Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 31. Mai 2013
Aktenzeichen: 17 W 32/13

(OLG Köln: Beschluss v. 31.05.2013, Az.: 17 W 32/13)

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 4. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln vom 15.11.2012 - 84 O 23/12 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin teilweise dahin abgeändert, dass von der Antragstellerin 27.361,03 € - siebenundzwanzigtausenddreihunderteinundsechzig Euro und 3 Cent - nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit dem 16.05.2012 aus 5.431,60 € und seit dem 19.09.2012 aus weiteren 21.929,43 € an die Antragsgegnerin zu erstatten sind.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens fallen der Antragstellerin zur Last.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens wird insgesamt auf 13.880,80 € festgesetzt, wobei 10.200 € auf die Beschwerde der Antragstellerin und 3.680,80 € auf die der Antragsgegnerin entfallen.

Gründe

I.

Die Antragstellerin hat mit der Behauptung, die Antragsgegnerin greife durch die Benutzung der Farbkombination schwarz/gelb in wettbewerbswidriger Weise in die Rechtsposition der Antragstellerin ein, kurz vor der in München vom 29. Januar bis 1. Februar 2012 stattfindenden ISPO 2012 eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Landgericht Köln hat am 30. Januar 2012 antragsgemäß entschieden und der Antragsgegnerin untersagt, im geschäftlichen Verkehr in der Bundesrepublik Deutschland zu Zwecken des Wettbewerbs Langlaufskier und / oder Langlaufskischuhe und / oder Langlaufskimützen in der Farbkombination schwarz/gelb gemäß näher abgebildeten Modellen aus deren aktuellem Katalog anzubieten und / oder in den Verkehr zu bringen (33 - 41 GA). Auf den Widerspruch der Antragsgegnerin hat die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 21. März 2012 den Antrag unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und den Streitwert auf 200.000 € festgesetzt. Zur Begründung hat das Landgericht näher ausgeführt, warum der Vertrieb nicht gegen §§ 3, 4 Nr. 9 a) und b) UWG verstoße (176 - 192 GA).

Mit der Berufung gegen dieses Urteil hat die Antragstellerin unter anderem zur Begründung eine Studie zur Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung in Deutschland betreffend die Farbgebung gelb/schwarz bei Ski-Interessierten von April 2012 vorgelegt (283 - 303 GA). Den geltend gemachten Verfügungsanspruch hat sie auf §§ 5 Abs. 2, 15 Abs. 2 und Abs. 4 MarkenG sowie §§ 3 Abs. 1, 4 Nr. 9, 5 Abs. 2 und 8 Abs. 1 UWG gestützt. Die Antragsgegnerin hat eine "Verkehrsbefragung über die Bekanntheit und Verkehrsgeltung der Farbkombination "Schwarz-Gelb" sowie über die Verbraucherwahrnehmung bezüglich verschiedener Skisportartikel der Marke" der Antragsgegnerin von August 2012 (Anlage AG 48) vorgelegt, die von 246 Interviewern durchgeführt worden war und für die 1.072 Fragebögen ausgewertet wurden. Mit ihrer Replik auf die Berufungserwiderung hat die Antragstellerin eine "repräsentative Verkehrsumfrage zur Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung" der Farbgebung "gelb/ schwarz" in Deutschland von Juli 2012 vorgelegt (Anlage LS 35 zum Schriftsatz vom 03.09.2012), bei der von 209 Interviewern 1.024 Personen befragt worden waren. In der mündlichen Verhandlung vor dem 6. Zivilsenat des OLG Köln am 07.09.2012 hat die Antragstellerin nach eingehender Erörterung die Berufung zurückgenommen. Der Senat hat die Kosten des Berufungsverfahrens der Antragstellerin auferlegt und den Streitwert für das Berufungsverfahren "mit Rücksicht auf die jetzt primär geltend gemachten kennzeichenrechtlichen Ansprüche auf 300.000 € festgesetzt".

Die Rechtspflegerin hat nach Anhörung der Parteien mit dem angefochtenen Beschluss die von der Antragstellerin an die Antragsgegnerin zu erstattenden Kosten auf insgesamt 23.680,23 € nebst Zinsen festgesetzt, dabei 18.248,63 € für das Berufungsverfahren. In diesem Betrag sind unter anderem 10.200 € an Gutachterkosten für die Verkehrsbefragung von August 2012 enthalten. Einen Betrag von 3.680,80 €, den die Antragsgegnerin gemäß Kostenberechnung für Patentanwalt (VV Nr. 3200 zum RVG nach einem Streitwert von 300.000 € plus Auslagenpauschale) angemeldet hatte (442, 439 GA), hat sie als nicht notwendig im Sinne von § 91 ZPO und mangels Vorliegens der Voraussetzungen von § 140 Abs. 3 MarkenG abgesetzt (474 - 477 GA). Gegen die Berücksichtigung der Gutachterkosten hat die Antragstellerin, gegen die Absetzung der Patentanwaltskosten für die II. Instanz die Antragsgegnerin jeweils sofortige Beschwerde eingelegt, der das Landgericht nicht abgeholfen hat.

II.

Die sofortigen Beschwerden sind jeweils gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Erfolg hat aber nur das Rechtsmittel der Antragsgegnerin, während die sofortige Beschwerde der Antragstellerin aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet ist.

1. Patentanwaltskosten:

Soweit die Antragstellerin im Berufungsverfahren ihren Unterlassungsanspruch sowohl auf kennzeichenrechtliche Ansprüche aus dem MarkenG als auch auf wettbewerbsrechtliche nach dem UWG stützt, handelt es sich um denselben Streitgegenstand, allerdings mit unterschiedlicher rechtlicher Begründung. Selbst wenn die Antragstellerin ihren Antrag ausschließlich auf wettbewerbsrechtliche Ansprüche gestützt hätte, könnte eine Kennzeichenstreitsache im Sinne von § 140 Abs. 1 MarkenG vorliegen (vgl. dazu Senat, GRUR-RR 2006, 350 ff. = juris Rn 3; Ingerl/Rohnke, 3. Aufl. 2010, § 140 MarkenG Rn 6), so dass die besondere Kostenvorschrift in § 140 Abs. 3 MarkenG, die auch in Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Verfügung Anwendung findet (Fezer, Markenrecht, 4. Aufl. 2009, § 140 MarkenG Rn 7; Ingerl/ Rohnke, aaO Rn 9), eingreifen kann. Eine Unterscheidung der Prüfung zur Erstattungsfähigkeit der Patentanwaltskosten nach den jeweiligen Rechtsgebieten, eventuell auch unter Zugrundelegung unterschiedlicher Streitwerte (im Hinblick auf die höhere Festsetzung durch das OLG), wie sie das OLG Stuttgart (GRUR 2009, 79 f.; Ingerl/ Rohnke, aaO Rn 60) für eine dort vorliegende Klagehäufung vorgenommen hatte, kommt deshalb hier nicht in Betracht.

a) Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Senats, die in Einklang mit der sonstigen obergerichtlichen Rechtsprechung steht, dass in - reinen - Wettbewerbssachen, bei denen es nicht um technische Fragen im Zusammenhang mit Patents-, Geschmacksmuster- oder Kennzeichenrechtsverletzungen geht, die Kosten eines Patentanwalts nach § 91 ZPO grundsätzlich nicht notwendig sind, da der erforderliche Sachvortrag im Rahmen einer Wettbewerbsstreitigkeit in der Regel alleine durch einen Rechtsanwalt erfolgen kann. Nur ausnahmsweise können die Kosten für die Hinzuziehung eines Patentanwaltes im Rahmen eines auf Ansprüche nach dem UWG gestützten Prozesses erstattungsfähig sein, wenn technische oder sonderschutzrechtliche Fragen von besonderer Schwierigkeit dies erfordern, mithin das "typische Arbeitsfeld des Patentanwaltes" tangiert ist (vgl. etwa Senatsbeschlüsse vom 29.02.2012 - 17 W 34/12 -, vom 02.05.2011 - 17 W 79/11 -, vom 16.03.2011 - 17 W 296/10 -, vom 08.11.2010 - 17 W 262/10 - und vom 12.08.2010 - 17 W 153/10 -, jeweils mwN; BGH, GRUR 2011, 754 ff. = juris Rn 27; OLG Jena, GRUR-RR 2003, 30 = juris Rn 7; OLG Zweibrücken, GRUR 2000, 455 f. = juris Rn 4; Fezer, aaO Rn 32 aE; MüKo-ZPO/ Schulz, 4. Aufl. 2013, § 91 ZPO Rn 156; Zöller/Herget, 29. Aufl. 2012, § 91 ZPO Rn 13 "Patentanwaltskosten").

Diese Voraussetzungen liegen ersichtlich nicht vor. Auch die Antragsgegnerin selbst hat nicht behauptet, dass ein entsprechender Ausnahmefall vorläge. Sie hat sich vielmehr auf die gesetzliche Regelung in § 140 Abs. 3 MarkenG berufen.

b) Bei Kennzeichenstreitsachen findet aufgrund der Regelung des § 140 Abs. 3 MarkenG eine Prüfung, ob die durch die Mitwirkung des Patentanwalts entstandenen Gebühren notwendig im Sinne des § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO sind, nicht statt (vgl. BGH, GRUR 2003, 639 f. = juris Rn 17; Senat, Beschluss vom 18.10.2010 - 17 W 220/10 -; außerdem Beschluss vom 14.08.2009 - 17 W 182/09 -, RPfl 2010, 112 f. = juris Rn 4 auch für den wortgleichen § 52 Abs. 4 GeschmMG mwN).

Dass es sich - jedenfalls in der Berufungsinstanz - auch um eine Kennzeichenstreitsache im Sinne von § 140 Abs. 1 MarkenG handelt, steht bereits aufgrund der Handhabung des zuständigen Fachsenats des OLG Köln und dessen im Streitwertbeschluss vom 7. September 2012 zum Ausdruck kommender Einschätzung der Rechtslage fest.

Der in § 140 Abs. 1 MarkenG legaldefinierte Begriff der Kennzeichenstreitsachen ("alle Klagen, durch die ein Anspruch aus einem der in diesem Gesetz geregelten Rechtsverhältnisse geltend gemacht wird") ist im Hinblick auf den Zweck der Vorschrift weit auszulegen (vgl. BGH, GRUR 2004, 622 = juris Rn 4; Ingerl/Rohnke, aaO Rn 5 mwN). Erforderlich, aber auch ausreichend ist ein Bezug zum Markengesetz dergestalt, dass das Rechtsverhältnis, aus dem der geltend gemachte Anspruch hergeleitet wird, den Bestimmungen dieses Gesetzes unterliegt. Dementsprechend fallen unter § 140 Abs. 1 MarkenG insbesondere die unmittelbar aus den Bestimmungen des Markengesetzes abgeleiteten gesetzlichen Ansprüchen (§§ 14-19, 44, 55 [49, 51], 101, 128, 135). Es ist ausreichend, auf den der Klage zugrundeliegenden kennzeichenrechtlichen Lebenssachverhalt abzustellen. Dabei genügt es, wenn die kennzeichenrechtliche Vorschrift zu den klagebegründenden Tatsachen in keiner sinnfernen Beziehung steht (OLG Stuttgart, GRUR 2009, 79 f. = juris Rn 10; Fezer, aaO Rn 5 mwN, u.a. auf OLG Düsseldorf, GRUR 1964, 388). Beruft sich der Kläger ausdrücklich auf kennzeichenrechtliche Anspruchsgrundlagen, so liegt eine Kennzeichenstreitsache nur dann nicht vor, wenn dem streitgegenständlichen Sachverhalt jeglicher Bezug zu den angeführten Normen des MarkenG fehlt und zweifelsfrei feststeht, dass ihre Erwähnung in der Klage nur der Zuständigkeitserschleichung dienen kann (Ingerl/Rohnke, aaO Rn 6 mwN, u.a. auf OLG Köln - 6 U 222/05 -, OLGR 2006, 735 ff.). Selbst wenn eine Klage sowohl auf wettbewerbsrechtliche als auch markenrechtliche Anspruchsgrundlagen gestützt wird, kommt es für die Erstattungsfähigkeit im Sinne des § 140 Abs. 3 MarkenG nicht darauf an, ob die markenrechtlichen Ansprüche auch begründet sind, wenn die Berufung darauf ernstlich in Betracht kommt und nicht willkürlich oder abwegig ist (Senat, Beschluss vom 15.03.2006 - 17 W 315/03 -, GRUR-RR 2006, 350 ff. = juris Rn 3; Fezer, aaO Rn 34).

Soweit der Senat in dieser Entscheidung, die sich gerade (auch) auf eine Farbgestaltung (Scheren mit schwarzen Griffteilen und blauen Griffeinsätzen) bezog, bereits bei der Prüfung der Voraussetzungen von § 140 Abs. 1 MarkenG für erforderlich gehalten hat, der zur Verkehrsgeltung der Farbkombination erforderliche - in der Regel mit mehr als 50% angenommene - Bekanntheitsgrad, auf den sich auch die Rechtspflegerin in dem angefochtenen Beschluss gestützt hat, müsse dezidiert vorgetragen werden, um eine kennzeichenrechtliche Streitigkeit annehmen zu können, lässt der Senat dahinstehen, ob dem - noch - zu folgen ist. Die Kritik an dieser Entscheidung (vgl. Ingerl/Rohnke, aaO Rn 6 aE) ist nicht von der Hand zu weisen. Insbesondere kann es nicht Aufgabe des Rechtspflegers in einem formalisierten Kostenfestsetzungsverfahren sein, die Voraussetzungen im Einzelnen und ausführlich zu prüfen. Für die Einordnung eines Verfahrens als Kennzeichenstreitsache kann es nicht darauf ankommen, ob der Anspruch schlüssig dargelegt ist (ebenso Ingerl/Rohnke, aaO Rn 7). Vielmehr greift § 140 Abs. 1 MarkenG - nur - dann nicht ein, wenn kennzeichenrechtliche Ansprüche ersichtlich nicht in Betracht kommen (s. oben).

Im vorliegenden Fall hatte die Antragstellerin aber sogar behauptet, der Bekanntheitsgrad der Farbkombination schwarz/gelb im Markt Langlaufskier usw. betrage 87,5%, der Bezug dieser Farbkombination zu einem bestimmten Hersteller 50% (247, 256 GA) und zur Antragstellerin 45,8% (248, 256 GA) und damit ausdrücklich einen Anspruch aus §§ 5 Abs. 2 Satz 2 und 15 MarkenG geltend gemacht. Dass dieser Sachvortrag mit der gezogenen rechtlichen Folgerung abwegig wäre und nicht ernsthaft in Betracht käme, kann man beim besten Willen nicht sagen. Das Vorliegen einer - auch - Kennzeichnungsstreitsache lässt sich nicht verneinen. Es beruft sich im Übrigen auch nicht die Partei, die bestimmte - kostenrechtliche - Folgen daraus ziehen will (§ 140 Abs. 3 MarkenG), auf das Vorliegen einer Kennzeichenstreitsache, sondern die Gegenpartei hat damit ihre Berufung begründet. Wenn sich die Berufungsbeklagte dann zur Verteidigung fachlicher Hilfe gerade auch in dieser Hinsicht bedient und - möglicherweise nur "vorsichtshalber" - Patentanwälte einschaltet, um jegliches Risiko zu vermeiden, kann man ihr nicht vorwerfen, der geltend gemachte Anspruch sei doch unschlüssig. Nur wenn dies offensichtlich und ein kennzeichenrechtlicher Anspruch völlig abwegig ist, kann sich (auch) die beklagte Partei nicht auf § 140 Abs. 3 MarkenG berufen, so dass sich die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Patentanwaltes nach allgemeinen Vorschriften (§ 91 Abs. 1 ZPO) richten würde.

Soweit in der Literatur (Zöller/Herget, aaO) vertreten wird, unter anderem in Kennzeichensachen könne trotz der eindeutigen Vorschrift in § 140 Abs. 3 ZPO geprüft werden, ob überhaupt technische Fragen streitig waren, mit der Folge, dass dann die Kosten für einen Patentanwalt nicht erstattungsfähig sind, kann dem der Senat in dieser Allgemeinheit nicht folgen. Der Hinweis auf die Entscheidung des Senats vom 15. Mai 2006 (17 W 274/05 - OLGR 2006, 810 f.) ist insoweit irreführend, weil es sich dort gerade nicht um ein Verfahren wegen Patentrechts-, Geschmackmusterrechts- oder Kennzeichnungsrechtsverletzungen, sondern um eine wettbewerbsrechtliche Streitigkeit mit einem möglichen Verstoß gegen das Urhebergesetz handelte. Die Sondervorschriften in §§ 143 Abs. 3 PatG, 27 Abs. 3 GebrMG, 140 Abs. 3 MarkenG und 52 Abs. 4 GeschmMG waren nicht anzuwenden. Ebenso ging es in den weiterhin zitierten Entscheidungen OLG Jena (GRUR-RR 2003, 30 = NJW-RR 2003, 105) und OLG Zweibrücken (OLGR 1999, 249) um wettbewerbsrechtliche Streitigkeiten, bei denen es sich nicht um Verfahren wegen Patentrechts-, Geschmackmusterrechts- oder Kennzeichnungsrechtsverletzungen handelte. Auch die angeführte Entscheidung des OLG Frankfurt (GRUR-RR 2010, 127) betrifft einen etwas anders gelagerten Fall. Denn dort ging es um die Frage, ob § 140 Abs. 3 MarkenG entsprechend für die Berechnung der Kosten eines rechtsanwaltlichen Abmahnschreibens, also für eine vorgerichtliche Tätigkeit herangezogen werden kann, was das OLG verneinte (juris Rn 9). Anschließend hat das Gericht dann geprüft, ob ohne Heranziehung der speziellen Vorschrift in § 140 Abs. 3 MarkenG die Zuziehung eines Patentanwalts als erforderliche Aufwendung im Sinne eines Anspruches aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 670, 677, 683) oder als Schadensersatz nach § 14 Abs. 6 MarkenG angesehen werden kann. Auch diese Frage hat das Oberlandesgericht verneint und darauf abgestellt, ob diese Tätigkeit in das typische Arbeitsfeld des Patentanwalts gehöre; insoweit könnten die gleichen Grundsätze gelten wie bei der Frage, unter welchen Voraussetzungen Patentanwaltskosten in Wettbewerbssachen im Rahmen von § 91 Abs. 1 ZPO erstattungsfähig seien (juris Rn 16). Diese Entscheidung hat der Bundesgerichtshof mit Urteil vom 24.02.2011 (I ZR 181/09 - GRUR 2011, 754 ff.) bestätigt und die Erstattungsfähigkeit außergerichtlicher Kosten eines Patentanwalts bei Mitwirkung an einer Abmahnung regelmäßig daran geknüpft, dass die übernommene Aufgabe zum typischen Arbeitsgebiet eines Patentanwalts gehört (juris Rn 27).

c) Damit kann im Hinblick auf § 140 Abs. 3 MarkenG die Erstattungsfähigkeit der Kosten des Patentanwaltes im vorliegenden Fall nicht verneint werden. Für jegliche Prüfung, ob die Mitwirkung eines Patentanwaltes notwendig gewesen ist, besteht kein Raum (Senat, Beschlüsse vom 18.10.2010 - 17 W 220/10 - und vom 14.08.2009 - 17 W 182/09 -, RPfl 2010, 112 f. = juris Rn 4 mwN; BGH, GRUR 2003, 639 f. = juris Rn 17; OLG Frankfurt, GRUR-RR 2012, 307 = juris Rn 4; OLG Hamburg, MDR 1998, 1311 ff. = juris Rn 5; Musielak/Lackmann, 10. Aufl. 2013, § 91 ZPO Rn 58; MüKo-ZPO/ Schulz, aaO Rn 155). Es liegen auch keinerlei Anzeichen für einen eventuellen Rechtsmissbrauch (vgl. dazu OLG Hamburg, aaO Rn 8 und Schulz, aaO mit Hinweis auf OLG München, JurBüro 2004, 201 = juris Rn 16) vor. Ob der Entscheidung des OLG Zweibrücken (GRUR 2009, 327 = juris Rn 3) zu folgen ist, wonach bei einem reinen Streit um die Frage der Voraussetzungen von § 93 ZPO in der Beschwerdeinstanz keine Kennzeichenstreitsache vorliege (ablehnend Ingerl/Rohnke, aaO Rn 10 mwN), kann dahinstehen. Ein derartiger Sonderfall liegt hier nicht vor.

Die Antragsgegnerin hat die Mitwirkung der Patentanwälte der von ihr beauftragten Kanzlei auch im Berufungsverfahren (vgl. dazu Ingerl/Rohnke, aaO Rn 72, 73) mit der Bestellung angezeigt (314 GA). Damit und mit der Vorlage der Kostenrechnung ist die Mitwirkung glaubhaft gemacht gem. § 104 Abs. 2 Satz 1 ZPO (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 14.02.2011 - 6 W 107/10 - = juris Rn 2; OLG Hamm, Beschluss vom 10.02.2009 - 25 W 63/09 - = juris Rn 8). Die Kostenberechnung (442 GA: 1,6 Verfahrensgebühr gem. Nr. 3200 VV zum RVG nach einem Streitwert von 300.000 € + die Pauschale gem. Nr. 7002 VV) wird nicht bestritten und ist nicht zu beanstanden. Folglich steht der Antragsgegnerin ein weiterer Betrag in Höhe von insgesamt 3.680,80 € zu.

2. Verkehrsumfrage (Privatgutachten)

Die Kosten für das demoskopische Privatgutachten hat das Landgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung festgesetzt.

Nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO hat die unterliegende Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Dazu können nach der ständigen Rechtsprechung des Senats auch die Kosten für die Einholung eines Privatsachverständigengutachtens gehören, wenn sie unmittelbar prozessbezogen sind (BGH, MDR 2013, 559 f. = juris Rn 4 mwN; Zöller/Herget, aaO "Privatgutachten"). Zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig ist die Einholung eines Privatgutachtens, wenn eine verständige und wirtschaftlich vernünftig denkende Partei die Kosten auslösende Maßnahme ex ante als sachdienlich ansehen durfte. Dabei darf die Partei die zur vollen Wahrnehmung ihrer Belange erforderlichen Schritte ergreifen (BGH, aaO Rn 5; Lackmann, aaO Rn 59).

Die Meinungsumfrage durfte die Antragsgegnerin aus ihrer objektiven Sicht für erforderlich halten. Gerade in Eilverfahren sind die Kosten für eine Meinungsumfrage schon dann erstattungsfähig, wenn die Partei Grund zu der Annahme hatte, das Gericht könne von ihr die Glaubhaftmachung bestimmter, nur durch ein demoskopisches Gutachten aufzuklärender Tatsachen verlangen (Lackmann, aaO Rn 56 unter Hinweis auf die Senatsentscheidung vom 29.08.1994 - 17 W 298/93 -, JurBüro 1995, 475 ff.). Im vorliegenden Fall hatte die Antragsgegnerin nach Vorlage der Studie zur Ermittlung der Verkehrsdurchsetzung in Deutschland betreffend die Farbgebung gelb/schwarz bei Ski-Interessierten von April 2012 durch die Antragstellerin mit deren Berufung allen Anlass, ihrerseits ein Privatgutachten einzuholen, um die Studie zu wiederlegen (vgl. zu dem Gesichtspunkt der Entkräftung Schulz, aaO Rn 151 mwN, u.a. auf die Senatsentscheidung vom 29.08.1994; zur "Waffengleichheit" Zöller/Herget, aaO und Schulz, aaO Rn 162). Das demoskopische Privatgutachten war auch unstreitig Gegenstand der mündlichen Verhandlung (vgl. OLG Hamburg, aaO Rn 13). Angesichts der erheblichen Beträge, um die es hier ging, und der Eilbedürftigkeit erscheinen die Kosten von ca. 10.000 € schließlich nicht unangemessen (vgl. dazu Lackmann und Schulz, jeweils aaO). Wegen der erheblichen wirtschaftlichen Bedeutung ist - ähnlich wie bei Patentverletzungsklagen - ein großzügiger Maßstab anzulegen (Lackmann, aaO Rn 58 mit Hinweis auf OLG Frankfurt, GRUR 1996, 967).

3.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.






OLG Köln:
Beschluss v. 31.05.2013
Az: 17 W 32/13


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