Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 9. März 2012
Aktenzeichen: 6 U 61/11

(OLG Köln: Urteil v. 09.03.2012, Az.: 6 U 61/11)

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das am 01.03.2011 verkündete Urteil der 1. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln - 81 O 341/07 - wird als unzulässig verworfen.

Die Klägerin hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen

Gründe

I.

Die Klägerin vertreibt in Nachfolge der U Ladenbau GmbH ein in Deutschland verbreitetes Regalsystem für den Ladenbau. Gegen Anbieter ähnlicher Regalbauteile, die sie als unlautere Nachahmung ihres Systems ansah, geht sie ständig gerichtlich vor. Die Beklagte zu 1.), deren Geschäftsführer der Beklagte zu 2.) ist, handelte früher mit Regalbauteilen, die sie von der slowenischen Herstellerin B bezog. Nachdem deren Betrieb Anfang 2007 von der Klägerin übernommen worden und der Abschluss eines Händlervertrags zwischen den Parteien gescheitert war, wurde die Beklagte zu 1.) in der Folgezeit von den Streithelferinnen beliefert. Die Streithelferin zu 2.) hatte sich am 13.10.2006 in einem Berufungsverfahren vor dem Senat (6 U 70/06 = 81 O 33/05 LG Köln) verpflichtet, den Vertrieb näher bezeichneter Teile eines Regalsystems zu unterlassen, sofern diese nicht gekennzeichnet sind. Mit der am 28.12.2007 eingereichten Klage hat die Klägerin die Beklagten auf Unterlassung, Auskunft, Abmahnkostenerstattung in Höhe von 18.912,80 € nebst Zinsen und Feststellung ihrer Schadensersatzpflicht in Anspruch genommen, weil sie das aus dem vorgenannten Verfahren bekannte, mit dem System nahezu identische Regalsystem vertreibe, bei dem nur einige Regalelemente kaum sichtbar mit der Kennzeichnung "F" versehen seien. Die Beklagten und ihre Streithelferinnen sind dem entgegengetreten. Während des Rechtsstreits hat die Klägerin im Juni 2008 einen Testkauf bei der Beklagten zu 1.) vornehmen lassen und ihren Klageantrag mehrmals neu gefasst. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der von der Klägerin vor dem Landgericht zuletzt gestellten Anträge wird auf das angefochtene Urteil und die dort in Bezug genommenen Schriftsätze sowie die Sitzungsniederschriften vom 17.06.2008, 22.11.2010 und 18.01.2011 verwiesen.

Das Landgericht hat Ladenbauregale in Augenschein genommen und Zeugen vernommen. Mit dem angefochtenen Urteil, auf das auch wegen der getroffenen Feststellungen und aller Einzelheiten der Begründung Bezug genommen wird, hat es die Klage abgewiesen.

Die Klägerin hat gegen das Urteil fristgerecht Berufung eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 08.06.2011 begründet. Sie beantragt, die Beklagten unter Abänderung des angefochtenen Urteils zu verurteilen, es bei Meidung von Ordnungsmitteln zu unterlassen,

im geschäftlichen Verkehr Regalsysteme für den Ladenbau gemäß nachfolgend eingeblendeten Abbildungen anzubieten und/oder in den Verkehr zu bringen, deren Einzelteile, insbesondere Fachboden, Säule, Konsole, Rückwand, Sockelblende und/oder Fußteil wie in den weiterhin folgenden Detailabbildungen wiedergegeben gestaltet sind: [es folgen die sechs Abbildungen der im Termin vom 17.06.2008 zu den Akten gereichten und im angefochtenen Urteil eingeblendeten Fotoserie]

mit der Maßgabe, dass der Ausspruch zur Unterlassung sich auf Regalsysteme gemäß obigen Abbildungen auch bezieht, wenn einige oder alle Einzelteile wie in den nachfolgend wiedergegebenen Abbildungen gekennzeichnet sind: [es folgen sechs jeweils mit "und/oder" verbundene Detailabbildungen von gekennzeichneten Regalteilen]

Bezogen auf diesen Antrag verfolgt sie ihre erstinstanzlichen Annexanträge unverändert weiter. Wegen aller Einzelheiten ihres zweitinstanzlichen Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung sowie ihre weiteren Schriftsätze vom 08.12.2011 und 17.01.2012 Bezug genommen.

Die Beklagten und die Streithelferinnen halten die Berufung und die darin enthaltene Klageänderung für unzulässig, den neu gefassten Antrag für unbestimmt und das angefochtene Urteil außerdem aus näher ausgeführten materiellrechtlichen Gründen im Ergebnis für richtig.

II.

Die Berufung ist unzulässig.

1. Die Zulässigkeit jeder Berufung setzt voraus, dass der Berufungskläger mit ihr die Beseitigung einer in dem angefochtenen Urteil liegenden Beschwer erstrebt. Eine Berufung ist unzulässig, wenn sie den in erster Instanz erhobenen Klageanspruch nicht wenigstens teilweise (zumindest hilfsweise) weiterverfolgt, also im Falle einer erstinstanzlichen Klageabweisung lediglich einen geänderten Anspruch zur Entscheidung stellt. Denn die Änderung der Klage in zweiter Instanz kann nicht alleiniges Ziel des Rechtsmittels sein, sondern erfordert eine zulässige Berufung (st. Rspr.: BGHZ 155, 21 [26]; BGH, WRP 2001, 699 [700] - Impfstoffe; GRUR 2008, 1121 = WRP 2008, 1516 [Rn. 14] - Freundschaftswerbung im Internet; NJW 2011, 3653).

2. Mit ihrer Berufung hat die Klägerin an Stelle des von ihr in erster Instanz zuletzt verfolgten und mit dem angefochtenen Urteil abgewiesenen Petitums im Wege der Klageänderung einen neuen Anspruch zum Gegenstand ihres Klagebegehrens gemacht.

a) Der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) wird durch den Klageantrag bestimmt, in dem sich die vom Kläger begehrte Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger diese Rechtsfolge herleitet (BGHZ 154, 342 [347f.] = GRUR 2003, 716 - Reinigungsarbeiten; BGH, GRUR 2011, 521 = WRP 2011, 878 [Rn. 3] - TÜV I, GRUR 2012, 184 = WRP 2012, 194 [Rn. 13] - Branchenbuch Berg). Bei einem wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsantrag besteht die begehrte Rechtsfolge in dem Verbot gerade der bestimmten, als rechtswidrig angegriffenen Verhaltensweise (Verletzungsform), die der Kläger in seinem Antrag und der zur Antragsauslegung heranzuziehenden Klagebegründung festgelegt hat. Die so umschriebene Verletzungsform bestimmt und begrenzt den Inhalt des Klagebegehrens (BGHZ 168, 179 = GRUR 2006, 960 = WRP 2006, 1247 [Rn. 15] - Anschriftenliste; BGH, GRUR 2008, 1121 = WRP 2008, 1516 [Rn. 16] - Freundschaftswerbung im Internet; GRUR 2011, 1153 = WRP 2011, 1593 [Rn. 38] - Creation Lamis).

Es liegt insoweit anders als in dem Fall, dass der Kläger nur einen einzigen Lebenssachverhalt zur Begründung seines Unterlassungsbegehrens vorträgt und die rechtliche Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung dem Gerichts überlässt, so dass die Frage, ob der vorgetragene Lebenssachverhalt zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, für die Abgrenzung des Streitgegenstandes nicht maßgeblich ist (vgl. BGH, GRUR 2012, 184 = WRP 2012, 194 [Rn. 15] - Branchenbuch Berg). Denn indem der Kläger bestimmte Merkmale des angegriffenen Verhaltens in die von ihm umschriebene Verletzungsform aufnimmt, begrenzt er zugleich den Entscheidungsumfang des Gerichts (§ 308 Abs. 1 S. 1 ZPO). Die Abwandlung der Verletzungsform ändert den Streitgegenstand in dieser Konstellation auch dann, wenn sie durch Einfügen oder Weglassen von Merkmalen auf Verhaltensweisen bezogen wird, deren Beurteilung die Prüfung von Sachverhaltselementen erfordert, auf die es nach dem bisherigen Antrag nicht ankam; denn darin liegt nur gedanklich, nicht aber prozessual (im Sinne des § 264 Nr. 2 ZPO) eine schlichte Beschränkung oder Erweiterung der Klage (vgl. BGHZ 168, 179 = GRUR 2006, 960 = WRP 2006, 1247 [Rn. 16] - Anschriftenliste; BGH, GRUR 2008, 1121 = WRP 2008, 1516 [Rn. 25] - Freundschaftswerbung im Internet).

b) Das Landgericht hat den für seine Entscheidung maßgeblichen prozessualen Anspruch zutreffend dahin bestimmt, dass sich die Klage zur Zeit der letzten mündlichen Verhandlung erster Instanz gegen den Vertrieb von Regalbauteilen durch die Beklagte gerichtet hat, die wie auf den eingeblendeten sechs Fotografien gestaltet sind und bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung "F" versehen sind. Die Wiedergabe des Klageantrags im Tatbestand des angefochtenen Urteils folgt insoweit buchstabengetreu der Formulierung im ersten Absatz auf Seite 3 des Schriftsatzes der Klägerin vom 22.11.2010 (Bl. 394 d.A.), auf die sich diese in der Verhandlung am 30.11.2010 bezogen hat (Bl. 421 d.A.).

aa) Im Verhandlungsprotokoll vom 30.11.2010 (Bl. 420R und 421 d.A.) ausdrücklich festgehalten ist die (abstrakte) Beschränkung des Klagebegehrens auf die Unterbindung des Vertriebs von Regalen, bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung versehen sind. Ein Vertrieb von Ladenbauregalen, bei denen alle Teile - sei es auch unzureichend - gekennzeichnet sind, liegt danach erklärtermaßen außerhalb der angegriffenen Verletzungsform. An dem so begrenzten Unterlassungsbegehren hat die Klägerin ausweislich ihres Schriftsatzes vom 18.01.2011 (Bl. 482 d.A.) und der Verhandlungsniederschrift vom gleichen Tag (Bl. 483R d.A.) in erster Instanz festgehalten und dem lediglich die weitere Klarstellung hinzugefügt, dass neben der fehlenden Kennzeichnung aller Regalteile (kumulativ) auch beanstandet werde, dass die an den übrigen Regalteilen vorhandenen Kennzeichnungen unzureichend seien, weil sie versteckt angebracht und/oder nicht hinreichend deutlich seien.

bb) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, dass die Klägerin abgesehen von dieser Beschränkung als angegriffene Verletzungsform von Beginn an nur den Vertrieb solcher ungekennzeichneter Regalteile angesehen hat, die aus dem Betrieb der Streithelferinnen stammen. Die ursprüngliche Klage war damit begründet, dass das von der Beklagten vertriebene Regalsystem dem Gericht aus dem vorangegangenen Rechtsstreit gegen das englische Herstellerunternehmen - die Streithelferin zu 2.) - bekannt sei. Die im Termin vom 17.06.2008 (Bl. 158 ff. d.A.) vorgelegten und seitdem im Klageantrag eingeblendeten Lichtbilder eines aufgebauten, nach einer Testbestellung bei der Beklagten am 09.06.2008 in den Besitz der Klägerin gelangten Regals beziehen sich nach den Überschriften, den abgebildeten Papierschildern und den erläuternden Ausführungen im Schriftsatz vom 16.07.2008 (Bl. 167 d.A.) auf "nicht gekennzeichnete Regalteile von F". Auch die in den Antrag übernommene Formulierung im Schriftsatz vom 22.11.2010, dass nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung "F" versehen seien (Bl. 394 d.A.), passt nur zu Regalen der Streithelferinnen. Soweit in dem Schriftsatz vom 18.01.2011 von einer Einstanzung des Herstellers (z.B. "F") die Rede ist (Bl. 482 d.A.), ist die eine beispielhafte Beschreibung andeutende Abkürzung "z.B." nach der Klarstellung im Termin vom gleichen Tag, dass damit keine Klageerweiterung beabsichtigt sei, zwanglos dahin zu verstehen, dass der Kernbereich des Verbots auch andere Formen der Kennzeichnung von "F"-Regalen, nicht aber Regale anderer Hersteller umfasse.

Keine andere Bewertung gebietet die Erklärung der Klägerin im Termin vom 30.11.2010, dass es nicht darauf ankomme, ob die Rückwände des in Augenschein genommenen Testkaufregals von "F" hergestellt worden seien, und es reiche, dass sie nicht von der Klägerin hergestellt worden seien (Bl. 421 d.A.). Vor dem Hintergrund der ausdrücklichen Klageerweiterung im parallel verhandelten Prozess der Klägerin gegen die P Designladenbau GmbH (81 O 343/07 LG Köln = 6 U 60/11 OLG Köln), auf die bereits das Landgericht zutreffend hingewiesen hat, liegt es nämlich fern, dass die Klägerin entgegen ihrem schriftsätzlichen Vorbringen auch hier den Vertrieb von Regalbauteilen dritter Hersteller durch die Beklagte angreifen wollte - zumal die Augenscheinseinnahme eine Kennzeichnung der fraglichen Rückwände mit "B" ergeben hat und nicht ersichtlich ist, warum die Klägerin den Mitte 2008 erfolgten Vertrieb von Produkten der Anfang 2007 von ihr übernommenen slowenischen Herstellerin der "B"-Regale noch als unlautere Nachahmung ihrer eigenen Erzeugnisse hätte beanstanden sollen.

c) Die Klägerin verfolgt mit der Berufung ihr vorbeschriebenes, auf den Vertrieb von "F"-Regalen ohne Herstellerkennzeichnung sämtlicher Teile beschränktes erstinstanzliches Klagebegehren nicht weiter, sondern stellt nur noch einen Unterlassungsanspruch zur Entscheidung, dem eine andere als die in erster Instanz angegriffene Verletzungsform zu Grunde liegt.

aa) Indem der Berufungsantrag den in erster Instanz formulierten, gegen den Vertrieb bestimmter Regalbauteile gerichteten Unterlassungsantrag nur teilweise - ohne die Bezugnahme auf Regale, bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung "F" versehen sind, wiederholt und mit der zusätzlichen Maßgabe versieht, dass von dem Antrag auch Regale erfasst sein sollen, bei denen einige oder alle Einzelteile wie in den sechs folgenden Abbildungen gekennzeichnet sind, hat die umschriebene Verletzungsform eine den Streitgegenstand verändernde wesentliche Abwandlung erfahren.

Den Prozessbeteiligten ist bekannt, dass der Senat kurz nach dem hier angefochtenen Urteil die Berufung eines dritten Unternehmens (der ITAB Germany GmbH) gegen ein von der Klägerin wegen ähnlicher Regalnachbauten erstrittenes Urteil mit der Maßgabe zurückgewiesen hat, dass sich der erstinstanzliche Unterlassungstenor auf Regalsysteme gemäß den in dem Urteil wiedergegebenen Abbildungen auch beziehe, wenn diese wie in bestimmten weiter eingeblendeten Detailabbildungen gekennzeichnet seien (Senatsurteil vom 18.03.2011 - 6 U 139/10 = 81 O 147/09 LG Köln; gegen die Nichtzulassung der Revision ist zu I ZR 78/11 Beschwerde eingelegt). Anders als in jenem Fall, in dem der Senat eine zweitinstanzliche Klageänderung verneint oder jedenfalls als sachdienlich angesehen hat, weil das erstinstanzliche Petitum der Klägerin durchgängig das von der dortigen Beklagten vertriebene Regalsystem in seiner charakteristischen Gesamtgestalt betraf, ohne auf Einzelheiten der darauf angebrachten Kennzeichnungen besonderen Wert zu legen (weshalb weitere derartige Kennzeichnungen den Kernbereich des mit der Klage erstrebten Verbots unberührt ließen und Detailabbildungen solcher Kennzeichnungen auf dem streitbefangenen Regal im Tenor des Berufungsurteils berücksichtigt werden konnten), hat die Klägerin im Streitfall den Vertrieb von Ladenbauregalen der fotografisch individualisierten Art unter ausdrücklicher Beschränkung auf den (abstrakten) Aspekt angegriffen, dass nicht alle Teile - einige Teile also nicht - mit herstellerkennzeichnenden Einstanzungen versehen seien. Wenn sie nun - nach dem ebenfalls allen Prozessbeteiligten bekannten Senatsurteil vom 22.06.2011 zwischen der Klägerin und der Streithelferin zu 1.) wegen des Vertriebs vielfach gekennzeichneter "F"-Regale (6 U 152/10 = 84 O 116/09 LG Köln; das Aktenzeichen der Nichtzulassungsbeschwerde lautet I ZR 136/11) - in zweiter Instanz statt eines Verbots dieser eng begrenzten Verletzungsform das weiter gehende Verbot des Vertriebs derartiger Regale auch für den Fall erstrebt, dass einige oder alle Teile die aus den neu eingeblendeten Detailabbildungen ersichtlichen Herstellerkennzeichen aufweisen, begehrt sie damit nicht bloß (wie sie mit Schriftsatz vom 17.01.2012 selbst einräumt) sachlich und wirtschaftlich mehr, sondern in prozessualer Hinsicht (§§ 263, 264 Nr. 2, 533 ZPO) etwas anderes, ja in gewisser Hinsicht sogar das kontradiktorische Gegenteil (kein Verbot wegen fehlender, sondern trotz vorhandener Kennzeichnung einiger oder aller Teile).

bb) Hinzu kommt, dass die Klägerin im Berufungsrechtszug die dem Unterlassungsantrag erster Instanz immanente Beschränkung des Verbots auf den Vertrieb von "F"-Regalen aufgegeben und - obwohl auch fünf der sechs im Berufungsantrag neu eingeblendeten Detailabbildungen das Kennzeichen "F" erkennen lassen - unter Nr. II 2 der Berufungsbegründung nunmehr geltend gemacht hat, dass sie die Beklagte wegen des Vertriebs von Produktnachahmungen nicht nur der Streithelferinnen, sondern auch anderer Hersteller in Anspruch nehme (und schon in erster Instanz habe in Anspruch nehmen wollen).

cc) Jedenfalls innerhalb der Berufungsbegründungsfrist (§ 520 Abs. 2 ZPO) hat die Klägerin nur den vorbeschriebenen neuen Klageanspruch geltend gemacht, ohne daneben ihr abweichendes, mit dem angefochtenen Urteil abgewiesenes erstinstanzliches Petitum wenigstens hilfsweise weiter zu verfolgen.

Unter Nr. II 1 der Berufungsbegründung (Bl. 690 d.A.) hat sie zwar ausgeführt, dass das Landgericht der Klage wegen unlauterer Herkunftstäuschung hätte stattgeben müssen, weil nach seinen Feststellungen einzelne Regalteile überhaupt nicht gekennzeichnet und die Kennzeichnung der von den Beklagten vertriebenen Nachahmungen bereits deshalb unzureichend gewesen seien. Eine hilfsweise Aufrechterhaltung ihres in erster Instanz zuletzt gestellten Antrags auf Untersagung des Vertriebs von Regalen, bei denen nicht sämtliche Teile mit einer Einstanzung "F" versehen sind, lag darin jedoch schon deshalb nicht, weil sie ihr Unterlassungsbegehren - wie unter Nr. II 2 der Berufungsbegründung weiter ausgeführt - nicht mehr auf "F"-Regale beschränkt wissen will, sondern den - gemäß den vorstehenden Erwägungen unzutreffenden - Standpunkt vertritt, das Landgericht habe ihr weitergehendes erstinstanzliches Begehren verkannt. Dass es sich bei den ungekennzeichneten Regalelemente um Erzeugnisse der Streithelferinnen handele, macht sie nicht mehr geltend. Ihr diesbezügliches Vorbringen schließt nicht einmal mehr die Möglichkeit aus, dass es sich um ungekennzeichnete Fachböden aus der Produktion des von ihr übernommenen Herstellerunternehmens der "B"-Regale oder aus ihrer eigenen Produktion gehandelt haben könnte.

Aber selbst wenn angenommen würde, dass die von der Klägerin mit ihrem erstinstanzlichen Klageantrag angegriffene Verletzungsform das bei der Testbestellung erworbene Regal mit allen seinen Teilen unabhängig von deren Herkunft aus einem Betrieb der Streithelferinnen betraf, hat sie mit ihren Ausführungen unter Nr. II 1 der Berufungsbegründung nicht ihr erstinstanzliches Begehren teilweise weiterverfolgt, sondern lediglich ihren im entscheidenden Punkt vollständig neu gefassten und auf ein - wie ausgeführt - anderes Rechtsschutzziel gerichteten Antrag mit einer darauf zugeschnittenen Hilfsbegründung versehen: Anders als nach dem zuletzt gestellten Unterlassungsantrag erster Instanz soll danach die fehlende Kennzeichnung einzelner auf Grund der Testbestellung gelieferter Fachböden die unzureichende Kennzeichnung des gesamten Regals belegen, während es der Klägerin nach ihren Erklärungen im Termin vom 30.11.2010 auf die fehlende durchgehende Kennzeichnung gerade unabhängig davon angekommen war, ob die Kennzeichnung aller Teile sich als unzureichend darstellt.

Eine andere Beurteilung hält der Senat nach erneuter Beratung auch nicht deshalb für geboten, weil der Berufungsantrag mit der Formulierung einige oder alle die Möglichkeit einer Alternativbetrachtung sowohl der zum Gegenstand des erstinstanzlichen Unterlassungsantrags gemachten eng begrenzten Verletzungsform als auch des sachlich und wirtschaftlich weiter gehenden Petitums aus der Berufungsbegründung offen zu halten scheint. Denn nach der den Prozessbevollmächtigten der Klägerin bekannten (und in anderem Zusammenhang mit ihrem Schriftsatz vom 08.12.2011 auch berücksichtigten) geänderten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Unzulässigkeit einer alternativen Klagehäufung im Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes (GRUR 2011, 521 = WRP 2011, 878 [Rn. 8 ff.] - TÜV I, GRUR 2011, 1043 = WRP 2011, 1454 [Rn. 21 ff.] - TÜV II) kann der Kläger die Auswahl der Verletzungsform und des zugehörigen Klagegrundes nicht dem Gericht überlassen, sondern muss diesem gegebenenfalls selbst eine durch Haupt- und Hilfsantrag verdeutlichte Prüfungsreihenfolge vorgeben. Daran fehlt es hier.

3. Da die Klägerin ihre Annexanträge durchweg auf den gestellten Unterlassungsantrag bezogen hat, gelten die vorstehenden Ausführungen dafür im Ergebnis entsprechend.

III.

Ob die mit der Berufung vorgenommene Klageänderung ihrerseits zulässig, nämlich zumindest sachdienlich wäre und auf vom Senat seiner Verhandlung und Entscheidung ohnehin zu Grunde zu legende Tatsachen gestützt werden könnte (§§ 533, 529 ZPO), kann mangels Zulässigkeit des Rechtsmittels dahin gestellt bleiben. Ebenso bedarf die Frage einer möglichen Verjährung (§ 11 UWG) des wenigstens zeitweise nicht geltend gemachten weitergehenden Unterlassungsanspruchs aus der Berufungsbegründung keiner Entscheidung.

IV.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10 S. 1 und 2, 711 ZPO.

Die mit dieser Entscheidung vorgenommene tatrichterliche Würdigung beruht auf den besonderen Umständen des vorliegenden Einzelfalls und wirft keine bisher ungeklärten Fragen von rechtsgrundsätzlicher Bedeutung auf, so dass kein Anlass besteht, gemäß § 543 Abs. 2 ZPO die Revision zuzulassen.






OLG Köln:
Urteil v. 09.03.2012
Az: 6 U 61/11


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