Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg:
Beschluss vom 18. Oktober 1996
Aktenzeichen: 5 S 998/93

(VGH Baden-Württemberg: Beschluss v. 18.10.1996, Az.: 5 S 998/93)

1. Legen sowohl Antragsteller als auch Antragsgegner gegen eine teilweise stattgebende Normenkontrollentscheidung Nichtvorlagebeschwerde ein und entscheidet das Bundesverwaltungsgericht hierüber in (auch zeitlich) getrennten Beschlüssen mit jeweiligem Ausspruch über die Kosten des Beschwerdeverfahrens, so handelt es sich nicht um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 13 Abs 2 S 1 BRAGO (BRAGebO).

Gründe

Die fristgerechte und auch sonst zulässige Erinnerung der Antragsteller gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 26.05.1995 (§§ 165, 151 VwGO) ist begründet. Die Antragsgegnerin hat den Antragstellern über den festgesetzten Betrag von 8.600,59 DM hinaus weitere 1.458,08 DM Rechtsanwaltskosten zu erstatten, die im Verfahren über die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtvorlage der Sache, über die der Senat durch Normenkontrollurteil vom 13.12.1990 - 5 S 3215/89 - entschieden hatte, entstanden sind.

Entgegen der Meinung des Urkundsbeamten sind diese Kosten - gegen deren Höhe Bedenken weder geltend gemacht noch ersichtlich sind - nicht schon mit dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 27.05.1993 - 5 S 3215/89 - für erstattungsfähig erklärt worden. Die Sperrwirkung des § 13 Abs. 2 BRAGO greift nicht. Nach dieser Vorschrift kann der Rechtsanwalt die Gebühren in derselben Angelegenheit nur einmal fordern (S. 1); im gerichtlichen Verfahren kann er die Gebühren in jedem Rechtszug fordern (S. 2). Nach Meinung des Senats betrifft die streitige Gebührenforderung nicht dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 13 Abs. 2 S. 1 BRAGO, die bereits dem Kostenfestsetzungsbeschluß vom 27.05.1993 zugrunde liegt. Was unter dem Begriff "dieselbe Angelegenheit" zu verstehen ist, wird vom Gesetz nicht bestimmt. Allgemein ist anerkannt, daß dieser Begriff den Rahmen umschreibt, innerhalb dessen sich die Einzeltätigkeiten des Rechtsanwalts im Sinne einer gebührenrechtlichen Einheit abspielen, und daß dieser Rahmen sich regelmäßig nach dem zugrundeliegenden Auftrag bestimmt (vgl. VGH Bad.-Württ. Beschl. v. 27.03.1995 - 2 S 170/95 - m.w.N.). Zwar gilt jeder Rechtszug eines gerichtlichen Verfahrens nach § 13 Abs. 2 S. 2 BRAGO als besondere Angelegenheit, und damit auch - als solches - das Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtvorlage der Sache im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens nach § 47 Abs. 7 VwGO. Daß vorliegend sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegnerin als jeweils Teilunterlegene gegen das den Normenkontrollanträgen (nur) teilweise stattgebende Senatsurteil vom 13.12.1990 - 5 S 3215/89 -, also gegen dieselbe Entscheidung, Nichtvorlagebeschwerde eingelegt haben, ändert grundsätzlich nichts daran, daß insoweit nur ein Beschwerdeverfahren vorlag, das beim Bundesverwaltungsgericht auch unter einem Aktenzeichen (4 NB 10.91) geführt wurde. Diese einheitliche Betrachtungsweise ist jedoch gebührenrechtlich dann nicht (mehr) möglich, wenn das Rechtsmittelgericht - aus welchem Grund auch immer - für das Beschwerdeverfahren keine einheitliche Entscheidung trifft, sondern über die gegen dieselbe Entscheidung gerichteten Beschwerden der Beteiligten in auch zeitlich getrennten Entscheidungen befindet. So liegt es hier: Das Bundesverwaltungsgericht hat mit Beschluß vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 - der Nichtvorlagebeschwerde der Antragsteller gegen das Senatsurteil vom 13.12.1990 - 5 S 3215/89 - stattgegeben mit dem Zusatz, daß diese Entscheidung gerichtskostenfrei ergeht und die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens der Schlußentscheidung vorbehalten bleibt. Mit weiterem Beschluß vom 30.03.1993 - 4 NB 10.91 - hat das Bundesverwaltungsgericht die Nichtvorlagebeschwerde der Antragsgegnerin zurückgewiesen, der Antragsgegnerin die Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt und den Streitwert des Beschwerdeverfahrens auf 100.000,-- DM festgesetzt. Eine solche prozessuale Handhabung führt auch gebührenrechtlich zu einer vertikalen Aufspaltung des grundsätzlich einheitlichen Beschwerdeverfahrens in zwei Angelegenheiten. Danach kann hier der Prozeßbevollmächtigte der Antragsteller die Gebühr sowohl für das - erfolglose - Beschwerdeverfahren der Antragsgegnerin verlangen (für erstattungsfähig erklärt durch den Kostenfestsetzungsbeschluß vom 27.05.1993) als auch für das - erfolgreiche - Beschwerdeverfahren der Antragsteller; nach dem auf die Zurückverweisung der Sache ergangenen Normenkontrollbeschluß des Senats vom 22.11.1993 - 5 S 998/93 -, der Schlußentscheidung im Sinne des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 29.03.1993 - 4 NB 10.91 -, hat die Antragsgegnerin die - gesamten - Verfahrenskosten zu tragen. Eine andere Sicht ("dieselbe Angelegenheit") würde auch dazu führen, daß bei einer nach Zurückverweisung (auf die Beschwerde der Antragsteller hin) die Normenkontrollanträge abweisenden Schlußentscheidung mit der Folge der Kostentragungspflicht der Antragsteller eine Divergenz in der Kostentragungspflicht bezüglich der Rechtsanwaltskosten für das Verfahren über die Nichtvorlagebeschwerde ("dieselbe Angelegenheit") bestünde: Nach der (abweisenden) Schlußentscheidung, nach der sich die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens "richtet", wären auch diese Kosten von den Antragstellern zu tragen, während nach dem - hiervon unberührt bleibenden - Beschluß des Bundesverwaltungsgerichts vom 30.03.1993 - 4 NB 10.91 - die Antragsgegnerin, deren Nichtvorlagebeschwerde zurückgewiesen wurde, die Kosten des Beschwerdeverfahrens und damit auch die diesbezüglichen Rechtsanwaltskosten der Antragsteller als außergerichtliche Kosten zu tragen hat.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 13 Abs. 2 GKG.






VGH Baden-Württemberg:
Beschluss v. 18.10.1996
Az: 5 S 998/93


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