Oberlandesgericht Frankfurt am Main:
Urteil vom 25. April 2013
Aktenzeichen: 3 U 240/12

(OLG Frankfurt am Main: Urteil v. 25.04.2013, Az.: 3 U 240/12)

Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das am 05.10.2012 verkündete Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main unter Zurückweisung des Rechtsmittels im Übrigen abgeändert.

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu € 250.000,00, ersatzweise Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, nachfolgende oder mit diesen inhaltsgleiche Bestimmungen in Vereinbarungen über die Umwandlung eines Kontos in ein Pfändungsschutzkonto mit Verbrauchern einzubeziehen, sowie sich auf die Bestimmungen bei der Abwicklung derartiger Verträge zu berufen:

€Ich habe zur Kenntnis genommen, dass mit dem Pfändungsschutzkonto die Einräumung eines Dispositionskredits ... unvereinbar sind... Ich bin demgemäß damit einverstanden, dass der auf meinem o. g. Konto eingeräumte Dispositionskredit im Zuge der Umwandlung meines Kontos in ein Pfändungsschutzkonto gestrichen...

Ich habe Kenntnis genommen, dass ... die Nutzung einer Kreditkarte unvereinbar sind und die girocard-Maestro Card nur eingeschränkt nutzbar ist. Ich bin demgemäß damit einverstanden, dass ... die von der Bank ausgegebene X-Bank MasterCard-Kreditkarte/- VISA-Kreditkarte (€Kreditkarte") gesperrt wird. Die Bank darf den Einzug der Kreditkarte (z. B. am Geldautomaten) veranlassen. Ich werde die Kreditkarte unverzüglich und unaufgefordert an die Bank zurückgeben.€

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 100,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger und die Beklagte jeweils die Hälfte zu tragen.

Das Urteil ist für beide Parteien ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 6.000,- €, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Der Kläger ist der bundesweit tätige Dachverband der Verbraucherzentralen der Bundesländer und weiterer Organisationen und ist als qualifizierte Einrichtung in die beim Bundesjustizamt geführte Liste nach § 4 UKlaG eingetragen. Die beklagte Bank verwendet ein Formular €Antrag auf Umwandlung eines Kontos in ein Pfändungsschutzkonto" (im Folgenden: Antragsformular), welches folgende Passagen enthält:

€1.2 Ich habe Kenntnis genommen, dass mit dem Pfändungsschutzkonto die Einräumung eines Dispositionskredits und die Nutzung einer Kreditkarte unvereinbar sind und die girocard-Maestro Card nur eingeschränkt nutzbar ist.Ich bin demgemäß damit einverstanden, dass der auf meinem o. g. Konto eingeräumte Dispositionskredit im Zuge der Umwandlung meines Kontos in ein Pfändungsschutzkonto gestrichen und die von der Bank ausgegebene X-Bank Master Card-Kreditkarte/-VISAKreditkarte (€Kreditkarte") gesperrt wird. Die Bank darf den Einzug der Kreditkarte (z. B. am Geldautomaten) veranlassen. Ich werde die Kreditkarte unverzüglich und unaufgefordert an die Bank zurückgeben.

1.3 Ich kann die Zusatzvereinbarung oder den gesamten Girokontovertrag abweichend von Nummer 18 der Allgemeinen Geschäftsbedingungen jederzeit ohne Einhaltung einer Frist nur zum Ende eines jeden Kalendermonats kündigen.Sofern ich nur diese Zusatzvereinbarung kündige, führt die Bank mein Girokonto auf Guthabenbasis weiter (...)."

Zu diesem Antrag händigt die Beklagte ebenfalls ein Informationsblatt €Allgemeine Information zum neuen Kontopfändungsschutz (P-Konto)" aus, wegen dessen Einzelheiten auf die Anlage B4 Bezug genommen wird.

Der Kläger ist der Ansicht, die Klauseln verstießen gegen 307 BGB i. V. m. § 850k ZPO und hat Unterlassung der Verwendung dieser Klauseln sowie Zahlung von 200,- € nebst Zinsen verlangt.

Die Beklagte hält die Klauseln für zulässig.

Mit Urteil vom 05.10.2012, auf das wegen der tatsächlichen Feststellungen im Übrigen Bezug genommen wird, hat das Landgericht die Klage abgewiesen, die die beanstandeten Klauseln eine unangemessene Benachteiligung nicht enthielten.

Gegen dieses, ihm am 09.10.2012 zugestellte Urteil richtet sich die am 22.10.2012 eingelegte und am 23.11.2012 begründete Berufung des Klägers, der an seinem erstinstanzlichen Begehr festhält und seinen diesbezüglichen Vortrag wiederholt und vertieft.

Die Beklagte beantragt Zurückweisung der Berufung und hält ebenfalls an ihrem bisherigen Vorbringen fest.

Die Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache indes nur zum Teil Erfolg.

Einer Abänderung bedarf das angefochtene Urteil, soweit das Landgericht die auf Unterlassung der Verwendung der Klausel Ziff. 1.2 gerichtete Klage abgewiesen hat. Insoweit ist die Klage zulässig und begründet.

Die Klage auf Unterlassung der Verwendung bestimmter Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ist nach §§ 5 ff. UKlaG zulässig. Der Kläger ist unstreitig anspruchsberechtigte Stelle nach § 3 Abs. 1 Nr. 1 und § 4 UKlaG.

Die Klage ist begründet, weil dem Kläger ein Unterlassungsanspruch aus § 1UKlaG zusteht. Die danach erforderliche Wiederholungsgefahr liegt vor, weil die Beklagte die beanstandete Klausel in ihrem laufenden Geschäftsbetrieb verwendet und zur Unterlassung nicht bereit ist.

Die Klausel ist auch nach den § 307 Abs. 1 BGB unwirksam, da sie Vertragspartner der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Dies ist vorliegend der Fall, weil die Klausel geeignet ist, den Kunden über den Umfang seines Rechts auf Umwandung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto zu täuschen. Ein solches Recht steht ihm aus § 850k Abs. 7 ZPO unabhängig davon zu, ob das bislang bestehende Girokonto ein Guthaben aufweist oder aufgrund eines eingeräumten und in Anspruch genommenen Girokontos debitorisch geführt wird. Wird der Kunde darauf hingewiesen, dass die Einräumung eines Dispositionskredits unvereinbar ist und wird von ihm ferner das Einverständnis verlangt, mit der Streichung des eingeräumten Dispositionskredits einverstanden zu sein, so muss der Kunde dies begrifflich nicht notwendig auf zukünftige Dispositionskredite beschränken, sondern kann zu der Überzeugung gelangen, dass der bereits in Anspruch genommene Dispositionskredit glattzustellen ist, bevor eine Kontoumwandlung möglich ist. Sieht er sich hierzu wirtschaftlich nicht in der Lage, kann das dazu führen, dass er von dem Antrag auf Umwandlung Abstand nimmt. Bei der im Verbandsklageverfahren maßgeblichen kundenfeindlichsten Auslegung beschränkt die Klausel damit wesentliche Rechte des Verbrauchers und benachteiligt ihn unangemessen.

Dies gilt auch, soweit die Beklagte in Ziff. 1.2 das Einverständnis in die Sperrung und Rückgabe der Kreditkarte verlangt. Dabei kann dahin stehen, ob die Bank als Folge des Umwandlungsantrags zu einer Kündigung des Kreditkartenvertrages berechtigt wäre oder nicht. Selbst wenn man dies annimmt, liegt eine im Sinn des § 307 Abs. 1 S. 1 Abs. 2 Nr. 1 BGB zumindest darin, dass die Beklagte sich vom Erfordernis einer Kündigungserklärung befreien will und damit die ansonsten erforderliche Einzelfallprüfung der Kündigungsvoraussetzungen, die für eine Kündigung erforderliche Form (§ 492 Abs. 5 BGB) und die ggf. gegebenen Rechtsbehelfe des Kunden umgeht. Die unangemessene Benachteiligung liegt damit unabhängig davon vor, ob man in dem Kreditkartenverhältnis einen vom Girovertrag unabhängigen Zahlungsdiensterahmenvertrag sieht, der bei der Umstellung auf ein P-Konto ohnedies gekündigt werden könnte.

Soweit die Berufung des Klägers sich darüber hinaus auch gegen die Abweisung der Klage auf Unterlassung einer Verwendung der Klausel 1.3 richtet, ist sie unbegründet. Insoweit steht dem Kläger ein Unterlassungsanspruch nicht zu, mit der Verwendung der Klausel durch die Beklagte ist eine unangemessene Benachteiligung der anderen Vertragspartei nicht verbunden.

Eine solche Benachteiligung liegt zunächst nicht in der vereinbarten Kündigungsfrist.

Gem. Teil A, I. 3 der Allgemeinen Bedingungen für Zahlungsdienste der Beklagten kann der Girovertrag als Zahlungsdiensterahmenvertrag nur zum Ende eines jeden Kalendermonats gekündigt werden. Die in der Klausel 1.3 Satz 1 des Antragsformulars verwendete Klausel bringt insoweit keine Änderung mit sich, fügt sich also in das vom Kunden bereits bei Abschluss des Girokontovertrags akzeptierte Regelungskonzept der Beklagten bei Kündigungen nahtlos ein.

Eine Benachteiligung des Kunden liegt auch nicht in der Inaussichtstellung der Fortführung des Kontos auf Guthabenbasis nach Beendigung des besonderen Pfändungsschutzes. Die Umwandlung des Girokontos in ein Pfändungsschutzkonto ist nicht befristet und nicht bedingt, so dass eine Rückumwandlung weder nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums noch bei Wegfall der Umstände, die für seine Einrichtung ausschlaggebend waren, eintritt. Auch die bloß einseitige Erklärung des Kontoinhabers kann eine solche Rückumwandlung nicht bewirken. Vielmehr ist er, wie jeder andere Kunde der Bank auch, darauf verwiesen, bei der Bank die Eröffnung eines Girokontos zu beantragen. Bei der Entscheidung über die Annahme dieses Antrags ist die Bank frei, kann und darf diese insbesondere von einer neuen Bonitätsprüfung des Schuldners abhängig machen. Zu einer Wiedereinräumung aller Rechte, die vor der Umwandlung des Kontos in ein P-Konto bestanden, ist sie (soweit diese Rechte z.B. durch eine separate Kündigung erloschen sind) nicht verpflichtet. Stellen sich die Vermögensverhältnisse bei dem Neuantrag aus der Sicht der Bank als unzureichend dar, kann sie dies ablehnen.

Wenn die Bank dem Kunden bei Umwandlung eines Girokontos in ein P-Konto die Fortführung seines Girokontos auf Guthabenbasis in Aussicht stellt, ist damit eine Benachteiligung nicht verbunden.

Der Zahlungsanspruch des Klägers ergibt sich aus § 5 UKlaG i.V.m. § 12 Abs. 1 UWG. Er ist nur in Höhe der Hälfte des eingeklagten Betrags begründet, nachdem die Abmahnung des Klägers sich auf vier Klauseln erstreckt, sich nunmehr aber lediglich bezüglich zweier Klauseln als berechtigt erwiesen hat.

Die Kosten des Rechtsstreits haben die Parteien insoweit zu tragen, als sie unterlegen sind (§ 92 Abs. 1 ZPO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 709, 711 ZPO.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO nicht vorliegen.






OLG Frankfurt am Main:
Urteil v. 25.04.2013
Az: 3 U 240/12


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