Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. November 2006
Aktenzeichen: 5 W (pat) 13/06

(BPatG: Beschluss v. 21.11.2006, Az.: 5 W (pat) 13/06)

Tenor

I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts vom 25. Januar 2006 aufgehoben.

II. Die Kosten werden auf 3.416,24 €

festgesetzt.

III. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

IV. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Gründe

I.

Die Antragstellerin zu 1) und der Antragsteller zu 2) (im Folgenden: Beschwerdegegner) haben ein Löschungsverfahren gegen das Gebrauchsmuster 299 24 162 betrieben. Mit Beschluss der Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. April 2004 ist das Gebrauchsmuster gelöscht worden. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Antragsgegnerin hat der 5. Senat des Bundespatentgerichts durch Beschluss vom 16. Juni 2005 zurückgewiesen. Die Kosten beider Verfahren wurden jeweils der Antragsgegnerin auferlegt.

Auf den Kostenfestsetzungsantrag der anwaltlichen Vertreter der Beschwerdegegner hat die Gebrauchsmusterabteilung II des Deutschen Patent- und Markenamts mit Beschluss vom 25. Januar 2006 die Verfahrenskosten des ersten Rechtszugs antragsgemäß auf 6.360,03 € festgesetzt, wobei das RVG zugrunde gelegt wurde.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin und Beschwerdeführerin (im Folgenden: Beschwerdeführerin). Sie ist der Auffassung, dass der angefochtene Beschluss bereits deshalb aufgehoben werden müsse, weil für die Kostenfestsetzung nicht das RVG, sondern die BRAGO maßgeblich sei. Danach seien weder die Umsatzsteuer noch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die beantragten Fotokopierkosten erstattungsfähig, die Reisekostenabrechnung müsse ebenfalls nach der BRAGO erfolgen.

Die Beschwerdeführerin beantragt, den Beschluss vom 25. Januar 2005 aufzuheben und die Kosten des Beschwerdeverfahrens den Antragstellerinnen aufzuerlegen.

Die Beschwerdegegner beantragen, die Beschwerde kostenpflichtig zurückzuweisen.

Der Senat hat die Beteiligten mit Verfügung vom 26. Juli 2006 darauf hingewiesen, dass sich die Kostenfestsetzung im vorliegenden Fall nach der BRAGO richte, was zu einem insgesamt niedrigeren Kostenansatz als bei Anwendung des RVG führe. Bezüglich der Anwaltsgebühren müsse noch zum Gebührenrahmen vorgetragen werden.

Die Beschwerdegegner haben daraufhin auf der Basis der BRAGO und eines Gegenstandswerts von 125.000,00 € eine neue Berechnung vorgelegt und ihre Kosten mit insgesamt 4.022,44 € in Ansatz gebracht. Hierbei haben sie einen Gebührenrahmen von jeweils 10/10 zugrunde gelegt, da zur Begründung des Löschungsantrags umfangreiche Recherchen zum Stand der Technik durchgeführt worden und die Abfassung umfangreicher Schriftsätze erforderlich gewesen seien. Wegen weitere Einzelheiten wird auf Bl. 46/47 d. A. Bezug genommen. Die Beschwerdeführerin ist der Auffassung, dass die Abfassung umfangreicher Schriftsätze und Recherchen zum Stand der Technik eine 10/10 Geschäftsgebühr rechtfertigten, während für die Verhandlung eine Mittelgebühr von 7,5/10 angemessen sei. Die weitere Kostenfestsetzung stelle sie ins Ermessen des Gerichts.

II.

Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.

1. Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere wurde die Beschwerdegebühr am 12. April 2006 rechtzeitig bezahlt. Mit Schriftsatz vom 22. Februar 2006 hat die Beschwerdeführerin und Kostenschuldnerin rechtzeitig Beschwerde eingelegt, aber nicht die gemäß Gebührenverzeichnis Nr. 401 200) zu entrichtende Gebühr in Höhe von 50,00 € bezahlt, was aber nach §§ 3 Abs. 1, 6 Abs. 1 S. 1 PatKostG i. V. m. § 17 Abs. 4 S. 2 GebrMG, 62 Abs. 2 S. 4 PatG innerhalb der 2-wöchigen Beschwerdefrist hätte erfolgen müssen. Da aber die dem angefochtenen Beschluss beigefügte Rechtsmittelbelehrung auf eine nicht existente Gebührennummer 421200 und eine danach anfallende Beschwerdegebühr von 200,00 € hingewiesen hat, war sie objektiv falsch. Dementsprechend hat die 2-Wochenfrist für die Beschwerde und die Gebührenzahlung nicht zu laufen begonnen (§ 17 Abs. 3 S. 4 GebrMG i. V. m § 47 Abs. 2 S. 3 PatG), weshalb hier die im Fall der Nichtzahlung vorgesehene Fiktion des § 6 Abs. 2 PatKostG nicht eingetreten ist.

2. Die Beschwerde ist begründet, soweit die Beschwerdegegnerin ihren ursprünglichen Antrag zurückgenommen hat und soweit sie Rahmengebühren von 10/10 geltend macht.

2.1. Die Beschwerdegegnerin hat mit Schreiben vom 11. August 2006 eine neue Kostenaufstellung über insgesamt 4.022,44 € vorgelegt, bei der sie von der BRAGO ausgegangen ist und in der sie gegenüber der ursprünglichen Berechnung keine Umsatzsteuer und keine Kopierkosten mehr geltend macht und die Fahrtkosten entsprechend den gesetzlichen Vorschriften angepasst hat. Hierin liegt die Rücknahme ihres ursprünglichen Antrags in Höhe des Differenzbetrags zu ihrer ursprünglichen Forderung von 6.380,03 €, das sind 2.357,59 €.

2.2. Für ihre Kostenaufstellung vom 11. August 2006 hat die Beschwerdegegnerin zu Recht die BRAGO zugrunde gelegt, allerdings hat sie jeweils zu Unrecht eine volle Geschäftsgebühr und eine volle Besprechungsgebühr in Ansatz gebracht.

2.2.1. Die Gebühren für die patentanwaltliche Tätigkeit berechnen sich im Gebrauchsmusterlöschungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts nach den für Rechtsanwälte geltenden Vorschriften (BPatG Mitt: 2006, 518 ff.:). Die Beschwerdeführerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass für die Kostenfestsetzung vorliegend nicht das RVG, sondern gemäß der Übergangsregelung des § 61 Abs. 1 RVG die BRAGO anzuwenden ist. Der unbedingte Auftrag zur Erledigung der Angelegenheit ist vor dem 1. Juli 2004 erteilt worden, wie sich aus dem Löschungsantrag vom 7. April 2003 ergibt.

2.2.2. Das Löschungsverfahren vor der Gebrauchsmusterabteilung des Deutschen Patent- und Markenamts ist kein gerichtliches Verfahren. Daher bestimmen sich die Gebühren des Patentanwalts nach § 118 i. V. m. § 12 Abs. 1 BRAGO. Die Antragsteller können für ihren Patentanwalt eine Geschäftsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 1 BRAGO und eine Besprechungsgebühr nach § 118 Abs. 1 Nr. 2 BRAGO beanspruchen, wobei der Gebührenrahmen zwischen 5/10 und 10/10 liegt (§ 118 Abs. 1). Der Mindest- und der Höchstrahmen erhöhen sich pro weiterem Auftraggeber nach § 6 Abs. 1 S. 2 BRAGO um 3/10 erhöht, so dass sich hier der Rahmen jeweils zwischen 8/10 und 13/10 bewegt (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 26. Aufl. 1995, § 6 BRAGO, Rn. 41).

2.2.3. Aus diesem erhöhten Rahmen ist die konkret angefallene Gebühr gemäß § 12 BRAGO für den jeweiligen Einzelfall zu bestimmen (Hartmann a. a. O.). Eine derartige Bestimmung unter Berücksichtigung der im Gesetz genannten Kriterien, nämlich der Bedeutung der Angelegenheit, ihres Umfangs und ihrer Schwierigkeit sowie den Vermögens- und Einkommensverhältnissen des Auftraggebers, hat vorliegend nicht stattgefunden. Die Beschwerdegegnerin begründet die jeweils angesetzten 13/10-Gebühren damit, dass zur Begründung des Löschungsantrags umfangreiche Recherchen zum Stand der Technik durchgeführt worden und die Abfassung umfangreicher Schriftsätze erforderlich gewesen seien. Dieser pauschale Vortrag ist jedoch zu unsubstantiiert, um die volle Gebühr zu rechtfertigen. Soweit die Beschwerdeführerin hier die Auffassung vertritt, dass umfangreiche Schriftsätze und Recherchen eine Gebührenerhöhung rechtfertigen würden, kann dem zwar grundsätzlich beigetreten werden, jedoch bedarf es hierzu näherer Ausführungen. Hier wurde weder vorgetragen noch ist aufgrund der Aktenlage erkennbar, inwieweit sich der Umfang der patentanwaltliche Tätigkeit im vorliegenden Fall von der in vergleichbaren Gebrauchsmusterlöschungsverfahren üblichen unterscheidet (vgl. Hartmann a. a. O., § 12 BRAGO, Rn. 5, 6; ders. Kostengesetze 34. Aufl. 2004, § 14 RVG, Rn. 3, 4), zumal ein erheblicher Teil der vorgelegten Rechercheunterlagen aus dem Unternehmen der Beschwerdeführerin stammt.

2.2.4. Auszugehen ist daher für die Geschäft- und die Besprechungsgebühr vom Mittelwert (vgl. Hartmann a. a. O., § 12, Rn. 13 und § 14, Rn. 14), also von jeweils 10,5/10. Daraus errechnet sich bei dem von der Beschwerdegegnerin zugrunde gelegten Gegenstandswert von 125.000,00 € und den nicht mehr zu beanstandenden Ansätzen für Übernachtung, Abwesenheitszeiten, Fahrtkosten und der Pauschale nach § 26 BRAGO von zusammen 411,14 € für den Erstattungsanspruch folgende Höhe:

411,14 €

zuzüglich Geschäftsgebühr 10,5/10 1.502,55 €

Besprechungsgebühr 10,5/10 + 1.502,55 €

3.416,24 €

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG iVm § 84 Abs. 2 PatG und §§ 92 Abs. 1 S. 1, 100 Abs. 4 ZPO, da die Beschwerdeführerin und die Beschwerdegegner in etwa zu gleichen Teilen obsiegt haben bzw. unterlegen sind (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 27. Aufl. 2005, § 92 Rn. 5; 100, Rn. 11).






BPatG:
Beschluss v. 21.11.2006
Az: 5 W (pat) 13/06


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