Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Februar 2009
Aktenzeichen: 15 W (pat) 366/04

(BPatG: Beschluss v. 02.02.2009, Az.: 15 W (pat) 366/04)

Tenor

Das Patent 101 33 305 wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 12. Juli 2001 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patentund Markenamt das Patent 101 33 305 mit der Bezeichnung "Ubichinon Konzentrat" erteilt. Veröffentlichungstag der Patenterteilung ist der 3. Juni 2004. Die Fassung der Patentansprüche gemäß Streitpatent lautet wie folgt:

Gegen die Patenterteilung hat die B... AG in H..., mit Schriftsatz vom 1. September 2004, eingegangen per Telefax am 1. September 2004, Einspruch erhoben und beantragt, das Patent mangels Neuheit und mangels erfinderischer Tätigkeit in vollem Umfang zu widerrufen, und stützt sich dabei auf die Druckschriften

(1)

Int. J. Pharmaceutics 212 (2001) 233-246

(2)

Molec. Aspects Med. 15 (suppl.) (1994) 273-280

(3)

Patent Abstracts of Japan JP 60/199814 A

(4)

Patent Abstracts of Japan JP 62/123113 A

(5)

EP 1 249230 A1

(6)

EP 0 196 085 A2.

Im Übrigen sei der Patentgegenstand nicht so deutlich offenbart, dass ein Fachmann ihn ausführen könne, und deshalb auch nicht gewerblich anwendbar. Sie bezieht ihr Vorbringen zur mangelnden Ausführbarkeit vor allem auf das Merkmal "ein leichtes pflanzliches Öl" sowie die weiteren Merkmale "Distelöl" und "mit Distelöl vergleichbares Pflanzenöl". Darüber hinaus stelle die Änderung "bei Raumtemperatur flüssiges Pflanzenfett" in den in der mündlichen Verhandlung verteidigten Fassungen eine unzulässige Erweiterung dar.

Die Patentinhaberin hat dem Vorbringen der Einsprechenden mit Schriftsatz vom 24. November 2004 widersprochen und beantragt, das Patent gegebenenfalls auf der Grundlage geänderter Ansprüche aufrechtzuerhalten.

Zur Begründung führt sie im Wesentlichen aus, die Begriffe "leichtes, pflanzliches Öl" sowie "Distelöl" seien für den Fachmann ohne Weiteres verständlich und verweist hierzu auf ein zur Akte gereichtes Gutachten des Chemischen Untersuchungslabors B1... in D..., vom 10. April 2006, so dass neben der Ausführbarkeit auch insbesondere die Neuheit gegenüber der Druckschrift (5) gegeben sei (vgl. Schrifts. v. 21. April 2006, S. 4 Abs. 4 bis 7, S. 8 Abs. 2 bis 3: Schrifts. v. 29. Januar 2009 S. 4 Abs. 2 bis S. 5 Abs. 1). Des Weiteren verweist die Patentinhaberin darauf, dass es mit der Lehre des Streitpatents -im Gegensatz zum Stand der Technik -gelinge, Ubiquinon Q10 in Micellen zu verkapseln, deren Größe bei Mischung des erfindungsgemäßen Konzentrats mit Wasser bei einem Durchmesser im Bereich zwischen etwa 20 nm und etwa 30 nm liege und die damit so klein seien, dass die entsprechenden Lösungen optisch völlig klar seien, wobei diese Klarheit der micellaren Lösung mit der Bioverfügbarkeit des in der Produktmicelle verkapselten Ubiquinon Q10 korrelliere (vgl. Schrifts. v. 29. Januar 2009 z. B. S. 3 Abs. 2 bis 3). Ihren Vortrag stützt sie außerdem auf eine Stellungnahme namhafter Wissenschaftler sowie auf Bioverfügbarkeitsstudien (vgl. Schrifts. v. 29. Januar 2009 Anl. 1, 2a, 2b).

Zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung wurden die Verfahrensbeteiligten mit Zwischenverfügung vom 19. Januar 2009 auf den Passus auf Seite 3, Zeilen 31 bis 35 der Druckschrift (5) sowie auf die im Recherchenbericht der Druckschrift (5) zitierte

(7)

DE4405545A

(8)

WO 2002/67864 A2 und die im Verfahren der parallelen PCT-Euro-Anmeldung ermitteltehingewiesen.

Mit Schriftsatz vom 20. Januar 2009 hat die Einsprechende ohne Angabe von Gründen um Verlegung des Verhandlungstermins gebeten. Nachdem den Verfahrensbeteiligten mit Verfügung des Senats vom 26. Januar 2009 mitgeteilt wurde, dass der Termin zur mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2009 bestehen bleibt, hat die Patentinhaberin mit Schriftsatz vom 29. Januar 2009, eingegangen per Telefax am selben Tag, eine geänderte Anspruchsfassung mit Patentansprüchen 1 bis 17 (Hauptantrag) sowie geänderte Anspruchsfassungen gemäß Hilfsanträgen 1 bis 4 eingereicht.

In der mündlichen Verhandlung am 2. Februar 2009 überreicht die Patentinhaberin des Weiteren Anspruchsfassungen gemäß Hilfsanträgen 5 bis 8. Sie verteidigt das Patent nunmehr in der geänderten Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag, hilfsweise mit den Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 4, jeweils eingegangen am 29. Januar 2009, sowie den in der mündlichen Verhandlung überreichten Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 5 bis 8.

Die Anspruchsfassungen der einzelnen Anträge lauten wie folgt: Hauptantrag Erster Hilfsantrag Zweiter Hilfsantrag Dritter Hilfsantrag Vierter Hilfsantrag Fünfter Hilfsantrag Sechster Hilfsantrag Siebter Hilfsantrag Achter Hilfsantrag In der mündlichen Verhandlung führte der Senat die für die Fragen der Herstellung und der Eigenschaften von Mikroemulsionen relevanten vorveröffentlichten Druckschriften

(9)

WO 2001/28520 A1

(10)

WO 98/40051 A1 ein, auf die in der Beschreibung bzw. im Recherchenbericht der Druckschrift (5) Bezug genommen ist, und überreicht den Verfahrensbeteiligten davon Kopien zur Kenntnisnahme des Inhalts. Der Senat weist die Verfahrensbeteiligten insbesondere auf diejenigen Textstellen dieser Druckschriften hin, aus denen bereits Herstellung und Eigenschaften von wässrigen Mikroemulsionen mit Micellen in der Größenordnung des Streitpatents hervorgehen.

Die Patentinhaberin stellt den Antrag, das Patent beschränkt aufrecht zu erhaltenauf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hauptantrag, laut Schriftsatz vom 29. Januar 2009, hilfsweise jeweils auf der Grundlage der Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 1 bis 3, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 16 gemäß Hilfsantrag 4, sämtliche gemäß Schriftsatz vom 29. Januar 2009, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 17 gemäß Hilfsantrag 5, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 13 gemäß Hilfsantrag 6, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 19 gemäß Hilfsantrag 7, hilfsweise auf Grundlage der Patentansprüche 1 bis 9 gemäß Hilfsantrag 8, sämtliche überreicht in der mündlichen Verhandlung.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent vollumfänglich zu widerrufen.

Wegen weiterer Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Akte verwiesen.

II.

Der Senat entscheidet im Einspruchsverfahren auf Grund mündlicher Verhandlung in entsprechender Anwendung von § 78 und § 147 (3) PatG, nachdem die Beteiligten Terminsanträge gestellt haben (vgl. auch BPatG 34. Senat, Mitt. 2002, 417). Das Bundespatentgericht bleibt auch nach Wegfall des § 147 (3) PatG für die Entscheidung über die Einsprüche zuständig, die in der Zeit vom 1. Januar 2002 bis zum 30. Juni 2006 eingelegt worden sind. Es bestehen weder Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des § 147 (3) PatG (BGH GRUR 2007, 859 -Informationsübermittlungsverfahren I), noch berührt die Aufhebung der Bestimmung ihre Geltung für alle bereits tatbestandlich erfassten Fälle (BPatG 19 W (pat) 344/04 und 23 W (pat) 313/03). Nach dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Grundsatz der perpetuatio fori (§ 261 (3) Nr. 2 ZPO) besteht eine einmal begründete gerichtliche Zuständigkeit vielmehr fort, solange der Gesetzgeber nichts anderes bestimmt hat (BGH GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II; bestätigt durch: BGH GRUR 2009, 184 -Ventilsteuerung).

III.

Der zulässige Einspruch hat in der Sache Erfolg und führt zum Widerruf des Patents.

Dem Antrag der Einsprechenden auf Widerruf des Streitpatents in vollem Umfang ist stattzugeben. Denn einem wasserlöslichen, im Wesentlichen wasserfreien Ubichinon-Konzentrat, Verfahren zu dessen Herstellung sowie diversen Darreichungsformen oder Mitteln, enthaltend ein wasserlösliches, im Wesentlichen wasserfreies Ubichinon-Konzentrat, sowohl mit den Merkmalen der Anspruchsfassung gemäß Hauptantrag als auch mit den Merkmalen der Anspruchsfassungen gemäß den Hilfsanträgen 1 bis 8 mangelt es an der erforderlichen Neuheit gegenüber der älteren europäischen Anmeldung EP 1 249 230 A1 (5) mit Deutschland als Benennungsland sowie an Neuheit und/oder an erfinderischer Tätigkeit gegenüber den vorveröffentlichten Druckschriften WO 2001/28520 A1 (9) und WO 98/40051 A1 (10).

1. Was die Offenbarung der Anspruchsfassungen der einzelnen Anträge anbelangt, so lassen sich diese sowohl aus der erteilten Fassung des Streitpatents als auch aus den ursprünglichen Unterlagen herleiten.

a) Die Verfahrensansprüche 1 bis 9 nach Hauptantrag greifen zurück auf die erteilte Fassung, Ansprüche 13 bis 21 i. V. m. Anspruch 1, die Erzeugnisansprüche 10 bis 15 und die Mittelansprüche 16 bis 17 auf die Ansprüche 1, 3, 5 bis 8, 10 bis 12 i. V. m. Ansprüchen 13 bis 21 sowie auf die Beschreibung Seite 6 Abb. 4 (vgl. DE 101 33 305 B4, a. a. O.), in entsprechender Weise auf die betreffenden Ansprüche und Textstellen der ursprünglichen Unterlagen (vgl. Patentakte (PA) Bl. 36 bis 38 Anspr. 1 bis 21 i. V. m. Bl. 27 Abb. 4).

Das in dem Erzeugnisanspruch 10 der Fassung der Patentansprüche des ersten Hilfsantrags demgegenüber hinzugenommene Merkmal "wobei das Konzentrat bei Mischung mit klarem Wasser ein klares nach ISO 7027 / DIN 27027, stabiles und magensäureresistentes Solubilisat bildet" ergibt sich sowohl aus dem Streitpatent als auch aus den ursprünglichen Unterlagen (vgl. DE 101 33 305 B4, z. B. S. 7 [0025] i. V. m. S. 9 [0036]; PA Bl. 29 Abs. 3 i. V. m. Bl. 33 Abs. 1).

Die Fassungen der Patentansprüche 1 bis 17 des zweiten und dritten Hilfsantrags, in denen die Erzeugnisund Mittelansprüche -wie in der erteilten Fassung und anders als im ersten Hilfsantrag -wieder vor die Verfahrensansprüche gestellt sind, greifen zurück auf die erteilte Fassung (vgl. DE 101 33 305 B4, Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 19, Beschr. S. 6 Abb. 4 und S. 7 [0025] i. V. m. S. 9 [0036], sowie Anspr. 2, 4, 6, 7, 9 bis 12, Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 19, sowie Anspr. 14 bis 18, 20, 21), sowie in entsprechender Weise auf die ursprünglichen Unterlagen (vgl. PA Bl. 36 bis 38 Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 19, Bl. 27 Abb. 4 und Bl. 29 Abs. 3 i. V. m. Bl. 33 Abs. 1, sowie Bl. 36 bis 38 Anspr. 2, 4, 6, 7, 9 bis 12, Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 19, sowie Anspr. 14 bis 18, 20, 21).

Entsprechendes gilt für die Patentansprüche 1 bis 16 des vierten Hilfsantrags (vgl. DE 101 33 305 B4 Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 19, Anspr. 14 bis 18, 20, 21, Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 19, Beschr. S. 6 Abb. 4, und S. 7 [0025] i. V. m. S. 9 [0036], Anspr. 3, 5 bis 8, 10 bis 12; vgl. PA Bl. 36 bis 38 Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 19, Bl. 27 Abb. 4 und Bl. 29 Abs. 3 i. V. m. Bl. 33 Abs. 1, Bl. 36 bis 38 Anspr. 3, 5 bis 8, 10 bis 12), für die Patentansprüche 1 bis 17 des fünften Hilfsantrags (vgl. DE 101 33 305 B4 Anspr. 13 bis 21, Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 13 und Beschr. S. 3 [0011] i. V. m. S. 9 [0036], Anspr. 3, 5 bis 8, 10 bis 12; vgl. PA Bl. 36 bis 38 Anspr. 13 bis 21, Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 13 und Bl. 24 Abs. 1 i. V. m. Bl. 33 Abs. 1, Bl. 36 bis 38 Anspr. 3, 5 bis 8, 10 bis 12), für die Patentansprüche 1 bis 13 des sechsten Hilfsantrags (vgl. DE 101 33 305 B4 Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 19, Anspr. 14 bis 18, 20, 21, Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 13, 19, und Beschr. S. 3 [0011] i. V. m. S. 9 [0036], Anspr. 6, 7, 10 bis 12; vgl. PA Bl. 36 bis 38 Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 19, Anspr. 14 bis 18, 20, 21, Anspr. 1 i. V. m. Anspr. 13, 19, und Bl. 24 Abs. 1 i. V. m. Bl. 33 Abs. 1, Bl. 36 bis 38 Anspr. 6, 7, 10 bis 12), für die Patentansprüche 1 bis 19 des siebten Hilfsantrags (vgl. DE 101 33 305 B4 Anspr. 1 i. V. m. S. 7 Herstellungsbeispiel 1 bis [0025], Anspr. 1 i. V. m. S. 7 Herstellungsbeispiel 2 bis S. 8 [0028], Anspr. 1 i. V. m. S. 8 Herstellungsbeispiel 3 bis [0031], Anspr. 2, 6, 7, 9 bis 21; vgl. PA Bl. 36 bis 38 Anspr. 1 i. V. m. Bl. 29 Beisp. 1, Anspr. 1 i. V. m. Bl. 30 Beisp. 2, Anspr. 1 i. V. m. Bl. 31 Beisp. 3, Anspr. 2, 6, 7, 9 bis 21), und für die Patentansprüche 1 bis 9 des achten Hilfsantrags (vgl. DE 101 33 305 B4 Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 1, Anspr. 14 bis 21; vgl. PA Bl. 36 bis 38 Anspr. 13 i. V. m. Anspr. 1, Anspr. 14 bis 21).

b) Bezüglich der Offenbarung des in den Anspruchsfassungen sämtlicher Anträge anstelle des in den ursprünglichen Unterlagen und in der erteilten Fassung verwendeten Merkmals "leichtes pflanzliches Öl" nunmehr durchgehend beantragten Begriffs "bei Raumtemperatur flüssiges Pflanzenfett" hat die Patentinhaberin auf eine Textstelle der Streitpatentschrift verwiesen (vgl. Schrifts. v. 29. Januar 2009 S. 4 Abs. 2 bis S. 5 Abs. 1 i. V. m. DE 101 33 305 S. 5 [0020]). Die Einsprechende hat in der mündlichen Verhandlung dazu vorgetragen, der Begriff "bei Raumtemperatur flüssiges Pflanzenfett" gehe über das erteilte Merkmal "leichtes pflanzliches Öl" hinaus, erweitere somit den Gegenstand des Streitpatents und stelle deshalb eine unzulässige Änderung dar.

Nach Ansicht des Senats sind die beiden Begriffe zwar insoweit nicht zwingend deckungsgleich, als der Begriff "leichte pflanzliche Öle" zwangsläufig auch den Schluss zulässt auf die Existenz "nichtleichter pflanzlicher Öle", die zusammengenommen das Kollektiv sämtlicher "bei Raumtemperatur flüssigen Pflanzenfette" bilden, wobei der Begriff "pflanzliches Öl" wiederum gleichbedeutend ist mit in flüssigem Aggregatzustand vorliegenden Pflanzenfetten. Eine abschließende Beurteilung der Zulässigkeit erübrigte sich jedoch ebenso wie die Beantwortung der Frage, ob der ursprünglich verwendete und von der Einsprechenden bemängelte Begriff "leichtes pflanzliches Öl" eine klare Lehre darstellt und inwiefern dieser Begriff eine Unterscheidung gegenüber dem Kollektiv sämtlicher pflanzlichen Öle oder gegenüber einem Mitglied dieses Kollektivs zulässt. Denn der Senat hat seine Entscheidung über den Einspruch nicht auf diesen geltend gemachten Offenbarungsmangel und damit nicht auf die dadurch möglicherweise bedingte Unzulässigkeit sämtlicher Anträge abgestellt (vgl. dazu BPatG GRUR 2009, 145 -Fentanylpflaster), da sich der Gegenstand des Streitpatents unabhängig davon als nicht patentfähig erwiesen hat.

2. Was die angegriffene Ausführbarkeit und die sich daraus nach Ansicht der Einsprechenden ergebende mangelnde (gewerbliche) Anwendbarkeit betreffend die Merkmale "ein leichtes pflanzliches Öl", "Distelöl" sowie "mit Distelöl vergleichbares Pflanzenöl" (vgl. Schrifts. v. 1. September 2004 S. 3 Mitte bis S. 6 i. V. m.

S. 11) anbelangt, so geht es dabei nicht um die Ausführbarkeit der streitpatentgemäßen Lehre an sich, denn diese ist im Hinblick auf die Ausführungsbeispiele 1 bis 3 des Streitpatents zweifelsohne gegeben (vgl. BGH GRUR 2001, 813 -Taxol), sondern -wie zuvor unter Punkt 1b ausgeführt -um die Abgrenzbarkeit mittels dieser Merkmale sowie mittels des von der Patentinhaberin eingeführten Ersatzmerkmals "bei Raumtemperatur flüssiges Pflanzenfett" vom Stand der Technik und damit um die Frage von Neuheit und erfinderischer Tätigkeit.

3. Der Gegenstand des Streitpatents in der nach Hauptantrag verteidigten Anspruchsfassung betrifft gemäß dem nebengeordneten Patentanspruch 10 ein Ubichinonkonzentrat, das mittels eines Verfahrens nach einem der Ansprüche 1 bis 9 hergestellt ist. In der breitesten Fassung weist das demgemäß beanspruchte Konzentrat demnach folgende Merkmale auf (Merkmalsanalyse):

1) Konzentrat, das wasserlöslich und im Wesentlichen wasserfrei ist, enthaltend 1.1) Ubichinon Q10, 1.2) einen Emulgator mit einem HLB-Wert zwischen 9 und 16 1.3) ein Pflanzenfett, das bei Raumtemperatur flüssig ist, 2) wobei das Konzentrat hergestellt ist 2.1) durch Erwärmung des Emulgators mit einem HLB-Wert zwischen 9 und 16 auf eine (erhöhte) Temperatur von über etwa 60 oC, 2.2) Hinzugabe von reinem Ubichinon Q10 zum erwärmten Emulgator, 2.3) Rühren der erhaltenen Mischung bei der erhöhten Temperatur solange, bis sie homogen und transparent ist, 2.4) Zugabe von auf die erhöhte Temperatur erwärmtes, bei Raumtemperatur flüssiges Pflanzenfett zu der (ersten) Mischung 2.3, 2.5) Rühren dieser (zweiten) Mischung bei der erhöhten Temperatur solange, bis sie homogen und transparent ist, 2.6) Abkühlen der (zweiten) Mischung auf Raumtemperatur, und 3) nach Mischung der Konzentrats mit klarem Wasser das Ubichinon Q10 in Form micellenartiger Einheiten mit einem Durchmesser von 20 nm bis 30 nm vorliegt.

a) Der in Form des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents stimmt in sämtlichen stofflichen Merkmalen mit einem Konzentrat von Ubichinon Q10 überein, wie es aus der zwar nachveröffentlichten, wegen des gegenüber dem Streitpatent früheren Zeitrangs jedoch gemäß § 3 (2) bei der Neuheitsprüfung zu berücksichtigenden Druckschrift EP 1 249 230 A1 (5) hervorgeht, ist damit dadurch vorweggenommen und deshalb mangels Neuheit nicht patentierbar.

In (5) sind Coenzym (Ubichinon) Q10 enthaltende, im Wesentlichen wasserfreie Präkonzentrate beschrieben (Merkmale 1 und 1.1), die bei Zugabe zu einer ausreichenden Menge Wasser oder zu anderen wässrigen Medien Mikroemulsionen mit Tröpfchendurchmessern von etwa 10 bis 100 nm bilden (Merkmal 3), in denen der Wirkstoff Ubichinon Q10 stabil solubilisiert ist (vgl. (5) S. 2 Z. 38 bis 40, Z. 55 bis 56, sowie S. 5 Z. 57 bis S. 6 Z. 2). Neben dem in Wasser selbst schwerlöslichen Wirkstoff aus der Klasse der Ubichinone, bevorzugt Q10, enthalten die Präkonzentrate gemäß Druckschrift (5) (vgl. (5) S. 3 Z. 4 bis 15 i. V. m. S. 3 Z. 44 bis S. 4 Z. 46) des Weiteren ein mittelkettiges, d. h. ein C-6 bis C-18 Triglyzerid pflanzlicher Herkunft und damit ein bei Raumtemperatur flüssiges Pflanzenfett (vgl. Merkmal 1.3) sowie eine oberflächenaktive Komponente enthaltend ein Tensid vom Polyoxyethylen-Typ, insbesondere Tween 80 (= Polysorbat 80), und damit einen Emulgator mit einem HLB-Wert im Bereich von 9 bis 16 (vgl. Merkmal 1.2 i. V. m. Anspruch 4 gemäß Hauptantrag), so dass in der Druckschrift (5) bereits ein Ubichinon Q10-Konzentrat mit sämtlichen stofflichen Merkmalen 1, 1.1 bis 1.3 sowie 3 gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag beschrieben und dadurch neuheitsschädlich vorweggenommen ist.

Da Patentanspruch 10 nach Hauptantrag des Streitpatents zum einen die Anwesenheit weiterer Komponenten und damit auch die Anwesenheit einer Fettsäure im Hinblick auf den Passus "enthaltend" nicht ausschließt, und zum anderen pflanzliche Öle, je nach Art und Herkunft, selbst bis zu etwa 1 Gew.-% Fettsäuren enthalten können (vgl. hierzu Schrifts. d. Patentinh. v. 21. April 2006, Anl. Gutachten B1... S. 2 vollst. Abs. 3 i. V. m. S. 2 le. Abs. bis S. 3 Abs. 1), lässt sich dessen Neuheit nicht auf die im Konzentrat gemäß Druckschrift (5) neben dem Triglyzerid zusätzlich enthaltene Fettsäure gründen. Denn gemäß (5) ist der Gehalt an Fettsäure nicht zwingend festgelegt und kann deshalb beispielsweise auch nur 0,5 Gew.-% betragen (vgl. (5) Anspr. 1), ein in der Größenordnung des Gehalts von Pflanzenölen an freien Fettsäuren liegender Wert, der sich auch im Fall der Lehre des Streitpatents bei Zugabe eines bei Raumtemperatur flüssigen Pflanzenfetts zwangsläufig ergibt.

Darüber hinaus ist dem Gesamtoffenbarungsgehalt der Druckschrift (5) jedoch auch ein Konzentrat ohne diese zusätzliche Fettsäure insofern zuzurechnen, als aus dieser Druckschrift in Form eines Querverweises auf den Stand der Technik auch die Herstellung und Anwendung eines Konzentrats und einer Mikroemulsion ohne den Fettsäurezusatz, allerdings mit reduzierter Langzeitstabilität der Mikroemulsion, hervorgeht (vgl. (5) S. 3 Z. 31 bis 35 sowie die Zwischenverfügung des Senats).

Was die Verfahrensmerkmale 2 bis 2.6 und den dadurch bedingten productbyprocess Teilcharakter des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag anbelangt, so ist der dadurch vermittelte Patentschutz nicht auf Produkte beschränkt, die allein durch das betreffende Verfahren hergestellt werden, sondern er entfaltet absolute Wirkung, unabhängig von der Art der Herstellung des Produkts (vgl. BGH GRUR 72, 80 -Trioxan). Im Umkehrschluss könnten die Verfahrensmerkmale dem beanspruchten Ubichinon Q10-Konzentrat nur dann zur Neuheit verhelfen, wenn dadurch tatsächlich ein anderes Erzeugnis als das in der Druckschrift (5) beschriebene entsteht. Dies ist nach Überzeugung des Senats jedoch nicht der Fall. Denn zum einen umfasst das in (5) angegebene Verfahren auch die Arbeitsweise des Streitpatents gemäß den Merkmalen 2 bis 2.6, und zum anderen führt die Zugabe der in (5) beschriebenen Konzentrate zu Wasser zu Mikroemulsionen mit Micelllen entsprechend dem Merkmal 3 eines Konzentrats gemäß Streitpatent (vgl. (5) S. 3 Z.36 bis 43 i.V.m. S.2 Z.43 bis 56 sowie S.5 Z.40 bis 48, S.5 Z.57 bis S.6 Z. 11, S. 7 Tab. 1). Ein signifikanter Unterschied ist damit weder im Herstellungsverfahren noch in stofflicher Hinsicht zu erkennen und die Neuheit deswegen insgesamt zu verneinen.

Der Senat kann auch nicht feststellen, dass Ubichinon Q10-Konzentrate und die daraus gebildeten Mikroemulsionen in Form von micellenartigen Einheiten mit einem Durchmesser von 20 nm bis 30 nm gemäß Streitpatent, wie die Patentinhaberin anhand von Bioverfügbarkeitsstudien geltend gemacht hat (vgl. Schrifts. v.

29. Januar 2009 S. 3 Abs. 2 i. V. m. Anlagen 2 a,b), eine gegenüber den Mikroemulsionen von Ubiquinon Q10 gemäß der Lehre der Druckschrift (5) verbesserte Pharmakokinetik bedingen. In Übereinstimmung mit der stofflichen Identität ist vielmehr aufgrund der dem Senat diesbezüglich vorliegenden experimentellen Daten davon auszugehen, dass Ubichinon Q10-Konzentrate des Streitpatents hinsichtlich ihrer Bioverfügbarkeit den Ubichinon Q10-Konzentraten der Druckschrift (5) nicht überlegen sind. Dies ergibt sich aus einer vergleichenden Gegenüberstellung der Versuche der Patentinhaberin an verschiedenen handelsüblichen Ubichinon Q10-Präparaten, darunter das Ultra CoQ-Gel der Firma Tishcon (vgl. Anlage 2a S. 3 CoQ10-Formulierung D: Swanson Ultra CoQ-Gel der Tishcon Corp.) mit den Versuchen aus der Druckschrift (5), in denen unter anderem auch ein Ultra Q-Gel der Firma Tishcon vergleichend untersucht wurde (vgl. (5) Fig. 1 i. V. m. S. 8 Z. 15 bis 17). In den Versuchen der Anlage 2a weisen demnach die wasserlöslichen O/W-Präparate, zu denen neben den Novasol-Präparaten der Patentinhaberin auch das Ultra CoQ-Gel von Tishcon gehört, eine überlegene Pharmakokinetik auf, wobei der AUC-Wert als Bioverfügbarkeitsindikator sowie der Plasmaspiegel für die streitpatentgemäßen Novasol-Präparate etwas günstiger liegen als für das Tishcon-Präparat (vgl. Anlage 2a). Das Q10-Präkonzentrat der Druckschrift (5), das ebenfalls O/W-Mikroemulsionen mit Partikeldurchmesser von 35,7 nm bei einer Standardabweichung von 14,2 nm und damit im Bereich des Merkmals 3 liegende Solubilisate gemäß Streitpatent bildet, zeigt gegenüber dem betreffenden Tishcon-Präparat einen etwa dreifach höheren Plasmaspiegel und damit eine dementsprechend höhere Bioverfügbarkeit (vgl. (5) Fig. 1 Kurven A und B i. V. m. S. 8 insbes. Z. 10 bis 17, 54 bis 58 und S. 9 Tab. 3). Eine in qualitativer Hinsicht andere Bewertung lässt sich auch nicht daraus ableiten, dass die Studie gemäß (5) mit zweimal 60 mg und damit der doppelten Tagesdosis im Vergleich zu einer 60 mg Einmal-Tagesdosis in der Studie gemäß Anlage 2a durchgeführt wurde, und des Weiteren auch nicht daraus, dass gemäß (5), wie vorstehend ausgeführt, dem Konzentrat eine Fettsäure zugesetzt ist.

Außerdem stimmt der in Form des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag verteidigte Gegenstand des Streitpatents in sämtlichen stofflichen Merkmalen mit einem Konzentrat von Ubichinon Q10 überein, wie es in der vorveröffentlichten Druckschrift WO 2001/28520 A1 (9) beschrieben ist, so dass dessen Neuheit auch demgegenüber zu verneinen ist. In der Druckschrift (9) sind Mikroemulsion-Präkonzentrate beschrieben, die bei Kontakt mit Wasser oder mit einem wässrigen Medium Mikroemulsionen vom O/W-Typ mit einer durchschnittlichen Teilchengröße eines Durchmessers von weniger als 100 nm, gewöhnlich von etwa 10 bis 100 nm, bilden (Merkmale 1 und 3), und neben einem in Wasser schwerlöslichen Wirkstoff eine Mischung aus einem mittelkettigen Triglycerid (Merkmal 1.3) und einer Omega-9-Fettsäure und/ oder Omega-6-Fettsäure sowie eine oberflächenaktive Komponente mit einem Tensid vom Polyoxyethylen-Typ (Merkmal 1.2) enthalten (vgl. (9) Zusammenfassung i. V. m. S. 3 le. Abs. bis S. 4 Abs. 3). Zur Herstellung der Präkonzentrate werden als mittelkettiges Fettsäuretriglycerid unter anderem fraktionierte Kokosnussöle und damit bei Raumtemperatur flüssige Pflanzenfette (Merkmal 1.3) und als Tenside unter anderem Polyoxyethylenfettsäureester, beispielsweise Tween 80 (Merkmal 1.2), eingesetzt (vgl. (9) S. 5 vorle. Abs. bis S. 6 Abs. 4; S. 7 Abs. 3 bis S. 8 Abs. 2), die bei einer Verdünnung von beispielsweise 1:100 mit Wasser oder mit einem anderen wässrigen Medium O/W-Mikroemulsionen der streitpatentgemäßen Art bilden, in denen die Teilchendurchmesser unter Berücksichtigung der Standardabweichung überwiegend im Bereich von 20 nm bis 30 nm liegen (Merkmal 3, vgl. (9) S. 26 Tabelle). Als schwer wasserlösliche Wirkstoffkomponente ist unter anderem auch Coenzym (Ubichinon) Q10 aufgeführt (vgl. (9)

S. 14 Abs. 3), so dass auch das Merkmal 1.1 und damit sämtliche stofflichen Merkmale gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag erfüllt sind. Ebenso ergeben sich aus der Druckschrift (9) die Verfahrensmerkmale 2 bis 2.6, gegebenenfalls im Rahmen üblichen Optimierens (vgl. (9) S. 17 vorle. Z. bis S. 18 Abs. 1 i. V. m. S. 20 Beisp. 1 Abs. 2 sowie S. 31 Beisp. 4 Abs. 2).

Was die im Konzentrat gemäß (9) zusätzlich enthaltende Fettsäure sowie die Einbeziehung der Verfahrensmerkmale 2 bis 2.6 anbelangt, so wird auf die vorstehenden Ausführungen zur Druckschrift (5) verwiesen, auf die in entsprechender Weise Bezug genommen wird.

b) Aber selbst wenn man dem Gegenstand gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag die Neuheit gegenüber der Lehre sowohl der Druckschrift (5) als auch der Druckschrift (9) zuerkennen wollte, weil in beiden Druckschriften der Zusatz einer Fettsäure obligatorisch ist, so beruht der Gegenstand des Streitpatents gegenüber dem Stand der Technik, wie er sich aus den vorveröffentlichten Druckschriften WO 2001/28520 A1 (9) und WO 98/40051 A1 (10) ergibt, jedenfalls nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Bei der Beurteilung der erfinderischen Tätigkeit ist von der Aufgabe auszugehen, die ausweislich des Streitpatents darin besteht, ein hochkonzentriertes wasserfreies Konzentrat von Coenzym (Ubichinon) Q10 zu entwickeln, das bei Raumoder Körpertemperatur ohne zusätzliche Erwärmung transparent und wasserlöslich ist und sich deshalb besser zur Herstellung von Kapseln oder vergleichbaren Darreichungsformen und von Kosmetika verarbeiten lässt und auch eine höhere Bioverfügbarkeit aufweist (vgl. DE 101 33 305 B4 S. 5 [0019]).

Die Lösung dieser Aufgabe durch ein Konzentrat mit den Merkmalen des Patentanspruchs 10 nach Hauptantrag war indessen für den Fachmann, einem Chemiker oder Lebensmittelchemiker, der mit der Verfahrensentwicklung und der Analytik von pharmazeutischen Wirkstoffen und Nahrungsergänzungsmitteln befasst und vertraut ist, ausgehend von dem in den vorveröffentlichten Druckschriften WO 2001/28520 A1 (9) und WO 98/40051 A1 (10) beschriebenen Stand der Technik naheliegend. Dem Fachmann ist bewusst, dass auf den Zusatz einer Fettsäure als weitere Komponente eines Mikroemulsionen bildenden Präkonzentrats vom O/W-Typ gemäß der Lehre der Druckschrift (9) ohne Weiteres auch verzichtet werden kann, ohne dabei eine Änderung des Teilchendurchmessers der sich nach Zugabe zu Wasser bildenden Solubilisate und damit eine Änderung der Bioverfügbarkeit befürchten zu müssen. Dies ergibt sich für den Fachmann aus der Druckschrift (10), die lipophile binäre Systeme zur Verabreichung lipophiler Wirkstoffe wie Cyclosporin betrifft, wobei -wie beim Streitpatent -als lipophile Komponente unter anderem Pflanzenöle, d. h. bei Raumtemperatur flüssige Pflanzenfette, und als Tensid beispielsweise Polyoxyethylensorbitanester von Fettsäuren, beispielsweise Tween 80, eingesetzt werden und ein Konzentrat mit einem darin emulgierten Wirkstoff ergeben, das bei Kontakt mit einem wässrigem Medium, wie beispielsweise Magensaft, micellare Suspensionen im Submikron-Bereich, in Abhängigkeit von dem Anteil des Tensids mit einer Teilchengröße von weniger als 50 nm bildet, in denen der Wirkstoff solubilisiert ist (vgl. (10) S. 4 Z. 3 bis S. 5 Z. 18 i. V.m. S. 5 Z. 23 bis 27). Damit erschließt sich einem Fachmann ein Ubichinon Q10-Konzentrat mit den stofflichen Merkmalen 1, 1.1 bis 1.3 sowie 3 gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag in naheliegender Weise ausgehend von der Lehre der Druckschrift (9) unter Einbeziehung der Lehre der Druckschrift (10).

Aus der Druckschrift (10) geht des Weiteren hervor, dass zur Herstellung des betreffenden Konzentrats dessen Bestandteile, d. h. pflanzliches Öl, Tensid und Wirkstoff, in beliebiger Reihenfolge zusammengemischt werden können, wobei das Gemisch, falls erforderlich, zur Unterstützung der Verflüssigung und Auflösung der einzelnen Bestandteile leicht erwärmt wird (vgl. (10) S. 6 Z. 18 bis 22). Der Fachmann konnte deshalb durch einfaches Ausprobieren im Rahmen routinemäßig vorzunehmender Vorversuche ohne Weiteres zu einer Arbeitsweise mit den Verfahrensmerkmalen 2 bis 2.6 zur Herstellung eines Ubichinon Q10-Konzentrats und damit in naheliegender Weise insgesamt zum Gegenstand gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag gelangen. Schließlich ergibt sich eine Arbeitsweise entsprechend der streitpatentgemäßen Verfahrenmerkmale 2 bis 2.6 jedoch auch aus dem einem Fachmann geläufigen weiteren Stand der Technik betreffend sogenannte "Self-Emulsifying Drug Delivery Systems" -SEDDS, wie er beispielsweise aus der vorveröffentlichten Druckschrift Int. J. Pharmaceutics 212 (2001) 233-246 (1) hervorgeht, welche die Formulierung von Coenzym Q10 in Gemischen aus Pflanzenölen und Tensiden betrifft. Auch demnach ist bei der Zubereitung von O/W-Emulsionen bei erhöhter Temperatur, beispielsweise bei 60 oC, zu arbeiten (vgl. (1) Abstract i. V. m. S. 235 li. Sp./re. Sp. Abschn. 2.3).

Ein Konzentrat mit den Merkmalen 1 bis 3 gemäß Patentanspruch 10 nach Hauptantrag beruht deshalb gegenüber dem vorveröffentlichten Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit, so dass dieser Patentanspruch nicht gewährbar ist.

c) Aus den vorstehend ausgeführten Gründen, auf die vollumfänglich verwiesen wird, ist auch der auf ein Verfahren zur Herstellung eines Ubichinon Q10-Konzentrats mit den Merkmalen 2 bis 2.6 gerichtete nebengeordnete Patentanspruch 1 nach Hauptantrag nicht gewährbar.

Die Arbeitsweise des Streitpatents gemäß den Merkmalen 2 bis 2.6 fällt unter die allgemeinen Verfahrensbedingungen, wie sie bereits in der Druckschrift (5) beschrieben sind, und führt ersichtlich, wie zuvor unter Punkt 3a begründet, weder zu einem von (5) grundsätzlich verschiedenen Produkt, noch ist in dem Ablauf des Verfahrens selbst eine überraschende Vorgehensweise zu erkennen. Ein anderes Ergebnis ergibt sich auch nicht dadurch, dass der Verfahrensanspruch 1 -anders als im Fall des Stoffanspruchs 10 -eine optionale gesonderte Zugabe einer Fettsäure nicht zulässt. Die Zugabe und damit die Anwesenheit weiterer Komponenten im Konzentrat wird erst durch die Unteransprüche 5, 6, 8 und 9 eröffnet. Darüber hinaus erschließt sich die streitpatentgemäße Arbeitsweise zur Herstellung eines Ubichinon Q10-Konzentrats, das bei Zugabe zu Wasser Micellen mit Einheiten der Größe von 20 nm bis 30 nm bildet, einem Fachmann, wie zuvor unter Punkt 3b ausgeführt, ausgehend von (9) und (10) auf naheliegende Weise und beruht deshalb demgegenüber nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit.

4. Aber auch einem Gegenstand des Streitpatents in beschränkt verteidigter Fassung gemäß einem der eingereichten Hilfsanträge mangelt es an der erforderlichen Neuheit oder erfinderischen Tätigkeit.

a) In den Hauptbzw. Nebenansprüchen der Hilfsanträge kommen, je nach den darin vorgenommenen Einschränkungen, gegebenenfalls folgende weitere Stoffund/oder Verfahrensmerkmale hinzu (erweiterte Merkmalsanalyse)

erster Hilfsantrag, Patentanspruch 10: 4) nach Mischung des Konzentrates mit klarem Wasser bildet sich ein klares, nach ISO 7027/DIN 27027, stabiles und magensäureresistentes Solubilisat;

zweiter Hilfsantrag, Patentansprüche 1 und 10: 1.1.1) etwa 3 Gew.-% Ubichinon Q10, 1.2.1) etwa 50 Gew.-% bis etwa 80 Gew.-% Emulgator, 1.3.1) etwa 8 bis etwa 20 Gew.-%, vorzugsweise etwa 12 bis etwa 15 Gew.-%

Pflanzenfett, dritter und vierter Hilfsantrag, Patentansprüche 1 und 9 bzw. 10: Merkmale 1.1.1, 1.2.1, 1.3.1 und 4, fünfter Hilfsantrag, Patentanspruch 10:

3.1) die micellenartigen Einheiten sind stabil gegen die Temperaturund Säureeinwirkung im Magen 3.2) die micellenartigen Einheiten werden von den Zellen des Dünndarms vierfach mehr und vierfach schneller aufgenommen als bei Aufnahme von Ubichinon Q10 mit den Mechanismen der Fettverdauung unter Beteiligungvon Gallensalzen, sechster Hilfsantrag, Patentansprüche 1 und 9: Merkmale 1.1.1, 1.2.1, 1.3.1, 3.1, 3.2, siebter Hilfsantrag, Patentansprüche 1 bis 3: Merkmal 1.1.1, 1.2.1.1) 82 (Anspr. 1) bzw. 73 (Anspr. 2) bzw. 52 (Anspr. 3) Gew.-% Emulgator 1.3.1.1) 15 (Anspr. 1) bzw. 14 (Anspr. 2) bzw. 12 (Anspr. 3) Gew.-% Distelöloder vergleichbares Pflanzenöl 4.1) bei einer 0,01 %igen Verdünnung mit Wasser und Messung nach ISO 7027/DIN 27027 weist das Solubilisat einen Trübungswert von 3,0

+ 0,2 bei Raumtemperatur auf, achter Hilfsantrag, Patentanspruch 1 ist identisch mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag.

b) Das in Patentanspruch 10 gemäß erstem Hilfsantrag hinzugenommene Merkmal 4 vermag weder die Neuheit gegenüber Druckschrift (5) oder Druckschrift (9) noch eine erfinderische Tätigkeit gegenüber dem Stand der Technik, wie sich aus der Zusammenschau der Druckschriften (9) und (10) ergibt, zu begründen, da sich dieses Merkmal in einer nach einer bestimmten Messmethode ermittelten Stabilität und Magensäureresistenz erschöpft, und ein stofflicher oder erfinderischer Unterschied zum betreffenden Stand der Technik damit nicht verbunden ist. Denn gleiche bzw. vergleichbare Konzentrate besitzen in der Regel gleiche bzw. vergleichbare Eigenschaften. Es kommt dabei nicht darauf an, ob die Konzentrate der Druckschriften (5) und (9) in allen Einzelheiten ihrer Eigenschaften tatsächlich beschrieben sind, ob auf die bei ihrer Anwendung auftretenden Vorteile hingewiesen ist und den Nacharbeitenden gegebenenfalls überraschen. Vielmehr ist entscheidend, dass aus den Druckschriften (5) und (9) alle erforderlichen experimentellen Einzelheiten zur stofflichen Beschaffenheit und zur Herstellung hervorgehen, die es dem Fachmann ermöglichen, danach zu arbeiten (vgl. hierzu BGH GRUR 1980, 283 -Terephthalsäure; BGH GRUR 1978, 696 -alpha-Aminobenzylpenicillin).

Neuheit und erfinderische Tätigkeit lassen sich auch nicht für einen gemäß den Patentansprüchen 1 und 10 des zweiten Hilfsantrags eingeschränkten Gegenstand feststellen, da die in den diesbezüglichen Merkmalen 1.1.1, 1.2.1 und 1.3.1 definierten Anteilsbereiche der Komponenten des beanspruchten Konzentrats in den gemäß Druckschriften (5) oder (9) hierfür vorgegebenen Bereichen liegen bzw. sich überlappen oder sich aus den betreffenden Bereichen der Druckschriften (9) und (10) durch routinemäßiges Optimieren ohne Weiteres ergeben.

Entsprechendes gilt für gemäß drittem und viertem Hilfsantrag eingeschränkte Gegenstände des Streitpatents, in denen ebenfalls nur die Merkmale 1.1.1, 1.2.1, 1.3.1 und 4 hinzugenommen sind, so dass keinem der Hilfsanträge 1 bis 4 stattzugeben ist.

c) Was Patentanspruch 10 des fünften Hilfsantrags anbelangt, so handelt es sich bei den darin gegenüber dem Hauptantrag hinzugenommenen Merkmalen 3.1 und 3.2 -wie beim Merkmal 4 -lediglich um Eigenschaftsangaben der aus den Präkonzentraten hergestellten Solubilisate, die weder einen stofflichen Unterschied noch einen erfinderischen Überschuss begründen können.

Nicht gewährbar sind dementsprechend auch die Patentansprüche 1 und 9 gemäß sechstem Hilfsantrag, die sich vom Hauptantrag durch die Merkmale 1.1.1, 1.2.1, 1.3.1 sowie 3.1 und 3.2 unterscheiden, wobei vollumfänglich auf die diesbezüglichen Ausführungen zu dem fünften und dem zweiten Hilfsantrag verwiesen wird.

Auch die weitere Bereichseinschränkung mittels der Merkmale 1.2.1.1 und 1.3.1.1 in Verbindung mit der Angabe eines unter bestimmten Bedingungen messbaren Trübungswertes führt nach Ansicht des Senats nicht zu einer gewährbaren Fassung, da die betreffenden Zahlenwerte für die Komponenten sich für den Fachmann im Zuge routinemäßig wiederkehrender, üblicher Optimierungsarbeiten aus den betreffenden Bereichen der Druckschriften (9) und (10) ohne Weiteres ermitteln lassen. Auch die Einschränkung auf Distelöl oder ein vergleichbares Pflanzenöl vermag, unabhängig von der Bestimmtheit des Begriffs "oder ein vergleichbares Pflanzenöl" die Patentfähigkeit nicht zu begründen, da der Einsatz von Distelöl (safflower oil) und vergleichbarer Pflanzenöle für die Herstellung betreffender Konzentrate bereits explizit aus der Druckschrift (10) hervorgeht (vgl. (10) S. 4 Z. 13), so dass auch dem siebtem Hilfsantrag jedenfalls mangels erfinderischer Tätigkeit nicht stattzugeben ist.

Schlussendlich konnte auch dem achten Hilfsantrag der Patentinhaberin nicht entsprochen werden, da dessen Hauptanspruch identisch ist mit Patentanspruch 1 nach Hauptantrag, wobei vollumfänglich auf die diesbezüglichen Ausführungen unter den Punkten 3a bis 3c verwiesen wird.

Bei dieser Sachlage erübrigte sich, auf den Inhalt der weiteren im Verfahren befindlichen Druckschriften (2) bis (4) sowie (6) bis (8) einzugehen.

5. Die Patentinhaberin hat in der mündlichen Verhandlung nach ausführlicher Erörterung der Sachlage abschließend acht Hilfsanträge gestellt. Weitere Anhaltspunkte für ein stillschweigendes Begehren einer weiter beschränkten Fassung haben sich nicht ergeben. Infolgedessen hat die Patentinhaberin die Aufrechterhaltung des Patents erkennbar nur im Umfang eines Anspruchssatzes beantragt, der sowohl nach Hauptantrag als auch nach sämtlichen Hilfsanträgen zumindest einen nicht rechtsbeständigen Anspruch enthält. Deshalb war das Patent insgesamt zu widerrufen. Auf die übrigen Patentansprüche brauchte bei dieser Sachlage nicht gesondert eingegangen zu werden (BGH v. 27. Juni 2007 -X ZB 6/05, Informationsübermittlungsverfahren II; Fortführung von BGH v. 26. September 1996 -X ZB 18/95, GRUR 1997, 120, Elektrisches Speicherheizgerät).

F. Feuerlein Schwarz-Angele Egerer Lange Fa






BPatG:
Beschluss v. 02.02.2009
Az: 15 W (pat) 366/04


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2db572e0f36a/BPatG_Beschluss_vom_2-Februar-2009_Az_15-W-pat-366-04




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