Bundespatentgericht:
Beschluss vom 12. Juni 2006
Aktenzeichen: 27 W (pat) 9/06

(BPatG: Beschluss v. 12.06.2006, Az.: 27 W (pat) 9/06)

Tenor

1. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der den Beteiligten erwachsenen Kosten werden der Widersprechenden auferlegt.

Gründe

I Die Widersprechende hat gegen die am 11. Juni 2004 veröffentlichte Eintragung der für "Bekleidungsstücke, Schuhwaren, Kopfbedeckungen; Turn- und Sportartikel, soweit in Klasse 28 enthalten; Dienstleistungen eines Designers, nämlich Styling (industrielles Design)" geschützten Bildmarke 304 02 164 Wiedergabe der Marke Widerspruch eingelegt aus ihrer am 21. August 1997 für "Bekleidung, Schuhwaren und Kopfbedeckungen; Waren aus Leder, soweit in Klasse 18 enthalten" eingetragenen Bildmarke 397 29 494 Wiedergabe der Marke

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Die Markenstelle für Klasse 25 des Deutschen Patent- und Markenamts hat mit Beschluss vom 11. November 2005 den Widerspruch zurückgewiesen, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke nicht glaubhaft gemacht habe. Die vorgelegten Unterlagen - Katalog, Titelplakate, Fotos des Verkaufsraums, Abbildungen von Werbeplakaten, Kopien von Rechnungen - ließen nicht erkennen, für welche Waren und Dienstleistungen welche konkreten Umsätze erzielt worden seien.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden. Ihrer Ansicht nach ist der Beschluss schon deshalb fehlerhaft, weil die Markenstelle nicht zuvor auf die fehlenden Benutzungsunterlagen hingewiesen habe. Neue Benutzungsunterlagen hat sie im Beschwerdeverfahren nicht eingereicht.

Die Widersprechende beantragt, dem Widerspruch unter Abänderung des Beschlusses des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 11. November 2005 stattzugeben.

Die Markeninhaberin beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie hält eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für nach wie vor nicht gegeben; eines Hinweises der Markenstelle hätte es dabei nicht bedurft.

Der Senat hat mit Verfügung des Berichterstatters vom 30. März 2006 darauf hingewiesen, dass die Rechtsansicht der Beschwerdeführerin über eine angebliche Hinweispflicht der Markenstelle unzutreffend ist; die Beschwerdeführer hat zu diesem Hinweis keine Stellung genommen.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Die Markenstelle hat zu Recht und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat anschließt, den Widerspruch nach § 43 Abs. 1 Satz 3, § 42 Abs. 2 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG zurückgewiesen, weil die Widersprechende auf die zulässige Nichtbenutzungseinrede der Markeninhaberin eine rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke nicht glaubhaft gemacht habe.

Da die Widerspruchsmarke am 21. August 1997, also mehr als fünf Jahre vor der Veröffentlichung der angegriffenen Marke am 11. Juni 2004 eingetragen worden ist, war die Widersprechende verpflichtet gewesen, nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG für die Zeit vom Juni 1999 bis Juni 2004 und nach § 43 Abs. 2 Satz 2 MarkenG für die Zeit vom Juni 2001 bis Juni 2006 eine rechtserhaltende Benutzung ihrer Marke glaubhaft zu machen. Dieser Pflicht ist sie, wie die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, nicht nachgekommen, weil den im Widerspruchsverfahren vor der Markenstelle vorgelegten Unterlagen eine Benutzung innerhalb der beiden vorgenannten relevanten Zeiträume nicht entnommen werden kann. So beziehen sich die eingereichten Kataloge und Titelplakate für die Jahre 2004 und 2005 schon nicht auf den Zeitraum nach § 43 Abs. 1 Satz 1 MarkenG; die Fotos des Verkaufsraums sind völlig nichtssagend, da sie zwar erkennen lassen, dass in ihm Schuhe verkauft werden, nichts aber zu der allein interessierenden Frage besagen, ob diese Schuhe auch mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet sind. Gleiches gilt für die eingereichten Rechnungen, aus denen sich allein ergibt, dass Kinder- und Herrenschuhe in geringem Umfang veräußert wurden, nicht aber, ob diese mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet waren. Auch die vorgelegten Internet-Ausdrucke sind unzureichend, da der erste Ausdruck lediglich nachweist, dass seit 2003 unter der Webseite "http://www.supremoshoes.de" eine Einstellung ins Internet erfolgte, den zu den genannten Zeitpunkten auf den Webseiten enthaltenen Inhalt aber nicht zu erkennen gibt, und die weitere Internetseite sich allein auf das Firmenprofil bezieht, aus dem aber nicht einmal entnommen werden kann, dass Waren (hier insbesondere Schuhe) und nicht nur etwa eine Produktions- oder Vertriebsstätte mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet wurden. Die vorgelegten Unterlagen sind nichtssagend; daneben fehlt jegliche Glaubhaftmachung zu den im Rahmen des § 43 Abs. 1 MarkenG allein relevanten Fragen, ob und welche Waren mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet wurden und in welchem Zeitraum solche Produkte in welchem Umfang zum Verkauf angeboten wurden.

Da die Widersprechende auch im Beschwerdeverfahren keine weiteren Benutzungsunterlagen vorgelegt hat, war die Beschwerde schon allein aus diesem Grund zurückzuweisen, weil der Widerspruch mangels hinreichender Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke unbegründet ist.

Auf die von der Widersprechenden allein geltend gemachte Frage, ob die Markenstelle verpflichtet gewesen wäre, sie nach § 139 ZPO darauf hinzuweisen, dass die vorgelegten Unterlagen zur Glaubhaftmachung einer rechtserhaltenden Benutzung unzureichend sind, kommt es hierfür nicht an. Ungeachtet dessen ist die Ansicht der Widersprechenden hierzu auch rechtsfehlerhaft, weil § 139 ZPO nur die Verpflichtung enthält, die Beteiligten auf die Bezeichnung der Beweismittel hinzuweisen; hat eine Partei ein Beweismittel aber bezeichnet, was vorliegend durch die Vorlage von Benutzungsunterlagen - d. h. Urkunden i. S. d. §§ 415 ff. ZPO - geschehen ist, bedarf es keines weiteren Hinweises mehr über mögliche andere Beweismittel. Keinesfalls verpflichtet § 139 ZPO demgegenüber zu einem Hinweis darauf, ob die bezeichneten Beweismittel oder die erhobenen (im Falle von Urkundsbeweisen ist hierzu allein die Vorlage der Urkunde erforderlich, § 420 ZPO) Beweise zur Führung des erforderlichen Nachweises, für die im Rahmen der Glaubhaftmachung § 294 ZPO gilt, ausreichend sind, denn dies würde auf eine unzulässige vorgezogene Beweiswürdigung hinauslaufen.

Nach alledem war die Beschwerde der Widersprechenden zurückzuweisen, ohne dass es auf die Frage einer Verwechslungsgefahr zwischen den beiden gegenüberstehenden Marken - die allerdings erkennbar zu verneinen war - ankommt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG. Danach entspricht es der Billigkeit, der Beschwerdeführerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, weil es gegen grundlegende prozessuale Sorgfaltspflichten verstößt (vgl. hierzu Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl., § 71 Rn. 17), wenn ein Widersprechender, dessen Widerspruch von der Markenstelle mangels hinreichender Glaubhaftmachung der rechtserhaltenden Benutzung zurückgewiesen wurde, unter Anerkennung dieser Entscheidung - was die Widersprechende vorliegend dadurch zu erkennen gegeben hat, dass sie mit ihrer Beschwerde allein gerügt hat, dass die Markenstelle sie auf diese von ihr damit als zutreffend anerkannte Beweislage nicht hingewiesen habe - Beschwerde einlegt, ohne neue Benutzungsunterlagen einzureichen; damit hat die Widersprechende zudem zu erkennen gegeben, dass ihr allein daran gelegen war, durch die Beschwerdeeinlegung verfahrensfremde Ziele, nämlich eine nicht gerechtfertigte Behinderung der angegriffenen Marke, zu verfolgen.






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Beschluss v. 12.06.2006
Az: 27 W (pat) 9/06


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