Landgericht Hamburg:
Urteil vom 30. August 2005
Aktenzeichen: 312 O 514/05

(LG Hamburg: Urteil v. 30.08.2005, Az.: 312 O 514/05)

Tenor

1. Die einstweilige Verfügung vom 1. Juli 2005 wird bestätigt.

2. Die Antragsgegner haben auch die weiteren Kosten des Verfahrens wie Gesamtschuldner zu tragen.

Tatbestand

Die Antragstellerin macht gegen die Antragsgegner einen wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruch wegen irreführender Werbung geltend.

Die Parteien sind Wettbewerber auf dem Gebiet der Herstellung und des Vertriebs von Hydraulikölen und Schmierstoffen. Die Antragstellerin stellt eine Produktserie verschiedener Schmierstoffe unter dem Namen P P.. her. Die Antragsgegner, die sich zur "E E. Group" zusammengeschlossen haben, stellen her und vertreiben ein Hydrauliköl namens E (i. F.: E E.).

Die Antragsgegner bewerben ihr Produkt mit verschiedenen Werbeaussagen, die insbesondere die besondere Umweltverträglichkeit und schnelle biologische Abbaubarkeit von E E. hervorheben. In einem entsprechenden Werbefolder der Antragsgegner heißt es,

"E E. (sei) durch die Kombination der Eigenschaften eines vollsynthetischen und eines Bioschmierstoffes der universelle Schmierstoff der Zukunft". Weiter heißt es dort, dass

"der überragende Vorteil von E E. gegenüber herkömmlichen Bioölen (...) die bessere Verträglichkeit mit konventionellen Mineralölen sei".

E E. sei, so wird in dem Werbefolder weiter geworben, "schnell biologisch abbaubar (> 80 %)". Mittels welches Tests dieser Prozentsatz der biologischen Abbaubarkeit ermittelt worden ist, wird in dem Folder nicht erwähnt.

E E. wird in dem fraglichen Werbefolder ferner als "schnell biologisch abbaubar" sowie als "Bioschmierstoff" bezeichnet. Auch wird dem Produkt "hohe Umweltverträglichkeit" zugeschrieben. Wegen des weiteren Inhalts dieses Werbefolders wird auf die Anlage EV 5 Bezug genommen.

Unter Hinweis darauf, dass diese Art der Bewerbung von E E. irreführend sei, insbesondere da E E. das aktuell gängige Testverfahren für die Feststellung der biologischen Abbaubarkeit gar nicht durchlaufen habe, ferner über keinerlei anerkanntes Umweltsiegel wie dem Blauen Engel verfüge, eine bessere Verträglichkeit von E E. mit herkömmlichen Mineralölen kaum als besonderer Vorteil beworben werden könne, hat die Antragstellerin beim Landgericht Hamburg die einstweilige Verfügung vom 01. Juli 2005 (Az.: 312 O 514/05) erwirkt. Danach ist es der Antragsgegnerin verboten,

in der Werbung für das Produkt E E. zu behaupten,

1. durch die Kombination der Eigenschaften eines vollsynthetischen und eines Bioschmierstoffes sei E E. "der universelle Schmierstoff" der Zukunft, wenn dies wie in dem dem Beschluss in Schwarz-Weiß-Kopie beigefügten vierseitigem Werbefolder erfolgt;

und/oder

2. E E. verfüge über Eigenschaften eines Bioschmierstoffes und hierbei anzugeben "hohe Umweltverträglichkeit, schnell biologisch abbaubar";

und/oder

3. der überragende Vorteil von E E. gegenüber herkömmlichen Bioölen sei die bessere Verträglichkeit mit konventionellen Mineralölen;

und/oder

4. "schnell biologisch abbaubar (> 80 %)", ohne darauf hinzuweisen, dass die biologische Abbaubarkeit von E E. in einem Test nach dem Verfahren CEC-L-33 A-93 geprüft wurde.

Hiergegen richtet sich der Widerspruch der Antragsgegner. Sie machen geltend, dass es sich bei E E. in der Tat um eine biologisch schnell abbaubare Hydraulikflüssigkeit handele. E E. erfülle die Anforderungen der VDMA 24-568 sowie der ISO 15380. Ökolabels wie der Blaue Engel seien für die Klassifizierung eines Schmierstoffes als biologisch schnell abbaubare Hydraulikflüssigkeit ohne Bedeutung. Die Antragsgegner heben zudem die Besonderheiten ihres Produktes hervor, die insbesondere darin begründet lägen, dass E E. die DIN-Norm eines mineralölbasischen Hydrauliköls ebenso erfülle wie die VDMA-Norm eines Bioöls. Ein vergleichbares Produkt sei derzeit auf dem Markt nicht erhältlich.

Soweit die Antragstellerin sich gegen die Bewerbung von E E. als biologisch abbaubar und umweltverträglich wendet, weisen die Antragsgegner darauf hin, dass E E. nicht nur die VDMA 24-568 erfülle, sondern zudem die Toxizitätsprüfungen nach ISO 15380 erfolgreich bestanden habe. Die biologische Abbaubarkeit sei mittels des Tests nach CEC-L-33 A-93 nachgewiesen. Bei diesem Test handele es sich um den in der Praxis am weitesten verbreiteten Test zur Feststellung der biologischen Abbaubarkeit eines Produktes. Bei der Werbeaussage, E E. sei "hoch umweltverträglich", handele es sich um ein wettbewerbsrechtlich nicht relevantes Werturteil, nicht aber um eine Sachaussage.

Die Antragsgegner beantragen,

unter Aufhebung der einstweiligen Verfügung vom 01. Juli 2005 den Antrag der Antragstellerin vom 30. Juni 2005 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin beantragt,

die einstweilige Verfügung vom 01. Juli 2005 zu bestätigen.

Die Antragstellerin wiederholt und vertieft im Widerspruchsverfahren ihr Vorbringen aus der Antragsschrift vom 30. Juni 2005. Sie hebt insbesondere hervor, dass die Antragsgegner für eine schnelle biologische Abbaubarkeit sowie eine hohe Umweltverträglichkeit ihres Produktes keinen hinreichenden Nachweis erbringen könnten. Sie beriefen sich insoweit allein auf einen Test nach dem Verfahren CEC-L-33 A-93. Dieses Verfahren sei aber inzwischen zum Nachweis der biologischen Abbaubarkeit nicht mehr akzeptiert, die zugrunde liegende DIN-Norm werde nicht mehr gepflegt. Ab 2006 werde das CEC-Testverfahren gar nicht mehr für die Beurteilung der biologischen Abbaubarkeit von Schmierstoffen herangezogen werden. Entsprechende bereits vorliegende Prüfprotokolle würden als Grundlage für die Vergabe des Blauen Engel durch das "RAL Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V." nur noch bis zum 31. Dezember 2005 anerkannt (vgl. Anlage EV 10, dort Seite 2). Standardtestverfahren und allgemein anerkannt für den Nachweis der biologischen Abbaubarkeit eines Schmierstoffes sei heutzutage der Test nach dem Verfahren OECD 301 A-F oder nach einem gleichwertigen Verfahren. Einen entsprechenden Test müssten Schmierstoffe durchlaufen haben, die das Umweltsymbol der Europäischen Union (die so genannte Euro Margerite ) erhalten wollten (vgl. Anlage EV 8, dort Seiten 1, 2, 6). Auch nach der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zum Wasserhaushaltsgesetz über die Einstufung wassergefährdender Stoffe in Wassergefährdungsklassen ( VwVwS ) gelte für die Feststellung der leichten biologischen Abbaubarkeit ein in der Richtlinie OECD 301 genanntes Verfahren oder ein anderes gleichwertiges allgemein anerkanntes Verfahren (vgl. Anlage EV 9, dort Seite 26). Auch das "RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V." verleihe nur solchen Hydraulikflüssigkeiten sein Öko-Label Blauer Engel , die einen Test nach dem OECD 301-Verfahren erfolgreich bestanden haben (vgl. Anlage EV 10, dort Seite 2).

Angesichts dessen, dass E E. weder dieses OECD-Testverfahren durchlaufen habe, noch über ein so genanntes Ökolabel wie den Blauen Engel verfüge, somit aktuellen Umweltstandards nicht entspreche, könne es nicht als "der universelle Schmierstoff" der Zukunft beworben werden, da von einem solchen auch immer eine den aktuellen Standards entsprechende Umweltverträglichkeit erwartet werde. Zudem seien grundsätzlich alle Produkte, die gemäß VDMA 24568 in die HEPR-Gruppe fielen, Kombinationen aus Mineralöl und "Bioöl". Das Produkt der Antragstellerin namens P P. stelle eine solche Kombination dar und sei seit Jahren auf dem Markt.

Dass die Antragsgegner behaupteten, E E. sei mit konventionellen Mineralölen besser verträglich als Konkurrenzprodukte, sei nach § 6 Abs. 2 Ziffer 2 UWG unzulässig, da es Vergleichsuntersuchungen dahingehend, dass eine solche Überlegenheit von E E. gegeben sei, nicht gebe. Eine besondere Überlegenheit von E E. könne hierin zudem deshalb nicht gesehen werden, weil E E. schon nicht den aktuellen Anforderungen eines Produktes bezüglich "biologischer Abbaubarkeit" und "Umweltverträglichkeit" entspreche.

Dass die Antragsgegner in ihrem Werbefolder angäben, E E. sei "schnell biologisch abbaubar (> 80 %)", ist nach Ansicht der Antragstellerin deshalb irreführend, weil sie nicht gleichzeitig darauf hinwiesen, dass sich dieser Wert nur aus dem CEC-Testverfahren ergebe. Dieses sei aber das derzeit nicht mehr aktuelle Verfahren. Der angesprochene Verkehr gehe jedoch davon aus, dass dieser Wert im Wege eines Tests nach dem OECD-Verfahren gewonnen worden sei.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. August 2005.

Gründe

I.

Die einstweilige Verfügung vom 01. Juli 2005 erweist sich auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Parteien im Widerspruchsverfahren als zu Recht ergangen.

Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnern aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 4 Ziffer 1 und 10, 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 UWG Unterlassung in dem begehrten Umfang verlangen. Denn die angegriffenen Werbeaussagen für E E. sind entweder irreführend oder stellen einen unlauteren allgemeinen Vergleich dar, der gemäß §§ 4 Ziffer 1 und 10; 5 Abs. 1 UWG zu unterlassen ist. Im Einzelnen:

1. Aussage entsprechend Verfügungstenor zu Ziffer I.1. ("universeller Schmierstoff der Zukunft)

Die Werbeaussage, wonach E E. durch die Kombination der Eigenschaften eines vollsynthetischen und eines Bioschmierstoffes "der universelle Schmierstoff der Zukunft" sei, ist irreführend gemäß § 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 UWG. Denn diese Aussage ist mit überwiegender Wahrscheinlichkeit geeignet, die angesprochenen Verkehrskreise über die Qualität des so beworbenen Produktes zu täuschen. Denn der angesprochene Verkehr erwartet von einem und besonders von dem universellen Schmierstoff der Zukunft, dass dieser hinsichtlich der Produktmerkmale "biologische Abbaubarkeit" sowie "Umweltverträglichkeit" den Anforderungen entspricht, die aktuell insoweit an solche Produkte gestellt werden. Aktuell sind für den Verkehr solche Anforderungen, die beispielsweise von der Europäischen Union an Schmierstoffe gestellt werden, denen sie ihr Öko-Label Euro Margerite verleiht, sowie diejenigen Anforderungen, die von dem "RAL Deutsches Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V." an die Vergabe des weithin bekannten Blauen Engels gestellt werden. In beiden Fällen muss ein Produkt den OECD 301-Test bestehen, um entsprechend ausgezeichnet zu werden. Das Bestehen des CEC-Testverfahrens genügt demgegenüber in dem einen Fall gar nicht ( Euro Margerite ), in dem anderen Fall nur noch, sofern ein entsprechender Test bereits durchgeführt worden ist, auch dies gilt jedoch nur noch bis Ende des Jahres 2005 ( Blauer Engel ). Auch für die Klassifizierung eines Produktes als schnell biologisch abbaubar nach dem Wasserhaushaltsgesetz (WHG) wird auf das Verfahren OECD 301 abgestellt.

Es ist auch überwiegend wahrscheinlich, dass mittels des OECD-Testverfahrens, auf welche die Europäische Union für die Euro Margerite und das "RAL Deutsche Institut für Gütesicherung und Kennzeichnung e. V." für den Blauen Engel abstellen, fundiertere Ergebnisse über die biologische Abbaubarkeit eines Schmierstoffes erzielt werden, als durch ein Verfahren nach CEC-L-33 A-93, so dass ein entsprechendes Verbraucherverständnis zu Recht besteht. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Antragstellerin werden im Rahmen des OECD 301-Tests die geprüften Substanzen vollständig in ihre nicht weiter abbaubaren anorganischen Bestandteile zersetzt. Das Ergebnis gibt den Prozentsatz der geprüften Substanz an, der vollständig abgebaut worden ist. Demgegenüber wird im Rahmen des von den Antragsgegnern durchgeführten CEC-Verfahrens nur untersucht und als Ergebnis festgehalten, wie viel Prozent der geprüften Substanz auf der ersten Stufe abgebaut worden ist. Nicht berücksichtigt wird demgegenüber, welche Abbauprodukte entstehen, und ob diese weiter abgebaut werden können oder nicht. Hieraus folgt, dass ein Produkt, das nach OECD 301 als schnell biologisch abbaubar anzusehen ist, im Verhältnis zu einem solchen nach CEC-L-33 A-93 als weitergehend umweltschonend angesehen werden muss. Dabei spielt keine Rolle, ob es sich bei dem CEC-Verfahren um ein weit verbreitetes handelt. Nach dem derzeitigen Stand der Technik bzw. Wissenschaft und den danach an ein neues Produkt zu stellenden Anforderungen kommt es nach dem Verständnis des angesprochenen Verkehrs für dessen Qualifizierung als biologisch schnell abbaubar und umweltverträglich auf das Ergebnis eines Tests nach OECD 301 an.

Umweltverträglichkeit ist heutzutage für einen nicht unerheblichen Teil der Verbraucherschaft ebenso wie auch für kommerzielle Abnehmer eine wesentliche Eigenschaft von Produkten jeder Art, insbesondere aber auch von Schmierstoffen und Ölen. Denn die Verantwortung für die Umwelt und eine möglichst geringe Belastung derselben wird als Notwendigkeit für ein gesundes Gleichgewicht der Natur und damit für die Gesundheit der Menschen allgemein anerkannt. Angesichts dessen stellt die Umweltverträglichkeit eines Produktes für kommerzielle Erwerber und Unternehmer einen wesentlichen wirtschaftlichen Aspekt dar. Für die öffentliche Wahrnehmung eines Unternehmens ist es erheblich, dass ein Unternehmen vorwiegend umweltfreundliche Produkte herstellt und vertreibt bzw. erwirbt und im eigenen Betrieb einsetzt. Dies steigert regelmäßig das Ansehen, das ein Unternehmen in der Öffentlichkeit genießt.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass der überwiegende Teil des von der Werbung der Antragsgegner für E E. angesprochenen Verkehrs davon ausgeht, dass das Produkt der Antragsgegner nicht nur einen zwar noch anerkannten, letztlich jedoch überholten Test zur Feststellung seiner biologischen Abbaubarkeit bestanden hat. Der Verkehr geht vielmehr davon aus, dass das Produkt, zumal als ein ganz neu, erstmals vertriebenes, den aktuellsten Anforderungen, somit dem Testverfahren nach OECD 301 entspricht.

Insoweit ist es für den Verkehr ohne Bedeutung, ob E E. nach VDMA 24-568 und/oder ISO 15380 als biologisch schnell abbaubare Hydraulikflüssigkeit und damit als "Bioöl" bezeichnet werden kann oder nicht. Denn es ist überwiegend wahrscheinlich, dass diese Qualifizierung nicht entscheidend ist für die Qualifizierung eines Produktes als "biologisch schnell abbaubar" und "hoch umweltverträglich" im Sinne des hier maßgeblichen Verkehrsverständnisses. Mit überwiegender Wahrscheinlichkeit handelt es sich insoweit zum einen um eine technische Qualifizierung eines Produktes (mineralölbasisch oder eben biologisch schnell abbaubar), wohingegen die schnelle biologische Abbaubarkeit nach OECD 301 darüber hinausgeht, bzw. tatsächlich geeignet ist, das Produkt nicht bloß technisch von anderen abzugrenzen, sondern diesem darüber hinaus eine besondere Umweltverträglichkeit zu bescheinigen. Beides steht mithin nebeneinander mit der Folge, dass es so genannte "Bioöle" gibt, die auch nach dem OECD 301-Testverfahren biologisch schnell abbaubar sind und solche, die dies nicht sind, obwohl sie jedoch nach den Normen VDMA 24-568 und ISO 15380 als biologisch schnell abbaubare Hydrauliköle bezeichnet werden dürfen. Angesichts des oben dargestellten Verbraucherverständnisses und insbesondere vor dem Hintergrund dessen, dass die Euro Margerite , der Blaue Engel sowie der Status "biologisch schnell abbaubar" nach dem WHG nur verliehen werden, wenn ein Testverfahren nach OECD 301 erfolgreich durchlaufen worden ist, müsste darauf, dass ein Produkt nur nach VDMA 24-568 und/oder ISO 15380, nicht aber nach OECD 301 schnell biologisch abbaubar ist, in der Werbung ausdrücklich hingewiesen werden. Unterbleibt ein solcher Hinweis führt dies zu einer Irreführung des angesprochenen Verkehrs, dies insbesondere auch dann, wenn ein solches Produkt als hoch umweltverträglich beworben wird. Dies gilt unabhängig davon, ob das Produkt der Antragsgegner tatsächlich in sich die Eigenschaften eines vollsynthetischen und eines Bioschmierstoffes in sich vereint. Denn seine schnelle biologische Abbaubarkeit und hohe Umweltverträglichkeit nach OECD 301 ist nicht nachgewiesen, was der Verkehr - wie ausgeführt - bei dieser Art der Bewerbung jedoch erwartet.

Nach allem kann die Antragstellerin von den Antragsgegnern Unterlassung einer entsprechenden Bewerbung ihres Produktes nach § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 UWG verlangen. Die Frage, ob die Antragsgegner durch die Verwendung des bestimmten Artikels in der hier streitentscheidenden Werbeaussage eine Spitzenstellung für ihr Produkt in Anspruch nehmen, kann danach dahin stehen.

2. Antrag entsprechend Verfügungstenor zu Ziffer I.2. ("hohe Umweltverträglichkeit, schnelle biologisch abbaubar")

Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnern gemäß § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 UWG auch die Unterlassung der Bewerbung von E E. mit der Aussage, bei diesem handele es sich um einen hoch umweltverträglichen, schnell biologisch abbaubaren Bioschmierstoff, verlangen. Denn auch diese Werbeaussage ist geeignet, den angesprochenen Verkehr über Eigenschaften von E E. zu täuschen. Der Verkehr geht bei einem neuen, als biologisch schnell abbaubar bezeichneten Schmierstoff davon aus, dass dieser den insoweit aktuellen Anforderungen, mithin jedenfalls den Anforderungen genügt, die die Europäische Union an ein Produkt stellt, dem sie ihr Öko-Label verleiht, sowie die an ein Produkt gestellt werden, dem der Blaue Engel verliehen wird. Dies wurde bereits oben unter Ziffer 1. ausgeführt. Auf die diesbezüglichen Ausführungen wird Bezug genommen.

Ein Produkt als besonders umweltverträglich zu deklarieren, das den Anforderungen der genannten Öko-Labels und auch den Anforderungen des WHG an einen schnell biologisch abbaubaren Schmierstoff nicht genügt, ist ebenfalls irreführend. Dabei ist erneut die besondere Bedeutung der Umweltverträglichkeit eines Produktes für den angesprochenen Verkehr zu berücksichtigen. Solange ein Produkt wesentlichen, vom Verkehr gestellten Anforderungen an die Deklaration eines Produktes als biologisch schnell abbaubar nicht erfüllt, kann dieses nicht in wettbewerbsgemäßer Art und Weise als hoch umweltverträglich beworben werden.

3. Aussage gemäß Verfügungstenor zu Ziffer I.3. ("bessere Verträglichkeit mit konventionellen Mineralölen")

Die Antragsgegnerin kann von den Antragsgegnern gemäß § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 4 Ziffer 1 und 10, 5 Abs. 1 UWG verlangen, dass diese es unterlassen, ihr Produkt E E. mit der Aussage zu bewerben, dessen überragender Vorteil gegenüber herkömmlichen Bioölen sei die bessere Verträglichkeit mit konventionellen Mineralölen. Denn in dieser Aussage liegt ein Vergleich, der nicht nur geeignet ist, den angesprochenen Verkehr irrezuführen (§ 5 Abs. 1 UWG), sondern der darüber hinaus auch geeignet ist, den angesprochenen Verkehr unsachlich zu beeinflussen (§ 4 Ziffer 1 UWG) und die Mitbewerber ungerechtfertigt zu behindern (§ 4 Ziffer 10 UWG).

Das Vorliegen der in der Aussage beworbenen Überlegenheit von E E. gegenüber konventionellen "Bioölen" ist nicht überwiegend wahrscheinlich. Worin genau der überragende Vorteil von E E. insoweit liegt, wird nicht ersichtlich. Zwar trägt die Antragsgegnerin vor, das das für E E. eingesetzte Grundöl (das so genannte synthetische Polyalphaolefin - PAO) dasselbe sei wie dasjenige von mineralölbasischen Hydraulikölen. Insoweit unterscheide sich E E. von herkömmlichen "Bioölen" auf Esterbasis (HEES). Selbst wenn aus dem Umstand, dass E E. und mineralölbasische Hydrauliköle dasselbe Grundöl enthalten, folgt, dass diese Substanzen miteinander gemischt werden können, wird nicht deutlich, warum hierin der überragende Vorteil von E E. gegenüber herkömmlichen "Bioölen" liegen soll. Dies insbesondere deshalb nicht, da E E. jedenfalls in puncto "biologische Abbaubarkeit" und "Umweltverträglichkeit" mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht den aktuellen Anforderungen in Form des OECD 301-Testverfahrens entspricht. Dies wurde oben unter Ziffer 1. ausgeführt. Angesichts dessen mag darin, dass in eine zuvor mit einer mineralölbasischen Hydraulikflüssigkeit betriebene Maschine nunmehr "Bioöl" in Form von E E. eingefüllt werden kann, ohne dass zuvor weitere Maßnahmen getroffen werden müssten, ein gewisser, auch nicht unerheblicher praktischer Vorzug für die Besitzer solcher Maschinen liegen. Einen überragenden Vorteil gegenüber herkömmlichen "Bioölen" kann dies bei der gegebenen Sachlage jedoch nicht darstellen.

Einen Anspruch aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 6 Abs. 2 Ziffer 2 UWG auf Unterlassung der hier streitgegenständlichen Werbeaussage hat die Antragstellerin demgegenüber nicht. Denn die Formulierung, wonach E E. gegenüber herkömmlichen "Bioölen" besser verträglich sei mit konventionellen Mineralölen, lässt eventuelle Mitbewerber der Antragsgegner nicht in einer den an einen Werbevergleich im Sinne von § 6 UWG zu stellenden Anforderungen entsprechenden Art und Weise erkennen. Die Werbeaussage ist insoweit zu allgemein gehalten. Es ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Antragsgegner lediglich einen oder jedenfalls nur wenige Mitbewerber haben, die dem angesprochenen Verkehr zudem bekannt sind (zu den insoweit gestellten Anforderungen vgl. Köhler in Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 23. Aufl., 2004, § 6 UWG Rz. 41). Hiervon konnte die Kammer mithin nicht ausgehen.

4. Aussage gemäß Verfügungstenor zu Ziffer I.4. ("schnell biologisch abbaubar (> 80 %)")

Die Antragstellerin kann von den Antragsgegnern schließlich aus § 8 Abs. 1 UWG in Verbindung mit §§ 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Ziffer 1 UWG verlangen, dass diese es unterlassen, ihr Produkt als "schnell biologisch abbaubar (> 80 %)" zu bewerben, ohne darauf hinzuweisen, dass die biologische Abbaubarkeit von E E. in einem Test nach dem Verfahren CEC-L-33 A-93 geprüft worden ist. Denn ohne diesen Hinweis ist die Werbung für E E. angesichts des insoweit gegebenen Verkehrsverständnisses irreführend. Der überwiegende Teil des angesprochenen Verkehrs geht davon aus, dass sich die Aussage und die Angabe des Prozentsatzes auf ein Ergebnis beziehen, das aufgrund der Durchführung eines Tests mittels des derzeit aktuellsten Verfahrens, nämlich des OECD 301-Verfahrens, festgestellt worden ist. Insoweit wird auf die Ausführungen unter Ziffer 1., insbesondere auf jene zum Verkehrsverständnis Bezug genommen.

Die einstweilige Verfügung war mithin vollumfänglich zu bestätigen.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Eine Entscheidung über die Vollstreckbarkeit unterbleibt entsprechend der Natur des Eilverfahrens.






LG Hamburg:
Urteil v. 30.08.2005
Az: 312 O 514/05


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