Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Mai 2003
Aktenzeichen: 14 W (pat) 301/02

(BPatG: Beschluss v. 16.05.2003, Az.: 14 W (pat) 301/02)

Tenor

Auf den Einspruch wird das Patent unter Abänderung der Bezeichnung in "Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck" mit folgenden Unterlagen beschränkt aufrechterhalten:

Patentansprüche 1 bis 12, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2003 Beschreibung Seiten 2 bis 7, überreicht in der mündlichen Verhandlung vom 16. Mai 2003 5 Seiten Zeichnungen Figuren 1 bis 6, gemäß Patentschrift.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 100 03 071 mit der Bezeichnung

"Satz von Druckfarben und Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck"

ist am 3. Januar 2002 veröffentlicht worden.

Gegen dieses Patent wurde am 3. April 2002 Einspruch erhoben. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, dass die beanspruchten Gegenstände im Hinblick auf den nachgewiesenen Stand der Technik nicht mehr neu seien. Soweit sie eventuell als neu gelten könnten, seien sie jedoch nicht erfinderisch.

Zur Untermauerung ihres Vorbringens verweist die Einsprechende auf folgende Druckschriften:

(1) Römpp Lexikon "Lacke und Druckfarben", Georg Thieme Verlag, Stuttgart, 1998, Seiten 157 bis 162, 423, 424, 527, 528

(2) "Druck- und messtechnische Betrachtung von Novaspace" aus "Deutscher Drucker", Bd 30 (1994), Nr 45, Seiten 1 bis 5,

(3) "HiFi-Color in Repro und Druck: So werden Poster richtig gut" aus "Deutscher Drucker", Bd 35 (1999), Nr 9, Seiten w6, w8 und w9,

(4) "Novaspace bringt den Offset jetzt in Fotoqualität" aus "Offset-Praxis", Jhg 36, Juli/August 1994, Seiten 12 bis 13,

(5) ANIVA¨ Euro - Kundeninformation der Firma Epple Druckfarben GmbH & Co. KG, Stand März 1999

(6) "Fotoqualität im Bogenoffset" aus "Palette - Das Informationsmagazin der igepa", Nr 43 (1999), Seiten 3, 4, 6 und 20/21,

(7) Rechnungen über die Lieferung von ANIVA¨ Euro durch Fa. Epple an Fa. Druck Partner, Essen vom 14. Dezember 1998, 17. Dezember 1998, 29. Dezember 1998 und 12. April 1999,

(8) Notiz von Herrn Thomas Zemann über die Prüfung von ANI-VA¨ Euro bei BASF vom 07. Januar/08. Januar 1999,

(9) Rechnung über die Lieferung von NOVASPACE¨ durch BASF Drucksysteme GmbH an die Fa. Repro 68 Druck GmbH, Hamburg vom 27. Februar 1998,

(10) "NovaSpace¨ -Spezialentwicklung oder genereller Impuls für hochwertige Bildwiedergabe€", Vortrag von Dieter Kirchner auf der XX. Woche der Druckindustrie, Wiesbaden 25.-27. Oktober 1994,

(11) Helmut Teschner, "Offsetdrucktechnik", 10. Auflage, Fachschriften Verlag, Fellbach 1997, Seiten 12/7 bis 12/17

(12) "Prozess-Standard Offsetdruck - Wege zu konstanter Qualität von der Vorstufe bis zum Druckprodukt" herausgegeben vom Bundesverband Druck und Medien e.V., Wiesbaden (2001), Seiten 7.4-1 bis 7.4-8.

Das Dokument (7) wurde mit Eingabe vom 11. Februar 2003 von der Einsprechenden wieder aus dem Einspruchsverfahren zurückgenommen.

Die Einsprechende ist ferner der Auffassung, der Gegenstand gemäß den erteilten Ansprüchen 1 und 34 sei durch eine offenkundige Vorbenutzung der BASF AG mittels der Druckfarben NOVASPACE¨ vorweggenommen. Weiterhin macht die Einsprechende geltend, der Gegenstand gemäß den erteilten Ansprüchen 1 und 34 sei durch offenkundige Vorbenutzung der Patentinhaberin mittels der Druckfarbe ANIVA¨ Euro bekannt geworden. Ein Abstand der optischen Dichte in Druck von 0,5 zwischen Schwarz und dem dichtesten Buntton könne im Prinzip mit jeder beliebigen Skalendruckfarbe erreicht werden. Der Gegenstand des erteilten Anspruchs 66 sei insbesondere durch die Entgegenhaltung (3) bzw (4) vorweggenommen oder nahegelegt.

Mit Telefax vom 9. April 2003 hat die Patentinhaberin die Teilung des Patents gemäß § 60 PatG erklärt.

Die Einsprechende beantragt, das Restpatent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin tritt dem Vorbringen der Einsprechenden in allen Punkten entgegen und beantragt, das Restpatent unter Abänderung der Bezeichnung in "Farbensteuerungsverfahren für den Offsetdruck" beschränkt aufrechtzuerhalten auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 12 und der Beschreibung Seiten 2 bis 7, jeweils überreicht in der mündlichen Verhandlung, sowie Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Die dem Antrag zugrunde liegenden Patentansprüche 1 bis 12 lauten:

"1. Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck, bei welchem ein erster Farbraum mittels einer Transformationstabelle in einen zweiten Farbraum transformiert wird, wobei eine Vorlage Farbvalenzen des ersten Farbraums umfasst und die Farbtöne der Druckfarben Skalenfarben des zweiten Farbraums sind, bei dem die Transformationstabelle so bestimmt ist, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums derart mit der optischen Dichte der Skalenfarben korreliert ist, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei Erhöhung des Dichteumfangs beim Druck zunimmt und dass sich die Gestalt des zweiten Farbraums bei einer Änderung des Dichteumfangs im wesentlichen nicht ändert, und bei dem ein Satz von Druckfarben, welcher die Farbtöne Gelb (Y), Rot oder Magenta (M), Cyan (C) und Schwarz (K) umfasst und bei welchem der Abstand der optischen Dichte der Druckfarbe mit dem Farbton Schwarz zu der Dichte der Druckfarbe mit dem dichtesten Buntton beim Drukken 0,5 ist, wobei eine Druckfarbe aus einer Mischung von Bindemitteln, von Farbmitteln und von Druckhilfsmitteln hergestellt ist und der Farbmittelanteil in einer Druckfarbe als Pigmentanteil im Bereich zwischen 10 % und 30 % liegt oder im Bereich zwischen 15 % und 40 % liegt, verwendet wird.

2. Farbensteuerungsverfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Abstand der optischen Dichte benachbarter Buntfarben 0,1 ist oder, wenn dieser Abstand größer als 0,1 ist, möglichst dicht bei 0,1 liegt.

3. Farbensteuerungsverfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, dass die optischen Dichte von Schwarz bezogen auf eine Standarddichte mindestens 2,4 ist.

4. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, dass der Dichteumfang im Druck mindestens 2,2 ist.

5. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die optischen Dichte von Schwarz bezogen auf eine Standarddichte 2,4 ist.

6. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, dass die optischen Dichte von Schwarz bezogen auf eine Standarddichte 3,0 ist.

7. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei einem Dichteumfang bis 1,9 im wesentlichen einer Euroskala entspricht.

8. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch gekennzeichnet, dass der erste Farbraum ein R, G, B-Farbraum und der zweite Farbraum ein C, M, Y, K-Farbraum ist.

9. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch gekennzeichnet, dass der Dichteumfang beim Druck durch Einstellung der Dichte der Skalenfarben eingestellt wird.

10. Farbensteuerungsverfahren nach Anspruch 9, dadurch gekennzeichnet, dass eine einheitliche Änderung des Dichteumfangs beim Druck um einen bestimmten Wert durch Änderung der Dichte jeder Skalenfarbe durch jeweils im wesentlichen den gleichen Wert bewirkt wird.

11. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch gekennzeichnet, dass zur Bestimmung der Transformationstabelle von einer vorbekannten Tabelle ausgegangen wird, die Farbraumvalenzen des zweiten Farbraums ausgedruckt und vermessen werden, und iterativ so bestimmte Tabellenwerte modifiziert werden, dass sich der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei Erhöhung des Dichteumfangs erweitert.

12. Farbensteuerungsverfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch gekennzeichnet, dass beim Drucken der Farbton Schwarz als letztes gedruckt wird."

Zu weiteren Einzelheiten des schriftlichen Vorbringens der Beteiligten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II 1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Ziff 1 PatG idF des Gesetzes zur Bereinigung von Kostenregelung auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 Art 7 durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist frist- und formgerecht erhoben und mit Gründen versehen; er ist daher zulässig. Für das von der Patentinhaberin verfolgte Patentbegehren können aber weder die geltend gemachten Widerrufsgründe greifen, noch sind andere Widerrufsgründe ersichtlich.

3. Die Patentansprüche 1 bis 12 sind zulässig.

Anspruch 1 geht inhaltlich auf die ursprünglichen Ansprüche 67, 68, 80, 1, 5 und 38 in Verbindung mit Seite 23 Zeilen 14 bis 11 von unten der ursprünglichen Unterlagen bzw auf die erteilten Patentansprüche 66, 1 und 34 in Verbindung mit Seite 7 Zeilen 19 bis 21 der Streitpatentschrift zurück. Die Patentansprüche 2 bis 12 basieren auf den ursprünglichen Patentansprüchen 69 bis 79 bzw den erteilten Patentansprüchen 68 bis 78, wobei in den Ansprüchen der Rückbezug auf die vorhergehenden Patentansprüche entsprechend angepasst wurde.

4. Die Lehre des Streitpatents ist hinreichend deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann.

Die Kritik der Einsprechenden an der unklaren Bedeutung des Begriffs "optische Dichte" in den Patentansprüchen ohne genaue Angabe des eingesetzten Messverfahrens konnte die Patentinhaberin zur Überzeugung des Senats mit dem Hinweis entkräften, dass für die Durchführung des beanspruchten Farbensteuerungsverfahrens nur die Kenntnis des Abstands der optischen Dichte der Druckfarbe mit dem Farbton Schwarz zu der Dichte der Druckfarbe mit dem dichtesten Buntton beim Drucken notwendig sei und nicht die Kenntnis der absoluten Messwerte der optischen Dichte einzelner Farbtöne. Der Wert des Abstands der optischen Dichte zweier Farbtöne sei jedoch vom verwendeten Messverfahren weitgehend unabhängig.

5. Dem Patent liegt gemäß Abschnitt [0007] nunmehr die Aufgabe zugrunde, ein Farbensteuerungsverfahren zu schaffen, mit welchem sich Dichteumfänge größer als 1,8 erreichen lassen.

Diese Aufgabe wird durch ein Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck mit folgenden Merkmalen gelöst:

1. Ein erster Farbraum wird mittels einer Transformationstabelle in einen zweiten Farbraum transformiert, wobei 1.1. eine Vorlage Farbvalenzen des ersten Farbraums umfasst und die Farbtöne der Druckfarben Skalenfarben des zweiten Farbraums sind und 1.2. wobei die Transformationstabelle so bestimmt ist, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums derart mit der optischen Dichte der Skalenfarben korreliert ist, 1.2.1. dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei Erhöhung des Dichteumfangs beim Druck zunimmt und 1.2.2. dass sich die Gestalt des zweiten Farbraums bei einer Änderung des Dichteumfangs im wesentlichen nicht ändert;

2. der Abstand der optischen Dichte der Druckfarbe mit dem Farbton Schwarz zu der Dichte der Druckfarbe mit dem dichtesten Buntton ist beim Drucken 0,5;

3. es wird ein Satz von Druckfarben verwendet, 3.1 welcher die Farbtöne Gelb (Y), Rot oder Magenta (M), Cyan (C) und Schwarz (K) umfasst, 3.2. bei dem eine Druckfarbe aus einer Mischung von Bindemitteln, von Farbmitteln und von Druckhilfsmitteln hergestellt ist und 3.3 der Farbmittelanteil in einer Druckfarbe als Pigmentanteil im Bereich zwischen 10 % und 30 % oder im Bereich zwischen 15 % und 40 % liegt.

Der für die Lösung dieser Aufgabe zuständige Durchschnittsfachmann ist ein Diplomingenieur der Fachrichtung Drucktechnik, der mit der hochwertigen drucktechnischen Wiedergabe farbiger Vorlagen vertraut ist.

6. Das Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck mit den im geltenden Anspruch 1 definierten Merkmalen ist neu, was in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr bestritten wurde.

Die Entgegenhaltung (2) beschäftigt sich mit den Eigenschaften der Novaspace¨-Druckfarben, einem Satz von Druckfarben mit den Merkmalen 3.1. bis 3.3., beim "fotographischen Druck". Es wird hier beschrieben, wie mit den hochpigmentierten Novaspace¨-Druckfarben die Bildwiedergabe optimiert werden kann. In diesem Dokument findet sich jedoch kein Hinweis, dass der Abstand der optischen Dichte der Druckfarbe mit dem Farbton Schwarz zu der Dichte der Druckfarbe mit dem dichtesten Buntton beim Drucken 0,5 sein muss (Merkmal 2.), um hochwertige Druckerzeugnisse zu erhalten. Gemäß den Tabellen auf Seite 2 oder 3 wird mit einem Abstand der optischen Dichte von 0,3 zwischen den Farbtönen Schwarz und Cyan gearbeitet. In Dokument (2) wird auch nicht erwähnt, dass die Transformationstabelle so bestimmt werden muss, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums derart mit der optischen Dichte der Skalenfarben korreliert ist, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei Erhöhung des Dichteumfangs beim Druck zunimmt und dass sich die Gestalt des zweiten Farbraums bei einer Änderung des Dichteumfangs im wesentlichen nicht ändert (Merkmale 1.2.1. und 1.2.2.). Entgegenhaltung (2) kann somit die Neuheit des Farbensteuerungsverfahrens für den Offset-Druck nach Patentanspruch 1 nicht in Frage stellen.

Entgegenhaltung (3) ist der Praxisbericht über die Produktion eines Kunstposters. Bei Verwendung der NovaSpace¨-Farbenserie wird beim Druck sowohl eine höhere Dichte als auch ein (Seite w6, Abschnitt "Reinere Farbserien") um ca. 30 % erhöhter Farbraum erhalten. Um dieses Ergebnis zu erzielen, wurde eine neue Transformationstabelle ("individuell erstelltes ICC-Profil") aufgestellt. In diesem Dokument findet sich aber kein Hinweis darauf, dass ein besonderer Abstand der optischen Dichte der Druckfarbe mit dem Farbton Schwarz zu der Dichte der Druckfarbe mit dem dichtesten Buntton beim Drucken eingehalten werden muss und dass die Transformationstabelle so bestimmt werden muss, dass der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei Erhöhung des Dichteumfangs beim Druck zunimmt oder dass sich die Gestalt des zweiten Farbraums bei einer Änderung des Dichteumfangs im wesentlichen nicht ändert (Merkmale 2., 1.2.1. und 1.2.2.), um optimale Druckergebnisse zu erhalten.

Bezüglich des beanspruchten Farbensteuerungsverfahrens werden von der Einsprechenden noch die Entgegenhaltungen (4) und (10) für relevant erachtet. In Dokument (4) wird bereits darauf hingewiesen, dass der Farbe Schwarz beim Offset-Druck in Fotoqualität eine wichtige Stellung zukommt, die für die Tiefenwirkung des Bildes maßgeblich ist. Die Farbe Schwarz wird daher mit einer optischen Dichte in Nähe von drei aufgedruckt (S 12 re Sp). Es wird auch erwähnt, dass allein die Verwendung von größeren Volltondichten schon zu einem größeren darstellbaren Farbraum führt (S 13 re Sp). Gemäß Dokument (10) ist die optmale Druckdichte für Novaspace¨-Schwarz auf mattem Kunstdruckpapieren um 0,5 größer als die für den dichtesten Buntton Novaspace¨-Blau. Da auch diesen Dokumenten keine weiteren Hinweise auf das Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck nach Patentanspruch 1 entnommen werden können, stehen sie der Neuheit der patentgemäßen technischen Lehre nicht entgegen.

Die weiteren im Verfahren befindlichen Entgegenhaltungen sowie der im Prüfungsverfahren ermittelte Stand der Technik liegen dem Gegenstand des Streitpatents ferner und können daher die Neuheit des Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck nach Anspruch 1 nicht in Frage stellen. Die im schriftlichen Verfahren vorgetragene offenkundige Vorbenutzung der Patentinhaberin mittels der Druckfarbe ANIVA¨ Euro, wird von der Einsprechenden im Hinblick auf das Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck nach Patentanspruch 1 nicht geltend gemacht.

7. Das beanspruchte Farbensteuerungsverfahren für den Offset-Druck beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Im Streitpatent ist der für das menschliche Auge sichtbare (R,G,B-) Farbraum in Fig 1 bis 4 sowie 6 jeweils durch die schuhsohlenförmigen, äußeren Begrenzungslinien dargestellt. Der druckbare (C,M,Y,K-) Farbraum ist kleiner als der sichtbare Farbraum. In den Fig 1 bis 4 sowie 6 der Patentschrift ist der druckbare Farbraum jeweils durch die innenliegenden Vielecke dargestellt. Beim Druck stellt sich dem hier zuständigen Fachmann immer die Aufgabe, die Farbinformation aus dem sichtbaren Farbraum von der Vorlage auf geeignete Art und Weise mittels einer Transformationstabelle in den druckbaren Farbraum überzuführen, um ein qualitativ hochwertiges Endprodukt zu erhalten (siehe zB die Erläuterung im Streitpatent Seite 6 Abschnitt [0084]). Die Merkmale 1., 1.1. und 1.2. des Anspruchs 1 sind unbestritten die jedem Fachmann bekannte, übliche Vorgehensweise gemäß dem Stand der Technik. Die Merkmale 3., 3.1., 3.2 und 3.3 charakterisieren einen Satz von hochpigmentierten Offset-Druckfarben, die zB aus der Entgegenhaltung (1) bekannt sind.

Einen Hinweis auf das Merkmal 1.2.1. von Anspruch 1 findet der Fachmann in Entgegenhaltung (3). Bei Verwendung der NovaSpace¨-Farbenserie, einem Satz von Druckfarben mit den Merkmalen 3. und 3.1. bis 3.3., wird beim Druck sowohl eine höhere Dichte als auch ein (Seite w6, Abschnitt "Reinere Farbserien") um ca. 30 % erhöhter Farbraum erhalten. Um dieses Ergebnis zu erzielen, wurde eine neue Transformationstabelle ("individuell erstelltes ICC-Profil") aufgestellt. Selbst wenn der Fachmann der Entgegenhaltung (4) noch den Hinweis entnimmt, dass allein die Verwendung von größeren Volltondichten bereits zu einem größeren darstellbaren Farbraum führt ((4) S 13 Mitte re Sp) und gemäß Entgegenhaltung (10) schon ein Abstand von 0,5 zwischen der optischen Dichte der Druckfarbe mit dem Farbton Schwarz und der Dichte der Druckfarbe mit dem dichtesten Buntton (hier Novaspace¨-Blau) beim Drucken gewählt wurde (Merkmal 2.), so wird das patentgemäße Verfahren durch den bisher bekannt gewordenen Stand der Technik dennoch nicht nahegelegt. In keiner Entgegenhaltung findet sich nämlich eine Anregung dahingehend, dass sich die Gestalt des zweiten Farbraums bei einer Änderung des Dichteumfangs im wesentlichen nicht ändern soll (Merkmal 1.2.2.).

Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass nur durch die Summe der erfindungsgemäßen Verfahrenmaßnahmen verhindert werden kann, dass sich bei Erhöhung des Dichteumfangs beim Druck der Farbraum verkleinert. Durch das erfindungsgemäße Verfahren ist es erreichbar, dass Farbtöne im Zusammendruck auch bei zunehmender Dichte nicht verschmutzen. Bei hohem Dichteumfang, also bei hohem Kontrastumfang, lässt sich dadurch ein Farbdruck mit dem Informationsgehalt eines Fotos realisieren. Die Transformationstabelle wird erfindungsgemäß gezielt derart modifiziert, dass sich der Farbraumumfang des zweiten Farbraums bei Erhöhung des Dichteumfangs erhöht, ohne aber dessen Gestalt wesentlich zu ändern (vergleiche Seite 7, Zeilen 19 bis 32 der Patentschrift). Durch das Merkmal 1.2.2. des patentgemäßen Verfahrens lässt sich der Dichteumfang eines Bildes nun gezielt steuern, wobei durch eine Dichteänderung sämtliche Farbtöne betroffen sind. Dadurch ist der Kontrast einheitlich vergrößerbar oder verkleinerbar. Selbst wenn sich bei einem Farbensteuerungsverfahren, das in einer der Entgegenhaltungen verwendet wurde, die Gestalt des zweiten Farbraums bei einer Änderung des Dichteumfangs im wesentlichen zufällig nicht ändern würde (Merkmal 1.2.2.), wofür die Entgegenhaltungen allerdings keinen Anhaltspunkt liefern, so wäre dies unschädlich, da sich aus einem solchen zufälligen und unbewussten Vorgehen die planmäßige Lösung der anmeldungsgemäßen Aufgabe nicht ableiten lässt. Das patentgemäße Verfahren, mit dem sich ein Farbdruck mit dem Informationsgehalt eines Fotos realisieren lässt, ist somit auch durch eine Zusammenschau der Entgegenhaltungen (1), (3), (4) und (10) nicht nahegelegt.

Die Berücksichtigung der weiteren dem Senat vorliegenden Druckschriften führt zu keiner anderen Beurteilung des Sachverhalts.

8. Das Farbensteuerungsverfahren nach dem geltenden Anspruch 1, dessen gewerbliche Anwendbarkeit außer Frage steht, erfüllt somit alle Kriterien der Patentfähigkeit.

Der dem Antrag zugrundeliegende Anspruch 1 hat somit Bestand. Die geltenden Ansprüche 2 bis 12 betreffen besondere Ausführungsformen des Farbensteuerungsverfahrens gemäß Hauptanspruch und sind somit mit diesem rechtsbeständig.

Bei dieser Sachlage war, wie im Tenor angegeben, zu beschließen.

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BPatG:
Beschluss v. 16.05.2003
Az: 14 W (pat) 301/02


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