Bundespatentgericht:
Beschluss vom 27. Juli 2005
Aktenzeichen: 26 W (pat) 89/04

(BPatG: Beschluss v. 27.07.2005, Az.: 26 W (pat) 89/04)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die für die Waren

"Alkoholische Getränke, Schnaps"

eingetragene Marke 303 14 363 Destille Schwarzist Widerspruch erhoben aus der Gemeinschaftsmarke 860 320 die für die Waren

"Biere; Mineralwässer und kohlensäurehaltige Wässer und andere alkoholfreie Getränke; Fruchtgetränke und Fruchtsäfte; Sirupe und andere Präparate für die Zubereitung von Getränken.

Alkoholische Getränke (ausgenommen Biere), insbesondere Spirituosen und Liköre"

registriert ist.

Die Markenstelle für Klasse 33 des Deutschen Patent- und Markenamts hat den Widerspruch zurückgewiesen. Zwar seien die beiderseitigen Waren teilweise identisch, dennoch bestehe auch bei Anlegung strenger Maßstäbe keine Verwechslungsgefahr. Der Bestandteil "Destille" gewährleiste eine sichere Unterscheidung. Es sei nicht zu erwarten, dass die jüngere Marke nur mit dem Bestandteil "Schwarz" wiedergegeben werde. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass dieser Zeichenteil den Gesamteindruck der angegriffenen Marke präge. Vielmehr stünden beide Bestandteile gleichwertig nebeneinander.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Widersprechenden. Da die beiderseitigen Waren der Klasse 33 identisch seien, habe die angegriffenen Marke zur Widerspruchsmarke einen erheblichen Abstand einzuhalten, um eine Verwechslungsgefahr auszuschließen. Den danach erforderlichen Abstand halte sie jedoch nicht ein. Der Markenbestandteil "Destille" habe die Bedeutung "kleiner Ausschank, in dem Branntwein getrunken werden könne" oder "Branntweinbrennerei". Dieser Begriff sei, wenngleich veraltet, ohne weiteres geläufig und werde noch als Bezeichnung für eine "Brennerei" verwendet. Mithin sei dieser Bestandteil aufgrund seines beschreibenden Charakters sehr kennzeichnungsschwach, so dass ihm auch kein prägender Einfluss auf den Gesamteindruck der jüngeren Marke zukommen könne. Verbraucher, denen der Begriff "Destille" als Marke auf einem Produkt begegne, würden in diesem Fall ohne weiteres davon ausgehen, dass damit beschreibend auf die Herstellungsstätte hingewiesen werde. Im übrigen verfüge der Widersprechende über zahlreiche weitere Marken mit dem Bestandteil "Schwarze". Eine Schwächung der Widerspruchsmarke durch eigene Drittmarken sei ausgeschlossen. Demgemäss begehrt er die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Er regt die Zulassung der Rechtsbeschwerde an.

Die Inhaberin der angegriffenen Marke tritt der Beschwerde entgegen. Von einer Prägung der angegriffenen Marke durch den Bestandteil "Schwarz" könne nicht ausgegangen werden, denn die Bezeichnung "schwarz"/"schwarze" werde im Zusammenhang mit alkoholischen Getränken vielfach beschreibend verwendet. Es existierten für die in Rede stehenden Waren eine Reihe weiterer ähnlicher Marken mit dem Bestandteil "schwarz". Der Verkehr berücksichtige deshalb besonders den weiteren, dominant am Markenanfang stehenden Bestandteil "Destille", der - entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers - für die angemeldeten Waren kennzeichnungsstark sei. Dieses veraltete Wort werde kaum noch als Begriff für "Branntweinbrennerei" verwendet. Als Produktbezeichnung sei "Destille" absolut ungewöhnlich und phantasievoll. Dieser Markenbestandteil dürfe deshalb bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr nicht unberücksichtigt bleiben. Beim Kauf von Spirituosen sei der Verkehr ohnehin besonders aufmerksam.

II.

Die zulässige Beschwerde erweist sich in der Sache als unbegründet. Zwischen der angegriffenen Marke 303 14 363 und der GM-Marke 860 320 besteht auch nach Auffassung des Senats keine Verwechslungsgefahr iSd § 9 Abs 1 Nr. 2 MarkenG.

Die Gefahr markenrechtlich erheblicher Verwechslungen ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (EuGH GRUR 1998, 387 - Sabèl/Puma). Dabei besteht eine Wechselwirkung zwischen den in Betracht kommenden Faktoren, insbesondere der Ähnlichkeit der Marken und der damit gekennzeichneten Waren sowie der Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke (EuGH GRUR 1998, 922 - Canon).

Bei der Beurteilung der Warenähnlichkeit ist im vorliegenden Fall von (teilweiser) Warenidentität auszugehen, denn beide Kennzeichnungen sind ua für "alkoholische Getränke" bestimmt. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke wird als durchschnittlich angenommen. Soweit die Inhaber der angegriffenen Marke die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke durch vielfältige beschreibende Benutzung von "schwarz" und "schwarze" für alkoholische Getränke vermindert sehen, mag dies nach den von ihnen eingereichten Unterlagen für "Biere" zutreffen, für "Spirituosen" der Klasse 33 liegen hierfür jedoch keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Ebenso wenig sind die von ihnen angeführten "Drittmarken" mit dem Bestandteil "Schwarz(e)" geeignet, die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke zu schwächen, da über eine Benutzung dieser Marken keine Erkenntnisse vorliegen (vgl. Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl. § 9 Rdnr 315 f.).

Selbst wenn danach an den Abstand der sich gegenüberstehenden Kennzeichnungen überdurchschnittliche Anforderungen zu stellen sind, werden diese von der angegriffenen Marke gewahrt.

In ihrer Gesamtheit unterscheiden sich die Vergleichsmarken "Destille Schwarz" und "Schwarze" klanglich und schriftbildlich deutlich. Wie bereits die Markenstelle zutreffend ausgeführt hat, könnte im vorliegenden Fall eine Verwechslungsgefahr nur dann angenommen werden, wenn der Gesamteindruck der angegriffenen Marke von dem Wortbestandteil "Schwarz" geprägt würde. Dies würde voraussetzen, dass der weitere Markenteil (hier "Destille") für die angesprochenen Verkehrskreise in einer Weise zurücktreten würde, dass er für den Gesamteindruck vernachlässigt werden könnte bzw. dem Bestandteil "Schwarz" eine so eigenständig kennzeichnende und insgesamt dominierende Bedeutung zukommt, dass darin der markenmäßige Schwerpunkt des Gesamtzeichens gesehen wird. Für diesen Ausnahmetatbestand müssen besondere Gründe vorliegen. Im Einzelfall kann auch eine für sich gesehen beschreibende Angabe iVm einem weiteren Bestandteil wesentlich zur besonderen Identifizierung der Gesamtmarke beitragen (vgl. dazu BGH GRUR 2000, 223 - RAUSCH/ELFI RAUCH; Ströbele/Hacker MarkenG, 7. Aufl. § 9 Rdnr. 374, 378, 381). Von einem maßgeblichen Zurücktreten des Bestandteils "Destille" kann jedoch nicht ausgegangen werden: Es trifft zwar zu, dass mit "Destille" eine (kleine) "Gastwirtschaft, in der Branntwein ausgeschenkt wird" oder eine "(Branntwein-) Brennerei" bezeichnet wird. Damit kann der angesprochene Verkehr diesen Zeichenteil als Hinweis auf die Herstellungsstätte der betreffenden Spirituosen auffassen. Derartige beschreibende Markenteile vermögen sich jedoch mit den weiteren Angaben (hier: Schwarz) zu einem zusammengehörigen betrieblichen Herkunftshinweis zu verbinden, wenn eine für sich gesehen beschreibende Angabe in Verbindung mit einem weiteren Bestandteil wesentlich zur besonderen Identifizierung und Einprägsamkeit der Gesamtmarke beträgt (vgl. Ströbele/Hacker aaO § 9 Rndr. 409). Für eine derartige Verbindung spricht hier, dass es sich bei dem Begriff "Destille" um einen doppeldeutigen, nur noch selten verwendeten Ausdruck handelt. Er besitzt zwar einen beschreibenden Anklang, indem er - auch - auf eine "Brennerei" hinweist, er trägt aber nicht zuletzt durch seinen veralteten Charakter wesentlich zur Identifizierung und Einprägsamkeit der angegriffenen Marke "Destille Schwarz" bei, deren häufiger Familiename "Schwarz" für sich eher kennzeichnungsschwach ist.

Soweit der Widersprechende darauf verweist, dass er über zahlreiche Marken mit dem Bestandteil "Schwarze" verfüge, vermag dieser Hinweis eine etwaige assoziative Verwechslungsgefahr ebenfalls nicht zu begründen. Es fehlen jegliche Angaben zu Art und zur etwaigen Benutzung dieser Zeichen. Mithin kann nicht von der Existenz einer Zeichenserie ausgegangen werden (vgl. dazu Ströbele/Hacker aaO § 9 Rdnr. 474).

Der Beschwerde musste deshalb der Erfolg versagt werden.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde gemäß § 82 Abs 2 MarkenG lagen nicht vor.

Für eine Kostenauferlegung aus Billigkeitsgründen gemäß § 71 Abs 1 MarkenG bestand kein Anlass.

Albert Friehe-Wich Kraft Bb






BPatG:
Beschluss v. 27.07.2005
Az: 26 W (pat) 89/04


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