Bundespatentgericht:
Urteil vom 18. März 2004
Aktenzeichen: 2 Ni 12/03

(BPatG: Urteil v. 18.03.2004, Az.: 2 Ni 12/03)

Tenor

1. Das europäische Patent 0 858 722 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

3. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Beklagte ist eingetragener Inhaber des am 18. Oktober 1996 unter Inanspruchnahme der Priorität der deutschen Patentanmeldung 19540408 vom 30. Oktober 1995 angemeldeten, mit Wirkung auch für die Bundesrepublik Deutschland erteilten europäischen Patents 0 858 722 (Streitpatent), das ein Kochsystem betrifft und vom Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nummer 596 05 518 geführt wird.

Das Patent umfasst 10 Patentansprüche, die in der Verfahrenssprache Deutsch folgenden Wortlaut haben:

"1. Kochsystem, bestehend aus einem Kochfeld mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche (1) und einem darauf stehenden, durch die Kochfläche (1) hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr (5), dessen Boden temperaturgeregelt ist, gekennzeichnet durch Mittel, die die Temperatur des Kochgeschirrbodens elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche (1) hindurch abgefragen und zur thermostatischen Regelung durch Steuerung der Kochleistung einsetzen.

2. Kochsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kochgeschirrboden (7) aus ferromagnetischem Material mit definiertem spezifischem Widerstand und definiertem Temperaturkoeffizienten des spezifischen Widerstands besteht, und durch Mittel, durch die der elektrische Widerstand des Kochgeschirrbodens (7) als Dämpfung einer unter der Kochfläche (1) angeordneten, mit Solltemperatureinstellung ausgestatteten Sende-Einrichtung (10) durch eine dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordnete Antenne (8) gemessen und als Mass für die Temperatur des Kochgeschirrbodens (1) ausgewertet wird.

3. Kochsystem nach Anspruch 2, gekennzeichnet durch einen dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordneten, nach oben offenen, ferromagnetischen, elektrisch nicht leitenden Kern (9), in den die Antenne (8) eingebettet ist, wobei der Kochgeschirrboden (7) den magnetischen Fluss des Kerns (9) durch die quasi als Luftspalt wirkende Kochfläche (1) hindurch schliesst.

4. Kochsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass in einer Aussparung (12) im Zentrum des Kochgeschirrbodens (6), (11), als Temperaturfühler ein elektrischer Schwingkreis (13), (14), und unter der Kochfläche (1) eine Sende/Empfangs-Einrichtung (15) mit Solltemperatur-Einstellung angeordnet ist, deren Antenne (16) sich dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) befindet, und dass die Kapazität des Kondensators (13) oder die Induktivität der Spule (14) des elektrischen Schwingkreises (13), (14), von der Temperatur abhängt oder seine Dämpfung durch einen temperaturabhängigen Widerstand bewirkt wird.

5. Kochsystem nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch Mittel, durch die das Resonanzsignal des Temperaturfühlers im Kochgeschirrboden auch zur Kochgeschirrerkennung, d.h. zur gänzlichen Abschaltung der Kochleistung der betreffenden Kochstelle bei Unterschreiten eines bestimmten Resonanzsignal-Pegels eingesetzt wird.

6. Kochsystem nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch Mittel, durch die das Resonanzsignal des Temperaturfühlers im Kochgeschirrboden bei Überschreiten eines bestimmten Pegels die selbsttätige Umschaltung der betreffenden Kochstelle von Normalbetrieb auf Thermostatbetrieb bewirkt.

7. Kochsystem nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass der Kochgeschirrboden (17) aus ferromagnetischem Material mit definierter Permeabilität und definiertem Temperaturkoeffizienten der Permeabilität besteht, dass vorwiegend die Permeabilität des Kochgeschirrbodens (17) die Induktivitäten von bzw. die elektromagnetische Kopplung zwischen zwei dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordneten, an eine mit Solltemperatureinstellung ausgestattete Sende/Empfangs-Einrichtung (18) angeschlossenen Antenne (19) oder (20) beeinflusst, und dass in der Sende/Empfangs-Einrichtung (18) dies gemessen und als Mass für die Temperatur des Kochgeschirrbodens (17) ausgewertet wird.

8. Kochsystem nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizspirale (21) des Kochheizkörpers (3) aus nicht ferromagnetischem Widerstandsmaterial besteht, dass die äussere Schale (22) des Kochheizkörpers (3) ebenfalls aus nicht ferromagnetischem Material mit temperaturunabhängigem Widerstand besteht, und dass diese Schale (22) im Zentrum zur Aufnahme der Antenne (n) (20) eine Ausstülpung (23) nach oben mit Wärmeisolation (24) aufweist.

9. Kochsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass einer einzigen Sende/Empfangs-Einrichtung mehrere Antennen für verschiedene Kochstellen eines Kochfeldes zugeordnet sind, die periodisch nacheinander abgefragt werden.

10. Kochsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Kalibriereinrichtung, bei deren Betätigung die thermostatische Regelung derart in Funktion gesetzt wird, dass die Temperatur von diesem Moment an konstant gehalten wird, wobei diese Kalibriereinrichtung vorzugsweise am Siedepunkt und vollautomatisch betätigt wird."

Mit ihrer Nichtigkeitsklage macht die Klägerin geltend, der Gegenstand des Streitpatents sei gegenüber dem Stand der Technik nicht patentfähig. Er sei nicht neu, beruhe aber jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Sie beruft sich hierzu insbesondere auf folgende vorveröffentlichte Druckschriften:

US 3 781 506 (Ketchum et al.) - D1 DE 44 13 979 A1 - D2 DE 94 06 686.8 U1 - D3 EP 0 621 739 A2 DE 38 36 099 A1 WO - A - 91/12503 - R5 WO - A - 94/29779 - R10 und (zur Klärung von Fachbegriffen) auf die nachveröffentlichte DE 197 57 360 A1 Die Klägerin beantragt, das europäische Patent 0 858 722 mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland für nichtig zu erklären.

Der Beklagte legt geänderte Patentansprüche 1 bis 10 vor und beantragt, die Klage, soweit sie sich gegen das beschränkt verteidigte Patent richtet, abzuweisen.

Die geänderten Ansprüche 1 bis 10 gemäß Anlage B1 zum Schriftsatz vom 3. März 2003 unter Berücksichtigung der in der Verhandlung vorgenommenen Veränderungen (vgl Protokoll) haben folgenden Wortlaut (Gliederungspunkte hinzugefügt):

"1. Kochsystem, bestehend aus 1.1 einem Kochfeld mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche (1) und einem darauf stehenden, durch die Kochfläche (1) hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr (5), 1.2 dessen Boden temperaturgeregelt ist, 1.3 mit Mitteln, die die Temperatur des Kochgeschirrbodens elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche (1) hindurch abfragen und 1.4 zur thermostatischen Regelung durch Steuerung der Kochleistung einsetzen, 1.5 dadurch gekennzeichnet, dass der Kochgeschirrboden (7) aus ferromagnetischem Material mit definiertem spezifischen Widerstand und definiertem Temperaturkoeffizienten des spezifischen Widerstands besteht, und 1.6 durch Mittel, durch die der elektrische Widerstand des Kochgeschirrbodens (7) als Dämpfung einer unter der Kochfläche (1) angeordneten, mit einer Solltemperatur-Einstellung ausgestatteten Sende-Einrichtung (10) durch eine dicht unter der Kochfläche (1) angeordnete Antenne (8) gemessen und 1.7 als Mass für die Temperatur des Kochgeschirrbodens (1) ausgewertet wird.

2. Kochsystem nach Anspruch 1, wobei 2.1 die Antenne (8) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordnet ist und 2.2 die Wicklung der Antenne (8) aus Material mit gegenüber dem Kochgeschirrboden (7) kleinem Temperaturkoeffizienten des elektrischen Widerstands besteht.

3. Kochsystem nach Anspruch 2, gekennzeichnet durch 3.1 einen dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordneten, 3.2 nach oben offenen, ferromagnetischen, elektrisch nicht leitenden Kern (9), in den die Antenne (8) eingebettet ist, 3.3 wobei der Kochgeschirrboden (7) den magnetischen Fluss des Kerns (9) durch die quasi als Luftspalt wirkende Kochfläche (1) hindurch schliesst.

4. Kochsystem, bestehend aus 4.1 einem Kochfeld mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche (1) und einem darauf stehenden, durch die Kochfläche (1) hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr (5), 4.2 dessen Boden temperaturgeregelt ist, 4.3 mit Mitteln, die die Temperatur des Kochgeschirrbodens elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche (1) hindurch abfragen und 4.4 zur thermostatischen Regelung durch Steuerung der Kochleistung einsetzen, 4.5 dadurch gekennzeichnet, dass in einer Aussparung (12) im Zentrum des Kochgeschirrbodens (6, 11)

4.6 als Temperaturfühler ein elektrischer Schwingkreis (13, 14) und 4.7 unter der Kochfläche (1) eine Sende/Empfangs-Einrichtung (15) mit Solltemperatur-Einstellung angeordnet ist, 4.8 deren Antenne (16) sich dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) befindet, 4.9 und dass die Kapazität des Kondensators (13) oder die Induktivität der Spule (14) des elektrischen Schwingkreises (13, 14), von der Temperatur abhängt oder seine Dämpfung durch einen temperaturabhängigen Widerstand bewirkt wird.

5. Kochsystem nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch Mittel, durch die das Resonanzsignal des Temperaturfühlers im Kochgeschirrboden auch zur Kochgeschirrerkennung, d.h. zur gänzlichen Abschaltung der Kochleistung der betreffenden Kochstelle bei Unterschreiten eines bestimmten Resonanzsignal-Pegels eingesetzt wird.

6. Kochsystem nach Anspruch 4, gekennzeichnet durch Mittel, durch die das Resonanzsignal des Temperaturfühlers im Kochgeschirrboden bei Überschreiten eines bestimmten Pegels die selbsttätige Umschaltung der betreffenden Kochstelle von Normalbetrieb auf Thermostatbetrieb bewirkt.

7. Kochsystem, bestehend aus 7.1 einem Kochfeld mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche (1) und einem darauf stehenden, durch die Kochfläche (1) hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr (5), 7.2 dessen Boden temperaturgeregelt ist, 7.3 mit Mitteln, die die Temperatur des Kochgeschirrbodens elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche (1) hindurch abfragen und 7.4 zur thermostatischen Regelung durch Steuerung der Kochleistung einsetzen, 7.5 dadurch gekennzeichnet, dass der Kochgeschirrboden (7) aus ferromagnetischem Material mit definierter Permeabilität und definiertem Temperaturkoeffizienten des Permeabilität besteht, 7.6 dass vorwiegend die Permeabilität des Kochgeschirrbodens (17) die Induktivitäten von bzw. die elektromagnetische Kopplung zwischen zwei dicht unter der Kochfläche (1) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordneten, an eine mit Solltemperatur-Einstellung ausgestatteten Sende-/Empfangseinrichtung (18) angeschlossene Antennen (19, 20) beeinflusst, 7.7 und dass in der Sende-Empfangseinrichtung (18) dies gemessen und als Mass für die Temperatur des Kochgeschirrbodens (17) ausgewertet wird.

8. Kochsystem nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet, dass die Heizspirale (21) des Kochheizkörpers (3) aus nicht ferromagnetischem Widerstandsmaterial besteht, dass die äußere Schale (22) des Kochheizkörpers (3) ebenfalls aus nicht ferromagnetischem Material mit temperaturunabhängigem Widerstand besteht, und dass diese Schale (22) im Zentrum zur Aufnahme der Antenne(n) (20) eine Ausstülpung (23) nach oben mit Wärmeisolation (24) aufweist.

9. Kochsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass einer einzigen Sende-/Empfangseinrichtung mehrere Antennen für verschiedene Kochstellen eines Kochfeldes zugeordnet sind, die periodisch nacheinander abgefragt werden.

10. Kochsystem nach einem der vorhergehenden Ansprüche, gekennzeichnet durch eine Kalibriereinrichtung, bei deren Betätigung die thermostatische Regelung derart in Funktion gesetzt wird, dass die Temperatur von diesem Moment an konstant gehalten wird, wobei diese Kalibriereinrichtung vorzugsweise am Siedepunkt und vollautomatisch betätigt wird."

Hilfsweise verteidigt der Beklagte die Ansprüche 1 und 2 des Streitpatents gemäß dem in der Verhandlung überreichten Hilfsantrag, wobei die Rückbezüge in den weiter verteidigten Ansprüchen 3, 9 und 10 in Ansehung der Ansprüche 1 und 2 auf diese in der Fassung des überreichten Hilfsantrags erfolgen sollen.

Die Patentansprüche 1 und 2 gemäß Hilfsantrag haben folgenden Wortlaut:

"1. Kochsystem, bestehend aus einem Kochfeld mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche (1) und einem darauf stehenden, mittels eines Kochheizkörpers (3) durch die Kochfläche (1) hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr, dessen Boden temperaturgeregelt ist, mit Mitteln, die die Temperatur des Kochgeschirrbodens elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche (1) hindurch abfragen und zur thermostatischen Regelung durch Steuerung der Kochleistung einsetzen, dadurch gekennzeichnet, dass der Kochgeschirrboden (7) aus ferromagnetischem Material mit definiertem spezifischen Widerstand und definiertem Temperaturkoeffizienten des spezifischen Widerstands besteht, und durch Mittel, durch die der elektrische Widerstand des Kochgeschirrbodens (7) als Dämpfung einer unter der Kochfläche (1) angeordneten Sendeeinrichtung (10) durch eine dicht unter der Kochfläche (1) angeordnete Antenne (8), die von der Sendeeinrichtung mit einer von der Betriebsfrequenz des Kochheizkörpers (3) verschiedenen Messfrequenz gespeist wird, gemessen und als Mass für die Temperatur des Kochgeschirrbodens (1) ausgewertet wird, wobei die Sendeeinrichtung (10) mit einer Solltemperatur-Einstellung ausgestattet, und auf den spezifischen Widerstand des Kochgeschirrbodens und dessen Temperaturkoeffizienten abgestimmt ist.

2. Kochsystem nach Anspruch 1, wobei die Antenne (8) zentrisch zum Kochheizkörper (3) angeordnet ist, und die Wicklung der Antenne (8) aus Material mit verschwindendem Temperaturkoeffizienten des elektrischen Widerstands (z.B. aus Konstantan) besteht."

Die Klägerin hält ihren Klageantrag auch gegenüber den geänderten Fassungen der Patentansprüche aufrecht, wobei sie die vorgenommenen Änderungen für unzulässig erachtet, weil durch sie eine unzulässige Erweiterung des Patentgegenstandes bewirkt würde bzw. nach Hilfsantrag eine ausführbare technische Lehre fehle.

Der Beklagte tritt den Ausführungen der Klägerin in allen Punkten entgegen und hält das Streitpatent in seiner beschränkten Fassung für patentfähig. Zur Unterstützung seines Vorbringens bezieht er sich insbesondere auf folgende Unterlagen:

B3 Schreiben E.G.O. 1997-06-03 an Bekl.

B4 Prospekt INDUCS "Multi - Line"

B5 DE 100 58 670 A1 B6 DE 100 58 671 A1 B7 Prospekt INDUCS "Griddle - Line"

B8 Recherchenbericht PCT/DE 96/81990 (Absendung 23. April 1997)

B9 Schreiben Bekl. 11. November 2002 an RA Dr. L...

Gründe

Die Klage, mit der der in Artikel II § 6 Absatz 1 Nr. 1 IntPatÜG, Artikel 138 Absatz 1 lit a EPÜ iVm Artikel 54 Absatz 1, 2 und Artikel 56 EPÜ vorgesehene Nichtigkeitsgrund der mangelnden Patentfähigkeit geltend gemacht wird, ist zulässig und begründet.

I Das Streitpatent ist ohne Sachprüfung insoweit für nichtig zu erklären, als es über die vom Beklagten nur noch beschränkt verteidigte Fassung hinausgeht (vgl Benkard, PatG 9. Aufl, § 22 Rn 33 mit Rechtsprechungsnachweisen). Entgegen der Auffassung der Klägerin stellt die gemäß Hauptantrag vorgenommene Änderung der Patentansprüche - einschließlich der beanstandeten nur teilweisen Übernahme von Merkmalen aus dem erteilten Anspruch 2 in den Anspruch 1 - auch eine zulässige Beschränkung dar.

Die von dem Beklagten in Anspruch 1, 2, 4 und 7 aufgenommenen Merkmale schränken deren Schutzbereich eindeutig ein, bzw. dienen lediglich der Formulierung der Ansprüche 4 und 7 als selbstständige Ansprüche durch Übernahme der Merkmale aus dem erteilten Anspruch 1. Von der - unstreitigen - ursprünglichen Offenbarung der neu eingefügten Merkmale hat sich der Senat überzeugt.

Der Patentinhaber ist nicht genötigt, Merkmale eines Ausführungsbeispiels, die der Aufgabenlösung förderlich sind, insgesamt in den Patentanspruch einzufügen (BGH GRUR 1990, 432, "Spleißkammer"). Das als fehlend beanstandete Merkmal "Solltemperatureinstellung" wurde aus dem Patentanspruch 2 in den Patentanspruch 1 übernommen. Die Merkmale "dicht unter Kochfläche" (in den Patentanspruch 1 übernommen) und "zentrisch zum Kochheizkörper angeordnet" (im Patentanspruch 2 verblieben), betreffen zwar beide die Position der Antenne, aber das zweite Merkmal betrifft die konstruktive Gestaltung der Antenne als eigenes von dem Heizkörper getrenntes Bauteil (s. u. Punkt 2 und 4.3). Der Fachmann kann diese Merkmale als eigenständig und getrennt zu verwirklichen erkennen. Einen technologischen Zusammenhang, der hier willkürlich auseinandergerissen würde, so dass ein neuer, so nicht offenbarter Gegenstand unter Schutz gestellt würde, vermag der Senat nicht zu erkennen.

II Die Gegenstände der Patentansprüche sind - soweit sie in zulässiger Weise verteidigt werden - aber nicht patentfähig, weil ihnen entweder die Neuheit gegenüber dem Stand der Technik oder die erfinderische Tätigkeit fehlt.

1. Patentgegenstand Das Streitpatent betrifft ein Kochsystem.

Bei Kochsystemen mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche, sog. "Ceranfeldern", bereitet es Schwierigkeiten, die Temperatur des Kochgeschirrs oder des Kochguts zu erfassen. Versuche mit Temperaturfühlern im oder am Kochtopf erweisen sich als problematisch, da entweder die Kochfläche durchbrochen werden muss, oder eine Messelektronik mit Sender im Kochgeschirr angeordnet werden muss, was Probleme hinsichtlich der Stromversorgung, Temperaturfestigkeit der Elektronik, und der Handhabbarkeit aufwirft.

Aufgabe der Erfindung ist es daher, ohne Temperaturregler auf der Kochfläche auszukommen (Patentschrift, Abs 0004).

Zur Lösung dieser Aufgabe soll nach Anspruch 1 insbesondere der Kochgeschirrboden (7) aus ferromagnetischem Material mit definiertem spezifischen Widerstand und definiertem Temperaturkoeffizienten des spezifischen Widerstands bestehen, wobei der elektrische Widerstand als Dämpfung durch eine dicht unter der Kochfläche (1) angeordnete Antenne (8) gemessen und als Maß für die Temperatur des Kochgeschirrbodens (1) ausgewertet wird.

Nach Anspruch 7 soll mit den darin angegebenen Mitteln statt des spezifischen Widerstands die definierte temperaturabhängige Permeabilität, nach Anspruch 4 sollen mit den darin angegebenen Mitteln die spezifischen, temperaturabhängigen Kennwerte eines im Topfboden eingesetzten Schwingkreises gemessen werden.

Die Messelektronik selbst und ihre Arbeitsweise sind im Patent nicht beschrieben.

Dabei ist zu beachten, dass der temperaturabhängige spezifische Widerstand, Permeabilität und die Kennwerte des Schwingkreises nicht direkt messbar sind. Messbar sind nur der Strom oder die Spannung der Antenne oder die daraus ableitbaren Größen wie Frequenz, Phasenwinkel, Zeitkonstanten im Strom- oder Spannungsverlauf und ähnliche Größen. Ist der Zusammenhang zwischen der jeweiligen Messgröße und der Temperatur hergestellt und in der Elektronik berücksichtigt, so ist die Kenntnis des temperaturabhängigen spezifischen Widerstands oder der Permeabilität nicht mehr nötig und braucht auch in der Elektronik nicht abgespeichert zu werden. Eine Unterscheidung zwischen Widerstands- (Anspruch 1) und Permeabilitätserfassung (Anspruch 7) lässt sich dann auch gar nicht mehr feststellen, weil sich regelmäßig beide Größen temperaturabhängig ändern und die eigentliche Messgröße beeinflussen.

2. Fachmann Will der Fachmann, ein Diplomingenieur (Universität) der Fachrichtung Elektrotechnik mit Berufserfahrung in der Kochtechnik und der Regelungstechnik, das patentgemäße Kochsystem ausführen, so muss er über Qualifikationen und Kenntnisse verfügen, die ihm erlauben, aus der Angabe der physikalischen Zusammenhänge - temperaturabhängiger spezifischer Widerstand bewirkt eine Dämpfungsänderung in der Sendeeinrichtung - die zugehörige Messelektronik zu entwerfen. Er muss auch eine geeignete Messgröße finden, die möglichst empfindlich auf Temperaturänderungen des Kochgeschirrbodens reagiert, Störgrößen gegenüber aber unempfindlich ist. Des weiteren muss er die günstigste Messmethode (zB hochohmig/niederohmig) und die Verarbeitung der Messgrößen (analog, digital, Filterungen, usw) festlegen. Er muss die Elektronik dimensionieren, wozu er Daten über den zu messenden physikalischen Prozess braucht. Schließlich - wenn die Struktur der Messapparatur soweit klar ist - muss er abschätzen, welche Störeinflüsse am größten sind, und sich um deren Beseitigung, Minimierung oder Kompensation kümmern. Bei all dem ergibt sich eine große Zahl von Möglichkeiten, die er testen und bewerten muss, um eine brauchbare Lösung herauszufinden.

All das ist hier dem Bereich fachmännischen Handelns zuzurechnen; sonst wäre das patentgemäße Kochsystem in der Patentschrift nicht ausführbar offenbart.

3. Zum Verständnis der Ansprüche entnimmt der Fachmann aus der Patentschrift nach Auffassung des Senats die folgenden Begriffsdefinitionen:

Mit einem "definierten" spezifischen Widerstand, bzw. einer "definierten" Permeabilität wird die Tatsache charakterisiert, dass er/sie eindeutig feststellbar, ist also Werkstoffkonstanten sind (und nicht zum Beispiel zeitlich oder örtlich unvorhersehbar schwanken). Der Beklagte hat zwar zutreffend festgestellt, dass dies für alle hier in Frage kommenden Materialien gilt. Daraus folgt aber nur, dass "definiert" insoweit als Überbestimmung angesehen werden kann. Eine darüber hinausgehende Bedeutung, insbesondere die von dem Klagegegner unterstellte Anpassung der Werkstoffkonstanten an die Messelektronik ("Sendeeinrichtung") kann diesem Begriff aber im Licht der Streitpatentschrift nicht zuerkannt werden.

"Antenne" ist ein elektrischer Leiter, z.B. in Spulenform, der elektromagnetische Felder erzeugt oder darauf reagiert, wobei stets sowohl Energie als auch Information gesendet bzw. empfangen werden. Eine Unterscheidung ist nur quantitativ (Leistungsniveau) und anhand der Verwertung der gesendeten/empfangenen Energie und/oder Information möglich, nicht aber hinsichtlich des Charakters der "Antenne".

"Sendeeinrichtung" steht für die gesamte Elektronik, also für den eigentlichen Sender und auch für die Mess- und Regelelektronik einschließlich der Solltemperatur-Einstellung.

"Dicht" unter der Kochfläche kennzeichnet einen Abstand, in dem die Antenne ausreichend mit dem Kochgeschirrboden elektromagnetisch gekoppelt ist.

"Zentrisch" (Anspruch 2) ist im Sinne von konzentrisch zum Heizkörper, außenliegend (Fig 3) oder innenliegend (Fig 4) zu verstehen. Das umfasst als notwendige Voraussetzung die Ausführung der Antenne als eigenes, vom Heizkörper getrenntes Bauteil.

Unter einem "gegenüber dem Kochgeschirrboden kleinem Temperaturkoeffizienten" (Anspr 2) wird - dem Vortrag der Beklagten folgend - vom Fachmann ein um mindestens eine Zehnerpotenz niedrigerer Temperaturkoeffizient verstanden.

Unter "Kopplung" (Anspr 7) wird die auch als "Gegeninduktivität" bezeichnete, von einer auf die andere Antenne wirkende Induktivität verstanden, die von der Permeabilität im magnetischen Kreis in vergleichbarer Weise wie die Hauptinduktivitäten der Antennen beeinflusst wird.

4. Patentfähigkeit 4.1 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 1 nach Hauptantrag ist nicht neu.

Die US 3 781 506 zeigt ein Kochsystem entsprechend Merkmal 1.1 des Patentanspruchs 1 nach Hauptantrag, bestehend aus einem Kochfeld mit einer Kochfläche 16 und einem darauf stehenden, durch die Kochfläche hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr 17 (Fig 1 iVm Sp 3, Z 53 bis 63), wobei die Kochfläche für elektromagnetische Felder durchlässig sein muss, denn die Heizung erfolgt durch Induktion mit elektromagnetischen Feldern (Titel).

Um die Temperatur des Geschirrbodens drahtlos ohne Loch in der Kochfläche (Sp 4, Z 5 + 6) abfragen zu können, wird die Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstands (dargestellt in Fig 5) oder der Permeabilität (dargestellt in Fig 6), ausgenutzt und die Spannung und/oder der Strom der Antenne (Induktionsspule 15) gemessen und bezüglich des spezifischen Widerstands und der Dämpfung ausgewertet (Sp 7, Z 15 bis 23; Sp 9, Z 18 bis 28).

Damit lässt sich (entsprechend Merkmal 1.3), die Temperatur des Kochgeschirrbodens elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche 16 hindurch abfragen und (entsprechend Merkmal 1.4) zur thermostatischen Regelung durch Steuerung der Kochleistung einsetzen (Sp 9 Z 28 bis 38), womit (entsprechend Merkmal 1.2) der Boden des Kochgeschirrs temperaturgeregelt ist.

Auch dort besteht der Kochgeschirrboden (entsprechend Merkmal 1.5) aus ferromagnetischem Material mit "definiertem" spezifischen Widerstand und "definiertem" Temperaturkoeffizienten des spezifischen Widerstands (Sp 7 Z 53 bis Sp 8, Z 3 iVm Fig 5 und 6). Damit wird auch der elektrische Widerstand des Kochgeschirrbodens (entsprechend Merkmal 1.6) als Dämpfung einer unter der Kochfläche angeordneten, mit einer Solltemperatur-Einstellung 21, 41 ausgestatteten Sende-Einrichtung 14 (Fig 1 und 2 und Sp 3 Z 39 bis 44) durch eine selbstverständlich dicht (nämlich für die nötige Kopplung ausreichend) unter der Kochfläche angeordnete Antenne 15 gemessen und als Maß für die Temperatur des Kochgeschirrbodens ausgewertet (Merkmal 1.7).

Das Kochsystem nach der US 3 781 506 weist somit alle Merkmale des Patentanspruchs 1 auf.

Dass dabei die Antenne 15 als Heizspule auch die Heizleistung transportiert, ist unbeachtlich, da das auch nach Patentanspruch 1 nicht ausgeschlossen ist.

Die Interpretation des Beklagten für den Begriff "definierter Widerstand" würde an der Beurteilung nichts ändern, denn auch bei dem Kochsystem nach der US 3 781 506 muss die Sendeeinrichtung auf die Widerstandscharakteristik des Topfbodens abgestimmt sein, damit sie funktioniert. Dabei versteht es sich von selbst, dass eine Anpassung der Materialwerte für möglichst große Änderungen auch bessere Mess- und Regelergebnisse erbringt.

4.2 Der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag ist unzulässig erweitert.

Nach Art. 123(2) EPÜ darf ein europäisches Patent nicht in der Weise geändert werden, dass sein Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der ursprünglich eingereichten Fassung hinausgeht.

Der Beklagte hat in dem Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag unter anderem das Merkmal eingefügt: "....mit einer von der Betriebsfrequenz des Kochheizkörpers (3) verschiedenen Messfrequenz.." Als Orte der Offenbarung hat er die Absätze 0014, 0015 und 0036 der Patentschrift angegeben. An keiner dieser Stellen ist aber von einer "Betriebsfrequenz" die Rede oder von ihrer Größenbeziehung zur Messfrequenz. Die "überlagerte Messfrequenz" nach Abs 0014 ist auf ein spezielles Ausführungsbeispiel mit einem spiraligen Heizdraht als Antenne bezogen, auf das der Patentanspruch 1 nicht beschränkt ist. Es ist nicht ersichtlich, wieso die dort möglicherweise erschließbare, aber auch nicht direkt erwähnte Größenbeziehung der Frequenzen für die anderen Ausführungsformen gelten oder gar erfindungswesentlich sein sollte.

Diese Fassung des Patentanspruchs 1 kann dem Verfahren deshalb nicht zugrundegelegt werden.

Abgesehen davon würde einem solchen Patentanspruch aus den nachfolgend zum Patentanspruch 2 aufgeführten Gründen die erfinderische Tätigkeit fehlen.

4.3 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 2 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch.

Wie im Punkt 2 dargelegt ist der Fachmann in der Lage, aus der Angabe der physikalischen Zusammenhänge - temperaturabhängiger spezifischer Widerstand bewirkt eine Dämpfungsänderung in der Sendeeinrichtung - die zugehörige Anordnung zu entwerfen. Genau diese Zusammenhänge sind aber in der US 3 781 506 beschrieben (Fig 3, 5, 6 iVm Sp 5 Z 13 bis Sp 6 Z 42, Sp 7, Z 53 bis Sp 8 Z 22). Der mit der Realisierung derartiger Systeme vertraute Fachmann erkennt damit auch in der US 3 781 506 ein Messsystem, dessen Signalflussweg für die Temperaturmessung von der Messelektronik über die Antenne 15 bis zum Kochgeschirrboden reicht, und somit ein komplettes - auch isoliert von der dortigen Heizspule nutzbares - Temperaturmess- und Regelsystem für den Kochgeschirrboden bildet. Dass dort die Übertragungsstrecke über die Antenne 15 auch für die Leistungsübertragung zur Heizung genutzt wird, wird den mit solchen Systemen vertrauten Fachmann nicht von der Erkenntnis abhalten, dass dieses Messsystem jederzeit mit anderen Heizquellen - also getrennt von der Antenne angeordnetem Kochheizkörper - kombiniert werden kann. Die Leistung der Sendeeinrichtung kann dann vorteilhaft (zur besseren Ausrichtung auf den Messzweck) reduziert werden, muss es aber nicht. Eine Anordnung der Antenne zentrisch zum Koch-Heizkörper entsprechend Merkmal 2.1 des Patentanspruchs 2 drängt sich dem Fachmann bei der auch sonst streng koaxial aufgebauten Anordnung dann geradezu auf.

Wie bereits unter Punkt 2 dargelegt wird der Fachmann bei der Auslegung der Messapparatur darauf achten, Störquellen, die zu Messfehlern führen, zu untersuchen und die größeren auszuschalten. Erweist sich der temperaturabhängige Antennenwiderstand als eine solche Störquelle, so wird der Fachmann diese beseitigen, indem er entweder die Temperaturschwankungen reduziert, oder, wenn dies unmöglich oder zu aufwändig ist, die Temperaturabhängigkeit des elektrischen Widerstands entsprechend Merkmal 2.2 des Patentanspruchs 2. Das ist eine Frage der Abwägung von Vor und Nachteilen, bedarf aber nicht einer erfinderischen Tätigkeit.

Der Senat mag nicht ausschließen, dass bei einer konkreten Anordnung die Beseitigung eines bestimmten Störfaktors schwierig sein kann. Maßnahmen zur Beseitigung von Störungen sind aber weder Gegenstand des Anspruchs 2 noch anderweitig in der Patentschrift offenbart.

Weder die Anordnung der Antenne zentrisch zum (separaten) Kochheizkörper noch deren kleiner Temperaturkoeffizient des elektrischen Wicklungswiderstands enthält somit etwas, das über den Bereich fachmännischen Handelns hinausgeht.

4.4 Die Patentansprüche 2, 3, 9 und 10 nach Hilfsantrag sind nicht zulässig, weil sie den unzulässigen Patentanspruch 1 einschließen (vgl vorstehend 4.2).

4.5 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 3 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch.

Auch die Antenne 15 in der US 3 781 506 besitzt einen ferromagnetischen Kern (Sp 3, Z 49 bis 52). Diesen für höhere Frequenzen elektrisch nicht leitend auszubilden ist ebenso fachmännisch wie die übliche Ausbildung des Kerns entlang der Feldlinien, so dass sich ein nach oben offener, ferromagnetischer, elektrisch nicht leitender Kern ergibt, in den die Antenne eingebettet ist. Bei dieser Form schließt dann durch die Anordnung dicht unter der Kochfläche der Kochgeschirrboden den magnetischen Fluss des Kerns durch die quasi als Luftspalt wirkende Kochfläche hindurch.

Eine erfinderische Tätigkeit vermag der Senat nicht zu erkennen.

4.6 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 4 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch.

Aus der WO-A-94/29779 A1 ist ein Kochsystem, bestehend aus einem Kochfeld mit einer für elektromagnetische Felder durchlässigen Kochfläche 1 und einem darauf stehenden, durch die Kochfläche 1 hindurch fremdbeheizten Kochgeschirr 2 (Fig 1 und S 5, Z 8 bis 10) nach Merkmal 4.1 bekannt.

Um die Temperatur des Kochgeschirrbodens bzw. -inhalts - wie im Merkmal 4.3 angegeben - elektromagnetisch drahtlos von unten durch die Kochfläche 1 hindurch abzufragen, wird entweder ein Teil des Kochgeschirrs, insbesondere der Kochgeschirrboden mit definierter spezifischer Leitfähigkeit (S 3, Abs 3, S 4, Z 10 bis 16, S 5, Z 9 bis 12) oder ein auf dem Topfboden liegender, gesonderter Schwingkreis (S 3, Abs 4 ,S 5, Z 18 bis 21) über eine Spule 6 mit einem elektromagnetischen Gleichfeld beaufschlagt und die Reaktion auf den Abschaltvorgang des Gleichfelds über eine zweite, konzentrische Spule 7 erfasst und ausgewertet (S 2, letzter Abs bis S 3 Abs 4, S 5, Z 15 bis S 6 Abs 3). Die erfasste Temperatur wird somit - gemäß Merkmal 4.2 und 4.4 - zur thermostatischen Regelung des Bodens durch Steuerung der Kochleistung eingesetzt (S 2, Abs 3).

Damit kommt also wie bei Merkmal 4.6 als Temperaturfühler ein elektrischer Schwingkreis 8 zum Einsatz. Wie bei Merkmal 4.7 ist unter der Kochfläche 1 eine Sende/Empfangs-Einrichtung (Regelelektronik 9, die ein Gleichfeld-Abschaltsignal über die Spule 6 sendet und die Reaktion über die Spule 7 empfängt) mit Solltemperatur-Einstellung 10 angeordnet (S 5, Z 21 bis 27), deren als Antenne dienende Spule 7 sich - wie bei Merkmal 4.8 - dicht unter der Kochfläche 1 zentrisch zum Kochheizkörper 5 befindet (Fig 1). Dabei hängt nach Merkmal 4.9 die Kapazität des Kondensators oder die Induktivität der Spule des elektrischen Schwingkreises - selbstverständlich, weil unvermeidbar - von der Temperatur ab oder seine Dämpfung wird durch einen temperaturabhängigen Widerstand bewirkt (S 3, Abs 4).

Von dem Kochsystem nach Patentanspruch 4 unterscheidet sich dieses Kochsystem nur noch dadurch, dass der Schwingkreis auf dem Topfboden liegt und nicht - gemäß Merkmal 4.5 - in einer Aussparung im Zentrum des Kochgeschirrbodens angeordnet ist.

Auch diese Anordnung des Temperaturfühlers ist aber dem Fachmann bekannt: die DE 44 13 979 A1 und DE 94 06 686 U1 zeigen jeweils in den Figuren einen Kondensator als Temperaturfühler in einer Aussparung im Zentrum des Kochgeschirrbodens. Die Vorteile der einen Variante sind die Nachteile des anderen: So erlaubt die Anordnung auf dem Topfboden die Garguttemperatur besser zu erfassen, benötigt kein Spezialgeschirr und keine hochtemperaturfeste Befestigung z.B. mit Spezialkleber. Dafür ist die Handhabung umständlicher, denn der Schwingkreis muss gesondert gereinigt werden, und die Signalübertragung durch den Topfboden ist nicht optimal. Welche Anordnung zum Einsatz kommt, ist somit eine Frage der Abwägung im Einzelfall, stellt aber keine erfinderische Leistung dar.

Dass beim Kochsystem nach der WO-A-94/29779 ein Gleichfeld zur Anregung benutzt wird, kann schon deshalb keinen erfinderischen Unterschied begründen, weil ein Gleichfeld zur elektromagnetischen Abfrage auch nach Patentanspruch 4 nicht ausgeschlossen ist. Darüber hinaus könnte ein wirkliches, völlig unveränderliches Gleichfeld keine Schwingung anregen. Erst die beschriebene Abschaltung des Feldes mit dem Sprung auf Null, der sich bekanntlich nach Fourier in ein Spektrum von Schwingungen zerlegen lässt (vgl S 4, Z 16 bis 18), regt dadurch den Schwingkreis zu seinen in Figur 3 dargestellten Schwingungen an. Deshalb vermag der Senat auch keinen Unterschied im Wirkungsmechanismus zwischen benanntem und patentgemäßem Kochsystem zu erkennen.

4.7 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 5 und 6 nach Hauptantrag ist jeweils nicht erfinderisch.

In der WO-A-94/29779 ist auf Seite 8, Absatz 2 die Möglichkeit beschrieben, verschiedene Kochgeschirre zu erkennen und ihnen die jeweils richtige, abgespeicherte Charakteristik zuzuordnen. Der Fall von ungeeigneten oder fehlenden Kochgeschirren ergibt sich dann von selbst als Signal dem keine der abgespeicherten Charakteristiken zugeordnet werden kann. Bei diesen Kochgeschirren ergibt sich wegen des fehlenden Resonanzkreises ein sehr geringes, alle erwartbaren Resonanzpegel unterschreitendes Resonanzsignal, das eine Temperaturerfassung unmöglich macht. Um Schäden aufgrund unkontrollierter Steuerung zu vermeiden, gibt es für diese Fälle nur zwei Möglichkeiten: Entweder wird das System abgeschaltet oder auf eine Steuerung ohne Temperaturregelung - im Sprachgebrauch der Patentschrift "Normalbetrieb" (vgl Sp 4, Z 46 bis 52) - umgeschaltet.

Genau das besagen die Ansprüche 5 und 6, denen zufolge das Resonanzsignal des Temperaturfühlers im Kochgeschirrboden zur gänzlichen Abschaltung der Kochleistung der betreffenden Kochstelle bei Unterschreiten eines bestimmten Resonanzsignal-Pegels eingesetzt wird (Anspruch 5) oder das Resonanzsignal des Temperaturfühlers im Kochgeschirrboden bei Überschreiten eines bestimmten Pegels die selbsttätige Umschaltung der betreffenden Kochstelle von Normalbetrieb auf Thermostatbetrieb bewirkt - was die vorherige Umschaltung auf Normalbetrieb bei nicht ausreichendem Pegel voraussetzt (Anspruch 6).

Der Senat vermag keinen erfinderischen Beitrag darin zu sehen, diese beiden einzigen Möglichkeiten als vorteilhafte Weiterbildungen zusätzlich vorzusehen.

4.8 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 7 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch.

Wie unter Punkt 4.1 abgehandelt, zeigt die US 3 781 506 ein Kochsystem mit den Merkmalen 1.1 bis 1.4, die mit den Merkmalen 7.1 bis 7.4 identisch sind. Auch dort besteht der Kochgeschirrboden nach Merkmal 7.5 aus ferromagnetischem Material mit definierter Permeabilität und definiertem Temperaturkoeffizienten der Permeabilität (Fig 6 iVm Sp 7, Z 63 bis Sp 8 Z 3), so dass in teilweiser Übereinstimmung mit Merkmal 7.6 vorwiegend die Permeabilität des Kochgeschirrbodens die Induktivität der dicht unter der Kochfläche 16 angeordneten, an eine mit einer Solltemperatur-Einstellung 21 ausgestattete Sende-Einrichtung 14 angeschlossen Antenne 15 beeinflusst.

In Übereinstimmung mit Merkmal 7.7 wird dies in der Sende-Empfangseinrichtung 14 gemessen und als Maß für die Temperatur des Kochgeschirrbodens ausgewertet (Sp 7, Z 63 bis Sp 8, Z 22).

Als Unterschied zum patentgemäßen Kochsystem bleibt somit nur noch, dass zwei Antennen zentrisch zum Kochheizkörper angeordnet sind, deren Induktivität bzw Kopplung durch die Permeabilität des Kochgeschirrbodens beeinflusst werden.

In Punkt 4.3 wurde bereits ausgeführt, dass die Anordnung einer (separaten) Antenne zentrisch zum Kochheizkörper naheliegt. Dabei sieht es der Senat als eine rein fachmännische Abwägung von Vor- und Nachteilen an,

- ob (wie in der US 3 781 506) eine einzige Antenne zum Einsatz kommt, bei der die Messelektronik in der Sende-Empfangseinrichtung das Messsignal vom Anregungssignal abkoppeln muss,

- oder ob zwei Antennen - eine Sendeantenne und Empfangsantenne mit eigenen Anschlüssen wie bei der WO-A-94/29779 - verwendet werden, wobei deren Induktivitäten und Kopplung in gleicher Weise durch die Permeabilität des Kochgeschirrbodens beeinflusst werden.

Etwas Erfinderisches kann in keiner der beiden Alternativen gesehen werden.

4.9 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 8 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch.

Wie unter Punkt 2 und 4.3 dargelegt, wird der Fachmann Störquellen, die zu Messfehlern führen, untersuchen und die größeren ausschalten oder vermindern. Das gilt auch für die möglichen Störquellen Kochheizkörper und Heizkörperabdeckung ("Schale"), die er entweder aus einem nicht oder wenig störenden Material, oder, wenn das nicht geht, zumindest mit einer möglichst gleichfömigen Störcharakteristik - z.B. temperaturunabhängiger Widerstand - wählen wird, die dann leicht kompensiert werden kann. Das gleiche gilt für evtl. notwendig werdende Schirmungen für die Antenne(n), sei es gegen die Hitze, sei es gegen die elektromagnetische Beeinflussung durch den Heizkörper, wobei die Schirmung dann auch einstückig mit der "Schale" als deren Ausstülpung ausgebildet sein kann.

Das alles wird der Fachmann bedarfsweise im Zuge seiner routinemäßigen Überprüfung möglicher Störquellen zur Verringerung der Messfehler und Erhöhung der Messgenauigkeit vorsehen, ohne erfinderisch tätig zu werden.

4.10 Der unstreitig nicht selbständig erfinderische Patentanspruch 9 ist auch nicht in Rückbeziehung auf die nicht patentfähigen Patentansprüche 1 bis 8 patentfähig, weil der Fachmann diese Merkmale bedarfsweise kombiniert.

4.11 Das Kochsystem gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag ist nicht erfinderisch Bei einem temperaturgeregelten Kochsystem liegt es in der Natur der Sache, dass nach einer Aufheizphase bei Erreichen der Solltemperatur die Regelung wirksam wird, dass also nach einer Betätigung (vollautomatisch bei "Sollwert erreicht") die thermostatische Regelung derart in Funktion gesetzt wird, dass die Temperatur von diesem Moment an konstant gehalten wird, wobei dies natürlich auch am Siedepunkt erfolgen kann.

Die Kalibriereinrichtung nach Patentanspruch 10 geht also nicht über die normale Funktion einer Temperaturregelung mit Sollwertvorgabe hinaus und enthält somit nichts Erfinderisches.

Ein im geltenden Patentanspruch 10 in dieser Einschränkung nicht beanspruchtes Kalibriersystem entsprechend Spalte 6, Zeilen 35 bis 43 der Patentschrift, das bei eingeschalteter (konstanter) Kochleistung den (linearen) Temperaturanstieg des Bodens eines wassergefüllten Kochgeschirrs in seinem zeitlichen Verlauf bis zum Siedepunkt registriert, ist aus der WO 94/29779 (S 9, Abs 1) bekannt.

III Als Unterlegener hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits gemäß §§ 84 Abs 2 PatG iVm § 91 Abs 1 Satz 1 ZPO zu tragen. Soweit er geltend gemacht hat, wegen seines Angebots zur Beschränkung liege ein "Klageüberfall" vor, kann sich dies nicht zu seinen Gunsten kostenmäßig auswirken, etwa über eine entsprechende Anwendung von § 93 ZPO. In seiner Rechtsprechung, zuletzt in der Entscheidung "Dynamisches Mikrophon" vom 29. Juli 2003 (Az X ZR 26/00), hat der Bundesgerichtshof ausgeführt, dass die bloße beschränkte Verteidigung im Nichtigkeitsverfahren nicht ausreicht, um die Anwendung von § 93 ZPO in Betracht zu ziehen. Dem schließt sich der Senat an. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 99 Abs. 1 PatG, 709 ZPO.

Meinhardt Dr. Mayer Gutermuth Dr. Kaminski Dr. Scholz Be






BPatG:
Urteil v. 18.03.2004
Az: 2 Ni 12/03


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/3ada66546a5c/BPatG_Urteil_vom_18-Maerz-2004_Az_2-Ni-12-03




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