Oberlandesgericht Hamm:
Beschluss vom 2. September 2004
Aktenzeichen: 22 W 49/04

(OLG Hamm: Beschluss v. 02.09.2004, Az.: 22 W 49/04)

Tenor

Auf die Beschwerde der Prozessbevollmächtigten des Klägers wird der Beschluss des Landgerichts Hagen vom 28.06.2004 geändert. Der Streitwert für das Verfahren erster Instanz wird auf 200.000 € festgesetzt.

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Kostenerstattung findet nicht statt.

Gründe

Die gem. §§9 II BRAGO, 25 III GKG zulässige Beschwerde der Prozessbevollmächtigten der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

Bei der auf Auflassung gerichteten Klage gilt grundsätzlich gemäß §6 ZPO als Gegenstandswert der Verkehrswert des Grundstücks (BGH NJW-RR 2001, 518). Dies gilt auch, wenn der Schuldner die Leistung unter Berufung auf ein ihm zustehendes Zurückbehaltungsrecht verweigert. Der Senat hält an seiner Rechtsprechung fest, dass der Wert einer Einwendung oder geringeren Gegenforderung für die Streitwertfestsetzung, die sich am Klägerinteresse zu orientieren hat, nicht maßgeblich ist (vgl. auch OLG Hamm, Beschluss vom 16.07.2002 - 21 W 1/02 - MDR 2002, 1458; OLGR Stuttgart 2002, 185; OLGR Celle 1999, 200; OLG München NJW-RR 1998, 142, 143; Roth, in: Stein/Jonas, ZPO, 22. Auflage, §6 Rz. 1, 18; offen BGH NJW 2002, 684).

Die Gegenmeinung, die jedenfalls in solchen Fällen, in denen sich die Gegenseite lediglich mit einem Zurückbehaltungsrecht wegen einer im Vergleich zum Verkehrswert des Grundstücks minimalen Gegenforderung verteidigt, den Streitwert unter Hinweis auf den "wirklichen Streitpunkt" der Parteien und dessen wirtschaftliche Bedeutung nach dem Wert der Gegenforderung bemisst (OLGR Köln 2004, 28; KG NJW-RR 2003, 787; Zöller-Herget, ZPO, 24. Auflage, §3 Rz. 16 - "Auflassung"; Musielak-Smid, ZPO, 3. Auflage, §3 Rz. 22 - "Auflassung"), ist aus systematischen Gründen abzulehnen. §6 ZPO, der zwar seinem Wortlaut nach nur Klagen erfasst, bei denen es um den Besitz einer Sache geht, ist bei einem Streit um das umfassendere Eigentum erst Recht anzuwenden.

Die Gegenauffassung verkennt den für die Streitwertbemessung entscheidenden Ausgangspunkt, nämlich das im Klageantrag zum Ausdruck kommende Klagebegehren, das über die Streitwertbemessung entscheidet. Dieses Klagebegehren ist bei einer Auflassungsklage auf die Übertragung des Grundeigentums gerichtet, so dass sich der Streitwert am Wert der Grundbesitzung zu richten hat.

Die Begründung der Gegenauffassung, wonach in Fällen, in denen der Gegenanspruch, der dem Auflassungsbegehren durch die Berufung auf ein Zurückbehaltungsrecht entgegengehalten wird, nur einen geringen Teil des Grundstückswerts erreicht, eine am vollen Wert des Grundeigentums orientierte Streitwertbemessung zu "absurden" Ergebnissen führe (vgl. nur Herget a.a.O.), trifft nicht zu. Solange sich der Beklagte - mit welchem Rechtsbehelf auch immer - gegen das Begehren des Klägers richtet, ist der volle Wert dieses Begehrens als Streitwert maßgebend. Steht nur eine im Verhältnis zum Wert des Grundeigentums geringfügige Gegenforderung im Raum, bleibt es einem Beklagten, der keine Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat, überlassen, die Auflassungsklage mit den Wirkungen des §93 ZPO anzuerkennen und seine Gegenforderung zu dem dann für sie maßgeblichen geringeren Streitwert selbständig einzuklagen. Solange er aber seine Gegenforderung einredeweise einem höherwertigen Klagebegehren entgegenhält, hat er die Folgen dieser ihm überlassenen Entscheidung zu tragen.

Eine Kostenentscheidung ist im Hinblick auf §25 IV GKG nicht veranlasst.






OLG Hamm:
Beschluss v. 02.09.2004
Az: 22 W 49/04


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