Bundespatentgericht:
Beschluss vom 1. Oktober 2003
Aktenzeichen: 28 W (pat) 117/03

(BPatG: Beschluss v. 01.10.2003, Az.: 28 W (pat) 117/03)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Angemeldet zur Eintragung in das Markenregister für die Waren "Gleitlager, Magnetlager" ist der Buchstabe E Die Markenstelle für Klasse 7 hat die Anmeldung mit der Begründung zurückgewiesen, E werde als Abkürzung für die "relative Exzentrizität" gebraucht, einem für die beanspruchten Waren beschreibenden Begriff. Im übrigen verwende die Anmelderin diesen Buchstaben für eine bestimmte Baureihe, womit sie zu erkennen geben, dass der maßgebliche Verkehr darin keine Kennzeichnung sehe. In diesem Warengebiet sei es üblich, dass Typen und Serien mit Buchstaben und/oder Zahlen benannt werde. Das Zeichen sei damit ohne Unterscheidungskraft und müsse für die Mitbewerber zur freien Verwendung offen bleiben.

Die Anmelderin hat hiergegen Beschwerde eingelegt, diese aber nicht begründet. Sie hatte zunächst Verhandlungsantrag gestellt, diesen aber zurückgenommen und um eine "gutachterliche" Entscheidung gebeten. Zusammen mit der Ladung hat das Gericht die Anmelderin darauf hingewiesen, dass mit einer Eintragung der Marke nicht gerechnet werden könne, denn nach dem bisherigen Ermittlungsstand seien die im patentamtlichen Beschluss dargelegten Ausführungen zutreffend.

II.

Die zulässige Beschwerde der Anmelderin ist nicht begründet, denn die Marke ist ohne jegliche Unterscheidungskraft (§ 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG) und sie muss auch für die Mitbewerber zur freien Verfügung offen stehen (§ 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG).

Die Entscheidung der Frage, ob ein Buchstabe in Alleinstellung als Marke eingetragen werden kann, richtet sich nach dem auf dem jeweiligen Warengebiet üblichen Bezeichnungsgewohnheiten. Erst diese tatsächlichen Feststellungen erlauben es zu beurteilen, ob das angemeldete Zeichen, wenn es in der als Marke herausgestellten Form verwendet wird, vom Verkehr als Kennzeichnung akzeptiert wird und vom Mitbewerber als eine die Eigenschaften der Ware nicht unmittelbar beschreibende Angabe geduldet werden muss.

Hinzu kommt, dass die Schutzhindernisse des § 8 Abs 2 MarkenG unter dem Aspekt des Allgemeininteresses an einem unverfälschten Wettbewerb zu beurteilen sind (vgl EuGH MarkenR 2003/227 orange, Rdz 48 ff, veröffentlicht in iuris). Alle sich aus einer Marke für den Inhaber ergebenden Rechte und Befugnisse sind anhand dieses Zieles zu prüfen, denn die eingetragene Marke gewährt ihrem Inhaber ein ausschließliches und unbefristetes Recht zur Monopolisierung. Hier spielt - ebenso wie bei dem vom EuGH entschiedenen Fall über die Eintragbarkeit der Farbe orange für Waren und Dienstleistungen der Telekommunikation - die nur beschränkte Verfügbarkeit der Einzelbuchstaben eine erhebliche Rolle. Denn mit nur wenigen Eintragungen könnte ein Wirtschaftsteilnehmer in Warenbereichen, in denen Einzel-Buchstaben eine beschreibende Funktion haben, den Bestand ausschöpfen und einen erheblichen Wettbewerbsvorteil erhalten. Die Aufrechterhaltung eines freien Wettbewerbs erfordert es aber, für derartige Warenbereiche die Zuerkennung dieses Ausschließlichkeitsrechts an nur einen Mitbewerber zu verhindern.

Unter Anwendung dieser Grundsätze muss hier die Schutzfähigkeit des Einzelbuchstabens verneint werden. Gleit- und Magnetlager werden vom Fachverkehr und technisch interessierten Laien gekauft und verwendet. Es handelt sich um Produkte, bei denen allein technische Eigenschaften wie Werkstoff (Stahl, Bronze, Weißmetall, Polyamid, Sinterbronze, Kupferlegierungen, MF und EP-Compounds, PTFE - Gewebe, GAR-MAX, gewickelte Glasfaser usw), Ausrichtung (vertikal, axial, Stehlager), Lagerart, Wellendurchmesser, Lagerbreite, Passgenauigkeit, Verschleiß, Schmierung, Wartungsbedarf udgl von Bedeutung sind. Wegen der Vielfalt der angebotenen Produkte wird versucht die Auswahl mittels Abkürzungen zu erleichtern, so zB bei den Werkstoffen St für Stahl, Al für Aluminium, Bz für Bronze, GAR-MAX für gewickelte imprägnierte Glasfaser, PTFE-Gewebe, oder bei der Lagerart AKL für Axialkugellager, ARL für Axialrollenlager, TRL für Trockenradiallager, GL für Gelenklager, GK für Gelenkkopf oder G für das Gehäuse, W für den Walzenkörper und Z für Zubehör (vgl Vereinigte Fachverlage, Die Antriebstechnik, Sonderausgabe 2002, Lager und Führungen). Hinzu kommt, dass viele Hersteller Buchstaben (und Zahlen) zur Bezeichnung von Baureihen oder Serien verwenden (hierzu zählt auch die Anmelderin, die ua die Baureihen E, HG, I, M, D, EV und V anbietet), so zB die Firma M... mit BK090, BK1 und BK2, die Fa H... mit den Baureihen CM, DLS, DTS usw, die Firma ... mit DY, X und Y, die Firma N... mit den Reihen LH, LY, LL und die Firma i... mit der Maßreihe E uvam. Dies allein schon zeigt, dass der betroffenen Verkehr es gewohnt ist auf diesem Warengebiet Buchstaben und Zahlen als Hinweis auf Serien- und Modellbezeichnungen und nicht als Marke anzutreffen (vgl hierzu BGH, MarkenR 2000, 426 - K). Der Buchstabe "E" steht aber auch für mehrere technische Begriffe, die sämtliche bei Lagern eine Rolle spielen können, nämlich für die Exzentrizität ( =Abweichung einer Ellipse von einem Kreis und damit für die Größe der Schmierfilmdecke zwischen Welle und Bohrung von Bedeutung), das Elastizitätsmodul (E-Modul bedeutsam bei Lagern mit niedrigen Gleitgeschwindigkeiten, sog. E-Gleitlager) und die Elektronik (in aktiven Magnetlagern).

Diese Vielzahl der Bedeutungsinhalte führt nicht dazu, dass der Buchstabe E nunmehr mehrdeutig, interpretationsbedürftig und damit schutzfähig wäre. Eine schutzbegründende Mehrdeutigkeit setzt eine Kenntnis und Bereitschaft des Verkehrs zur Interpretation voraus, was aber hier aufgrund der oben dargelegten Bezeichnungsgewohnheiten auf diesem speziellen Markt ausgeschlossen ist. Der Buchstabe E wird in erster Linie als Baureihe gesehen werden, vom technischen Fachmann zudem noch als Hinweis auf eine technische Eigenart, in keinem Fall aber als Hinweis auf ein bestimmtes Produkt.

Damit ist die angemeldete Marke ohne Unterscheidungskraft.

Wegen des unmittelbaren Sachbezugs des Buchstaben mit technischen Funktionen und Eigenschaften der Waren besteht auch ein Freihaltebedürfnis der Mitbewerber.

Die Beschwerde der Anmelderin war daher zurückzuweisen.

Stoppel Paetzold Schwarz-Angele Na






BPatG:
Beschluss v. 01.10.2003
Az: 28 W (pat) 117/03


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