Bundespatentgericht:
Beschluss vom 4. Juli 2001
Aktenzeichen: 32 W (pat) 337/99

(BPatG: Beschluss v. 04.07.2001, Az.: 32 W (pat) 337/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß des Deutschen Patent- und Markenamts - Markenstelle für Klasse 41 - vom 11. März 1999 abgeändert.

Die Marke 396 25 748 wird wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 091 961 gelöscht für:

Unterhaltung, kulturelle Aktivitäten, insbesondere Betrieb von Filmtheatern; Verpflegung und Beherbergung von Gästen.

Im übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die am 30. September 1996 für die Dienstleistungen Unterhaltung, sportliche und kulturelle Aktivitäten, insbesondere Betrieb von Filmtheatern; Verpflegung und Beherbergung von Gästeneingetragene Wortmarke 396 25 748 Ritzy'sist Widerspruch erhoben aus der Wort-Bild-Marke 1 091 961 Grafik der Marke 1091961 die seit 27. Mai 1986 für Beherbergung und Verpflegung von Gästen; Partyservice, Verpflegung von Reisenden; Dienstleistungen eines Friseur- und Schönheitssalonseingetragen ist, sowie auf Grund der von der Widersprechenden als notorisch bekannt bezeichneten Wortmarke RITZ.

Die Markenstelle für Klasse 41 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Widersprüche wegen fehlender Verwechslungsgefahr am 11. März 1999 zurückgewiesen, weil der Begriffsinhalt von Ritz (Kratzer) die Verwechslungsgefahr reduziere. Als Serienmarke sei RITZ nicht geeignet. Zu einem - unterstellten - Stamm RITZ könnte die Genitivform Ritzy's aber ohnehin nicht gehören. Dessen Vokalfolge hebe sich von RITZ ebenso ab, wie Sprechrhythmus und Betonung. Außerdem weise Ritzy's einen zusätzlichen Zischlaut am Wortende auf.

Die Widersprechende hat dagegen Beschwerde eingelegt, zu deren Begründung sie vor allem darauf abstellt, das Hotel Ritz sei das berühmteste Hotel, das auch deutschen Verkehrskreisen weithin bekannt sei. Es sei Inbild der besten Hoteldienstleistungen, des höchsten Luxus. In der Presse lese man immer von dem "berühmten Hotel Ritz". Die angegriffene Marke werde für identische Dienstleistungen beansprucht.

Selbst wenn die Notorität nicht liquide wäre, habe jedenfalls die Marke 1 091 961 eine erheblich erhöhte Kennzeichnungskraft.

Es bestehe eine klangliche Verwechslungsgefahr; außerdem nähmen die Verbraucher Ritzy's als Verkleinerungsform von RITZ. Ritzy's und RITZ seien keine gebräuchlichen Wörter, so dass kein Begriffsinhalt die Verwechslungsgefahr mindere. Die Widersprechende beantragt, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und die angegriffene Marke zu löschen.

Der Markeninhaber beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Er ist der Ansicht, es gäbe nur bei Verpflegung und Beherbergung von Gästen Berührungspunkte zwischen den Dienstleistungen. Die Widersprechende betreibe aber ein luxuriöses Hotel und spreche damit einen exklusiven Kundenkreis an, während die Inhaberin der angegriffenen Marke Jugendhotels in der unteren Preiskategorie betreiben wolle. Damit fehle es an einer Ähnlichkeit der Dienstleistungen.

Die Widerspruchsmarke genieße auch keine Notorität. In Deutschland werde die Bezeichnung eines Pariser Hotels nicht markenmäßig benutzt. Deutsche dächten allenfalls an das Knabbergebäck "Ritz Cracker". Keinesfalls komme RITZ allein eine überdurchschnittliche Kennzeichnungskraft zu; es handle sich dabei zudem um einen gebräuchlichen Familiennamen. Auch eine Reihe von ähnlichen Marken schwäche die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke.

Vom Gesamteindruck her unterschieden sich Ritzy's und RITZ PARIS deutlich; bei Hotels könne die Ortsangabe nicht weggelassen werden.

Innerhalb der maßgeblichen Verkehrskreise komme es zu keiner assoziativen Verwechslungsgefahr - nicht einmal über die Gedankenbrücke Verkleinerungsform. Im Englischen bedeute "ritzy" "feudal, stinkvornehm, aufgeblasen"; auch dieser Sinngehalt mindere eine Verwechslungsgefahr.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache teilweise Erfolg. Die angegriffene Marke ist nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG mit Ausnahme der sportlichen Aktivitäten zu löschen, weil im übrigen wegen ihrer Ähnlichkeit mit der Widerspruchsmarke 1 091 961 für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht.

Nach § 9 Abs 1 Nr 2, § 42 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist eine Marke im Falle eines Widerspruchs zu löschen, wenn wegen ihrer Ähnlichkeit mit einer eingetragenen Marke mit älterem Zeitrang und der Ähnlichkeit der durch die beiden Marken erfassten Dienstleistungen für das Publikum die Gefahr von Verwechslungen besteht, einschließlich der Gefahr, dass die Marken gedanklich miteinander in Verbindung gebracht werden. Die Frage der Verwechslungsgefahr ist dabei unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen, wobei eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der Ähnlichkeit der damit bezeichneten Dienstleistungen sowie der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke besteht (vgl BGH MarkenR 2000, 359 - Bayer/BeiChem).

1. Widerspruch aus der Marke 1 091 961 Die Dienstleistungen der angegriffenen Marke "Verpflegung und Beherbergung von Gästen" sind identisch mit denen der Widerspruchsmarke 1 091 961. Absichten, die keinen Niederschlag im Dienstleistungsverzeichnis gefunden haben, wie die, Jugendhotels betreiben zu wollen, berühren dies nicht. Die angesprochenen Verkehrskreise sind nicht so verschieden, dass dies die Ähnlichkeit der Dienstleistungen berühren könnte. In Reise-Büros, -Prospekten und -Berichten begegnet auch derjenige dem RITZ PARIS, der sich einen Aufenthalt dort nicht leisten will oder kann. Bei im übrigen gleichen Waren oder Dienstleistungen können der Preis und die Eigenschaft Luxusartikel bzw Massenware die Ähnlichkeit im markenrechtlichen Sinn schon aus Rechtsgründen nicht berühren.

Unterhaltung und sportliche sowie kulturelle Aktivitäten mit "Verpflegung und Beherbergung von Gästen" ähnlich, weil Hotels üblicherweise Vorträge, Musikdarbietungen, Bälle, Tennisturniere, Skiwochen, Golfplätze etc anbieten und dies nicht nur für Übernachtungsgäste. So finden in den zu Hotels gehörenden Bars oder Clubs jedermann zugängliche kulturelle Veranstaltungen (Jazz etc) statt. Auch bieten Veranstalter die Verpflegung ihrer Gäste an und umgekehrt Restaurants auch Unterhaltung und Musik. Auch Theater und Oper bieten Speisen an; in manchen Zirkuszelten kann man essen, während Künstler und Artisten ihre Darbietungen zwischen den Tischen vorführen.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke 1 091 961 ist jedenfalls für die Dienstleistungen eines Hotels auf Grund der Hotelgeschichte und seines durch die sog Regenbogenpresse weit verbreiteten Flairs hoch. Auch wenn nicht jeder weiß, dass "das Ritz" ein Hotel in Paris ist, erkennen doch die meisten im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen, dass RITZ der Name eines berühmten Hotels ist, wobei es unerheblich ist, ob sie irriger Weise davon ausgehen, dass es in verschiedenen Städten zusammengehörige Hotels dieses Namens gibt. Für London und Paris ist dies ja sogar richtig.

Es ist allerdings nicht feststellbar, dass RITZ auch für sportliche Aktivitäten bei den angesprochenen Verkehrskreisen bekannt ist. So ist kein Turnier (Tennis, Golf etc) auffindbar, das von diesem Hotel veranstaltet würde. Es bietet auch keine Unterkunft im Rahmen sportlicher Veranstaltungen, etwa als Aussichtsplattform oder wegen räumlicher Nähe im Zusammenhang mit sportlichen Veranstaltungen (Ski-, Autorennen etc). In Hotels angebotene Fitnessbereiche mit Kraftraum, Sauna, Pool und Massagemöglichkeit etc stellen keine speziellen sportlichen Aktivitäten dar. Der Gast erwartet sie je nach Kategorie des Hotels, wie Lounge, Lift und dgl.

Der Schutzumfang der Widerspruchsmarke erfährt auch keine Einschränkung, weil ähnliche Marken den Verkehr an das Nebeneinanderbestehen gewöhnt hätten. Das Ritz in London und das in Paris gehören zusammen; an den Ritz-Carlton-Hotels besteht eine geschäftliche Beteiligung der Widersprechenden, wie sie in der mündlichen Verhandlung unbestritten vorgetragen hat.

Die Marken unterscheiden sich zwar durch die graphische Gestaltung der Widerspruchsmarke. Damit ist aber nur eine bildliche Verwechslungsgefahr ausgeschlossen, nicht eine klangliche. Die Widerspruchsmarke wird nämlich in entscheidungserheblichem Umfang auf das Wort RITZ verkürzt werden.

Für den Verkehr sind Wörter regelmäßig die einfachste Form der Benennung einer Marke. Der Verkehr wird dabei sogar RITZ PARIS auf RITZ in entscheidungserheblichem Umfang verkürzen, weil dieses Wort den Gesamteindruck der Kombinationsmarke prägt. Zwar sind die beiden Wörter RITZ PARIS grundsätzlich in ihrer Gesamtheit dem angegriffenen Zeichen gegenüberzustellen (BGH BlPMZ 1996, 180 - Springende Raubkatze), aber neben der Ortsangabe PARIS ist RITZ prägend (BGH GRUR 1996, 977 - DRANO/P3-drano). So gibt es bei vielen bekannten Hotelketten gleiche Namen, die sich nur durch die Stadt unterscheiden (IBIS München, IBIS Hamburg etc). Die Verbraucher verstehen dabei jeweils RITZ, IBIS, HILTON etc als Unternehmenskennzeichen und die Ortsangabe nur als geographisches Unterscheidungsmerkmal. Wenn das Reiseziel geklärt ist, werden Verbraucher und Anbieter (zB bei Buchungen im Reisebüro) nur noch von dem Hotel an sich sprechen und die Ortsangabe vernachlässigen.

Die Wörter Ritzy's und RITZ unterscheiden sich klanglich nicht so stark, dass bei identischen und im engeren Ähnlichkeitsbereich liegenden Dienstleistungen, für die RITZ eine erhöhte Kennzeichnungskraft beanspruchen kann, eine Verwechslungsgefahr verneint werden könnte.

Der Unterschied in der letzten Silbe fällt bei den kurzen Wörtern nicht besonders auf; das Endungs-S geht in der unbetonten Silbe im Ausklang des Wortes unter. Prägend für den Klangeindruck sind vielmehr das R am im allgemeinen ohnehin stärker beachteten Wortanfang und das [ts]. Sie sind beiden Wörtern ebenso gemeinsam, wie der Laut [i]. Er wird in Ritzy's nur wiederholt; dadurch wird kein neuer Laut hinzugefügt.

Ein Sinngehalt trägt zur Unterscheidbarkeit nicht maßgeblich bei. An eine Kerbe denkt im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen niemand, zumal das Wort "Ritz" im Sinn "Ritze" eher ungewöhnlich ist. Das englische "ritzy" ist den deutschen Verkehrskreisen zu unbekannt, als dass es verwechslungsmindernd wirken könnte.

2. Widerspruch aus der notorisch bekannten Marke RITZ Auf die bestrittene Notorität von RITZ kommt es weitgehend nicht mehr an, nachdem die angegriffene Marke schon wegen des Widerspruchs aus der Marke 1 091 961 in einem Umfang zu löschen ist, auf den sich die Notorität allenfalls erstrecken könnte.

Dass RITZ eine notorisch bekannte Marke iSv § 42 Abs 2 Nr 2 iVm §§ 10, 9 Abs 1 Nrn 1 und 2 MarkenG für sportliche Aktivitäten ist, schließt der Senat aus. Die von der Widersprechenden vorgelegten Unterlagen zum Hotel RITZ lassen keinerlei sportliche Angebote im engeren Sinn - im Gegensatz zu Kunstausstellungen, Galadinners, Modeschauen - erkennen. Dass im Hotel RITZ berühmte Sportler verkehren ist nicht einmal ein Indiz für dementsprechende Angebote. Auch die Ritz-Carlton-Kette wirbt nur mit Partnerschaften zu privaten Golfclubs. Wenn das RITZ zusätzlich zu dem oben schon abgehandelten Fitnessbereich Indoor-Golf, Tennishalle und Squash-Courts anbietet, entspricht dies dem außergewöhnlichen Level des Hotels. Dies führt aber nicht zu einer herausragenden Bekanntheit des Ritz-Hotels als Sportveranstalter.

Zu einer Kostenauferlegung bestand kein Anlass (§ 71 Abs 1 Satz 3 MarkenG).

Winkler Sekretaruk Dr. Albrecht Ja






BPatG:
Beschluss v. 04.07.2001
Az: 32 W (pat) 337/99


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