Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 14. Juni 2007
Aktenzeichen: 23 W 83/07

(OLG Hamm: Beschluss v. 14.06.2007, Az.: 23 W 83/07)

Tenor

In Abänderung der angefochtenen Entscheidung haben die Beklagten zu je ½ an den Kläger 5.648,30 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2006 zu erstatten.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Von der Erhebung einer Gerichtsgebühr wird abgesehen.

Die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens tragen der Kläger zu 13 % und die Beklagten zu 87 % nach einem Gegenstandswert bis 6.000,00 Euro.

Gründe

Die Beschwerde hat im Wesentlichen Erfolg.

1.

Der Kläger hat durch die Versicherung seines Rechtsanwalts Dr. I vom 23. November 2006 (Bl. 227 d.A.) glaubhaft gemacht, am 11. November 2002 unbedingten Klageauftrag erteilt zu haben. Für die von dem Rechtspfleger angenommene Verknüpfung zwischen Klageauftrag und Einholung eines hydrogeologischen Gutachtens ist nichts ersichtlich. Es erscheint bereits fraglich, ob schon im November 2002 vorgesehen war, ein solches Gutachten einzuholen. Selbst wenn späterhin der Kläger festgelegt haben sollte, die Erhebung der Klage (teilweise) vom Ausgang des alsdann in Auftrag gegebenen Gutachtens abhängig zu machen, folgt daraus keine (nachträgliche) Bedingtheit des Klageauftrages. Das Gutachtenergebnis wäre in diesem Fall lediglich eine tatsächliche Voraussetzung für die Klageerhebung gewesen, aber keine Bedingung für das Mandatsverhältnis. Mithin hat der Kläger seine Anwälte nach der BRAGO zu bezahlen und kann er insoweit in die Ausgleichung einstellen:

Prozessgebühr 338,00 Euro

Verhandlungsgebühr 338,00 Euro

Beweisgebühr 338,00 Euro

Gerichtstermin 15.08.2005

80 x 0,27 21,60 Euro

Tagegeld insoweit 15,00 Euro

SV-Ortstermin 24.10.2005

Tagegeld 15,00 Euro

Gerichtstermin 26.06.2006

80 x 0,27 21,60 Euro

Tagegeld insoweit 15,00 Euro

Nebenkostenpauschale 20,00 Euro

1.122,20 Euro

Umsatzsteuer 179,55 Euro

Gesamtbetrag 1.301,75 Euro

2.

Die von dem Kläger aufgewandten Privatgutachterkosten sind überwiegend erstattungsfähig.

a)

Die vom Rechtspfleger angeführte Rechtsprechung des Senats zur Beauftragung eines Privatgutachters in einem Bauprozess ist teilweise nicht einschlägig. In einem Bauprozess reicht es nach der sog. Symptomrechtsprechung des BGH grundsätzlich hin, die Mängelerscheinungen laienhaft zu beschreiben. Ursachen, Ausmaß und wirtschaftliche Bedeutung der so aufgezeigten Mängel werden alsdann - nur soweit erheblich - vom Gericht aufgeklärt. Dieses Procedere ist ökonomisch und kommt den Interessen der Parteien an einer zügigen Konfliktbewältigung entgegen, setzt aber voraus, dass die Mängelhaftung des Unternehmers als solche nicht im Streit ist. Geht es jedoch wie vorliegend nicht um die haftungsausfüllende, sondern um die haftungsbegründende Kausalität, ist dem Geschädigten nicht zuzumuten, seine Klage insoweit auf eine nur vermutete Tatsachengrundlage zu stützen. Vielmehr erscheint es sachgerecht, durch vorprozessuale Ermittlungen die eigene Anspruchsposition jedenfalls so weit vorab zu klären, dass sie einer Erfolgsprognose zugänglich ist und im Fall der Klageerhebung fundiert faktisch untermauert werden kann. Der unbedingte Wille des Geschädigten, alle in Betracht kommenden Ansprüche gegen einen vermeintlich Verantwortlichen gerichtlich zu verfolgen, lässt sich vernünftigerweise und kostenorientiert dadurch umsetzen, dass zunächst der tatsächliche Zurechnungszusammenhang geklärt wird.

Deshalb ist die Einholung des Gutachtens I2 vom 3. Dezember 2002 - veranlasst durch den mit Klageauftrag versehenen Prozessbevollmächtigten des Klägers - aus kostenrechtlicher Sicht nicht zu beanstanden. Dieses Gutachten trifft teils eindeutige Zuordnungen (vgl. S. 25). Es vermochte ohne Weiteres ein Feststellungsbegehren zu begründen. Andererseits hätte es insoweit aber auch hingereicht. Der Ergänzungsauftrag des Klägers im Januar 2003 war dazu nicht erforderlich. Weder verlangte das Klageziel nach einer sachverständigen Klärung des Schadensumfangs noch diente das Ergänzungsgutachten vom 29. Januar 2003 der weiteren Ursachenerforschung. Es hat lediglich die Dokumentation weiterer Risse zum Gegenstand. Diese hätte der Kläger auch selbst festhalten können.

Das hydrogeologische Gutachten des Erdbaulabors Dr. L vom 29. Juli 2004 diente ersichtlich dem Unterlassungsantrag zu 1) und verhält sich gleichfalls über die tatsächlichen Grundlagen einer Haftung der Beklagten. Deshalb erweist es sich ebenso wie das Gutachten I2 vom 3. Dezember 2002 als prozessbezogen und prozessnotwendig. Dass der Klageantrag zu 1) keinen Erfolg hatte und dass deshalb diese Gutachterkosten nach den allgemeinen Grundsätzen des Kostenrechts nicht die Beklagten treffen dürfte, kann im Festsetzungsverfahren keine Berücksichtigung mehr finden. Die Kostenfestsetzungsorgane sind an die Kostengrundentscheidung gebunden, auch wenn diese sachlich falsch ist. Eine Korrektur scheidet insoweit aus, selbst wenn die Kostengrundentscheidung - wie hier - jedenfalls zum Teil auf einer falschen Streitwertbestimmung beruht, weil das Gericht auf den Aufwand der Beklagten abgestellt hat (vgl. Bl. 97 d.A.), anstelle das von dem Kläger mit dem Unterlassungsantrag verfolgte Interesse zu bewerten.

Nachdem der gerichtlich bestellte Sachverständige T das Gutachten des Erdbaulabors Dr. L vom 29. Juli 2004 deutlich kritisiert hatte, war es seitens des Klägers nur folgerichtig, den Sachverständigen Dr. L mit einer Stellungnahme zu beauftragen. Daher zählen auch die insoweit angefallenden Aufwendungen zu den Prozesskosten. Zur Einbeziehung in die Ausgleichung gelten die vorstehenden Ausführungen entsprechend. Insgesamt sind daher an Privatgutachterkosten des Klägers anzusetzen:

Rechnung I2 vom 3. Dezember 2002 (Bl. 192 d.A.) 538,36 Euro

Rechnung Dr. L vom 2. August 2004 (Bl. 104 f. d.) 4.163,82 Euro

Rechnung Dr. L vom 21.02.2006 (Bl. 196 d.A.) 203,00 Euro

4.905,18 Euro

3.

Somit ergibt sich folgende Kostenaufstellung:

Anwaltskosten 1.301,75 Euro

Parteiauslagen 4.905,18 Euro

6.206,93 Euro

Nach der Kostenquote tragen die Beklagten davon 5.648,30 Euro, so dass die Festsetzung entsprechend abzuändern war.

Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO und KV 1811 GKG, der Gegenstandswert folgt aus dem Abänderungsbegehren.






OLG Hamm:
Beschluss v. 14.06.2007
Az: 23 W 83/07


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