Oberlandesgericht Hamm:
Urteil vom 13. Februar 2012
Aktenzeichen: I-8 U 118/11

(OLG Hamm: Urteil v. 13.02.2012, Az.: I-8 U 118/11)

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 15. Dezember 2010 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Münster unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst.

Es wird - im Verhältnis zum Beklagten zu 1) - festgestellt, dass die Klägerin mit drei Geschäftsanteilen im Nennbetrag von jeweils 25.000 DM (Geschäftsanteile mit den laufenden Nrn. 2, 3 und 4) sowie einem weiteren Geschäftsanteil im Nennwert von 15.000 DM (Geschäftsanteil mit der laufenden Nr. 6) und damit mit Geschäfts-anteilen im Nennwert von insgesamt 90.000 DM am Stammkapital der Beklagten zu 2) im Nennwert von insgesamt 100.000 DM beteiligt ist.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen diese zu 60 % und der Beklagte zu 1) zu 40 %. Von den außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 1) tragen er selbst 80 % und die Klägerin 20 %, die-jenigen der Beklagten zu 2) trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf-grund dieses Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils andere Seite vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Streitwert für die Berufung: 250.000 € (200.000 € + 50.000 €)

Gründe

I.

Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage gegenüber den Beklagten zum einen die Feststellung, dass sie am Stammkapital der Beklagten zu 2), das einen Nennwert von insgesamt 100.000 DM hat, mit Geschäftsanteilen im Nennwert von insgesamt 90.000 DM beteiligt ist. Zum anderen verlangt sie die Feststellung der Nichtigkeit von Gesellschafterbeschlüssen, die der Beklagte zu 1) als Gesellschafter der Beklagten zu 2) am 07.10.2009 gefasst hat.

Dem liegt Folgendes zugrunde:

Der Beklagte zu 1) war alleiniger Gesellschafter der Beklagten zu 2), deren Unternehmensgegenstand in dem Transport, der Aufbereitung und der Entsorgung von festen und flüssigen Stoffen und Gütern besteht.

Mit notariellem Anteilskauf- und Übertragungsvertrag vom 23.12.2008 (URNr. ...#/...- Notar X2 in E2) verkaufte der Beklagte zu 1) nach vorheriger Aufteilung der Anteile näher bezeichnete Geschäftsanteile mit einem Nennbetrag von insgesamt 90.000 DM an die Klägerin, deren Geschäftsführer C ist.

Nach § 3 S. 2 des notariellen Vertrages stand die dingliche Übertragung der Gesellschaftsanteile unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des endgültigen Kaufpreises, für dessen Ermittlung § 2 folgende Regelungen enthält:

"(1) (…)

(2) Der vorläufige Kaufpreis für die vorgenannten Geschäftsanteile beträgt € 4.350.000 (in Worten: ….). Der endgültige Kaufpreis errechnet sich aus dem vorläufigen Kaufpreis wie folgt:

Der vorläufige Kaufpreis erhöht sich um Forderungen aus Lieferungen und Leistungen, sonstige Vermögensgegenstände und liquide Mittel und ermäßigt sich um Rückstellungen und Verbindlichkeiten. Maßgeblich für alle diese Posten ist der Ausweis in der Bilanz der Gesellschaft zum 31.12.2008 gemäß nachstehender Ziffer (3) mit der Maßgabe, dass die vorzeitige Zahlung der Käuferin gemäß nachstehender Ziffer (5) zu eliminieren ist. Der endgültige Kaufpreis beträgt 90 % (in Worten: …) des auf vorstehende Weise ermittelten Betrages.

Der Verkäufer ist verpflichtet, aus dem Kaufpreis das ihm von der Gesellschaft gewährte Darlehen in voller Höhe zurückzuzahlen. Die Darlehensrückzahlung hat keine Auswirkung auf die Höhe des endgültigen Kaufpreises, weil diese Rückzahlung bereits bei der Bemessung des vorläufigen Kaufpreises erhöhend berücksichtigt worden ist. Aus Gründen der vereinfachten Abwicklung wird die Käuferin den Betrag der Darlehensvaluta unter Anrechnung auf den endgültigen Kaufpreis zur Tilgung des Darlehens direkt an die Gesellschaft zahlen.

(3) Zum Zwecke der Ermittlung des endgültigen Kaufpreises wird der Verkäufer den Steuerberater der Gesellschaft mit der Erstellung des Jahresabschlusses der Gesellschaft auf den 31.12.2008 beauftragen. Dieser Abschluss ist in Übereinstimmung mit den gesetzlichen Vorschriften und den allgemein anerkannten Grundsätzen ordnungsgemäßer Buchführung und Bilanzierung (HGB und GOB) und mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns aufzustellen. Der Abschluss muss alle Aktiva und sämtliche Passiva beinhalten. Für alle bekannten und bei der Anwendung kaufmännischer Sorgfalt erkennbaren Risiken sind Rückstellungen zu bilden. Weiterhin ist der Abschluss auf der Basis des goingconcerns Prinzip aufzustellen, er muss dem bilanzrechtlichen Vorsichtsprinzip und den Grundsätzen der Bilanzierungs- und Bewertungsstetigkeit entsprechen, das heißt die Bilanz- und Wertansatzwahrechte müssen, soweit zulässig, in gleicher Weise wie in den vergangenen Jahresabschlüssen ausgeübt werden. Die für den Abschluss notwendige Inventur des Anlagevermögens und der Vorräte einschließlich der zur Entsorgung vorgesehenen Materialien wird zum Stichtag von Verkäufer und Käufer gemeinsam vorgenommen. Der vom Steuerberater der Gesellschaft bis spätestens zum 31. Januar 2009 aufgestellte Abschluss zum 31.12.2008 ist von der S3 GmbH (….) innerhalb von zwei Wochen nach Vorlage und Übersendung zu prüfen. Führt die Prüfung des Abschlusses durch die S GmbH zu gegenüber der Erstellung abweichenden Beträgen und ist der Verkäufer mit diesen Werten nicht einverstanden, sollen sich die S3 GmbH und der mit der Erstellung des Abschlusses beauftragte Steuerberater innerhalb von zwei Wochen nach Abschluss der Prüfung durch die S3 GmbH über die Beträge einigen. Kommt es nicht zu einer Einigung, soll ein/eine vom E3 e.V., E, beauftragte(r) Wirtschaftsprüfer/Wirtschaftsprüfungsgesellschaft die maßgeblichen Bilanzwerte verbindlich ermitteln. Die für die Ermittlung der vorstehenden Werte durch diesen Wirtschaftsprüfer/diese Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entstehenden Kosten tragen die Parteien im Verhältnis ihres Obsiegens/Unterliegens.

(4) (…)

(5) Der endgültige Kaufpreis ist wie folgt zur Zahlung fällig:

- in Höhe eines Teilbetrages von € 200.000,00 unter Anrechnung auf den Kaufpreis zur Tilgung eines Teils des dem Verkäufer durch die Gesellschaft gewährten Darlehens bis zum 30.12.2008 direkt auf das unten angegebene Konto der Gesellschaft,

- in Höhe des nach Zahlung des vorgenannten Betrages von € 200.000,00 verbleibenden Teils des endgültigen Kaufpreises innerhalb von 10 Werktagen nach Einigung der Vertragsparteien gemäß § 2 Ziffer 3 dieses Vertrages, wobei der Käufer verpflichtet und berechtigt ist, den zur endgültigen Tilgung des dem Verkäufer von der Gesellschaft gewährten Darlehens notwendigen Betrag unter Anrechnung auf den Kaufpreis direkt auf das Konto der Gesellschaft zu zahlen.

(…)"

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde Bezug genommen (Bl. 31 ff. GA - Anlage K1).

In der ebenfalls am 23.12.2008 durchgeführten Gesellschafterversammlung bestellte der Beklagte zu 1) den Geschäftsführer der Klägerin zum weiteren einzelvertretungsberechtigten und von den Beschränkungen des § 181 BGB befreiten Geschäftsführer der Beklagten zu 2). Gleichzeitig widerrief er die der bisherigen Geschäftsführerin, Frau B, erteilte Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB und ordnete für sie Gesamtvertretung an. Die entsprechenden Eintragungen im Handelsregister sind am 19.01.2009 erfolgt.

Die in § 2 Abs. 5 des Vertrages vorgesehene Zahlung des auf den endgültigen Kaufpreis anzurechnenden Betrages von 200.000 € nahm die Klägerin am 30.12.2008 an die Beklagte zu 2) vor, die sich in erheblichen Liquiditätsschwierigkeiten befand. Darüber hinaus zahlte die Klägerin am 30.01.2009 - noch vor der in § 2 Abs. 5 des notariellen Vertrages vorgesehenen Fälligkeit des Restkaufpreises - einen weiteren Teilbetrag in Höhe von 100.000 € auf Darlehensverbindlichkeiten des Beklagten zu 1) an die Beklagte zu 2), um ihr weitere liquide Mittel zuzuführen. Die Klägerin zahlte anschließend am 05.03.2009 - nach zwischenzeitlich vorgenommener, aber zwischen den Parteien streitiger Berechnung des endgültigen Kaufpreises - noch 784.214,90 € an den Beklagten zu 1) sowie weitere 346.052,56 € unmittelbar an die Beklagte zu 2) zur Begleichung der Darlehensverbindlichkeiten des Beklagten zu 1) gegenüber der Beklagten zu 2). Insgesamt zahlte die Klägerin auf Grundlage der von ihr vorgenommenen Berechnung - wegen deren Einzelheiten auf die in der Klageschrift enthaltene Aufstellung Bezug genommen wird (Bl. 14 GA) - einen von ihr als endgültigen Kaufpreis errechneten Betrag von 1.430.267,46 €.

Zwischen den Parteien besteht Streit über die der Berechnung des endgültigen Kaufpreises im Einzelnen zugrunde zu legenden Bilanzwerte sowie über die richtige Umsetzung der dazu im notariellen Kaufvertrag vorgesehenen Regelung und damit über den Eintritt der für die dingliche Übertragung der Gesellschaftsanteile vorgesehenen aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des endgültigen Kaufpreises.

Nach Beurkundung des notariellen Vertrages vom 23.12.2008 übersandte das von den Beklagten mit der Erstellung des Jahresabschlusses der Beklagten zu 2) auf den 31.12.2008 beauftragte Steuerbüro Y und Y2 dem für die S3 GmbH tätigen Zeugen C2 mit email vom 19.01.2009 (Anlage K13 - Bl. 198 GA) den entsprechenden Jahresabschluss als der elektronischen Nachricht angehängte pdf-Datei, deren Ausdruck allerdings keinen unterschriebenen Prüfervermerk enthielt. Wegen der Einzelheiten wird auf diesen Jahresabschluss verwiesen (Bl. 199 ff. GA).

Mit Schreiben vom 09.02.2009, das in dem Adressfeld an die Beklagte zu 2) und Frau B gerichtet war, übersandte die S3 GmbH den von ihr erstellten Kurzbericht über den Jahresabschluss zum 31.12.2008 der Beklagten zu 2), der im Vergleich zu dem vom Steuerbüro Y und Y2 erstellten Jahresabschluss Veränderungen enthielt, wegen deren Einzelheiten auf den Kurzbericht Bezug genommen wird (Anlage K2 - Bl. 45 ff. GA).

In dem Anschreiben heißt es:

"Sehr geehrte Frau B,

als Anlage erhalten Sie ein Entwurfexemplar des oben genannten Berichtes mit der Bitte um kritische Durchsicht. Wir bitten um Mitteilung, ob sich Änderungen oder Ergänzungen ergeben.

Weiterhin übersenden wir in zweifacher Ausfertigung die Vollständigkeitserklärung mit der Bitte, uns ein Exemplar unterschrieben für unsere Akten zurück zu senden.

Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung.

(…)"

Mit am 12.02.2009 bei der S2 GmbH eingegangenem Kurzbrief übersandte die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2), Frau B, mit dem angekreuzten Hinweis "wie besprochen" neben der standardisierten Vollständigkeitserklärung auch die von der S2 GmbH erstellte - und von dem Jahresabschluss der Steuerberater Y und Y2 abweichenden - Bilanz sowie die dazu gehörige Gewinn- und Verlustrechnung jeweils mit ihrer Unterschrift versehen zurück, ohne die Abweichungen zu beanstanden.

Mit email vom 15.02.2009 teilte Frau B dem Geschäftsführer der Klägerin mit dem Betreff "Kaufpreisfälligkeit bzw. Zahlung" Folgendes mit:

"(…)

gemäß unserem Kaufvertrag vom 23.12.2008 liegen nun die Bilanzzahlen vor. Ich habe eine Aufstellung bzw. Zusammenfassung gemacht, die für die Aufteilung der Zahlung eine Übersicht sein soll."

Wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf den Inhalt der email vom 15.02.2009 Bezug genommen (Anlage K6 - Bl. 64 f. GA). Die Berechnung endet mit einem an die Beklagte zu 2) noch zu überweisenden Betrag von 146.062,56 € und einem an den Beklagten zu 1) zu zahlenden Betrag von 1.603.509,70 €. Die email schließt mit dem Hinweis, dass sich aufgrund einer (zwischenzeitlich erfolgten) Zahlung von 20.000 € die zu berücksichtigende Rückstellungen von 220.000 € auf 200.000 € reduziere.

Diese email leitete Frau B einen Tag später am 16.02.2009 nachrichtlich an Herrn X, einen Mitarbeiter der Klägerin, weiter. Von dort wurde die email noch selben Tag an den für die S3 GmbH tätigen Zeugen C2 übermittelt, der nach Überprüfung der Berechnung mit Schreiben vom 19.02.2009 reagierte und dem Beklagten zu 1), der Geschäftsführerin des Beklagten zu 2) und der Klägerin unter Bezugnahme auf eine dem Schreiben beigefügten Anlage, auf die hier ebenfalls verwiesen wird (Bl. 68 f. GA), mitteilte, dass die Klägerin - unter Berücksichtigung der bereits erbrachten Zahlungen - an den Beklagten einen Betrag von 784.214,90 € und an die Beklagte zu 2) noch einen Betrag von 346.052,56 € zu zahlen habe.

Am 24.02.2009 fand zwischen der Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) und dem Zeugen C2 ein Telefonat statt, über dessen Inhalt zwischen den Parteien Streit besteht.

Nach Überweisung der vorgenannten Beträge am 05.03.2009 durch die Klägerin teilte der Beklagte zu 1) auf eine entsprechende Anfrage des beurkundenden Notars mit, dass er die vollständige Zahlung des Kaufpreises nicht bestätigen könne, da die Ermittlung des Kaufpreises noch nicht abgeschlossen sei und bis jetzt nur Teilzahlungen geleistet seien. Wegen der fehlenden Bestätigung durch den Beklagten zu 1) konnte die Klägerin bislang nicht in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste eingetragen werden.

Da der Beklagte zu 1) von einer nicht vertragskonformen Abwicklung der Anteilsübertragung ausging und sich als alleiniger Gesellschafter der Beklagten zu 2) ansah, fasste er unter dem 07.10.2009 Gesellschafterbeschlüsse folgenden Inhalts:

"1. Der Geschäftsführer C (…) wird abberufen.

2. Der Prokurist K (…) wird abberufen.

3. Der Geschäftsführerin H wird hiermit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt. Frau H ist stets alleinvertretungsberechtigt."

Zwischenzeitlich hat der Beklagte zu 1), der der Ansicht ist, dass die Klägerin mit der bislang erfolgten Zahlung ihrer Verpflichtung zur Zahlung des vollständigen Kaufpreises nicht nachgekommen sei, am 08.02.2010 gegenüber der Klägerin auch den Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt und damit die Aufforderung verbunden, ihm die Anteile zurückzuübertragen.

Die Klägerin hat behauptet, sie habe den nach dem notariellen Vertrag vom 23.12.2008 geschuldeten Betrag in vollem Umfang beglichen. Dies ergebe sich aus dem Prüfbericht der S3 GmbH und der diesem zugrunde gelegten Jahresbilanz des Steuerberatungsbüros Y und Y2. Der Bericht der S3 GmbH, der die Jahresbilanz in einigen Punkten verändert habe, sei von der Geschäftsführerin der Beklagten durch Unterschrift unter die geänderte Bilanz wie auch durch Unterschrift unter die Gewinn- und Verlustrechnung als zutreffend akzeptiert worden. Dies ergebe sich auch aus einem Telefonat, dass die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) mit dem Zeugen C2 am 24.02.2009 geführt habe, in dem Frau B gerade keine Einwendungen gegen die abweichend angesetzten Bilanzpositionen erhoben habe. Nachträgliche Bemühungen der Beklagten, den für die Übertragung der Gesellschaftsanteile zu zahlenden Kaufpreis zu erhöhen, seien erfolglos geblieben.

Die Klägerin hat nach Rücknahme des ebenfalls auf Feststellung gerichteten Antrags, dass der vom Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 08.02.2010 erklärte Rücktritt von dem notariellen Vertrag unwirksam ist, zuletzt beantragt:

1.

Es wird festgestellt, dass die Klägerin mit drei Geschäftsanteilen im Nennbetrag von jeweils 25.000 DM (Geschäftsanteile mit den laufenden Nrn. 2, 3 und 4) sowie einem weiteren Geschäftsanteil im Nennwert von 15.000 DM (Geschäftsanteil mit der laufenden Nr. 6) und damit mit Geschäftsanteilen im Nennwert von insgesamt 90.000 DM am Stammkapital der Beklagten zu 2) im Nennwert von insgesamt 100.000 € beteiligt ist.

2.

Es wird festgestellt, dass der vom Beklagten zu 1) als Gesellschafter der Beklagten zu 2) gefasste Gesellschafterbeschluss vom 07.10.2009 mit folgendem Beschlussinhalt:

"1. Der Geschäftsführer C, geboren am ...#1948, T-Straße, ... N, wird abberufen.

2. Der Prokurist K, geboren am ...1963, S4, wird abberufen.

3. Der Geschäftsführerin H wird hiermit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt. Frau H ist stets alleinvertretungsberechtigt."

nichtig ist,

hilfsweise hinsichtlich des Antrags zu 2), dass der vom Beklagten zu 1) als Gesellschafter der Beklagten zu 2) gefasste Gesellschafterbeschluss vom 07.10.2009 mit dem Beschlussinhalt:

"1. Der Geschäftsführer C, geboren am ...1948, T-Straße, ... N, wird abberufen.

2. Der Prokurist K, geboren am ...1963, S4, wird abberufen.

3. Der Geschäftsführerin H wird hiermit Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB erteilt. Frau H ist stets alleinvertretungsberechtigt."

für nichtig erklärt wird.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben bestritten, dass die Klägerin den endgültigen Kaufpreis vollständig erbracht habe. Sie haben dazu behauptet, dass dem Beklagten zu 1) je nach Art der Berechnung noch ein Betrag von mehr als 645.000 € zustehe. Insbesondere haben sie in Abrede gestellt, dass sich Frau B in dem Telefonat am 24.02.2009 gegenüber dem Zeugen C2 mit den von der S3 GmbH in Ansatz gebrachten Bilanzwerten einverstanden erklärt habe.

Das Landgericht hat die von der Klägerin begehrten Feststellungen mit der angefochtenen Entscheidung, auf deren Tatbestand wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand Bezug genommen wird (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO), getroffen. Zur Begründung hat es hinsichtlich des Antrags zu 1) unter im Einzelnen näherer Darlegung ausgeführt, dass der von der Klägerin für den Erwerb der Geschäftsanteile geschuldete Kaufpreis vollständig gezahlt sei und damit auch kein Rücktrittsrecht wegen nicht rechtzeitiger Zahlung des Kaufpreises bestehe. Hinsichtlich des Antrags zu 2) hat das Landgericht ausgeführt, dass die Gesellschafterbeschlüsse nichtig seien, da es an einer ordnungsgemäßen Einberufung der am 07.10.2009 durchgeführten Gesellschafterversammlung fehle.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit ihren Berufungen, mit denen sie Abweisung der Klage begehren. Sie machen geltend, dass das Landgericht die maßgeblichen Tatsachen nicht richtig erkannt und angemessen gewürdigt habe. Es fehle an einer dezidierten Aufarbeitung der einzelnen Geschehnisse. Das Landgericht sei zu Unrecht zu dem Ergebnis gelangt, dass die von der Klägerin vorgenommene und auf dem Zahlenmaterial des Prüfberichtes der S3 GmbH beruhende Kaufpreisbezifferung zutreffend sei und sich die Parteien auf die von der S2 vorgelegten Beträge und Werte verständigt hätten. So hätten die Parteien noch im August 2009 über den "endgültigen Kaufpreis" diskutiert und einvernehmlich festgestellt, diesen bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht gefunden zu haben.

Wenn das Landgericht davon ausgehe, dass sich die Parteien auf die geänderte Bilanz der S3 GmbH verständigt hätten, da die Unterschrift der Frau B unter der Entwurfsbilanz der S2 zu einer Einigung der Parteien zu den dort festgestellten Bilanzansätzen geführt habe, sei diese nicht zutreffend. Es fehlten Ausführungen dazu, worin diese Einigung liegen solle und welchen Erklärungswert das Landgericht den einzelnen Handlungen der Parteien beimesse.

Das Schreiben der S2 vom 09.02.2009 stelle nicht die Mitteilung eines abweichenden Ergebnisses dar, wenn diesem Schreiben lediglich ein Entwurf einer abweichenden Bilanz beigefügt werde. Dies hätte möglicherweise gegenüber einem Steuerberater genügt, nicht aber gegenüber Laien. Zudem sei das Schreiben vom 09.02.2009 nicht an den Beklagten zu 1) sondern an die Beklagte zu 2) gerichtet, die zu diesem Zeitpunkt bereits auf die Klägerin als neue Gesellschafterin übergegangen sei.

Es sei zwar zutreffend, dass Frau B sowohl Vollständigkeitserklärung als auch Entwurfsbilanz unterschrieben habe, jedoch habe es sich das Landgericht "zu leicht gemacht", wenn es die Unterschriftsleistung als Anerkenntnis verstehe, mit dem den veränderten Bilanzzahlen zugestimmt werde. In der bloßen Unterschriftsleistung und in der Zurücksendung des Jahresabschlusses liege kein Erklärungswert. Die Leistung der Unterschrift unter die Entwurfsbilanz stelle nichts anderes dar als eine Empfangsbestätigung, durch die die dem Verkäufer zustehende Erklärungsfrist ausgelöst werde. Frau B sei zu dem fraglichen Zeitpunkt zudem keine Gesellschafterin der Beklagten zu 2) mehr gewesen und habe insoweit den Jahresabschluss auch nicht habe feststellen können. Rechtsirrig sei auch die Ansicht des Landgerichts, der Beklagte zu 1) sei durch Frau B vertreten worden. Der Beklagte zu 1) habe auch nichts anerkennen können, da er seinen Geschäftsanteil bereits an die Klägerin abgetreten habe. Ein Anerkenntnis habe überdies nur gegenüber dem Käufer erfolgen können und nicht gegenüber der S2 GmbH als unparteiischer und zur Neutralität verpflichteter Wirtschaftsprüfungsgesellschaft.

Entgegen der Ansicht des Landgerichts sei auch in der email der Frau B vom 15.09.2009 keine Zustimmungserklärung zu sehen. Vielmehr träfe Gegenteiliges zu. Denn die dort enthaltene Kaufpreisberechnung der Frau B lege ausgehend von der Bilanzierung des Steuerberaters Y2 - den Betrag von 226.532,58 € weiterhin als Kassenbestand zugrunde, so dass der Umbuchung der S2 von "Kassenbestand" in "Forderung gegenüber dem Gesellschafter" eine klare Absage erteilt werde.

Entsprechendes gelte für die von der S2 vorgenommene Minderung des Wertes des Anlagevermögens um 41.553,60 €, da Frau B bei den Zahlen des Steuerberaters Y2 geblieben sei. Im Übrigen lasse der notarielle Kaufvertrag auch gar keinen Platz für die Berücksichtigung des Anlagevermögens, da die abzugsfähigen Positionen dort im Rahmen eines numerus clausus abschließend aufgezählt seien, so dass Frau B dem Anlagevermögen als abzugsfähiger Position gar nicht habe zustimmen können.

Gleiches gelte schließlich auch für die Bilanzierung der vorzeitigen Kaufpreiszahlung in Höhe von 200.000 €, da hierdurch keine Verbindlichkeiten der Beklagten zu 2) begründet worden seien, die sich im Sinne von § 2 des notariellen Kaufvertrages kaufpreismindernd auswirkten und bei der Ermittlung des Kaufpreises hätten berücksichtigt werden müssen. Dies habe Frau B von Anfang an erkannt und die Berechnungsmethode der Klägerin ignoriert, indem sie den Betrag von 200.000 € immer wieder hinzugesetzt habe.

Insgesamt habe Frau B in der vorgenannten email gerade nicht erklärt, mit den Bilanzänderungen der S2 einverstanden gewesen zu sein. Auch später - insbesondere in einem Telefonat am 24.02.2009 - sei über den endgültigen Kaufpreis keine Einigkeit erzielt worden.

Wegen des Vortrags der Beklagten zu den ihrer Ansicht nach zur Ermittlung des endgültigen Kaufpreises in Ansatz zu bringenden Werten, die sich in der Berufung auf abweichende Beurteilungen bezüglich der Positionen "Forderung gegen Gesellschafter über 226.532,58 €" und "Anlagevermögen über 41.553,60 €" sowie auf die auch bilanzielle Berücksichtigung der noch vor dem 31.12.2008 erfolgten Zahlung des Teilkaufpreises in Höhe von 200.000 € durch die Klägerin beziehen, wird auf die Berufungsbegründung Bezug genommen (Bl. 643 ff. GA).

Die Beklagten beantragen,

die angefochtene Entscheidung abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Berufung entgegengetreten und verteidigt die angefochtene Entscheidung unter weitgehender Wiederholung und Vertiefung ihres Vortrages erster Instanz als zutreffend. Sie widerspricht insbesondere dem Vortrag der Beklagten, es habe keine für die Berechnung des endgültigen Kaufpreises erforderliche Verständigung auf die maßgeblichen Beträge und Werte stattgefunden. Sofern der Senat eine solche Verständigung nicht schon - wie das Landgericht - auf der Grundlage der vorgelegten schriftlichen Dokumente annehmen wolle, sei diese jedenfalls in dem am 24.02.2009 zwischen dem Zeugen C2 und Frau B geführten Telefonat erfolgt, in dessen Verlauf diese die Errechnung des Kaufpreises - wenn auch ´zähneknirschend´ - akzeptiert habe. Aufgrund der erfolgten Verständigung sei die sachliche Richtigkeit der Bilanzpositionen für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr von Bedeutung gewesen.

Der Senat hat über die Erklärungen im Zusammenhang mit der Berechnung des Kaufpreises entsprechend dem notariellen Vertrag vom 23.12.2008 Beweis erhoben durch uneidliche Vernehmung des Zeugen C2. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf den Berichterstattervermerk vom 16.01.2012 Bezug genommen. Zwischen den Parteien bestand im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16.01.2012 Einigkeit darüber, dass Frau B ordnungsgemäß bestellte Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) ist.

Im Übrigen wird auf die von den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf die zu den Akten gereichten Anlagen Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten hat im Verhältnis zum Beklagten zu 1) teilweise und im Verhältnis zur Beklagten zu 2) in vollem Umfang Erfolg und führt zur Abänderung der angefochtenen Entscheidung in dem im Tenor genannten Umfang.

1. Feststellungsantrag zu 1)

Im Hinblick auf diesen Antrag ist die Berufung der Beklagten zu 1) unbegründet, die der Beklagten zu 2) ist hingegen begründet.

a)

Die mit dem Feststellungsantrag zu 1) gegenüber beiden Beklagten erhobene Feststellungsklage ist nur gegenüber dem Beklagten zu 1) zulässig, da die Klägerin nur in diesem Verhältnis das für die Feststellung des Rechtsverhältnisses, nämlich ihrer dinglichen Beteiligung im Umfang von 90 % am Stammkapital der Beklagten zu 2), erforderliche Interesse an der Feststellung hat, § 256 Abs. 1 ZPO.

aa)

Das erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich im Verhältnis zum Beklagten zu 1) als Verkäufer der Geschäftsanteile bereits daraus, dass dieser die vollständige Zahlung des von der Klägerin geschuldeten Kaufpreises und damit auch die dingliche Übertragung der Gesellschaftsanteile auf die Klägerin in Abrede stellt, da diese nach § 3 S. 2 des Anteilskauf- und Übertragungsvertrages von der vollständigen Zahlung des Kaufpreises abhängt. Dem steht nicht entgegen, dass der Klägerin auch die Möglichkeit der Erhebung einer Leistungsklage mit dem Ziel offen stünde, ihre Eintragung in die zum Handelsregister einzutragende Gesellschafterliste zu erreichen. Denn die von der Klägerin mit der Feststellungsklage erstrebte Klärung der dinglichen Rechtslage verfolgt ein anderes und unter Umständen sogar ein über den möglichen Leistungsantrag hinausgehendes Ziel.

bb)

Im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ist ein solches schutzwürdiges Interesse der Klägerin an dieser Feststellung jedoch nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin ihr Feststellungsinteresse auf den durch das Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026) mit Wirkung zum 01.11.2008 neu gefassten § 16 GmbHG stützen will, überzeugt dies nicht, sondern stellt vielmehr ein Argument gegen die Annahme des Feststellungsinteresses dar. Nach § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG gilt im Verhältnis zur Gesellschaft im Fall einer Veränderung in den Personen der Gesellschafter oder des Umfangs ihrer Beteiligung als Inhaber eines Geschäftsanteils nur, wer als solcher in der im Handelsregister aufgenommenen Gesellschafterliste (§ 40 GmbHG) eingetragen ist. D.h. im Verhältnis zur Beklagten zu 2) würde die Stellung der Klägerin als ihre Gesellschafterin allein aufgrund ihrer Eintragung in die im Handelsregister aufgenommene Gesellschafterliste unwiderleglich vermutet (vgl. Hueck/Fastrich in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage (2010), § 16 Rdn. 5). Die bloße Feststellung, in materiellrechtlicher Hinsicht Gesellschafter der Beklagten zu 2) zu sein, hilft der Klägerin im Verhältnis zur Beklagten zu 2) daher nicht weiter. Hinzu kommt, dass eine Veränderung der Gesellschafterliste auf Mitteilung ohnehin nur erfolgen wird, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht davon betroffen ist, so dass der Veräußerer in jedem Fall einer Mitteilung durch den Erwerber zustimmen muss (Zöllner/Noack in Baumbach/Hueck, GmbHG, 19. Auflage (2010), § 40 Rdn. 20). Dass die Klägerin die Änderung der Gesellschafterliste nicht erreichen kann, liegt jedoch allein am Beklagten zu 1), der die Erteilung der entsprechenden Zustimmung versagt, weil aus seiner Sicht die unter einer aufschiebenden Bedingung stehende Änderung des Umfangs seiner Beteiligung nicht eingetreten ist.

b)

Die danach nur im Verhältnis zum Beklagten zu 1) zulässige Feststellungsklage hat insoweit auch Erfolg, da die von der Klägerin inhaltlich begehrte Feststellung, in einem Umfang von 90 % als Gesellschafterin an der Beklagten zu 2) beteiligt zu sein, begründet ist. Der für diese Feststellung notwendige Eintritt der in § 3 Abs. 2 des notariellen Vertrages enthaltenen aufschiebenden Bedingung der vollständigen Zahlung des endgültigen Kaufpreises liegt vor. Die Klägerin hat mit den von ihr - unstreitig - erbrachten Zahlungen, die sich auf insgesamt 1.430.267,46 € belaufen und in Höhe von insgesamt 646.052,56 € an die Beklagte zu 2) [200.000,00 € am 30.12.2008; 100.000,00 € am 30.01.2009 und 346.052,56 € am 05.03.2009] und in Höhe weiterer 784.214,90 € am 05.03.2009 an den Beklagten zu 1) erfolgt sind, die nach § 2 des notariellen Vertrages geschuldete Zahlung des endgültigen Kaufpreis erbracht.

aa)

Der von der Klägerin zu zahlende endgültige Kaufpreis beläuft sich unter Anwendung der in § 2 des notariellen Vertrages vom 23.12.2008 zu dessen Ermittlung im Einzelnen genannten Voraussetzungen auf insgesamt 1.430.267,46 €.

(1)

Zwischen den Parteien steht außer Streit, dass der von den Steuerberatern der Beklagten auf den 31.12.2008 zu erstellende Jahresabschluss der Beklagten zu 2) der S3 GmbH am 19.01.2009 und damit innerhalb der von § 2 Abs. 3 des notariellen Vertrages bis zum 31.01.2009 vorgesehenen Frist vorlag. Dass die Übersendung des Jahresabschlusses ohne einen von den Steuerberatern der Beklagten unterschriebenen Prüfervermerk erfolgte ist unschädlich, da zum einen deren Urheberschaft nicht in Zweifel steht und zum anderen lediglich ein zur Kaufpreisermittlung dienender Jahresabschluss vorzulegen war, auf dessen Grundlage die S3 GmbH die Prüfung vorzunehmen hatte. Auch die weiterhin der S3 GmbH zur Überprüfung des aufgestellten Jahresabschlusses gesetzte Frist von zwei Wochen ist gewahrt, da sie den von ihr gefertigten Kurzbericht über den Jahresabschluss unter dem 30.01.2009 erstellt hat.

(2)

Da die von der S3 GmbH durchgeführte Prüfung des Jahresabschlusses gegenüber diesem zu abweichenden Ergebnissen geführt hat, kommt es nach der in § 2 Abs. 3 des notariellen Vertrages enthaltenen Regelung für das weitere Procedere darauf an, ob der Beklagte zu 1) als Verkäufer mit diesen abweichenden Werten einverstanden war oder nicht. Denn für den Fall des Einverständnisses sind die abweichenden Werte zur Bestimmung des Kaufpreises zugrunde zu legen, was sich im Umkehrschluss daraus ergibt, dass nur für den Fall des fehlenden Einverständnisses ein Einigungsversuch zwischen der S3 GmbH und den mit der Erstellung des Jahresabschlusses beauftragten Steuerberatern und bei dessen Scheitern die Einholung eines Schiedsgutachtens zur verbindlichen Ermittlung der maßgeblichen Bilanzwerte vorgesehen ist.

Der Beklagte zu 1), vertreten durch die Geschäftsführererin der Beklagten zu 2) hat sein Einverständnis mit den durch die S3 GmbH vorgenommenen Veränderungen und der sodann aufgestellten modifizierten Bilanz erklärt.

Für die Annahme einer solchen Einverständniserklärung reicht es nicht aus, dass die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) die durch die S3 GmbH übermittelte Bilanz sowie die Gewinn und Verlustrechnung nach Unterzeichnung mit dem am 12.02.2009 bei der S3 GmbH eingegangenen Kurzbrief und mit dem Kommentar "wie besprochen" zurückgesandt hat. Denn es muss berücksichtigt werden, dass das Rechenwerk von der S3 GmbH als "Entwurfexemplar" des Kurzberichtes über den Jahresabschluss übersandt worden ist und in dem Anschreiben vom 09.02.2009 sowohl die Beklagte zu 2) als auch Frau B als Adressaten genannt waren. Aufgrund dessen erscheint es zumindest offen, ob sich die S3 GmbH an diesen Entwurf bereits hat binden wollen. Zudem bleibt offen, ob Frau B das Entwurfsexemplar in ihrer Eigenschaft als Vertreter des Beklagten zu 1) oder als Geschäftsführererin der Beklagten zu 2) erreichen sollte.

Zwar wird man den Inhalt der von Frau B an den Geschäftsführer der Klägerin am 15.02.2009 übersandten und einen Tag später von ihr nachrichtlich an deren Mitarbeiter X weitergeleiteten email durchaus als eine Billigung der übermittelten Zahlen ansehen können, da Frau B ausdrücklich ausführt ".(…) gemäß unserem Kaufvertrag vom 23.12.2008 liegen nun die Bilanzzahlen vor", den Betreff der email mit "Kaufpreisfälligkeit bzw. Zahlung" umschreibt und am Ende zwecks Überweisung der von ihr jeweils errechneten Restkaufpreise die Bankverbindungen der Beklagten zu 2) und des Beklagten zu 1) nennt. Da hier unzweifelhaft durch Frau B der Versuch unternommen worden ist, in Wahrnehmung der Belange des Beklagten zu 1) auf der eindeutigen Grundlage der Zahlen der S3 GmbH - wenn auch durch eine fehlerhafte Berechnung - den Kaufpreis zu ermitteln, lässt das jedenfalls ein fehlendes Einverständnis mit dem abweichenden Zahlenwerk der S3 GmbH nicht erkennen. Soweit die Beklagten in diesem Zusammenhang behaupten, die in der email angestellte Berechnung sei auf Grundlage des Zahlenwerks der von ihnen beauftragten Steuerberater erfolgt, ist dafür nichts ersichtlich.

Nach der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme durch Vernehmung des Zeugen C2 zu den Erklärungen im Zusammenhang mit der Berechnung des Kaufpreises nach dem notariellen Vertrag vom 23.12.2008 steht aber zur sicheren Überzeugung des Senats fest, dass der Beklagte zu 1) mit den von der S GmbH ermittelten Bilanzwerten einverstanden war. Der Zeuge C2 hat bekundet, dass sich - die ersichtlich namens und in Vollmacht des Beklagten zu 1) handelnde - Frau B nach Erhalt der von ihm unter dem 19.02.2008 vorgenommenen Kaufpreisberechnung in dem - für sich genommen unstreitig - mit ihm am 24.02.2008 geführten Telefonat darüber enttäuscht gezeigt habe, dass kein höherer Kaufpreis herausgekommen sei. Der Zeuge hat weiter ausgesagt, dass sie das Ergebnis - wenn auch nicht begeistert bzw. zähneknirschend - akzeptiert habe, nachdem er ihr die Unterschiede zwischen ihrer und seiner Berechnung erläutert und ihr mitgeteilt habe, dass aufgrund der klaren Regeln im Kaufvertrag kein anderes Ergebnis möglich sei. Er habe ihr auch von sich aus klar gemacht, dass man, wenn sie damit nicht einverstanden sei, wieder "zurückgehen" und das "Paket wieder aufmachen" müsse, was Frau B aber nicht gewollt habe. Damit hat sie eindeutig dem von dem Zeugen C2 angesprochenen und in dem notariellen Vertrag vorgesehenen weiteren Einigungsverfahren zwischen den Steuerberatern der Beklagten und der S3 GmbH eine Absage erteilt und die abweichend von der S3 GmbH ermittelten Beträge als zutreffend anerkannt.

Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Zeuge C2 aus haftungsrechtlichen Gesichtspunkten möglicherweise ein Interesse an einem zugunsten der Klägerin ausgehenden Rechtsstreit haben könnte, hat jedoch aufgrund des von ihm gewonnenen persönlichen Eindrucks - anders als die Beklagten in dem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.01.2012 - keinen Anlass an dessen Glaubwürdigkeit und der Richtigkeit seiner Aussage zu zweifeln. Der Zeuge hat die maßgeblichen Abläufe in nachvollziehbarer Weise und widerspruchsfrei erläutert sowie auch Wissenslücken offenbart. Darüber hinaus hat er erklären können, dass der von Frau B zurückgesandten und unterschriebenen Bilanz nebst zugehöriger Gewinn- und Verlustrechnung der Diagonalzusatz "Entwurf" deswegen gefehlt habe, weil ihr neben dem gekennzeichneten Entwurfsexemplar zugleich auch ein Exemplar ohne diesen Zusatz zugesandt worden sei. Die Aussage des Zeugen erweist sich zudem im Vergleich zu der unter dem 14.10.2009 von ihm abgegebenen und zur Akte gereichten eidesstattlichen Versicherung (Bl. 504 ff. GA) als überaus konstant, ohne auch nur annähernd den Eindruck gewinnen zu können, der Zeuge gebe lediglich den Inhalt der eidesstattlichen Versicherung wieder. Letztlich spricht für die Darstellung des Zeugen, dass er dem allein von Frau B erkennbar geltend gemachten Widerspruch gegen den für Rückstellungen in Ansatz gebrachten Wert Rechnung getragen und diesen auf ihr Bitten in ihrer email vom 15.02.2009 bei der Berechnung des endgültigen Kaufpreises mit einem um 20.000 € reduzierten Wert in Ansatz gebracht hat.

Der vom Beklagten zu 1) - gegenbeweislich - zum Inhalt des Telefonats vom 24.02.2008 ebenfalls angebotenen zeugenschaftlichen Vernehmung von Frau B (Bl. 659) ist nicht nachzugehen gewesen, da diese als Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) Partei ist und ihre Vernehmung weder nach § 447 ZPO noch nach § 448 ZPO durchzuführen war, da es einerseits an dem erforderlichen Einverständnis der Klägerin fehlt und zum anderen nach der bereits durchgeführten Beweisnahme aufgrund der glaubhaften Aussage des Zeugen C2 kein Anhaltspunkt für die Richtigkeit der streitigen Behauptung besteht.

Soweit die Geschäftsführerin der Beklagten zu 2) in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat darauf hingewiesen hat, dass man sich anlässlich eines Treffens in dem Büro des Zeugen C2 am 18.12.2008 in Anwesenheit des Geschäftsführers der Klägerin auf einen Kaufpreis von 2 Mio. Euro verständigt habe, ist dies unbeachtlich, da nach § 12 Abs. 7 des notariellen Vertrages vom 23.12.2008 dieser Vertrag an die Stelle sämtlicher während der Verhandlungen über die Transaktion schriftlich oder mündlich getroffener Vereinbarungen tritt, auch soweit die Bestimmungen des notariellen Vertrages vom Inhalt solcher Vereinbarungen abweichen sollten.

bb)

Auf der Grundlage der von der S3 GmbH ermittelten Bilanzwerte ergibt sich folgender endgültiger Kaufpreis:

Vorläufiger Kaufpreis: 4.350.000,00 €

Zuzüglich:

Forderungen aus Lieferungen und Leistungen: 192.364,90 €

Sonstige Vermögensgegenstände: 16,42 €

Liquide Mittel : 153.612,94 €

Abzüglich:

Rückstellungen (unter Berücksichtigung der von

Frau B erbetenen Reduzierung): 220.200,00 €

Verbindlichkeiten: 2.645,054,59 €

Vorzeitige Kaufpreiszahlung: 200.000,00 €

Minderung Anlagevermögen: 41.553,60 €

=============

1.589.186,07 €

davon 90 % 1.430.267,46 €

Dabei ist auch die Berücksichtigung der noch vor dem 31.12.2008 erfolgten Zahlung des Kaufpreisteils in Höhe von 200.000 € für die Bemessung des endgültigen Kaufpreises nicht zu beanstanden. Denn § 2 Abs. 2 des notariellen Vertrages vom 23.12.2008 bestimmt ausdrücklich, dass die Zahlung der Käuferin gem. § 2 Abs. 5, der die vorzeitige Zahlung eines Betrages von 200.000 € bis zum 30.12.2008 auf das Konto der Beklagten zu 2) vorsah, zu eliminieren ist.

b)

Soweit die Klägerin auf das Konto der Beklagten zu 2) insgesamt einen Betrag von 646.052,56 € (= 200.000 € + 100.000 € + 346.052,56 €) und auf das Konto des Beklagten zu 1) einen Betrag von 782.214,90 € überwiesen hat, entspricht dies ebenfalls den Regelungen des notariellen Vertrages.

Nach § 2 Abs. 2 ist der Beklagte zu 1) als Verkäufer verpflichtet, aus dem Kaufpreis das ihm von der Gesellschaft gewährte Darlehen in voller Höhe zurückzuzahlen; aus Gründen der Vereinfachung ist weiter vorgesehen, dass die Klägerin als Käuferin den Betrag der Darlehensvaluta unter Anrechnung auf den endgültigen Kaufpreis zur Tilgung des Darlehens direkt an die Beklagte zu 2) zahlt. Die Forderungen der Beklagten zu 2) gegen Gesellschafter beliefen sich auf insgesamt 646.052,56 € (= 446.052,56 € + 200.000,00 €), so dass ein an den Beklagten zu 1) auszukehrender Betrag in Höhe von 784.214,90 € verbleibt.

c)

Soweit der Beklagte zu 1) mit Schreiben vom 08.02.2010 im Hinblick auf den nicht vollständig gezahlten Kaufpreis den Rücktritt vom notariellen Vertrag erklärt hat, liegt eine auch nur teilweise Nichterfüllung des notariellen Vertrages vom 23.12.2008 durch die Klägerin aufgrund der vollständigen Erfüllung der endgültigen Kaufpreisforderung nicht vor. Soweit der Beklagte zu 1) der Klägerin in erster Instanz weitere Pflichtverletzungen vorgeworfen hat, die ihn vermeintlich (auch) zum Rücktritt von dem notariellen Vertrag berechtigen, wird dieser Gesichtspunkt mit der Berufung nicht mehr weiterverfolgt, so dass sich weitere Ausführungen erübrigen, zumal ein wirksam ausgeübtes Rücktrittsrecht das mit Bedingungseintritt vollzogene dingliche Geschäft unberührt lässt.

2. Feststellungsantrag zu 2)

Die Berufungen der Beklagten sind insoweit begründet.

a)

Die von der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) und gegenüber der Beklagten zu 2) weiterhin begehrte Feststellung der Nichtigkeit der am 07.10.2009 vom Beklagten zu 1) gefassten Gesellschafterbeschlüsse kann entgegen der Annahme des Landgerichts nicht getroffen werden.

aa)

Wollte man das Begehren der Klägerin dahin verstehen, dass es sich um eine analog § 249 AktG erhobene Nichtigkeitsfeststellungsklage handelt, ist sie gegenüber beiden Beklagten unbegründet.

Im Verhältnis zum Beklagten zu 1) fehlt diesem die erforderliche Passivlegitimation, da eine solche Klage stets gegen die Gesellschaft selbst zu richten ist (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage (2009), Anh. zu § 47 Rdn. 32 und Rdn. 77 m.w.N.).

Auch wenn die Beklagte zu 2) als Gesellschaft passivlegitimiert ist, fehlt es der Klägerin in diesem Verhältnis an den erforderlichen Befugnissen eines Gesellschafters, da sie nicht in der zum Handelsregister einzureichenden Gesellschafterliste eingetragen ist, § 16 GmbHG. Ihr fehlt es insoweit an der erforderlichen Klagebefugnis, die jedoch nicht Zulässigkeitsvoraussetzung, sondern Voraussetzung der materiellen Begründetheit ist.

bb)

Aber auch wenn man in der Klage eine Klage auf Feststellung der Nichtigkeit gem. § 256 ZPO sehen wollte, die bei bestehendem Feststellungsinteresse lediglich Dritten offen steht (Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 17. Auflage (2009), Anh. zu § 47 Rdn. 30), wäre eine solche Feststellungsklage jedenfalls unbegründet, da sich der angefochtene Beschluss nicht als nichtig erweist. Im Verhältnis zur Beklagten zu 2) ist der Beklagte zu 1) wegen § 16 GmbHG als Alleingesellschafter anzusehen, der deshalb jederzeit Gesellschafterversammlungen ohne Beachtung von Ladungsförmlichkeiten abhalten und Beschlüsse fassen kann.

b)

Soweit die Klägerin mit dem Hilfsantrag das Begehren verfolgt, dass der Gesellschafterbeschluss für nichtig erklärt wird und sie damit eine Anfechtungsklage analog § 246 AktG erhebt, fehlt es aus den gerade dargestellten Gründen im Verhältnis zum Beklagten zu 1) ebenfalls an dessen Passivlegitimation und im Verhältnis zur Beklagten zu 2) an der Klagebefugnis der Klägerin.

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.






OLG Hamm:
Urteil v. 13.02.2012
Az: I-8 U 118/11


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/4c7be6d341eb/OLG-Hamm_Urteil_vom_13-Februar-2012_Az_I-8-U-118-11




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