Oberlandesgericht Köln:
Beschluss vom 6. November 1990
Aktenzeichen: 25 WF 243/90

(OLG Köln: Beschluss v. 06.11.1990, Az.: 25 WF 243/90)

Tenor

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Amtsgerichts - Familiengerichts - Wermelskirchen vom 26. Januar 1990 wird zurückgewiesen.

Gründe

I .

Die Parteien waren miteinander verheiratet. Sie schlossen am 18. Juni 1988 vor dem Standesamt C. auf S. (ehemalige DDR) die Ehe. Danach siedelte die Antragsgegnerin

nach Westdeutschland zum Antragsteller über. Schon kurze Zeit später kam es zur Trennung der Parteien, die Antragsgegnerin verzog später nach I.

Im Sommer 1989 reichte der Antragsteller beim Amtsgericht - Familiengericht - Wermelskirchen einen Antrag auf Ehescheidung ein. Die Antragsgegnerin bat, vertreten durch einen in I. ansässigen Rechtsanwalt, um die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe. Diesem Antrag gab das Familiengericht mit Beschluß vom 17. Februar 1989 statt, es stellte der Antragsgegnerin anheim, einen bei ihm zugelassenen Rechtsanwalt zu benennen, der ihr beigeordnet werden könne. Gleichzeitig ordnete das Familiengericht

an, daß die Antragsgegnerin im Wege der Rechtshilfe gemäß § 613 ZPO vernommen werden solle. Am 9. Dezember 1989 beantragte die Antragsgegnerin, ihr den in I. ansässigen Rechtsanwalt als Verkehrsanwalt und als Terminsvertreter für die bevorstehende Anhörung beizuordnen. Am 17. Januar 1990 fand die Anhörung vor dem Amtsgericht I. statt. Die Antragsgegnerin bestätigte im Wesentlichen die Angaben des Antragstellers über Eheschließung und Trennung und erklärte, daß auch sie die Ehe als gescheitert betrachte. Später wurden der Antragsgegnerin im Rahmen der Prozeßkostenhilfebewilligung ihr Prozeßbevollmächtigter und der I. Rechtsanwalt als Verkehrsanwalt beigeordnet.

Den Antrag der Antragsgegnerin, ihr den genannten auch als Terminsvertreter für die persönliche Anhörung beizuordnen, wies das Familiengericht mit Beschluß vom

26. Januar 1990 zurück. Hiergegen legte die Antragsgegnerin Beschwerde ein, welcher das Familiengericht nicht abgeholfen hat.

Durch inzwischen rechtskräftiges Verbundurteil des Familiengerichts vom 10. April 1990 wurde die Ehe der Parteien geschieden.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.

Das Familiengericht hat ausgeführt, daß keine besonderen Umstände gegeben seien, welche die Beiordnung eines Terminsvertreters für die Anhörung rechtfertigen könnten.

Die Anhörung der Antragsgegnerin sei weder in tatsächlicher noch in rechtlicher Hinsicht mit Schwierigkeiten verbunden gewesen. Diese Beurteilung ist im Ergebnis nicht zu beanstanden.

Nach § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO soll das Gericht das persönliche Erscheinen der Ehegatten anordnen und sie anhören. Die Beiordnung eines Rechtsanwaltes im Rahmen der Bewilligung von Prozeßkostenhilfe gerade für diese Anhörung ist im Gesetz nicht vorgesehen. Im Regelfall bedarf es ihrer auch nicht, da der hilfesbedürftigen Partei, welche Prozeßkostenhilfe erhält, nach §§ 121 Abs. 1, 78 Abs. 2 S. 1 Ziff. 1 ZPO ein Anwalt ihres Vertrauens beizuordnen ist, der dann auch den Termin zur Anhörung nach § 613 Abs. 1 S. 1 ZPO wahrnimmt und hierfür gem. § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO eine Beweisgebühr erhält.

Nach § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO kann eine Ehegatte jedoch durch einen ersuchten Richter angehört oder vernommen werden, falls er sich, wie hier die Antragsgegnerin, in so großer Entfernung vom Sitz des Prozeßgerichtes aufhält, daß ihm das Erscheinen nicht zugemutet werdenkann. Macht das Familiengericht, wie im vorliegenden Fall, von dieser Möglichkeit Gebrauch, dann ist imFalle bewilligter Prozeßkostenhilfe eine Beteiligung

des beigeordneten Rechtsanwalts an der Anhörung nicht sichergestellt. Dennoch sieht das Gesetz für diesen Fall die Beiordnung eines besonderen Terminsvertreters nicht, jedenfalls nicht ausdrücklich, vor.

Es liegt allerdings nahe, insoweit auf § 121 Abs. 3 ZPO zurückzugreifen, der unter anderem die Beiordnung eines Rechtsanwaltes zur Wahrnehmung eines Termins zur Beweisaufnahme vor dem ersuchten Richter vorsieht. Der Termin zur Anhörung gern. § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO ist freilich streng betrachtet kein Termin zur Beweisaufnahme im Sinne von §§ 355 ff ZPO. Abgesehen davon aber, daß das Gesetz selbst, nämlich in § 31 Abs. 1 Ziff. 3 BRAGO, die Anhörung einer Beweisaufnahme gleichstellt, dient auch

jene nicht zuletzt der notwendigen Tatsachenaufklärung, z.B. zum Getrenntleben der Ehegatten und dessen Beginn, die das Familiengericht nach dem für das Ehescheidungsverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz, § 616 ZPO, von Amts wegen vornimmt (ebenso Zöller, ZPO, 14. AufI., Rz. 16 zu § 121).

Hiernach ist die Beiordnung eines Anwaltes - nur - für den Termin zu Anhörung durch einen ersuchten Richter gemäß § 613 Abs. 1 S. 2 ZPO grundsätzlich möglich. Sie ist jedoch davon abhängig, daß "besondere Umstände dies erfordern". Derartige besondere Umstände sind im vorliegenden Fall nicht gegeben. Die für die Entscheidung über den Ehescheidungsantrag des Antragstellers wesentlichen Tatsachen waren unter den Parteien nicht streitig. Die Antragsgegnerin hat die diesbezüglichen Angaben des Antragstellers im wesentlichen bestätigt und auch ihrerseits zum Ausdruck gebracht, daß sie die Ehe für gescheitert halte. Unterschiedlich war nur die beiderseitige Darstellung der Motivation zur Eheschließung. Während der Antragsteller vortrug, die Antragsgegnerin habe ihn gedrängt, sie zu heiraten, um auf diese Weise ihre Ausreise aus der DDR zu ermöglichen, gab die Antragsgegnerin an, den Antragsteller aus Zuneigung geheiratet zu haben. Dererlei Gesichtspunkte indes sind für die Entscheidung über einen Ehescheidungsantrag nicht von Belang.

Es ist nicht zu verkennen, daß eine hilfsbedürftige Partei, welche von einem ersuchten Richter angehört wird, bei der vorstehend beschriebenen Betrachtungsweise gegenüber einersolchen, die vom Prozeßgericht selbst angehört wird, benachteiligt sein kann. Dasselbe gilt für eine hilfsbedürftige Partei im Verhältnis zu einer Partei, welche die Kosten des Ehescheidungsverfahrens aus eigenen Mitteln aufbringen kann. Diese Konsequenz aber wird vom Gesetz augenscheinlich in Kauf genommen. Sie folgt daraus, daß § 121 Abs. 3 ZPO die Beiordnung eines Anwalts für die von der Norm beschriebenen Prozeßsituationen nicht generell vorsieht, sondern nur für den Fall des Vorliegens besonderer Umstände, also eingeschränkt auf Fälle, welche sich durch eine außergewöhnliche,

Sachgestaltung auszeichnen.

Gebührenstreitwert für die Beschwerde: 700,00 DM.






OLG Köln:
Beschluss v. 06.11.1990
Az: 25 WF 243/90


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