Bundespatentgericht:
Beschluss vom 17. Oktober 2001
Aktenzeichen: 26 W (pat) 40/00

(BPatG: Beschluss v. 17.10.2001, Az.: 26 W (pat) 40/00)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 39 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Juni 1998 und 30. Juni 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Die Markenstelle für Klasse 39 des DPMA hat die für die Waren und Dienstleistungen

"Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Magnetaufzeichnungsträger, bespielte und unbespielte Videokassetten, Compact Discs, Kassetten und Disketten; Hard- und Software; Ferngläser, Operngläser; Sonnenbrillen;

Juwelierwaren, Schmuckwaren, Uhren, Zeitmessinstrumente, aus Edelmetallen oder deren Legierungen hergestellte oder damit plattierte Waren, nämlich Aschenbecher, Cigarren- und Cigarettenetuis, Cigarren- und Cigarettenspitzen, Feuerzeuge;

Druckereierzeugnisse; Schreibwaren, insbesondere Kugelschreiber und handbetätigte Schreibgeräte, Brieföffner; Spielkarten; Waren aus Papier, nämlich Papierhandtücher, - servietten, -taschentücher; Verpackungsbehälter und Verpackungstüten aus Papier und Kunststoff, soweit nicht in anderen Klassen enthalten;

Waren aus Leder und Lederimitationen, nämlich Taschen, Beutel, Säcke, Kleinlederwaren, insbesondere Geldbeutel, Brieftaschen, Schlüsseltaschen, Kreditkartentaschen; Reisetaschen; Reise- und Handkoffer; Regenschirme, Sonnenschirme, Spazierstöcke, Handtaschen, Aktentaschen, Einkaufstaschen, Rucksäcke, Gürtel;

Bekleidungsstücke, insbesondere Sportbekleidung, Schuhe, Hals- und Kopftücher, Kopfbedeckungen, insbesondere Mützen und Kappen;

Turn- und Sportartikel (soweit in Klasse 28 enthalten);

Kaffee, Tee, feine Backwaren und Konditorwaren, Kaugummi, Speiseeis;

Telekommunikation, insbesondere Bereitstellen von Daten im Internet und über Online;

Veranstaltung und Vermittlung von Reisen, einschl. Personenbeförderung, Veranstaltung von Stadtbesichtigungen;

Organisation und Durchführung von Sportveranstaltungen, Tagungen, Seminaren, Unterricht; elektronische Medienproduktion, insbesondere Film-, Fernseh- und Radioproduktion; Durchführung und Organisation von Musik- und Kulturveranstaltungen, insbesondere Konzerttourneen, Ausarbeitung, Produktion und Aufführung musikalischer, unterhaltender Darbietungen für Bühne und Film; Veröffentlichung und Herausgabe von Büchern, Zeitungen, Zeitschriften sowie sonstigen Druckschriften"

angemeldete Bildmarkesiehe Abb. 1 mit den beiden genannten Beschlüssen gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen. Die Zurückweisung ist im wesentlichen damit begründet, daß die angemeldete Kennzeichnung aus der piktogrammartigen Wiedergabe einer etikettförmigen Umrandung bestehe, wie sie üblicherweise zur Anbringung von Beschriftungen auf Produkten bzw von Preishinweisen oder als Aufkleber für Schulhefte und Einmachgläser verwendet würde. Die Marke weise deshalb keinerlei betriebskennzeichnende Eigenart auf. Die hier zu beurteilende, völlig werbeübliche Darstellung eines ungleichmäßigen Achtecks sei als geometrische Figur zwar markenfähig, ihr fehle aber jegliche Unterscheidungskraft, da es sich dabei nur um eine reine Gebrauchsgrafik ohne phantasievolle Eigenart handele. Die verwendeten einfachen, wenig einprägsamen Stilelemente wie etwa Kanten oder doppelte Umrandungen seien dem Verkehr allgemein bekannt, weshalb von einem auffälligen Design im markenrechtlichen Sinne nicht gesprochen werden könne. Deshalb könne die Anmeldung die vom Gesetzgeber geforderte betriebliche Hinweisfunktion nicht entfalten, so daß der angemeldeten Marke jegliche Unterscheidungskraft fehle. Da derartige alltägliche grafische Darstellungen in der Werbe- und Gebrauchsgrafik häufig als Ausschmückungselemente, Hintergrundgestaltungen etc benutzt würden, bestehe auch ein erhebliches Freihaltebedürfnis der Mitbewerber daran, für ihre Produkte mit diesem oder ähnlichen Symbolen zu werben.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Anmelderin. Sie verweist vorrangig auf die Entscheidung BGH MarkenR 1999, 133 - Etiketten, wonach der naturgetreuen Abbildung einer Etikettenform sogar für die Waren "Etiketten" nicht von vorneherein jegliche Unterscheidungskraft abgesprochen werden könne. Solange die äußere Gestaltung der Abbildung geeignet sei, den Verkehr auf die betriebliche Herkunft der Ware hinzuweisen, müsse die graphische Darstellung als schutzfähig gelten. Da die angemeldete Marke hinsichtlich Gestaltungshöhe und Fantasiegehalt die im Etiketten-Fall zu beurteilende Abbildung bei weitem übertreffe, sei sie in jedem Fall hinreichend unterscheidungskräftig, denn sie sei in den vorliegend interessierenden Produktbereichen keineswegs üblich und schon deshalb sehr wohl geeignet, auf den Betrieb der Anmelderin hinzuweisen.

Demgemäß beantragt die Anmelderin die Aufhebung der angefochtenen Beschlüsse.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als begründet, denn der begehrten Eintragung stehen die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG nicht entgegen.

1. Zunächst handelt es sich bei der angemeldeten graphischen Darstellung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen nicht um eine warenbeschreibende Angabe im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG. Nach dieser Bestimmung sind solche Angaben von der Eintragung ausgeschlossen, die im Verkehr zur Bezeichnung ua der Art, der Beschaffenheit oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der betreffenden Waren dienen können. Für die im Warenverzeichnis der Anmeldung aufgeführten Waren und Dienstleistungen ist eine gegenwärtige Verwendung der angemeldeten Bildmarke als beschreibende Angabe in keiner Richtung festzustellen. Auch die Markenstelle hat sich in diesem Zusammenhang nicht auf konkrete Verwendungsbeispiele bezogen. Der allgemeine Hinweis der Markenstelle darauf, daß Mitbewerber häufig mit ähnlichen Symbolen für ihre Produkte werben würden, vermag weder ein aktuelles noch zukünftiges Freihaltebedürfnis an der angemeldeten Gestaltung als eindeutige beschreibende Sachaussage zu begründen.

2. Ebenso wenig kann der Marke jegliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende konkrete Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die der Anmeldung zugrundeliegenden Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, dh jede noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden. Selbst Bildmarken weisen dann die erforderliche - geringe - Unterscheidungskraft auf, wenn sie sich nicht nur in der Abbildung der damit gekennzeichneten Waren erschöpfen oder sich auf die Darstellung von warentypischen Merkmalen oder solchen beschränken, die allein die technische Gestaltung der Ware betreffen (vgl BGH GRUR 1997, 527 - Autofelge; WRP 1999, 525 - Etiketten; WRP 2001, 31 - Zahnpastastrang). Ein bestimmter Eigentümlichkeitsgrad und Originalität sind keine zwingenden Erfordernisse für das Vorliegen von Unterscheidungskraft und können deshalb auch nicht zum selbständigen Prüfungsmaßstab erhoben werden (vgl BGH aaO - Zahnpastastrang).

Hiervon ausgehend kann der schutzbegehrenden graphischen Darstellung nicht die erforderliche Unterscheidungseignung in Bezug auf die beanspruchten Waren und Dienstleistungen abgesprochen werden: Feststellungen dahin, daß es sich bei dem angemeldeten Zeichen um eine Abbildung der im Warenverzeichnis aufgeführten Waren selbst oder um ein in Bezug auf eine der beanspruchten Waren maßgebliches Gestaltungsmerkmal handeln könnte, hat der Senat nicht treffen können. Es muß deshalb davon ausgegangen werden, daß das Zeichen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit den Waren steht. Auch wenn diese Waren - anders als im vom BGH entschiedenen "Etiketten"-Fall (aaO) - in erster Linie nicht nur für den Fachverkehr, sondern für das breite Publikum bestimmt sind, kann auch dem angemeldeten Zeichen, das ähnlich wie eine Etikettenumrahmung keine bloße geometrische Grundform ist, die erforderliche - wenn auch geringe - Unterscheidungskraft nicht abgesprochen werden. Dies gilt erst recht für diebeanspruchten Dienstleistungen, die häufig unter zweidimensionalen Symbolen angeboten werden.

Kraft Reker Eder Na Abb. 1 http://agora/bpatg2/docs/26W(pat)40-00.3.gif






BPatG:
Beschluss v. 17.10.2001
Az: 26 W (pat) 40/00


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