Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. August 2007
Aktenzeichen: 28 W (pat) 4/06

(BPatG: Beschluss v. 01.08.2007, Az.: 28 W (pat) 4/06)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Aus der prioritätsälteren Wort-/Bildmarke 302 00 969 Wiedergabe der Markedie für die Waren der Klassen 32 und 33

"alkoholfreie Getränke, insbesondere schäumende Getränke aus entalkoholisierten Weinen"

geschützt ist, wurde Widerspruch eingelegt gegen die Eintragung der für eine Vielzahl von Waren der Klassen 3, 5, 29, 30, 31 und 32 geschützten Wortmarke 302 57 232 life light.

Der Widerspruch wurde dabei gezielt gegen die nachfolgend aufgeführten Waren

"Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wasser und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken; alle vorgenannte Waren auf Basis der Mikroalge Spirulina"

der angegriffenen Marke gerichtet.

Die Markenstelle für Klasse 29 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die angegriffene Marke zunächst in dem beantragten Umfang gelöscht, auf die Erinnerung des Markeninhabers diese Entscheidung allerdings aufgehoben und den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Erinnerungsbeschluss ausgeführt, dass trotz der Identität bzw. der hochgradigen Ähnlichkeit der Vergleichswaren keine Verwechslungsgefahr bestehe, da beide Zeichen in ihrem Gesamteindruck hinreichend unterschiedlich seien. Den übereinstimmend vorhandenen Wortbestandteilen "LIGHT" und "LIFE" komme ein produktbezogener Bedeutungsanklang zu, weshalb sie als kennzeichnungsschwach zu werten seien. Aus diesem Grund reichten die grafische Ausgestaltung sowie die weiteren Wortelemente des Widerspruchszeichens aus, um eine rechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen auszuschließen.

Hiergegen wendet sich die Widersprechende mit der Beschwerde. Sie ist der Auffassung, dass die angegriffene Marke den hohen Anforderungen nicht gerecht werde, die aufgrund der festgestellten Identität bzw. Ähnlichkeit der Vergleichswaren an den Markenabstand zu stellen seien. Der visuelle Gesamteindruck könne nicht allein ausschlaggebend sein, vielmehr begründe bereits die bestehende klangliche und begriffliche Ähnlichkeit zwischen den beiden Marken die Gefahr von Verwechslungen. Die Widerspruchsmarke werde vom Publikum naheliegender Weise mit ihren grafisch besonders herausgestellten Wortbestandteilen "LIGHT life" benannt. Da die Marken insoweit nur durch die Umkehrung der übereinstimmend vorhandenen Wörter differierten, seien Verwechslungen ohne weiteres zu erwarten. Dies gelte umso mehr, als sich auch der begriffliche Aussagehalt der Marken durch die Wortumkehrung nicht wesentlich ändere, sondern mit den für das Publikum verständlichen Bedeutungen "leicht leben" bzw. "lebe leicht" oder "Lebenslicht" weitgehend derselbe bleibe. Auch das Deutsche Patent- und Markenamt habe in einem anderen Verfahren die Verwechselbarkeit der Widerspruchsmarke mit einer Marke "LIFE LIGHT" bejaht.

Die Widersprechende beantragt sinngemäß, den Erinnerungsbeschluss vom 30. September 2005 aufzuheben und die Löschung der angegriffenen Marke in dem beantragten Umfang anzuordnen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Die Ausführungen der Markenstelle in dem angefochtenen Erinnerungsbeschluss seien zutreffend. Die von der Widersprechenden angeführte Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts beruhe auf einer anderen Fallgestaltung, die nicht auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen werden könne.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Zwischen den Vergleichsmarken besteht keine Verwechslungsgefahr i. S, v. § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Nach dieser gesetzlichen Bestimmung ist eine Marke dann zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer angemeldeten oder eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Identität oder der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Waren oder Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Ob eine solche Verwechslungsgefahr vorliegt, ist unter Berücksichtigung aller relevanten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, zu denen insbesondere die Kennzeichnungskraft des Widerspruchzeichens sowie die Ähnlichkeit der Vergleichswaren und der Vergleichsmarken zu zählen sind (stRspr., vgl. Urteil des EuGH vom 12. Juni 2007 in der Rechtssache C-334/05 P - Limoncello/LIMONCHELO, veröffentlicht unter http://curia.europa.eu; BGH GRUR 2005, 427, 429 - Lila Schokolade (EuGH GRUR 2006, 237, 238, Rdn. 18, 19 - PICASSO; BGH GRUR 2006, 859, 860, Rdn. 16 - Malteserkreuz).

Der Widerspruchsmarke kann in ihrer Gesamtheit eine normale Kennzeichnungskraft zugestanden werden. Im Rahmen des gezielt eingelegten Widerspruchs können sich die Vergleichsmarken zudem auf identischen Waren begegnen. Trotz der sich daraus ergebenden hohen Anforderungen an den erforderlichen Markenabstand, ist eine Verwechslungsgefahr zwischen den beiden Kennzeichnungen aus Rechtsgründen auszuschließen.

Die Frage der Markenähnlichkeit ist sowohl in klanglicher, wie auch in (schrift-) bildlicher und begrifflicher Hinsicht zu beurteilen. Im Regelfall sind die fraglichen Marken dabei als Ganzes miteinander zu vergleichen (BGH, a. a. O., Rdn. 17 - Malteserkreuz). Insoweit unterscheiden sich beiden Vergleichsmarken deutlich. In komplexen Marken - wie dem prioritätsälteren Widerspruchszeichen - kann allerdings auch einzelnen Bestandteilen eine selbständig kennzeichnende Stellung zukommen, so dass sie für den durch die Marke im Gedächtnis der angesprochenen Verkehrskreise hervorgerufenen Gesamteindruck prägend sein können (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044 - Rdn. 28-31 - Thomson Life). Bei der Prüfung, ob dies der Fall ist, bleibt jedoch stets zu berücksichtigen, dass die Frage der Verwechslungsgefahr, als normativ auszufüllender Rechtsbegriff, maßgeblich von der Erwägung bestimmt wird, welcher konkrete Schutzumfang einer Marke zuzumessen ist bzw. welchen Abstand sie von einer prioritätsjüngeren Marke fordern kann (vgl. BGH GRUR 2005, 61, 62 CompuNet/ComNet II; sowie Hacker in Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Aufl., § 9 Rd. 10 ff.). Nach ständiger Rechtsprechung können aus kennzeichnungsschwachen oder sogar schutzunfähigen Markenteilen in kollisionsrechtlicher Hinsicht keine Rechte hergeleitet werden (EuG GRUR Int. 2005, 940, 942, Rdn. 44 - Biker Miles; BGH GRUR 2004, 778, 779 - URLAUB DIREKT; BPatG, 28 W(pat) 280/03 - Biocult 7/Bio-Cult), selbst wenn sie in einer Kennzeichnung möglicherweise blickfangartig herausgestellt werden (vgl. Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 276 m. w. N.).

Zwar neigt der Verkehr durchaus dazu, mehrgliedrige Markenbezeichnungen aus Bequemlichkeitsgründen zu verkürzen und mit dem Bestandteil zu benennen, der ihm hierfür besonders nahe gelegt wird (vgl. BGH GRUR 2002, 1067, 1069 - DKV/OKV), wie dies etwa bei der etikettartigen Widerspruchsmarke mit der Wortfolge "LIGHT life" der Fall ist. Für den vorliegenden Fall ist dieser Gesichtspunkt für die Frage einer rechtlich relevanten Verwechslungsgefahr aber deshalb nicht entscheidungserheblich, weil es sich bei den genannten Markenwörtern um produktbeschreibende Bestandteile handelt, die im Hinblick auf die fraglichen Waren für sich genommen sogar als schutzunfähig zu werten wären (vgl. BPatG 28 W(pat) 253/96 - LIFE; EuG, T-0079/00 - LITE; sowie BPatG 32 W(pat) 355/95 - LITE, alle Entscheidungen veröffentlicht auf PAVIS PROMA CD-ROM).

Der englische Begriff "life" ist dem inländischen Publikum in seiner Bedeutung "Leben, Lebenskraft" als werbemäßiges Eigenschafts- und Werteversprechen ebenso geläufig wie die Gattungsbezeichnung "light", mit der etwa in Verbindung mit Getränken darauf hingewiesen wird, dass diese Produkte kalorien- bzw. alkoholreduziert sind. Beide Markenwörter haben daher in Bezug auf die maßgeblichen Waren einen rein beschreibenden Aussagegehalt. Auch in der Wortkombination "LIGHT life" des älteren Zeichens steht dieser produktbeschreibende Bezug für die angesprochenen Verbraucher im Vordergrund. Aus diesem Grund kann die Übereinstimmung in den kennzeichnungsschwachen Markenelementen "LIGHT" und "life" bereits aus Rechtsgründen weder in klanglicher noch in bildlicher oder begrifflicher Hinsicht die Gefahr von unmittelbaren Verwechslungen begründen (vgl. hierzu BPatG, 25 W(pat) 002/03 - X-Lite # Lite).

Es besteht auch nicht die Gefahr, dass die Vergleichsmarken vom Verkehr gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Dies bereits deshalb nicht, weil die produktbeschreibenden Bestandteile "LIGHT" und "life" der Widerspruchsmarke nicht geeignet sind, als hinweisende Stammbestandteile hervorzutreten. Anhaltspunkte für die Voraussetzungen einer Verwechslungsgefahr im weiteren Sinne sind weder von der Widersprechenden vorgetragen worden noch ersichtlich.

Die Beschwerde war somit zurückzuweisen. Die von der Widersprechenden angeführte Kollisionsentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts vermag diese Wertung nicht in Frage zu stellen. Vielmehr bleibt darauf hinzuweisen, dass aus Vorentscheidungen über die Verwechselbarkeit zwischen anderen Marken keine Bindungswirkung erwächst und die Beurteilung der Markenähnlichkeit in erster Linie eine Tatfrage darstellt, die von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängig ist (vgl. Hacker, a. a. O., § 9 Rdn. 92).

Die vorliegende Entscheidung konnte im schriftlichen Verfahren ergehen, nachdem eine mündliche Verhandlung von den Verfahrensbeteiligten nicht beantragt wurde und auch nach Wertung des Senats nicht sachdienlich gewesen wäre (§ 69 MarkenG).

Zu einer Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen bestand kein Anlass (§ 71 Abs. 1 MarkenG).

Stoppel Werner Schell Me






BPatG:
Beschluss v. 01.08.2007
Az: 28 W (pat) 4/06


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