Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Oktober 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 291/00

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Gegen die für die Waren

"Riesling-Perlwein"

unter der Nummer 398 30 846.2 eingetragene Wort-Bild-Markesiehe Abb. 1 am Endeist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 2 095 117 Riesecco, die für die Waren

"Perlweine"

eingetragen ist.

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat zwischen den Vergleichszeichen die Verwechslungsgefahr gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG festgestellt und die Löschung der angegriffenen Marke 398 30 846.2 angeordnet. Die Vergleichswaren seien identisch, da die Warenangabe "Perlweine" der Widerspruchsmarke die Ware "Riesling-Perlwein" der angegriffenen Marke umfasse. Die danach erforderlichen hohen Anforderungen an den Markenabstand halte die angegriffene Marke nicht ein. Diese werde von dem Wort "chrisecco" geprägt. Damit unterschieden sich die Vergleichszeichen lediglich durch den zusätzlichen Konsonanten "K" (Aussprache von "ch") in der angegriffenen Marke und den Vokal "e" in der Widerspruchsmarke. Bei der im Geschäftsleben vorherrschenden schnellen und meist nachlässigeren Aussprache seien diese Unterschiede zu gering, um eine klangliche Verwechslungsgefahr auszuschließen. Hinzu komme, daß an dem Gesamtklangbild auch der Zeichenteil "-secco" mitwirke, der zwar kennzeichnungsschwach, aber dennoch angemessen zu berücksichtigen sei.

Hiergegen wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit der Beschwerde. Die Vergleichszeichen unterschieden sich klanglich durch die unterschiedlich lange Aussprache der Vokale "i" bzw "ie" und den zusätzlichen Konsonanten "K" (Aussprache von "ch") zu Beginn der angegriffenen Marke, der sich angesichts des nachfolgenden weichen Konsonanten "r" deutlich abhebe. Der Bestandteil "-secco" stimme zwar überein, habe aber keine große Unterscheidungskraft. Die Wortanfänge seien zudem prägender. Bei der angegriffenen Marke komme es insbesondere bei optischer Wahrnehmung vor allem auf die graphische Gestaltung an, wogegen der Name in den Hintergrund trete. Er erhebt die Einrede mangelnder Benutzung gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG.

Der Markeninhaber beantragt sinngemäß, die angegriffenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. September 1999 und 3. August 2000 aufzuheben.

Die Widersprechende beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hat Benutzungsunterlagen vorgelegt und in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen, daß der Konsonant "r" klangstark und der Zeichenteil "-secco" zwar kennzeichnungsschwach sei, aber mit seiner Klangfülle noch vorhandene Unterschiede "zudecke". Daher bestehe eine klangliche Verwechslungsgefahr.

II.

Die zulässige Beschwerde des Markeninhabers ist unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht die Gefahr klanglicher Verwechslungen gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG.

Die beiderseitigen Waren sind identisch, denn die Ware "Perlweine" der Widerspruchsmarke umfaßt auch die Ware "Riesling-Perlwein" der angegriffenen Marke. Die Widersprechende hat auf die zulässige Einrede mangelnder Benutzung gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG durch den Inhaber der angegriffenen Marke eine hinreichende Benutzung ihrer Ware dargetan. Der dargelegte Umfang entspricht einer ernsthaften Benutzung und der vorgetragene Zeitraum betrifft die gemäß § 43 Abs 1 Satz 2 MarkenG erforderlichen fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch. Zwar erfaßt der Vortrag nicht den gesamten Fünf-Jahres-Zeitraum, sondern lediglich die Jahre 1997 bis einschließlich 2000. Eine Pflicht zur lückenlosen Darstellung der gesamten fünf Jahre besteht aber nicht. Die Art der Benutzung ergibt sich aus dem beigefügten Prospektmaterial sowie einer Preisliste. Wenn diese Prospekte das Jahr ihrer Verwendung auch nicht erkennen lassen, ist der Rückschluß auf eine Verwendung (des Werbeprospekts) im Jahr 1999 ohne weiteres möglich, weil für einen Sekt für die Jahreswende 2000 geworben wird. Die Preisliste stammt ausweislich eines Seitenaufdrucks vom April 2000, so daß Art, Umfang und Dauer der Benutzung durch die Lizenznehmerin der Markeninhaberin (§ 26 Abs 2 MarkenG) glaubhaft gemacht worden sind.

Die Widerspruchsmarke "Riesecco" besitzt in ihrer Gesamtheit eine mittlere Kennzeichnungskraft. Zwar könnte der Silbe "-secco" ein beschreibender Hinweis auf "trocken", also eine entsprechende Eigenschaft des so gekennzeichneten Getränks, entnommen werden, wenn dies auch nicht ohne weiteres Nachdenken der Fall sein dürfte. Zum einen handelt es sich um eine fremdsprachige Endung, zum anderen ist ein Wortspiel mit der italienischen Traubensorte "Prosecco" ebenfalls denkbar. Davon ist auch die Widersprechende selbst in der mündlichen Verhandlung ausgegangen. In ihrer Gesamtheit als einheitliches Wort besitzt die Widerspruchsmarke jedoch keinen beschreibenden Inhalt. Auch sonstige Anhaltspunkte für ein Abweichen der Kennzeichnungskraft vom mittleren Bereich sind nicht ersichtlich.

Diese Feststellungen haben zur Folge, daß ein erheblicher Abstand der beiden Marken gegeben sein muß, um die Gefahr von Verwechslungen verneinen zu können. Je näher sich nämlich die Waren stehen, desto größer ist die Gefahr von Markenverwechslungen, da die Systematik des Markenrechts eine gegenseitige Wechselwirkung von Marken- und Warenähnlichkeit bedingt (BGH Mitt 1995, 107 - Oxygenol II; GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND; BlPMZ 1999, 112, 114 - LIBERO). Zwar unterscheiden sich die Vergleichszeichen in ihrer Gesamtheit ausreichend (BGH GRUR 1996, 198 - Springende Raubkatze; EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma), klanglich aber hält die angegriffene Marke den erforderlichen deutlichen Abstand nicht ein. Zwar handelt es sich bei dieser Marke um eine Wort-Bild-Marke, bei der das Wort "chrisecco" schräg von links unten nach rechts oben verläuft und mit einem blauen, goldgeränderten Balken unterlegt ist. Der Hintergrund ist grauweiß marmoriert, an den Längsseiten befinden sich jeweils links und rechts außen zwei schmale, senkrecht verlaufende blaue, goldgeränderte Balken. Bei einem Zusammentreffen von Wort- und Bild-Bestandteilen ist jedoch grundsätzlich davon auszugehen, daß der Verkehr dem Wort als einfachster und kürzester Bezeichnungsform eine prägende Bedeutung zumißt (Althammer/Ströbele, Markengesetz, 6. Aufl, § 9 Rdnr 194). Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn das Bild die Marke durch seinen Umfang und seine kennzeichnende Wirkung in einem Ausmaß beherrscht, daß das Wort daneben nicht mehr beachtet wird. Das aber ist vorliegend nicht der Fall. Das Wort "chrisecco" ist nach seinem Umfang groß genug, um ohne weiteres erkannt zu werden. Es wird zudem durch die bildliche Gestaltung geradezu unterlegt und damit hervorgehoben.

Mit mündlichen Bestellungen ist auf dem vorliegenden Warengebiet in rechtserheblichem Umfang zu rechnen, beispielsweise in Gastronomiebetrieben oder bei Lieferanfragen sowie -bestellungen. Dabei ist von dem Erfahrungssatz auszugehen, daß die Marken regelmäßig nicht gleichzeitig nebeneinander wahrgenommen und verglichen werden können, weshalb der Verkehr seine Auffassung über die Ähnlichkeit der Marken aufgrund eines undeutlichen Erinnerungsbildes gewinnt (BGH GRUR 1993, 972 - Sana/Schosana). Stehen sich damit die Wörter "Riesecco" und "chrisecco" gegenüber, so besteht die Gefahr klanglicher Verwechslungen nach dem Gesamtklangbild. Die Vergleichswörter haben dieselbe Silbenzahl und Betonung. Die Vokale "i", "e" und "o" stimmen überein und die Konsonanten "r", "s" und "k" ("cc") sind identisch. Zudem stimmen sie in den Endsilben "-secco" überein, die wegen ihres möglicherweise beschreibenden Inhalts zwar eher kennzeichnungsschwach sind, aber im Gesamteindruck dennoch Gewicht haben und deshalb mitzuberücksichtigen sind. Demgegenüber vermögen die Abweichungen keine ausreichende, eine Verwechslungsgefahr hindernde Prägung zu erreichen. Die Schreibweise der Widerspruchsmarke mit "ie" führt angesichts des klangstarken und kurz und hart gesprochenen Wortendes nicht zu einer langen und langsamen Aussprache, vielmehr wird sie genauso schnell gesprochen wie der Vokal "i" in der angegriffenen Marke. Auch der Anlaut "ch" am Wortanfang der angegriffenen Marke, der wie "k" gesprochen wird, vermindert oder verhindert eine Verwechslungsgefahr nicht. Zwar befindet er sich am in der Regel stärker beachteten Wortanfang, er geht jedoch klanglich gegenüber dem nachfolgenden Konsonanten "r" unter und besitzt angesichts des folgenden Klanggepräges des gesamtes Markenwortes kein eigenständiges Gewicht. Damit reichen die im Verhältnis zu den bestehenden Gemeinsamkeiten nur geringen klanglichen Unterschiede nicht aus, um ein Verhören und damit eine Verwechslung der für gleiche Waren bestimmten Marken mit der notwendigen Sicherheit auszuschließen.

Gründe: dafür, dem oder der Beteiligten die Kosten des Beschwerdeverfahrens aus Billigkeitsgründen aufzuerlegen (§ 71 Abs 1 MarkenG), sind nicht ersichtlich.

Schülke Reker Ederprö

Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/D23885.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 10.10.2001
Az: 26 W (pat) 291/00


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