Bundespatentgericht:
Beschluss vom 15. Januar 2002
Aktenzeichen: 33 W (pat) 239/00

(BPatG: Beschluss v. 15.01.2002, Az.: 33 W (pat) 239/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Beim Deutschen Patentamt ist gegen die Eintragung der am 14. Juni 1996 eingetragenen und noch für die Waren "chemische Mittel für gewerbliche Zwecke, insbesondere Klebstoffe (ausgenommen chemische Produkte für die pharmazeutische Industrie)" bestimmten Marke 395 52 871 siehe Abb. 1 am Endeaufgrund der für die Waren

"Klebstoffe für gewerbliche Zwecke, Silikone; Rostschutzmittel; technische Öle und Fette"

am 7. Februar 1992 eingetragenen Marke 200 91 13 siehe Abb. 2 am Endeam 5. Dezember 1996 Widerspruch erhoben worden von der H... Gruppe, Beteiligungsverwaltung. Auf ein Schreiben des Bevollmächtigten der Widersprechenden vom 21. Januar 1999, wonach die Firma H... Gruppe Beteiligungsverwaltung in H1... Gesellschaft mbH um- benannt worden sei, wurde durch Verfügung des Deutschen Patent- und Markenamts vom 19. April 1999 Letztere als Markeninhaberin eingetragen.

Die Markenstelle für Klasse 1 hat mit Beschluß vom 9. Februar 1999 den Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung hat sie ausgeführt, daß sowohl "LOCK" (= Schloß, Verschluß) als auch die Variante "LOC" als üblicher und verbrauchter Bestandteil mit leicht beschreibendem Anklang eher kennzeichnungsschwach sei, was auch für den Bestandteil "MEGA" als werbemäßiges bzw. umgangssprachliches Kraftwort im Sinne von "besonders hervorragend" gelte. Der Verkehr werde sich insgesamt an der Wortkombination "MEGA LOC" orientieren. Die danach vorliegenden Abweichungen seien in klanglicher, schriftlicher, bildlicher und begrifflicher Hinsicht erheblich. Mit Beschluß der Markenstelle für Klasse 1 vom 5. Juli 2000 wurde diese Entscheidung bestätigt.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Diese wurde mit dem Briefkopf der "H2... KGaA" von "P..., Rechtsanwalt" eingelegt. Zur Begründung hat die Widersprechende ausgeführt, daß in "MEGA LOC" nur der Bestandteil "LOC" die angegriffene Marke präge. "LOCK" und "LOC" seien klanglich identisch, so daß die Gefahr von Verwechslungen bestehe.

Sie begehrt (ohne ausdrücklichen Antrag) eine Entscheidung zu ihren Gunsten.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke hat sich im Beschwerdeverfahren zur Sache nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

1. Die Beschwerde der Widersprechenden ist zulässig.

Der Zulässigkeit der Beschwerde könnte zwar entgegenstehen, daß die Beschwerde von "P..., Rechtsanwalt" mit dem Briefkopf der "H2... KGaA" eingelegt worden ist. Der Senat geht jedoch auf Grund der Gesamtumstände davon aus, daß die Bezeichnung "H2... KGaA" hier lediglich als Adresse zu verstehen ist, unter der der Vertreter der Beschwerdeführerin erreichbar ist, so daß die Beschwerdeführerin nach entsprechender Auslegung gerade noch ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (vgl BGH NJW 1998, S 3499). Dies scheint auch die Markeninhaberin nicht anders zu sehen, da sie auf einen entsprechenden Zwischenbescheid des Senats vom 12. Oktober 2001 hin ihrerseits die Zulässigkeit der Beschwerde nicht in Frage gestellt hat.

Da das Beschwerdeverfahren von der ursprünglichen Widersprechenden fortgeführt worden ist, kann letztlich dahinstehen, ob für die Firma H... Gruppe Beteiligungsverwaltung GmbH nunmehr die Firma H1... Gesellschaft mbH etwa als Rechtsnachfolgerin eingetragen worden ist oder ob es sich - was die Widersprechende trotz Anfrage des Senats vom 12. Oktober 2001 nicht darzulegen vermocht hat - lediglich um eine Umbenennung der Firma handelt.

2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.

Auch der Senat hält die Gefahr von Verwechslungen der Marken gemäß § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG nicht für gegeben. Die Markenstelle hat den Widerspruch daher zu Recht gemäß § 43 Abs 2 Satz 2 MarkenG zurückgewiesen.

Ob Verwechslungsgefahr besteht, hängt nach § 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG von der Identität oder Ähnlichkeit der gegenüberstehenden Marken einerseits und andererseits von der Identität oder Ähnlichkeit der von den beiden Marken erfaßten Waren bzw Dienstleistungen ab, wobei von dem Leitbild eines durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbrauchers auszugehen ist (vgl EuGH GRUR Int. 1999, 734, 736 - Lloyd; BGH GRUR 2000, 506, 508 - ATTACHÉ/TISSERAND). Darüber hinaus sind alle weiteren Umstände zu berücksichtigen, die sich auf die Verwechslungsgefahr auswirken können, insbesondere die Kennzeichnungskraft der älteren Marke (EuGH aaO - Lloyd; BGH aaO - ATTACHÉ/TISSERAND; GRUR 1999, 995, 997 - HONKA). Dabei stehen die verschiedenen für die Beurteilung der Verwechslungsgefahr heranzuziehenden Faktoren in einer Wechselwirkung, so daß zB ein geringerer Grad an Markenähnlichkeit durch eine höhere Kennzeichnungskraft der älteren Marke bzw durch einen höheren Grad an Warenähnlichkeit ausgeglichen werden kann (stRsp vgl BGH GRUR 2000, 603, 604 - Cetof/ETOP). Nach diesen Grundsätzen kann im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nicht bejaht werden.

a) Nachdem Benutzungsfragen hier nicht angesprochen worden sind, ist für die Frage der Warenähnlichkeit von der Registerlage auszugehen. Die Waren "chemische Mittel für gewerbliche Zwecke, insbesondere Klebstoffe" der jüngeren Marke umfassen die "Klebstoffe für gewerbliche Zwecke", für die die Widerspruchsmarke eingetragen ist. Insoweit ist von einer Identität der Waren auszugehen.

b) Den insoweit erforderlichen größeren Abstand halten die Marken insbesondere nach ihrem klanglichen und schriftbildlichen Gesamteindruck ein. Dabei ist davon auszugehen, daß die jüngere Marke gleichwertig durch die einen Gesamtbegriff bildenden Bestandteile "MEGA" und "LOC" geprägt wird.

Grundsätzlich ist es nicht zulässig, aus einer angegriffenen jüngeren Marke ein Element herauszugreifen und dessen Übereinstimmung mit der Widerspruchsmarke festzustellen (BGH GRUR 1996, 198, 199 - Springende Raubkatze). Dies gilt insbesondere dann, wenn keinem der Markenteile eine so eigenständig kennzeichnende und insgesamt dominierende Bedeutung zukommt, daß darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen werden kann (BGH GRUR 1996, 775 - Sali Toft; GRUR 1998, 930 - Fläminger). So verhält es sich im vorliegenden Fall.

Zwar ist der Bestandteil "MEGA" in der jüngeren Marke kennzeichnungsschwach, in Alleinstellung regelmäßig sogar schutzunfähig. Er wird in verschiedenen Wortverbindungen (zB Megahit, megastark oder Megaprojekt) und auf unterschiedlichste Lebensbereiche bezogen verwendet und in seiner Bedeutung als "besonders groß, mächtig, hervorragend" im Wirtschaftsleben zur Bezeichnung von Produkten allgemein verstanden (BGH GRUR 1996, 770 - MEGA). Aber auch der Begriff "LOCK/LOC" ist den hier angesprochenen Verkehrskreisen - im wesentlichen gewerblichen Abnehmern - weitestgehend bekannt. Er wird auf dem Gebiet der Chemie als Verb mit "verschließen", "sperren" und als Substantiv mit "Verschluß" übersetzt (Wenske, Wörterbuch Chemie Englisch/Deutsch, 1992, S 757). Auch wenn in der jüngeren Marke der Buchstabe "K" fehlt, werden die angesprochenen Verkehrskreise ohne weiteres eine gedankliche Verbindung zu dem englischen Begriff "LOCK" herstellen und verstehen, daß die so bezeichneten Klebstoffe zum "Verschließen" von Gegenständen verwendet werden. In diesem Zusammenhang ist weiter zu berücksichtigen, daß, wie bereits von der Markestelle belegt worden ist, "LOCK" oder "LOC" ein häufig verwendeter Bestandteil von Markenbezeichnungen ist, die für verschiedenartige Klebstoffe beansprucht werden. Der Verkehr wird sich daher bei der angegriffenen Marke nur an der Wortkombination orientieren.

Zwischen den Marken "MEGA LOC" und "LOCK" sind die Abweichungen in klanglicher, schriftbildlicher und begrifflicher Hinsicht jedoch so erheblich, daß eine Verwechslungsgefahr ausgeschlossen werden kann.

3. Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage besteht kein Anlaß, aus Gründen der Billigkeit einer der Verfahrensbeteiligten Kosten des Beschwerdeverfahrens gemäß § 71 Abs 1 MarkenG aufzuerlegen.

Winklerv. Zglinitzki Dr. Hock Cl Abb. 1 http://agora/bpatgkollision/docs/33W(pat)239-00.2.3.gif Abb. 2 Grafik der Marke 2009113






BPatG:
Beschluss v. 15.01.2002
Az: 33 W (pat) 239/00


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