ist gegenüber dem druckschriftlich aufgezeigten Stand der Technik neu.

Keine der entgegengehaltenen Druckschriften beschreibt ein Testverfahren, bei dem ein Volumen (2 % x Da x Laufringfläche), bestimmt durch eine Laufringfläche des inneren und äußeren Laufrings eines Rollenlagers und eine Tiefe von 2 % des mittleren Durchmessers (Da) der Rollelemente (21) einer Ultraschall-Werkstoffprüfung unterworfen wird.

Ebenso wenig ist diesen Entgegenhaltungen eine Vorrichtung zum Testen eines Rollenlagers entnehmbar, die in einem Wassertank (1) angeordnete Tragrollen (4) zur rotierenden Abstützung eines inneren oder äußeren Laufrings (2) eines Rollenlagers aufweist.

b. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 der vorliegenden Anmeldung, dessen gewerbliche Anwendbarkeit nicht in Zweifel steht, ist das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Grundgedanke der vorliegenden Anmeldung ist darin zu sehen, dass bei einem Rollenlager ein zu untersuchendes Materialvolumen definiert wird, das keine nichtmetallischen Einschlüsse mit einer Länge von ³ 500 m enthalten soll. Dieses Volumen setzt sich aus der kompletten Lauffläche der Laufringe und einer Tiefe zusammen, die in Abhängigkeit des Durchmessers der eingesetzten Rollelemente definiert wird. Demgegenüber werden bei herkömmlichen Testverfahren entweder keine Angaben zum Tiefenbereich gemacht oder aber es wird ein Absolutwert von 1 bis 2 mm angegeben, welcher auf Einschlüsse oder Fehler untersucht werden kann. Als aufzufindende Einschlüsse werden dabei die mit den angegebenen Verfahren kleinstmöglich nachweisbaren Fehler (ca. 30 m) angegeben.

So offenbart die nächstkommende DE 38 10 906 A1 ein Verfahren zum Testen eines Rollenlagers, wobei das Rollenlager einen inneren Laufring, einen äußeren Laufring, jeweils aus Stahl, und eine Mehrzahl von Rollelementen (21) zwischen dem inneren und äußeren Laufring aufweist.

Bei diesem bekannten Verfahren werden ausschließlich die Rollelemente selbst untersucht, nicht jedoch die zugehörigen inneren und äußeren Laufringe. Im beschriebenen Ausführungsbeispiel können Fehler von ca. 30 m in einer Oberflächenschicht von 1 bis 2 mm eines Rollelements ermittelt werden. Die Rollelemente des beschriebenen Beispiels haben einen Durchmesser von 10 mm, so dass, bezogen darauf, im vorliegenden Fall eine Oberflächenschicht von 10 bis 20 % getestet wird.

Das erfindungsgemäße Testverfahren unterscheidet sich hiervon dadurch, dass ein Volumen (2 % x Da x Laufringfläche), bestimmt durch eine Laufringfläche des inneren und äußeren Laufrings und einer Tiefe von 2 % des mittleren Durchmessers (Da) der Rollelemente einer Ultraschall-Werkstoffprüfung unterworfen wird und eine verkürzte Lebensdauer verhindert wird, wenn die Ultraschall-Werkstoffprüfung keine nichtmetallischen Einschlüsse mit einer Länge von ³ 500 m ergibt.

Die US 50 05 417 A, die die gleiche Prioritätsanmeldung wie die vorstehend beschriebene DE 38 10 906 A1 in Anspruch nimmt, geht in ihrem Offenbarungsgehalt nicht über die Lehre der DE 38 10 906 A1 hinaus und ist damit genauso wenig in der Lage, ein Verfahren nach Patentanspruch 1 nahezulegen.

Diese Einschätzung trifft auch auf die DE 690 27 898 T2 zu, in der Parameter zum Auffinden möglichst kleiner Einschlüsse in Rollelementen von Rollenlagern diskutiert werden. Hinweise, die ein Verfahren nach Patentanspruch 1 nahelegen könnten, sind auch dieser Schrift nicht entnehmbar.

Noch weiter ab liegt die CH 468 009, die sich mit der Oberflächenform von Ultraschallerfassungssonden auseinandersetzt. Hinweise, die in Richtung der Merkmale des Patentanspruchs 1 führen sind auch dieser Schrift nicht entnehmbar.

Die DE 39 22 720 A1, DE 197 14 948 A1 und DE 197 33 101 C2 setzen sich mit der Frage der chemischen Zusammensetzung von Werkstoffen auseinander und wurden in Bezug auf Merkmale von Unteransprüchen angezogen. Hinweise, die zum Verfahren nach Patentanspruch 1 führen könnten, sind auch diesen Schriften nicht entnehmbar.

Auch eine Zusammenschau aller im Verfahren befindlichen Druckschriften ist nicht in der Lage, ein Verfahren nach Patentanspruch 1 nahezulegen, da jede dieser Schriften insbesondere einen Hinweis auf ein Testverfahren, bei dem ein Volumen (2 % x Da x Laufringfläche), bestimmt durch eine Laufringfläche des inneren und äußeren Laufrings eines Rollenlagers und eine Tiefe von 2 % des mittleren Durchmessers (Da) der Rollelemente (21) einer Ultraschall-Werkstoffprüfung unterworfen wird, vermissen lässt.

Patentanspruch 1 ist somit gewährbar.

c. Der Gegenstand des nebengeordneten Patentanspruchs 5 ist ebenfalls das Ergebnis einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie unter b. bereits ausgeführt, setzen sich die im Erteilungsverfahren behandelten Entgegenhaltungen, insoweit sie überhaupt Ultraschall-Testverfahren betreffen, ausschließlich mit der Untersuchung der Rollelemente von Rollenlagern auseinander. Die Untersuchung von Laufringen wird in diesen Schriften nicht thematisiert. Ausführungen, die Hinweise auf eine mögliche Ausbildung einer Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 5 nahelegen könnten, sind in keiner der entgegengehaltenen Schriften offenbart. Insofern kann auch eine Zusammenschau aller Schriften keine Vorrichtung mit den Merkmalen des Patentanspruchs 5 nahelegen.

Patentanspruch 5 ist somit gewährbar.

Die rückbezogenen Patentansprüche 2 bis 4 betreffen zweckmäßige Ausgestaltungen des Verfahrens nach Patentanspruch 1 und sind damit ebenfalls gewährbar.






BPatG:
Beschluss v. 07.11.2006
Az: 6 W (pat) 42/03


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