Bundespatentgericht:
Beschluss vom 26. Januar 2006
Aktenzeichen: 5 W (pat) 436/04

(BPatG: Beschluss v. 26.01.2006, Az.: 5 W (pat) 436/04)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat mit Beschluss vom 26. Januar 2006 das Gebrauchsmuster mit dem Aktenzeichen 5 W (pat) 436/04 gelöscht. In dem Verfahren ging es um eine Feuerwehr-Tableau-Einheit mit verschiedenen Komponenten wie einer alphanumerischen Anzeigeeinrichtung und einer Behältnis-Anordnung für Feuerwehr-Einsatzkarten. Die Antragstellerin hatte die Löschung des Gebrauchsmusters beantragt und sich dabei auf verschiedene Dokumente berufen. Das Gericht hat festgestellt, dass der Gegenstand des Gebrauchsmusters nicht auf einem erfinderischen Schritt beruht und durch eine offenkundig vorbenutzte Feuerwehr-Tableau-Einheit bekannt war. Die Beschwerde der Antragstellerin wurde daher angenommen und das Gebrauchsmuster vollständig gelöscht. Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner.




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 26.01.2006, Az: 5 W (pat) 436/04


Tenor

1. Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der angefochtene Beschluss des Deutschen Patent- und Markenamts vom 16. Februar 2004 aufgehoben.

2. Das Gebrauchsmuster 296 01 581 wird in vollem Umfang gelöscht.

3. Die Anschlussbeschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

4. Die Kosten des Löschungsverfahrens in beiden Rechtzügen trägt der Antragsgegner.

Gründe

I Der Antragsgegner ist Inhaber des deutschen Gebrauchsmusters 296 01 581 mit der Bezeichnung "Feuerwehr-Tableau-Einheit", das am 31. Januar 1996 angemeldet und am 4. April 1996 mit 13 Schutzansprüchen in das Gebrauchsmusterregister eingetragen worden ist.

Die eingetragenen Schutzansprüche lauten - nach Korrektur offensichtlicher Schreib- bzw. Interpunktionsfehler in den Schutzansprüchen 9, 10, 12 und 13 - wie folgt:

1. Feuerwehr-Tableau-Einheit, mit einem Gehäuse, das vorzugsweise aus Stahl besteht und wenigstens eine insbesondere abschließbare frontseitige Gehäusetür oder -klappe und in seinem Inneren wenigstens ein durch Öffnen der Tür zur manuellen Bedienung freigegebenes Tableau-Feld aufweist, dadurch gekennzeichnet, dass im Inneren des Gehäuses (10) außer einer alphanumerischen Anzeigeeinrichtung gemäß Europanorm EN 54 zum Anzeigen des Zustandes der Brandmeldezentrale für das zu überwachende Objekt, z. B. eines Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT), eine Behältnis-Anordnung (BA) für Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) untergebracht ist.

2. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass das Gehäuse (10) durch zwei Türflügel (12a, 12b) verschließbar ist und der eine, vorzugsweise mit einem Sichtfenster (13) versehene Türflügel (12a) dem Flächenbereich der Anzeigeeinrichtung (FAT) zugeordnet ist, wogegen hinter dem anderen Türflügel (12b) sich die Behältnis-Anordnung (BA) für die Feuerwehr-Einsatzkarten (ED, 1, 2, 3) befindet.

3. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die Behältnis-Anordnung (BA) briefkastenartig (14) mit Einsteckschlitzen (15) so ausgebildet ist, dass die Einsatzkarten (ED, 1, 2, 3) griffbereit über die Einsteckschlitze nach außen hinausragen.

4. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass zusätzlich zur Anzeigeeinrichtung (FAT) und zu der Behältnis-Anordnung (BA) ein Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) im Gehäuse (10) untergebracht und an einer Gehäusewand (11a) befestigt ist.

5. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet, dass das Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) unterhalb der Anzeigeeinrichtung (FAT) hinter demselben Türflügel (12a) wie letztere angeordnet ist.

6. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass auch dem Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) ein Sichtfenster (13) im zugehörigen Türflügel (12b) zugeordnet ist.

7. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, dass im Inneren des Gehäuses (10) zusätzlich zu der Anzeigeeinrichtung (FAT), dem Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) und der Behältnis-Anordnung (BA) ein Feuerwehr-Hauptmelder (DK) und/oder ein Feuerwehr-Schlüsselkasten (FSK) als vierte und ggf. fünfte Komponente untergebracht sind.

8. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 1 oder 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Komponenten der Anzeigeeinrichtung (FAT) und der Behältnis-Anordnung (BA) sowie gegebenenfalls die weiteren Komponenten eines Feuerwehr-Bedienfeldes (FBF), eines Feuerwehr-Hauptmelders (DK) und/oder eines Feuerwehr-Schlüsselkastens (FSK) durch eine gemeinsame Gehäusetür oder -klappe nach außen abschließbar sind.

9. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass innerhalb eines oberen Bereiches des Gehäuses (10) die Anzeigeeinrichtung (FAT) und das Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) nebeneinander angeordnet und durch eine eigene Gehäusetür oder -klappe (12c) nach außen abschließbar sind, wogegen im darunter liegenden Gehäusebreich die Behältnis-Anordnung (BA) für die Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) und gegebenenfalls ein Feuerwehr-Schlüsselkasten (FSK) und/oder der Feuerwehr-Hauptmelder (DK) vorgesehen und mittels einer weiteren Tür- oder Klappenanordnung (12d) nach außen hin abschließbar sind.

10. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass die Behältnis-Anordnung (BA) für die Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) an einer pultartig um eine waagrechte Achse (18) heraus- und hineinklappbaren Gehäuseklappe (12d) befestigt ist, so dass die in Karteikästen (14') oder dergl. übersichtlich untergebrachten Einsatzkarten (ED) im aufgeklappten Zustand der Gehäuseklappe (12d) sich griffbereit präsentieren.

11. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, dass die Behältnis-Anordnung (BA) für die Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) an der Rückseite des zugehörigen Türflügels (12b) befestigt ist, so dass sie sich bei geöffnetem Türflügel (12b) dem frontseitigen Zugriff präsentiert.

12. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass ihr Gehäuse (10) die Frontseite mit Außentür eines Feuerwehr-Schlüsselkastens (FSK) umgibt und letzterer bei Öffnung des die Behältnis-Anordnung (BA) tragenden Tür- oder Klappenelements (12b, 12d) von außen zugänglich ist.

13. Feuerwehr-Tableau-Einheit nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass der Feuerwehr-Hauptmelder (DK) im oberen Bereich des Gehäuses angeordnet ist.

Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 2. September 2002 die vollständige Löschung des Streitgebrauchsmusters beantragt. Zur Begründung ihres Antrags hat die Antragstellerin unter anderem auf die - in einer späteren Eingabe - als Dokument 1: Deutsches Geschmacksmuster M 93 03 784 und Dokument 2: Prospekt der Firma Hübschmann Sicherheitstechnik GmbH, 90441 Nürnberg:

"Die intelligente Feuerwehr-Erstinformation"

bezeichneten Druckschriften verwiesen und geltend gemacht, dass der Gegenstand des eingetragenen Schutzanspruchs 1 ausgehend von der Lehre dieses Standes der Technik nicht auf einem erfinderischen Schritt beruhe.

Der Antragsgegner hat dem Löschungsantrag mit Schriftsatz vom 8. November 2002 rechtzeitig widersprochen.

Mit Eingabe vom 4. Juni 2003 hat die Antragstellerin unter anderem noch folgende Unterlagen eingereicht:

Dokument 7: Abbildung einer Feuerwehr-Tableau-Einheit in der TU München, Arcisstraße 21, 80333 München sowie Dokument 8: Briefkorrespondenz und Wartungsvertrag vom 1. Mai 1995 der TU München mit der Firma Siemens AG, Richard-Strauß-Straße 76, 80286 München.

Die Antragstellerin macht geltend, dass durch die Dokumente 7 und 8 die offenkundige Vorbenutzung einer Feuerwehr-Tableau-Einheit in der TU München vor dem Anmeldetag des Streitgebrauchsmusters belegt werde. Dem Streitgebrauchsmustergegenstand fehle es im Hinblick auf diese Vorbenutzungshandlung an der Neuheit. Mit Schriftsatz vom 15. Juli 2003 hat die Antragstellerin zwei Zeugen für die behauptete Vorbenutzungshandlung benannt.

Mit Schriftsatz vom 22. Januar 2004 ist der Antragsgegner dem Vorbringen der Antragstellerin entgegengetreten und hat einen neuen Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag sowie Hilfsanträgen 1 bis 3 eingereicht.

Durch ihren Beschluss vom 16. Februar 2004 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA das Streitgebrauchsmuster teilgelöscht, soweit es über den Schutzanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 vom 22. Januar 2004 und die eingetragenen, nunmehr auf diesen rückbezogenen Schutzansprüche 2 bis 6 und 8 bis 13 hinausgeht. Der weitergehende Löschungsantrag wurde zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 9. August 2004. Sie vertritt die Auffassung, der im angefochtenen Beschluss als rechtsbeständig erachtete Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 sei durch insgesamt drei Merkmale unzulässig erweitert. Bereits aufgrund dieser unzulässigen Erweiterung sei das Streitgebrauchsmuster zu löschen. Im Übrigen beruhe auch der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 nicht auf einem erfinderischen Schritt.

Der Antragsgegner hat auf die Beschwerde der Antragstellerin mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2004 Anschlussbeschwerde eingelegt.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Bundespatentgericht am 26. Januar 2006 beantragt die Antragstellerindie Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, die Löschung des Gebrauchsmusters in vollem Umfang sowie im Übrigen Zurückweisung der Beschwerde des Antragsgegners.

Der Antragsgegner beantragtdie Aufhebung des angefochtenen Beschlusses, Zurückweisung des Löschungsantrags im Umfang des mit Schriftsatz vom 3. Dezember 2004 eingereichten Hauptantrags, hilfsweise der Hilfsanträge 1 bis 6 und im Übrigen die Zurückweisung der Beschwerde der Antragstellerin.

Er vertritt die Auffassung, dass der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag neu sei und auf einem erfinderischen Schritt beruhe. Entsprechendes gelte für den Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 6.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1.) Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet, da sie zur Löschung des Streitgebrauchsmusters führt.

2.) Der nach Merkmalen gegliederte, ansonsten wörtlich wiedergegebene Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag lautet:

M1 Feuerwehr-Tableau-Einheit M2 mit einem Gehäuse, das vorzugsweise aus Stahl besteht, M3 und wenigstens eine abschließbare frontseitige Gehäusetür oder -klappe M4 und in seinem Inneren wenigstens ein durch Öffnen der Tür zur manuellen Bedienung freigegebenes Tableau-Feld aufweist, M5 wobei im Inneren des Gehäuses (10) außer einer alphanumerischen Anzeigeeinrichtung gemäß Europanorm EN 54 in Form eines Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) zum Anzeigen des Zustandes der Brandmeldezentrale für das zu überwachende Objekt M6 eine Behältnis-Anordnung (BA) für Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) untergebracht ist.

An den Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag schließen sich die eingetragenen Schutzansprüche 2 bis 13 an.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 lautet:

M1 Feuerwehr-Tableau-Einheit M2 mit einem Gehäuse, das vorzugsweise aus Stahl besteht, M3 und wenigstens eine abschließbare frontseitige Gehäusetür oder -klappe M4 und in seinem Inneren wenigstens ein durch Öffnen der Tür zur manuellen Bedienung freigegebenes Tableau-Feld aufweist, M5 wobei im Inneren des Gehäuses (10) außer einer alphanumerischen Anzeigeeinrichtung gemäß Europanorm EN 54 in Form eines Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) zum Anzeigen des Zustandes der Brandmeldezentrale für das zu überwachende Objekt M6 eine Behältnis-Anordnung (BA) für Feuerwehr-Einsatzkarten (ED)

M7a und zusätzlich ein Feuerwehr-Bedienfeld (FBF), M7b ein Feuerwehr-Hauptmelder (DK)

M7c und/oder ein Feuerwehr-Schlüsselkasten (FSK) als vierte und ggf. fünfte Komponente untergebracht sind.

Die Änderungen gegenüber dem Schutzanspruch nach Hauptantrag sind kursiv wiedergegeben.

An den Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 schließen sich die eingetragenen Schutzansprüche 2 bis 6 und 8 bis 13 an.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 lautet:

M1 Feuerwehr-Tableau-Einheit M2 mit einem Gehäuse, das vorzugsweise aus Stahl besteht, M3 und wenigstens eine abschließbare frontseitige Gehäusetür oder -klappe M4 und in seinem Inneren wenigstens ein durch Öffnen der Tür zur manuellen Bedienung freigegebenes Tableau-Feld aufweist, M5 wobei im Inneren des Gehäuses (10) außer einer alphanumerischen Anzeigeeinrichtung gemäß Europanorm EN 54 in Form eines Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) zum Anzeigen des Zustandes der Brandmeldezentrale für das zu überwachende Objekt M6 eine Behältnis-Anordnung (BA) für Feuerwehr-Einsatzkarten (ED)

M7a und zusätzlich ein Feuerwehr-Bedienfeld (FBF), M7b ein Feuerwehr-Hauptmelder (DK)

M7c und/oder ein Feuerwehr-Schlüsselkasten (FSK) als vierte und ggf. fünfte Komponente untergebracht sind, M5' und wobei die alphanumerische Anzeigeeinrichtung gemäß EN 54 als Feuerwehr-Anzeige-Tableau (FAT) ausgebildet ist, M8 die Tableaufelder des Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) und des Feuerwehr-Bedienfelds (FBF) jeweils unverschlossen direkt aneinander grenzend benachbart zueinander angeordnet sind, M9 direkt über den Oberflächen der Tableaufelder des Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) des Feuerwehr-Bedienfelds (FBF) eine Sichtscheibe (13) angeordnet ist, welche Bestandteil der frontseitigen Gehäusetür oder -klappe ist M10 und durch Öffnen eines einzigen Schlosses (19) der frontseitigen Gehäusetür oder -klappe ein unmittelbarer Zugang zu den direkt hinter der Gehäusetür oder -klappe angeordneten Tableaufeldern des Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) und des Feuerwehr-Bedienfelds (FBF) herstellbar ist.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 3 umfasst die Merkmale des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 2 sowie das Merkmal M11, welches nach Einfügung eines offensichtlich fehlenden Artikels lautet:

M11 und die Behältnis-Anordnung (BA) für Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) nicht einsehbar hinter der frontseitigen Gehäusetür oder -klappe angeordnet ist.

An den Schutzanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 und 3 schließen sich jeweils die eingetragenen Schutzansprüche 2 bis 6 und 8 bis 13 an.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 4 umfasst die Merkmale des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 3 sowie das Merkmal M12, welches lautet:

M12 und die Gehäusetür als Flügeltür ausgebildet ist, wobei hinter dem einen Türflügel nach der Öffnung das Feuerwehr-Anzeige-Tableau (FAT) und das Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) angeordnet sind und hinter dem anderen Türflügel nach der Öffnung die Behältnis-Anordnung (BA) für Feuerwehr-Einsatzkarten (ED) angeordnet ist.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 5 umfasst die Merkmale des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 4 sowie das Merkmal M13, welches lautet:

M13 und die Zugänglichkeit zum Feuerwehr-Anzeige-Tableau (FAT) und Feuerwehr-Bedienfeld (FBF) sowie zur Behältnis-Anordnung (BA) durch Öffnen eines einzigen Schlosses erreichbar ist.

Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 6 umfasst die Merkmale des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 5 sowie das Merkmal M14, welches lautet:

M14 und der Feuerwehr-Hauptmelder DK) auch ohne Öffnung der Gehäusetür von außen direkt zugänglich ist.

An den Schutzanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 4 bis 6 schließen sich jeweils die eingetragenen Schutzansprüche 3 bis 6 und 8 bis 13 an.

3.) Der Schutzanspruch 1 gemäß Hauptantrag ist zulässig, denn er entspricht inhaltlich dem eingetragenen Schutzanspruch 1, wobei im Vergleich zu diesem lediglich zwei ursprünglich nur fakultativ beanspruchte Merkmale (insbesondere abschließbare frontseitige Gehäusetür oder -klappe; z. B. eines Feuerwehr-Anzeige-Tableaus) nunmehr zwingend vorgesehen sein sollen.

Der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag kann gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik zwar als neu gelten. Nach dem Ergebnis der mündlichen Verhandlung beruht er jedoch nicht auf einem erfinderischen Schritt des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der als ein mit der Entwicklung von Brandmeldeanlagen befasster, berufserfahrener Fachhochschulingenieur der Fachrichtung Elektrotechnik mit fundierten maschinenbaulichen Kenntnissen zu definieren ist.

Der Senat sieht es aufgrund der von der Gebrauchsmusterabteilung I des DPMA am 16. Februar 2004 vorgenommenen Beweisaufnahme in Verbindung mit Dokument 7 als erwiesen an, dass im Gebäude der TU München, Arcisstraße 21, 80333 München, eine Feuerwehr-Tableau-Einheit offenkundig vorbenutzt worden ist, von der sich der Gegenstand des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag lediglich durch das Merkmal M5 gemäß der vorstehenden Merkmalsgliederung unterscheidet, wonach die alphanumerische Anzeigevorrichtung im Inneren des Gehäuses "gemäß Europanorm EN 54" ausgebildet sein soll.

Ansonsten verfügt auch die bekannte Feuerwehr-Tableau-Einheit [Merkmal M1] - den Aussagen des in der mündlichen Verhandlung vor der Gebrauchsmusterabteilung befragten Zeugen zufolge (vgl. das zugehörige Protokoll Seite 2, letzter Absatz bis Seite 4, 1. Absatz) - über ein Gehäuse mit einer abschließbaren frontseitigen Gehäusetür [Merkmale M2 und M3], welches in seinem Inneren ein durch Öffnen der Tür zur manuellen Bedienung freigegebenes Tableau-Feld [Merkmal M4] aufweist und in welchem eine Behältnis-Anordnung für Feuerwehr-Einsatzkarten untergebracht ist [Merkmal M6]. Diese vom Zeugen geschilderten Merkmale der offenkundig vorbenutzten Feuerwehr-Tableau-Einheit lassen sich ohne weiteres auch dem Dokument 7 entnehmen, welches die besagte Anordnung in der TU München zeigt.

Was nun das vorstehend erwähnte Unterscheidungsmerkmal anbelangt, so kann der zuständige Fachmann schon aus Haftungsgründen nicht umhin, die von ihm entwickelten Brandmeldeanlagen an die nationalen bzw. europäischen Normen in ihrer jeweils gültigen Fassung anzupassen. Das Dokument 2 (vgl. insbesondere die Hinweise auf das dem dargestellten Produkt zugrunde liegende Geschmacksmuster DGM M Nr. 93 03 784. 8 gemäß Dokument 1, siehe Seiten 2 und 3 "Anzeige nach EN 54") belegt, dass bereits im Jahre 1993 Feuerwehr-Anzeige-Tableaus vertrieben wurden, die den in der Europanorm EN 54 festgeschriebenen Richtlinien genügen. In Kenntnis dieses Standes der Technik bedufte es für den Fachmann somit keines erfinderischen Schritts, um auch die durch Vorbenutzung bekannt gewordene Brandmeldeanlage in der TU München gemäß den Vorschriften der besagten Norm auszugestalten.

Der Antragsgegner hat in der mündlichen Verhandlung den Standpunkt vertreten, es handle sich bei dem im Dokument 2 gezeigten "Anzeige-Tableau (BMZ)" mitnichten um eine "Feuerwehr-Tableau-Einheit (FAT)" im Sinne des Streitgebrauchs. Denn dessen Gegenstand sei dafür ausgelegt, den Einsatzkräften nicht nur den Ort eines Brandes oder dergleichen anzuzeigen, sondern sie auch noch darüber zu informieren, welcher Melder gegebenenfalls defekt sei. Dazu sei aber das "Anzeige-Tableau (BMZ)" gemäß dem Stand der Technik nicht in der Lage. Insofern könne die behauptete Vorbenutzungshandlung in Verbindung mit dem Dokument 2 dem Fachmann den Gegenstand des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag nicht nahe legen.

Dieser Auffassung vermag sich der Senat nicht anzuschließen, da es sich bei der Bezeichnung "Feuerwehr-Tableau-Einheit (FAT)" ganz offensichtlich um einen vom Antragsgegner geschaffenen Begriff, nicht jedoch um einen der Fachwelt geläufigen terminus technicus handelt. Entsprechende Merkmale, aufgrund derer der Fachmann unter einer "Feuerwehr-Tableau-Einheit (FAT)" möglicherweise etwas anderes verstehen würde als unter dem aus dem Dokument 2 bekannten "Anzeige-Tableau (BMZ)", können dem Streitgebrauchsmuster jedenfalls nicht entnommen werden.

4.) Der Schutzanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst die Merkmale des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und des eingetragenen Schutzanspruchs 7. Er ist deshalb ebenfalls zulässig. Jedoch beruht auch der Gegenstand dieses eingeschränkten Schutzbegehrens nicht auf einem erfinderischen Schritt des zuständigen Fachmanns.

Denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme durch die Gebrauchsmusterabteilung (vgl. den angefochtenen Beschluss Seite 5, 1. und 2. Absatz) verfügt auch die in der TU München offenkundig vorbenutzte Brandmeldeanlagen über eine Feuerwehr-Bedienfeld [Merkmal M7a] sowie einen Feuerwehr-Hauptmelder [Merkmal M7b]. Was das darüber hinaus noch verbleibende Merkmal M7c des Schutzanspruchs 1 gemäß Hilfsantrag 1 anbelangt, so liegt es im Rahmen der handwerklichkonstruktiven Routine des Fachmanns, bei einer Feuerwehr-Tableau-Einheit sämtliche, für eine effektive Brandbekämpfung erforderliche Komponenten auf möglichst engem Raum zu platzieren. Somit bedarf es für den zuständigen Fachmann keines erfinderischen Schritts, um auch den Feuerwehr-Schlüsselkasten - durch welchen den Einsatzkräften erst der Zutritt in gefährdete Gebäudebereiche ermöglicht wird - im Gehäuse der bekannten Tableau-Einheit unterzubringen.

5.) Der Schutzanspruch 1 gemäß den Hilfsanträgen 2 bis 6 umfasst jeweils das Merkmal M8, wonach die Tableau-Felder des Feuerwehr-Anzeige-Tableaus (FAT) und des Feuerwehr-Bedienfelds (FBF) jeweils unverschlossen direkt aneinander grenzend benachbart zueinander angeordnet sind. Dieses Merkmal ist jedoch ursprünglich nicht offenbart und stellt deshalb eine unzulässige Erweiterung des Gebrauchsmustergegenstandes dar.

Zwar ist einzuräumen, dass die in der Zeichnung (vgl. die Figuren 1 bis 3 und 5) des Streitgebrauchsmusters dargestellten Komponenten FAT und FBF keine Schlösser oder gleichwirkende Verschlussvorrichtungen erkennen lassen. Weitere Fundstellen, aufgrund derer das Fehlen der genannten Mittel tatsächlich als offenbart zu bewerten wäre, können den ursprünglichen Unterlagen jedoch nicht entnommen werden.

In seiner Entscheidung "Unzulässige Erweiterung" (vgl. BGH GRUR 1996, 204, Ls 1 u. 2, 206, 3. a) - c)) hat der Bundesgerichtshof für Recht erkannt, dass ein in der Beschreibung und den Ansprüchen nicht ausdrücklich erwähntes Merkmal jedenfalls dann durch die ursprüngliche Beschreibung gedeckt ist, wenn sich dieses Merkmal der Zeichnung entnehmen lasse. Diese Rechtsauffassung kann nach Meinung des Senats freilich nicht ohne weiteres auf den umgekehrten Fall eines nicht gezeichneten - gleichwohl aber als erfindungswesentlich eingestuften - Merkmals übertragen werden. Ein ergänzender, das Fehlen des besagten Merkmals ausdrücklich betonender Hinweis in der Beschreibung oder den Ansprüchen wäre allenfalls dann entbehrlich, wenn es sich bei der graphischen Darstellung der Ausführungsformen des in Rede stehenden Gegenstandes um eine technische Zeichnung mit entsprechender Verbindlichkeit der darin wiedergegebenen Details, nicht jedoch - wie im vorliegenden Fall - lediglich um eine grobe Skizze handeln würde.

6.) Nach alledem war der Beschwerde der Antragstellerin stattzugeben und das Streitgebrauchsmuster vollumfänglich zu löschen.

7.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und § 91 Abs. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine abweichende Entscheidung, § 84 Abs. 2 Satz 2 PatG.






BPatG:
Beschluss v. 26.01.2006
Az: 5 W (pat) 436/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/bf3139a1ec3a/BPatG_Beschluss_vom_26-Januar-2006_Az_5-W-pat-436-04




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share