Bundespatentgericht:
Beschluss vom 24. April 2008
Aktenzeichen: 6 W (pat) 36/05

(BPatG: Beschluss v. 24.04.2008, Az.: 6 W (pat) 36/05)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. August 2005 aufgehoben und das Verfahren zur weiteren Bearbeitung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückverwiesen.

Gründe

I.

Die Anmelderin hat am 26. Januar 2004 die Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Verfahren und Vorrichtung für den Verbrauch der sich unter dem Druck befindlichen Flüssigkeiten" beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht.

Mit Eingabe vom 22. März 2004 hat die Anmelderin eine "Ergänzung" zu ihrer Erfindung eingereicht, welche zusätzliche Beschreibungsteile, Figuren und Ansprüche enthält.

Mit Bescheid der Prüfungsstelle für Klasse E 03 D vom 26. Oktober 2004 wurde die Anmelderin darauf hingewiesen, dass die im Anspruch 1 formulierte Lehre widersprüchlich sei, dass auch eine klargestellte Lehre im Hinblick auf den ermittelten Stand der Technik nicht gewährbar sei und dass darüber hinaus durch die "Ergänzung" vom 22. März 2004 die Anmeldung unzulässig erweitert worden sei.

Als Erwiderung auf den Prüfungsbescheid hat die Anmelderin mit Eingabe vom 22. Februar 2005 weitere Ergänzungen zu ihrer Erfindung eingereicht.

Da die Anmelderin den gerügten Mängel der unzulässigen Erweiterung in der Folgezeit nicht beseitigte, wurde die Patentanmeldung durch den angegriffenen Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse E 03 D vom 2. August 2005 aufgrund § 48 Patentgesetz zurückgewiesen.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Anmelderin vom 9. Oktober 2004.

Im Beschwerdeverfahren hat die Anmelderin mit Schriftsatz vom 16. April 2008 die mit Schriftsätzen vom 22. März 2004 und vom 22. Februar 2005 eingereichten Ergänzungen gestrichen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1) Die Beschwerde des Anmelders ist zulässig, insbesondere statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt, § 73 Abs. 1 Abs. 2 PatG. Die Beschwerde hat auch insoweit in der Sache Erfolg, als der angegriffene Beschluss aufzuheben und das Verfahren zur weiteren Bearbeitung der Anmeldung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen ist, § 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG.

§ 79 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 PatG bestimmt, dass das Bundespatentgericht die angefochtene Entscheidung ohne eigene Sachentscheidung aufheben kann, wenn die Gründe, die der angefochtenen Entscheidung zugrunde liegen, beseitigt werden und insoweit eine neue Sachprüfung oder eine Fortsetzung der Sachprüfung erforderlich ist (vgl. Busse, Patentgesetz, 6. Aufl., § 79 Rdn. 56 und 57; Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 79 Rdn. 19 bis 21 - jeweils m. w. N.).

Eine Sachentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts fehlt dann im Sinne von § 79 Abs. 3 Nr. 1 PatG, wenn die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts auf Gründen beruht, die ein Eingehen auf die Frage der Patentfähigkeit der Erfindung entweder vollständig oder teilweise entbehrlich machten. Werden diese Gründe im Beschwerdeverfahren ausgeräumt, dann kann zurückverwiesen werden, wenn wesentliche Patentierungsvoraussetzungen noch nicht ausreichend geprüft sind. Eine Zurückverweisung kommt daher z. B. u. a. dann in Betracht, wenn der Mangel der unzulässigen Erweiterung, auf dem der angefochtene Beschluss gestützt ist, vor dem Bundespatentgericht beseitigt wird (vgl. Schulte, Patentgesetz, 7. Aufl., § 79 Rn. 21, Beispiel 3).

Ein solcher Fall liegt hier vor.

Nach der Streichung der unzulässigen Erweiterungen vom 22. März 2004 und vom 22. Februar 2005 ist dieser Gesichtspunkt, auf dem die Zurückweisung der Anmeldung beruht, hinfällig geworden. Die weiterhin im Verfahren von der Prüfungsstelle getroffenen Feststellungen hinsichtlich der Patentfähigkeit reichen für eine Beuteilung der Schutzfähigkeit nicht aus.

Zwar beschäftigt sich der Prüfungsbescheid vom 26. Oktober 2004 auch mit Fragen der Neuheit und erfinderischen Tätigkeit. Nach Auffassung des Senats ist die Prüfungsstelle bei diesen Erörterungen jedoch von einem unzutreffenden Verständnis des Gegenstands der Anmeldung ausgegangen und hat folglich wesentliche entscheidungserhebliche Patentierungsvoraussetzungen nicht ausreichend geprüft.

Die Prüfungsstelle hat zwar den ursprünglichen Anspruch 1 zu recht als widersprüchlich bezeichnet (vgl. Bescheid vom 26. Oktober 2004, Abs. 1), jedoch die sich aus der Gesamtschau der eingereichten Unterlagen ergebende Lehre unzutreffend interpretiert.

Die Prüfungsstelle sieht den Kern der angemeldeten Lehre darin, dass gemäß dem angemeldeten Verfahren sowohl Wasser abgegeben werden soll, welches unter dem Druck des Wasserversorgungsnetzes steht, als auch Wasser, welches in einem Behälter angesammelt ist und nur unter dem statischen Druck steht (vgl. Bescheid vom 26. Oktober 2004, Abs. 2). Diesen Sachverhalt hat die Prüfungsstelle dann recherchiert und auch einschlägigen Stand der Technik ermittelt.

Wie sich jedoch aus der Gesamtschau der Unterlagen vom Anmeldetag ergibt, soll nicht die alternative Entnahme von entweder unter dem Druck des Wasserversorgungsnetzes oder nur unter dem statischen Druck stehenden Wassers möglich sein, sondern das unter dem Druck des Wasserversorgungsnetzes stehende Wasser soll in einem Behälter gesammelt werden, in welchem es nur unter dem statischen Druck steht. Aus diesem Behälter soll das Wasser dann bei Bedarf über ein manuell zu öffnendes und durch sein Eigengewicht wieder schließendes Ventil entnehmbar sein (vgl. Abschnitt "Funktionsbeschreibung", beginnend auf S. 2, unten der Anmeldungsunterlagen).

Ein derartiger Sachverhalt, wie er sich unter dem Abschnitt "Funktionsbeschreibung" (beginnend auf S. 2, unten der Anmeldeunterlagen) ergibt, ist jedoch noch nicht recherchiert worden. Die von der Prüfungsstelle gefundenen und der Anmelderin bisher mitgeteilten Entgegenhaltungen können deshalb nicht als Grundlage für eine Beurteilung der Patentfähigkeit durch den Senat dienen.

Bei dieser Sachlage war daher die Anmeldung zur Vermeidung eines Instanzenverlustes zur weiteren Prüfung an das Deutsche Patent- und Markenamt zurückzuverweisen.

Dem Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung brauchte nicht stattgegeben zu werden, da dieser Antrag mit Schriftsatz vom 1. April 2008 zurückgenommen worden ist.

Lischke Guth Schneider Hildebrandt Cl






BPatG:
Beschluss v. 24.04.2008
Az: 6 W (pat) 36/05


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