Landgericht Münster:
Urteil vom 24. April 2012
Aktenzeichen: 025 O 1/12

(LG Münster: Urteil v. 24.04.2012, Az.: 025 O 1/12)

Tenor

Die Beklagte wird verurteilt,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden

Ordnungsgeldes bis zu EUR 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft, oder der

Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle wiederholter Zuwiderhandlungen bis zu

insgesamt 2 Jahren, zu verhängen gegen die Geschäftsführer der Beklagten,

künftig im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern zu

unterlassen,

für den monatlichen Beitrag mit "Alles inklusive € 19,95 pro Monat" wie

nachfolgend abgebildet zu werben oder werben zu lassen, wenn die

Kunden tatsächlich mit weiteren Kosten (z. B. Karten- oder

Servicegebühr/Quartal belastet werden:

(siehe * (1))

2. an den Kläger 214,00 € (zweihundertvierzehn Euro) nebst Zinsen in Höhe von 5

%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 13.01.2012 zu zahlen.

Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 12.500,00 € vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Werbeaussagen, die die Beklagte im Wege eines Flyers für ihr Fitnessstudio eingesetzt hat. Die Klägerin ist eine rechtsfähige Verbraucherorganisation, zu deren satzungsgemäßen Aufgaben die nicht gewerbsmäßige und dauerhafte Wahrnehmung sowie der Schutz der Interessen und Rechte der Verbraucher, beispielsweise durch Aufklärung und Beratung, gehört. Sie ist in der Liste der qualifizierten Einrichtungen nach § 4 Unterlassungsklagegesetz eingetragen.

Die Beklagte ist ein Unternehmen im Bereich des Erwerbs, Verkaufs und Betreibens von Fitnessclubs. Für eines ihrer Fitnessstudios in L warb sie in ihrer Werbebroschüre mit dem Hauptslogan "Alles inklusive für 19,95 € pro Monat". Hinsichtlich der Details der Werbung wird auf die Broschüre in Anlage K5 zur Klageschrift, Blatt 30 der Akten, verwiesen.

Die Werbeaussage "Alles inklusive für 19,95 € pro Monat" enthält auf rotem Grund ein weißes Sternchen. Dieser Sternchen-Hinweis wird seitlich in senkrechter Schrift in einer Größe von ca. 1,5 mm aufgelöst. Danach gilt dieses Angebot bei einem 24-Monats-Abo und versteht sich zuzüglich einer einmaligen Kartengebühr von 19,95 € und einer Servicegebühr von 9,95 €/Quartal.

Die Klägerin beantragt,

1.

die Beklagte unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu verurteilen, es künftig im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber von Verbrauchern zu unterlassen, für den monatlichen Beitrag mit "Alles inklusive für 19,95 € pro Monat" wie im Urteilstenor abgebildet zu werben oder werben zu lassen, wenn die Kunden tatsächlich mit weiteren Kosten (z. B. Karten- oder Servicegebühr/Quartal) belastet werden.

2.

Die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 214,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, es liege keine Blickfangwerbung vor. Es fehle an einer besonderen Hervorhebung im Druck. Im Übrigen sei die Werbung auch deshalb nicht irreführend, weil mit dem Sternchen-Hinweis und der zugehörigen Auflösung im Kleingedruckten die Konditionen hinreichend kenntlich gemacht seien.

Aus diesem Grunde liege auch kein Verstoß gegen die PAngV vor.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Klägerin ist klagebefugt nach § 8 Abs. 3 Nr. 3 UWG.

Der Anspruch ist begründet aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit § 5 Abs. 1 sowie nach § 4 Nr. 11 in Verbindung mit § 1 Abs. 1 PAngV.

Die Werbung der Beklagten verstößt gegen das Irreführungsverbot nach § 5 UWG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 UWG handelt unlauter, wer eine irreführende geschäftliche Handlung vornimmt. Dies ist nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 UWG dann der Fall, wenn die Werbung unwahre Angaben oder sonstige zur Täuschung geeignete Angaben über den Preis oder die Art und Weise, in der er berechnet wird, enthält. Das setzt voraus, dass in den angesprochenen Verkehrskreisen falsche Vorstellungen über die Preise einzelner Leistungen hervorgerufen werden. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die preisbezogenen Angaben unvollständig sind und zusätzliche Preispositionen hinzukommen, ohne dass dies für die Zielgruppe nach den Umständen des Falles aus der Werbeangabe ersichtlich ist.

Der optisch hervorgehobene Schriftzug "Alles inklusive für 19,95 € pro Monat" erweckt den Eindruck, dass der angegebene Monatspreis die anfallenden Kosten im vollen Umfang beinhaltet. Für das Publikum drängt sich aufgrund der besonderen optischen Betonung des imaginären Preisschildes als Deutung auf, dass die besondere Botschaft des Werbenden in der vollständigen Abdeckung sämtlicher Kosten besteht. Denn durch die Aussage "Alles inklusive" wird der Eindruck erweckt, dass der Angesprochene nicht mit weiteren Kosten rechnen muss außer den monatlichen zu zahlenden 19,95 €. Der hier vorgenommene Versuch der Auflösung durch einen sogenannten Sternchen-Hinweis ändert an dieser Bewertung nichts. Sternchen-Hinweise sind grundsätzlich zwar zulässig. Sie müssen aber so erkennbar sein, dass der angesprochene Verbraucher sie leicht wahrnehmen kann.

Dem genügen der Sternchen-Hinweis und die zugehörige Auflösung hier nicht. Der Verbraucher ist zwar grundsätzlich an derartige Sternchen-Hinweise und auch daran gewöhnt, dass in kleiner Schrift sich innerhalb der Werbebroschüre einen entsprechender Auflösungstext findet. Der aufklärende Hinweis muss für den situationsadäquat aufmerksamen Adressaten jedoch auf den ersten Blick erkennbar sein (vgl. OLG Koblenz K&R 2011, 349). Die Blickfangwerbung muss aufgelöst werden, wenn nicht zu erwarten ist, dass sich der Verbraucher interessiert mit dem Angebot im Einzelnen auseinander setzt, sondern gerade die Werbeaussage eher flüchtig wahrnimmt. Das ist bei derartigen Angeboten von Fitnessstudios regelmäßig der Fall, da in diesem Geschäftsbereich häufig mit Monatspauschalen geworben wird. Durch den Hinweis "Alles inklusive" und dann die schlagwortartige Aufführung der wesentlichen Leistungen mit einem entsprechenden Haken und mit dem Einzelzusatz "inklusive" wird gerade der flüchtig lesende Verbraucher besonders angesprochen. Die gebotene klare Auflösung erfordert, dass der Sternchen-Hinweis so ausgeführt ist, dass die Aussage als informativer Teil der Gesamtwerbung erkannt werden kann. Besondere Bedeutung erlangt hier der Umstand, dass die auflösenden Hinweise nicht in der normalen Textabfolge abgedruckt sind, sondern sich als kleingedruckter Text senkrecht am Seitenrand befinden. Eine derartige Fassung führt dazu, dass ein einfaches Mitlesen des Textes, ohne das Papier zu drehen, kaum möglich ist. Bei einer so nebenher laufenden Passage besteht die Gefahr, dass der Leser dies nicht als sachliche Information für die Werbeaussage wahrnimmt. Bei einer derartig kleinen Schrift verbunden mit einer senkrechten Anordnung besteht die Gefahr, dass wegen des zusätzlichen Aufwandes bzw. besonderen Einsatzes den dies von dem Leser der Werbung fordert, dass ein nicht unerheblicher Teil der Angesprochenen eine für die nähere Wahrnehmung erforderliche Mühe scheut und sich auf das Lesen des vom Werbenden ausgesuchten regelmäßig auffälliger und leicht lesbarer gestalteten positiven Teils der Werbung beschränkt (vgl. insoweit auch BGH GRUR 1991,859). Wegen dieses Risikos, dass der Hinweis überhaupt nicht wahrgenommen und mitgelesen wird, löst der Sternchen-Hinweis jedenfalls hier die Werbeaussage nicht hinreichend auf.

Ob die Erklärung im Sternchen-Hinweis aus sich heraus ebenfalls schwer verständlich oder mehrdeutig ist, kann deshalb dahinstehen.

Wegen der nicht hinreichend klaren Angabe und Aufklärung zur Preiszusammensetzung liegt zugleich ein Verstoß nach § 4 Nr. 11 UWG in Verbindung mit § 1 PAngV vor.

Wegen des danach berechtigten Unterlassungsbegehrens hat die Beklagte nach § 12 UWG auch die Abmahnkosten der Klägerin zu erstatten. Der geltend gemachte Betrag wird nach § 287 ZPO als angemessen angesehen. Er entspricht auch in etwa dem Betrag, der aufgrund der seitens der Zentrale veröffentlichen Durchschnittskosten zu erwarten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.






LG Münster:
Urteil v. 24.04.2012
Az: 025 O 1/12


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