Kammergericht:
Beschluss vom 5. Januar 2004
Aktenzeichen: 19 WF 372/03

(KG: Beschluss v. 05.01.2004, Az.: 19 WF 372/03)

Sofern der Rechtsanwalt gegenüber der Staatskasse auf die Erstattung der bereits durch die Beiordnung eines anderen Rechtsanwalts entstandenen Gebühren verzichtet, kann er diese Gebühren nicht von seinem Mandanten verlangen.

Tenor

Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg vom 4. August 2003 wird auf seine Kosten bei einem Wert von bis zu 300 EUR zurückgewiesen.

Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I. Der Antragsgegnerin wurde in dem von ihr betriebenen Scheidungsverfahren mit Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof Kreuzberg vom 6. November 2000 Prozesskostenhilfe unter Beiordnung der Rechtsanwälte E. & W. bewilligt. Auf Antrag der Antragsgegnerin wurden diese Rechtsanwälte entpflichtet und der Antragsteller mit Beschluss vom 8. Oktober 2001 beigeordnet, "allerdings nur insoweit, als noch nicht durch die Beiordnung der Rechtsanwälte Gebühren entstanden sind ".

Mit Antrag vom 2. Januar 2002 hat der Antragsteller die Festsetzung der Prozessgebühr nebst Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer gegen die Antragsgegnerin gem. § 19 BRAGO beantragt. Diesen Antrag hat das Amtsgericht - Rechtspflegerin - mit Beschluss vom 4. August 2003 mit der Begründung zurückgewiesen, der Antragsteller könne gem. § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO eine Vergütung von der Antragsgegnerin nicht verlangen. Gegen diesen ihm am 21. Oktober 2003 zugestellten Beschluss wendet sich der Antragsteller mit seiner am 24. Oktober 2003 bei dem Amtsgericht eingegangenen sofortigen Beschwerde. Er ist der Ansicht, für die streitige Prozessgebühr könne die Forderungssperre des § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO nicht eingreifen, da er nur insoweit beigeordnet worden sei, als für die zuvor beigeordneten Rechtsanwälte Gebühren nicht entstanden waren.

II. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist gemäß § 19 Abs. 2 Satz 3 BRAGO in Verbindung mit § 104 Abs. 3 ZPO zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.

Der Antragsteller kann die Festsetzung der Prozessgebühr nicht verlangen, weil der Antragsgegnerin Prozesskostenhilfe bewilligt und der Antragsteller ihr mit Beschluss vom 8. Oktober 2001 beigeordnet worden ist. Die Bewilligung der Prozesskostenhilfe bewirkt, dass der beigeordnete Rechtsanwalt Ansprüche auf Vergütung gegen die Partei nicht geltend machen kann, § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

Die im Beschluss vom 8. Oktober 2001 - mit Zustimmung des Antragstellers (Schriftsatz vom 5. September 2001) - ausgesprochene Beschränkung rechtfertigt keine andere Beurteilung. Damit wird nicht etwa die - für § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO allein maßgebliche - Beiordnung eingeschränkt.

Vielmehr wird damit nur ausgesprochen, dass dem Rechtsanwalt eine Prozesskostenhilfe-Vergütung nur insoweit zustehen soll, als Gebühren noch nicht durch die Beiordnung der ersten Rechtsanwälte entstanden waren.

Der Senat folgt nicht der teilweise vertretenen Auffassung, dass der Rechtsanwalt trotz § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO einen durchsetzbaren Vergütungsanspruch gegen den eigenen Mandanten hat, so weit sein Vergütungsanspruch gegen die Staatskasse wirksam eingeschränkt ist (so OLG Köln, OLGR 1998,352; OLG Düsseldorf OLGR 1999, 388). Der Hinweis auf die Rechtslage bei einer nur teilweisen Bewilligung von Prozesskostenhilfe geht fehl, da in diesem Fall der Rechtsanwalt eben nur für einen Teil des Streitgegenstandes beigeordnet wird, so dass auch die Forderungssperre nur diesen Teil erfassen kann. Das Argument, dass anderenfalls der zeitlich später beigeordnete Rechtsanwalt an Stelle seines Mandanten im wirtschaftlichen Ergebnis die Mehrkosten eines Anwaltswechsels zutragen hätte, überzeugt nicht. Dies ist Folge des erklärten Verzichts auf Gebührenansprüche gegenüber der Staatskasse. Die zu Gunsten der bedürftigen Partei getroffene, eindeutige Regelung in § 122 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kann nicht durch den Verzicht auf Gebührenansprüche gegenüber der Landeskasse umgangen werden.

Ob etwas anderes anzunehmen wäre, wenn der später beigeordnete Rechtsanwalt den Mandanten vorher darauf hinweist, dass die von der Staatskasse nicht zu erstattenden Kosten von ihm, dem Mandanten zutragen seien (so Madert/Müller-Rabe Kostenhandbuch Familiensachen, Rn O 38), was im Hinblick auf die grundsätzliche Unwirksamkeit derartiger Abreden im Zusammenhang mit dem Prozesskostenhilfeantrag zweifelhaft erscheint, kann hier offen bleiben. Eine derartige Absprache wird auch von dem Beschwerdeführer nicht behauptet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Senats lässt die Rechtsbeschwerde gem. §§ 19 Abs. 2 Satz 2 BRAGO, 104 Abs. 3, 574 Abs. 2 Nr. 2 ZPO zu, um eine Vereinheitlichung der Rechtsprechung zu ermöglichen.






KG:
Beschluss v. 05.01.2004
Az: 19 WF 372/03


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