Verwaltungsgericht Köln:
Urteil vom 1. März 2007
Aktenzeichen: 1 K 4148/06

(VG Köln: Urteil v. 01.03.2007, Az.: 1 K 4148/06)

Tenor

Ziffer I. 3 des Bescheides der Bundesnetzagentur vom 29. August 2006 wird aufgehoben.

Im Óbrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin und die Beklagte je zur Hälfte.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Die Klägerin betreibt ein digitales zellulares Mobilfunknetz nach dem GSM- Standard und dem UMTS-Standard.

Mit Bescheid vom 29. August 2006 ( ), zugestellt am 30. August 2006, entschied die Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen (Bundesnetzagentur - BNetzA) zum einen, dass - aufgrund der Festlegung durch ihre Präsidentenkammer - die als "Betroffene" bezeichnete Klägerin auf dem bundesweiten (Großkunden-)Markt für Anrufzustellungen in ihr Mobiltelefonnetz über beträchtliche Marktmacht verfüge. Zum anderen beschloss die BNetzA:

"I.

R e g u l i e r u n g s v e r f ü g u n g

1. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, Betreibern von öffentlichen Telefonnetzen

1.1 die Zusammenschaltung mit ihrem öffentlichen Mobiltelefonnetz am Vermittlungsstandort der Betroffenen zu ermöglichen,

1.2 über die Zusammenschaltung Verbindungen in ihr Netz zu terminieren und

1.3 zum Zwecke des Zugangs gemäß Ziffern 1.1 und 1.2 Kollokation sowie im Rahmen dessen Nachfragern bzw. deren Beauftragten jederzeit Zutritt zu diesen Einrichtungen zu gewähren.

2. Die Betroffene wird dazu verpflichtet, dass Vereinbarungen über Zugänge nach Ziffer 1 auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sind, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen.

3. Die Entgelte für die Gewährung des Zugangs und der Kollokation gemäß Ziffer 1 unterliegen der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG.

II.

Der Betroffenen wird auferlegt, ein Standardangebot für Zugangsleistungen, zu deren Angebot sie durch die in dieser Entscheidung ergangene(n) Regulierungsverfügung verpflichtet worden ist und für die eine allgemeine Nachfrage besteht, innerhalb von drei Monaten nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu veröffentlichen.

Die Angaben zu den Standorten des Zugangs bzw. der Kollokation müssen nicht veröffentlicht werden, sie müssen nur auf Nachfrage interessierten Unternehmen zugänglich gemacht werden."

Zur Begründung führte die BNetzA aus:

Die sachlich relevanten Märkte entsprächen der von der EU-Kommission ausgesprochenen Empfehlung für Markt 16 ("Anrufzustellung in einzelnen Mobilfunktelefonnetzen"). Es handele sich mithin um die bundesweiten GSM- und UMTS-Mobilfunknetze von U. , W. , F. und der Klägerin. Auf diesen regulierungsbedürftigen relevanten Märkten für Anrufzustellung in das jeweilige Mobiltelefonnetz verfüge das jeweilige Unternehmen über beträchtliche Marktmacht im Sinne des § 11 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Die Zusammenschaltungs- und die Terminierungsverpflichtung seien der Klägerin nach § 21 Abs. 3 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 TKG auferlegt worden. Ein Absehen von letzterer Verpflichtung wäre den Interessen der Endnutzer zuwidergelaufen. Die Auferlegung der Verpflichtung sei gerechtfertigt und stehe in einem angemessenen Verhältnis zu den Regulierungszielen des § 2 Abs. 2 TKG. Die Kollokationsverpflichtung erfolge auf der Grundlage von § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG. Sie sei geeignet, erforderlich und unter Berücksichtigung des Kriterienkatalogs des § 21 Abs. 1 Satz 2 Nrn. 1 bis 7 TKG auch angemessen. Rechtliche Grundlagen für das Diskriminierungsverbot seien die §§ 9 Abs. 2, 13 und 19 TKG.

Die Entgelte für die auferlegten Zugangsverpflichtungen seien gemäß § 30 Abs.1 Satz 1 TKG der Vorabregulierung zu unterwerfen gewesen, weil die in § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG aufgeführten Voraussetzungen für ein Abweichen vom Genehmigungserfordernis nach Satz 1 nicht vorlägen. Die nachträgliche Regulierung sei nämlich nicht ausreichend, um das Regulierungsziel der "Wahrung der Verbraucherinteressen" zu erreichen. Die Verbraucherinteressen würden mittelbar durch die Entgelte der Klägerin berührt, wenn diese überhöht seien, was dann der Fall sei, wenn sie sich nicht an den Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung (KeL) orientierten. Durch eine nachträgliche Regulierung gemäß § 38 TKG könne die gebotene Kostenorientierung nicht ausreichend sichergestellt werden, weil insoweit nur eine Missbrauchskontrolle dahin stattfinde, ob die Entgelte maßlos seien. Die Verbraucherinteressen würden durch die Entgelte der Klägerin auch deshalb wesentlich betroffen, weil ein Netzbetreiber die Terminierung in das Netz der Klägerin einkaufen müsse, um Verbindungen in das Mobilfunknetz der Klägerin anbieten zu können. Das Terminierungsentgelt sei ein Teil seiner Kosten, die er - zumindest teilweise - an seine Endkunden weitergebe. Erfahrungsgemäß führten spürbare Absenkungen der (Vorleistungs-)Entgelte zu durchschnittlich niedrigeren Endkundenentgelten. Eine Übergangsfrist zur Einführung der exante-Regulierung sei nicht vorzusehen gewesen. Die zehnwöchige Antragsfrist nach § 31 Abs. 5 TKG diene nicht dem Schutz des regulierten Unternehmens, sondern demjenigen der Nachfrager. Ohnehin könne durch eine vorläufige Anordnung gemäß § 130 TKG sichergestellt werden, dass die Klägerin durch die sofortige Einführung der Genehmigungspflicht nicht um ihren Entgeltanspruch gebracht werde. Zudem sei der Klägerin schon seit Februar 2006 bekannt, dass die Einführung einer Genehmigungspflicht erwogen werde, weshalb sie hinreichend Zeit zur Vorbereitung ihres Genehmigungsantrages gehabt habe. Die Pflicht zur Einräumung einer Übergangsfrist folge auch nicht aus § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG, der lediglich den Widerruf einer Verpflichtung, nicht aber deren erstmalige Auferlegung regele. Die Auferlegung der Verpflichtung zur Erstellung eines Standardangebotes folge aus § 23 Abs. 1 TKG.

Die Klägerin hat am 15. September 2006 Klage erhoben. Sie trägt vor:

Der Bescheid sei formell rechtswidrig, weil kein ordnungsgemäßes Konsultationsverfahren stattgefunden habe. So sei sie - die Klägerin - zum Entwurf der Regulierungsverfügung nicht ordnungsgemäß angehört worden. Insbesondere die alleinige Durchführung einer Anhörung zum an U. gerichteten Entwurf einer Regulierungsverfügung sei nicht ausreichend gewesen. Eine Heilung der Verfahrensfehler nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 des Verwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG) scheitere an dessen Unanwendbarkeit. Dieser Verfahrensfehler sei nicht unbeachtlich im Sinne des § 46 VwVfG. Auch habe die BNetzA ihre noch im Konsultationsverfahren bestehende Rechtsauffassung, bei freiwilliger Fortsetzung des Absenkungspfades reiche eine expost-Kontrolle aus, stillschweigend geändert. Die genannten Fehler verletzten sie auch in ihren Rechten. Der Verfahrensfehler habe zu Abwägungsfehlern geführt.

Der angefochtene Bescheid sei auch materiell rechtswidrig. Dies gelte zunächst für die darin enthaltene Festlegung der Präsidentenkammer. Die Feststellung beträchtlicher Marktmacht sei im Falle der Klägerin schon deshalb unzutreffend, weil sie auf dem jedenfalls vorliegend nicht anwendbaren Konzept "Ein Netz-Ein Markt" beruhe. Selbst bei Anwendung dieses Grundsatzes aber verfüge sie nicht über beträchtliche Marktmacht. Es treffe nicht zu, dass jedes Mobilfunknetz im Rahmen der Terminierung einen eigenen Markt darstelle, denn eine Substitution der Terminierungsleistung der Klägerin sei Endkunden, von deren Nachfrage die Vorleistungsnachfrage direkt abgeleitet werde, auf zahlreichen Wegen - etwa durch Inanspruchnahme von Home-Zone Produkten oder Rückrufen - möglich. Die BNetzA habe es versäumt, eine gesonderte Untersuchung zum Substitutionsverhalten durchzuführen. Im Übrigen seien auch die Angebote von Service-Providern und Discountern fälschlich außer Acht gelassen worden. Schließlich nutze sie, die Klägerin, als einziger deutscher Mobilfunknetzbetreiber nicht nur ein Netz, da ihr GSM-Netz noch nicht voll ausgebaut sei. Zum Zwecke der Terminierung nutze sie in etwa 10 % aller für Endkunden benutzten Verkehrsminuten das Netz von U.

Auch unter Zugrundelegung des Konzepts der BNetzA fehle ihr die beträchtliche Marktmacht. Eine Preissetzungsfreiheit bestehe in ihrem Falle als kleinstem Mobilfunkunternehmer allenfalls eingeschränkt. Sie könne ihre Terminierungsentgelte nicht unabhängig von den drei großen Netzbetreibern festsetzen. Derzeit biete sie deshalb Terminierungsleistungen unterhalb der ihr tatsächlich entstehenden Kosten an. Die BNetzA habe unzulässigerweise versäumt, das Marktversagen bezogen auf den konkreten Netzbetreiber festzustellen. Insbesondere U1. verfüge über eine beträchtliche direkte entgegengerichtete Nachfragemacht; eine solche werde im Übrigen auch durch Service-Provider und Discounter und deren No-Frills Angebote ausgeübt. Zudem übten die Endkunden eine indirekte entgegengerichtete Nachfragemacht aus.

Die Behörde habe nicht ausreichend untersucht und substantiiert dargelegt, wieso das allgemeine Wettbewerbsrecht nicht ausreiche. Auf die Märkte-Empfehlung der Kommission könne sie sich insoweit nicht stützen, weil diese veraltet sei. Insbesondere hätte geprüft werden müssen, ob die von der BNetzA angenommene Regulierungsbedürftigkeit der Mobilfunkterminierungsentgelte erst durch die Regulierung der Festnetztarife geschaffen worden sei. Jedenfalls in Bezug auf die Terminierung auf "H. "-Festnetznummern habe die Klägerin keine beträchtliche Marktmacht, weil sie sich insoweit nicht unabhängig von ihren Wettbewerbern, insbesondere den Festnetzanbietern, verhalten könne.

Die Marktdefinition der BNetzA sei auch insofern unzutreffend, als die Leistung "lokale Anrufweiterleitung", die im Rahmen der Terminierung im Netz der Klägerin nicht existiere, nicht habe einbezogen werden dürfen. Auch die Anrufzustellung im Rahmen von "H. ", die überwiegend im Festnetz von C. (Germany) erfolge, sei nicht Marktbestandteil.

Die Regulierungsverfügung selbst sei auch materiell rechtswidrig, dies insbesondere im Hinblick auf die Anordnung der exante-Entgeltgenehmigungspflicht. Insoweit sei es zunächst zu einem völligen Ermessensausfall gekommen. Des Weiteren erforderten die Regulierungsziele, insbesondere dasjenige der Wahrung der Verbraucherinteressen, keine exante-Kontrolle. Zu deren Wahrung sei nicht unbedingt ein möglichst niedriges Niveau der Terminierungsentgelte anzustreben; vielmehr sei auch eine hochwertige Versorgung im Sinne der Verbraucher, für die wiederum Investitionen in Milliardenhöhe erforderlich seien, die allein unter Heranziehung der Terminierungsentgelte als Kostendeckungsbeitrag möglich seien. Sinkenden Verbraucherpreisen auf der einen Seite stünden damit steigende Verbraucherpreise auf der anderen gegenüber. Diesen sog. Wasserbetteffekt habe die BNetzA verkannt. Ihre Terminierungsentgelte seien nicht überhöht, zumal sie einen freiwilligen Absenkungspfad eingeschlagen habe, welcher eine Entgeltüberhöhung auch für die Zukunft ausschließe. In der Nichtberücksichtigung dieses Absenkungspfades liege ein weiteres Abwägungsdefizit. Die Tatsache, dass sich F. als einziger der vier Mobilfunknetzbetreiber geweigert habe, eine Vereinbarung über den Absenkungspfad zu schließen, sei für Regulierungsmaßnahmen gegenüber ihr, der Klägerin, unerheblich. Für das Verhalten von F. könne sie nicht verantwortlich gemacht werden; vielmehr hätten die jeweiligen Absenkungspfade der einzelnen Mobilfunknetzbetreiber unabhängig voneinander beurteilt werden müssen. Die Behörde habe unzutreffenderweise KeL als Maßstab für die Frage der Entgeltüberhöhung gewählt und nicht den Missbrauchsmaßstab. Jedenfalls sei eine nachträgliche Entgeltregulierung, deren Prüfungstiefe die BNetzA verkannt habe, ausreichend gewesen. Weiter sei die Abwägung der verschiedenen Regulierungsziele unzureichend ausgefallen, was einem völligen Abwägungsausfall gleichkomme. Ein weiteres Abwägungsdefizit liege in der unzureichenden Berücksichtigung des Regulierungsziels der Sicherstellung eines chancengleichen Wettbewerbs, welches in ihrem Falle als nicht erheblich qualifiziert worden sei. Insoweit hätte die BNetzA berücksichtigen müssen, dass eine milde Regulierung der Entgelte der Klägerin gerade zur Herstellung eines chancengleichen Wettbewerbs hätte beitragen können. Insoweit habe die BNetzA erwägen müssen, ob hinsichtlich der aufzuerlegenden Regulierungsmaßnahmen zwischen den Betreibern zu differenzieren sei. Ein weiteres Abwägungsdefizit liege in der nicht ausreichenden Berücksichtigung des Regulierungsziels des § 2 Abs. 2 Nr. 3 TKG. Infolge des Ausfalls geplanter Einnahmen aufgrund der angefochtenen Verfügung unterblieben voraussichtlich ein Teil des geplanten Netzausbaus der Klägerin sowie weitere Innovationen.

Auch die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung sowie der Gleichbehandlungsverpflichtung sei aus Gründen der Verhältnismäßigkeit rechtswidrig, diejenige der Kollokationsverpflichtung sei aus Gründen der Unmöglichkeit rechtswidrig; die Rechtswidrigkeit der Verpflichtung zur Vorlage eines Standardangebotes folge daraus, dass es eine Nachfrage nach isolierten Terminierungsleistungen der Klägerin nicht gebe.

Jedenfalls in Bezug auf die Terminierung unter "H. "-Festnetzrufnummern seien die angeordneten Regulierungsmaßnahmen rechtswidrig. Eine Zusammenschaltung und Terminierung sei ihr insoweit schon nicht möglich, da die "H. "-Rufnummern aus dem Bestand der C. (Germany) stammten.

Der Hilfsantrag sei notwendig, da unklar sei, ob die Marktabgrenzung zum regelnden Teil der Regulierungsverfügung gehöre.

Die Klägerin beantragt,

1. den Bescheid der Bundesnetzagentur vom 29. August 2006 aufzuheben,

2. hilfsweise,

festzustellen, dass Anrufzustellungen im Rahmen des "H. "-Produktes der Klägerin auf "H. "-Festnetznummern nicht dem regulierungsbedürftigen relevanten Markt im Sinne der vorgenannten Bescheides unterfallen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie verteidigt den angefochtenen Bescheid und trägt vor: Der Bescheid sei zunächst formell rechtmäßig. Die insoweit behaupteten Fehler des Konsultations- und Konsolidierungsverfahrens verletzten die Klägerin ohnehin nicht in ihren Rechten. Die Verfahren seien aber auch ordnungsgemäß durchgeführt worden. Insbesondere habe sie ihren Standpunkt zur Relevanz des Absenkungspfades nicht geändert; auch sei kein Automatismus in der von der Klägerin angenommenen Weise angelegt gewesen. Jedenfalls seien etwaige Fehler geheilt worden oder unbeachtlich.

Darüber hinaus sei der Bescheid auch materiell rechtmäßig. Dies gelte zunächst für die Marktdefinition und -analyse. Hinsichtlich der Marktdefinition stehe ihr ein Beurteilungsspielraum zu, innerhalb dessen die Stellungnahmen der Kommission und der übrigen nationalen Regulierungsbehörden weitestgehend zu berücksichtigen seien. Dass es zu einer Über- oder Unterschreitung dieses Beurteilungsspielraums bzw. einer Zweckverfehlung oder einem Missbrauch gekommen wäre, sei weder ersichtlich noch vorgetragen. Der Wunsch der Klägerin nach einem abweichenden Entscheidungsergebnis reiche hierfür nicht aus. Hilfsweise sei darauf hinzuweisen, dass die Einzelnetzbetrachtung rechtmäßig sei. Insbesondere bestehe nicht jede Substitutionsmöglichkeit auf Endnutzerebene auch gleichzeitig auf der vorliegend in Rede stehenden Vorleistungsebene. Aber auch bei Substitutionsmöglichkeiten, die die Höhe der Terminierungsentgelte beeinflussten, sei ein Wettbewerbsdruck auf das Angebot von Terminierungsleistungen nicht feststellbar. Insbesondere beim "H. "- Produkt der Klägerin, das ohnehin nur von 35 % ihrer Teilnehmer genutzt werde, sei die Austauschbarkeit deshalb nicht gegeben, weil es insoweit gerade an der für Anrufe an Mobilfunknummern typischen ortsunabhängigen Erreichbarkeit des Angerufenen fehle. Auch das methodische Vorgehen der BNetzA sei nicht zu beanstanden; schon im Ansatz komme es nicht auf eine empirische Begründung der Marktabgrenzung an, da die Bewertung der Austauschbarkeit auf Abstraktionsvorgängen beruhe. Auch der Umstand, dass die Klägerin teilweise auf Vorleistungen von U. angewiesen sei, ändere nichts an der sachlichen Marktabgrenzung. Dass die Klägerin für die Leistungserbringung technisch auf die Mitwirkung eines anderen Mobilfunknetzbetreibers angewiesen sie, ändere nichts daran, dass es für den Terminierungsnachfrager auch für diese Anrufe kein Substitut zur Anrufzustellung durch die Klägerin, in deren Netz die Mobilfunknetznummer geschaltet sei und welche insoweit allein den Preis für die Terminierung bestimme, gebe. Die Regulierungsbedürftigkeit des Terminierungsmarkts sei zu Recht im Rahmen der zu treffenden Prognoseentscheidung bejaht worden. Auch die Marktanalyse, bei der ebenfalls ein Beurteilungsspielraum auf Seiten der Behörde bestehe, sei rechtmäßig. Auch das "H. "-Produkt sei zu Recht in den Markt einbezogen worden. Insbesondere handele es sich hierbei um eine von der Klägerin gegenüber C. (Germany) erbrachte Mobilfunkterminierung. Nur insoweit sei das Produkt Teil des Marktes, nicht aber soweit die Weiterleitung durch C. (Germany) betroffen sei. Die Marktanalyse sei rechtmäßig. Auch insoweit habe sie einen Beurteilungsspielraum. Die Klägerin verfüge über beträchtliche Marktmacht, die auch nicht durch direkte oder abgeleitete Nachfragemacht ausgeglichen werde. Eine andere Beurteilung sei insbesondere nicht durch die von der Klägerin aufgezeigte bisherige Entwicklung der Terminierungsentgelte bedingt. Die erreichten Ab- senkungen seien eher als Indiz für das Ausmaß der ursprünglichen Überhöhung zu werten und zur Abwendung behördlichen Einschreitens erfolgt. Ihre Behauptung, sie erbringe die Terminierungsleistungen kostenunterdeckend, sei unsubstantiiert. Die Auferlegung der Genehmigungspflicht sei ebenfalls zu Recht erfolgt. Auf der Tatbestandsseite des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG sei ihr ein Beurteilungsspielraum eingeräumt, auf der Rechtsfolgenseite ein Dispensermessen, welche beide nicht auf Null reduziert gewesen seien. Für die zu treffende Entscheidung sei keine positive Feststellung erforderlich gewesen, dass die zu regulierenden Entgelte tatsächlich überhöht seien. Eine solche habe sie auch nicht getroffen; sie habe lediglich festgestellt, dass derartige Überhöhungen die Regulierungsziele gefährden würden. Auch sei keine Vergleichsmarktbetrachtung durchgeführt worden, die eine Methode der - vorliegend noch nicht anstehenden - Entgeltregulierung sei. Bei der Gewinnung des Abwägungsmaterials auf der vorgelagerten Stufe sei sie nicht auf das gesetzliche Instrumentarium der Entgeltregulierung beschränkt. Die Auffassung der Klägerin, im Rahmen von § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG müsse stets die Bedeutung aller Regulierungsziele für den konkreten Sachverhalt herausgearbeitet werden, und anschließend seien alle Regulierungsziele mit der ihnen jeweils zukommenden Bedeutung in eine Abwägung mit den anderen Regulierungszielen einzustellen, finde keine Stütze im Gesetz. Zur Wahrung der Verbraucherinteressen seien nicht möglichst niedrige Terminierungsentgelte angestrebt worden, sondern lediglich ein nicht überhöhtes Entgeltniveau. Im Übrigen fördere eine Senkung der Terminierungsentgelte durch den hierdurch ausgeübten Druck zur Kostenminimierung eher die Investitions- und Innovationsbereitschaft als eine Beibehaltung überhöhter Terminierungsentgelte. Der von der Klägerin bemühte Wasserbetteffekt sei hinsichtlich § 2 Abs. 2 Nr. 1 TKG ohne Belang. Quersubventionierungen zugunsten einzelner Verbrauchergruppen, die erst durch überhöhte Entgelte möglich würden, berührten keine gesetzlich geschützten Verbraucherinteressen. Bei der Abwägungsentscheidung sei auch der vereinbarte Absenkungspfad ausdrücklich einbezogen worden. Entgegen der Ansicht der Klägerin sei die Behörde zudem der Frage nachgegangen, ob bei den kleineren Mobilfunknetzbetreibern zumindest im Bereich der Entgeltregulierung eine eingriffsschwächere Regulierung u.a. im Hinblick auf die unterschiedlichen Startbedingungen geboten sein könnte als bei den D-Netz- Betreibern, dies allerdings nicht in der streitgegenständlichen Regulierungsverfügung, sondern derjenigen, die gegenüber F. ergangen sei.

Auch die Auferlegung der übrigen regulatorischen Verpflichtungen sei rechtmäßigerweise erfolgt. Insbesondere mit der Kollokationsverpflichtung werde der Klägerin nichts Unmögliches abverlangt, da sie jedenfalls die Verfügungsmacht über die angemieteten Räumlichkeiten innehabe. Im Übrigen komme eine Beschränkung von Zugangsverpflichtungen auf verfügbare Kapazitäten nicht in Betracht. Auch ihr Unvermögen in Bezug auf "H. " könne die Klägerin einfach beheben, indem sie entweder in ihrem Netz eine Rufnummernumwertung implementiere oder ihren Zusammenschaltungspartnern die erforderliche Information über die Rufnummernumwertung zur Verfügung stelle.

Gegen die Zulässigkeit des Hilfsantrages bestünden Bedenken, da insoweit eine abstrakte Rechtsfrage zur Entscheidung gestellt werde. Jedenfalls sei der Antrag unbegründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Bundesnetzagentur verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

Der angefochtene Bescheid der BNetzA vom 29. August 2006 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin insofern in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), als ihre Zugangs- und Kollokationsentgelte in Ziffer I. 3. der Genehmigung nach Maßgabe des § 31 TKG unterworfen worden sind. Im Übrigen ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

Dabei ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides der Zeitpunkt der Entscheidung der BNetzA,

vgl. Urteile der Kammer vom 05. November 1998 - 1 K 5929/97 - und vom 20. Oktober 2005 -1 K 6724/02-; Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) Urteil vom 07. Februar 2000 - 13 A 180/99 -; Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteile vom 25. April 2001 - 6 C 6.00 -, NVwZ 2001,1399 (UA 12) und vom 03. Dezember 2003 - 6 C 20.02 - (UA 13).

Zunächst liegen die von der Klägerin gerügten Fehler bei der Durchführung des Konsultationsverfahrens nicht vor. Insbesondere genügte die Veröffentlichung des U. -Mobile-Konsultationsentwurfes den Anforderungen der §§ 12 Abs. 1 Satz 1, 13 Abs. 1 Satz 1 TKG in der hier maßgeblichen Fassung vom 22. Juni 2004 (BGBl. I 2004, 1190).

Nach § 12 Abs. 1 Satz 1 TKG gibt die Regulierungsbehörde den interessierten Kreisen Gelegenheit, zu dem Entwurf der Ergebnisse nach den §§ 10 und 11 Stellung zu nehmen. Dies gilt gemäß § 13 Abs. 1 Satz 1 TKG entsprechend, wenn die Regulierungsbehörde - wie vorliegend - auf Grund einer Marktanalyse nach § 11 Verpflichtungen u.a. nach den §§ 19, 20, 21, 24, 30 auferlegt, sofern die Maßnahme Auswirkungen auf den Handel zwischen den Mitgliedstaaten hat.

Den Anforderungen der genannten Vorschriften genügt es, jeweils nur den Tenor des Entscheidungsentwurfs zu Konsultation zu stellen. Dies ergibt sich aus einem Vergleich der Absätze 1 und 2 des § 12 TKG, in denen der Gesetzgeber zwischen dem bloßen Entwurf einerseits und einem begründeten Entwurf andererseits unterscheidet. Denn während in § 12 Abs. 1 TKG (wie auch in Art. 6 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie (Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste, ABl. EG Nr. L 108, S. 33 - RRL -), deren Umsetzung § 12 TKG dient), lediglich vom Entwurf der Ergebnisse die Rede ist, sieht § 12 Abs. 2 Nr. 1 TKG (entsprechend der zugrundeliegenden Vorschrift des Art. 7 Abs. 3 RRL) vor, dass nach Durchführung des Verfahrens nach Absatz 1, der Entwurf der Ergebnisse mit einer Begründung der Kommission und den anderen nationalen Regulierungsbehörden zur Verfügung gestellt wird. Eine andere Vorgehensweise wäre auch insofern nicht sachgerecht, als sie dazu führen würde, dass jede beabsichtigte Änderung der Begründung des Entwurfes eine erneute Konsultationspflicht auslöste.

Über den in Bezug auf ihr Unternehmen beabsichtigten Tenor aber war die Klägerin auch durch die Veröffentlichung des Konsultationsentwurfes bezüglich des Unternehmens U. mit dem Zusatz, dass im Wesentlichen identische Beschlusskonzepte gegenüber allen vier Mobilfunknetzbetreibern vorlägen, informiert.

Dies gilt auch in Ansehung des Umstandes, dass sich in mehreren Fußnoten der Zusatz

"Dies wäre anders zu beurteilen, wenn die Betroffene den Absenkungspfad freiwillig fortsetzen würde, also entsprechende Vereinbarungen schließen würde. In diesem Fall könnte die Beschränkung auf eine nachträgliche Entgeltkontrolle zur Erreichung der Regulierungsziele ausreichen, weil die Betroffene an den Absenkungspfad gebunden wäre."

befand. Diese Anmerkung relativierte nicht den beabsichtigten Tenor, sondern räumte der Klägerin lediglich die Möglichkeit ein, weiter gegen die beabsichtigte Auferlegung der exante-Regulierung vorzutragen.

Der angefochtene Bescheid ist auch - mit Ausnahme seiner Ziffer I. 3 - materiell rechtmäßig.

Dies gilt zunächst für die Festlegung der Präsidentenkammer und die in diesem Zusammenhang durchgeführte Marktdefinition und Marktanalyse.

Nach § 10 Abs. 1 TKG legt die Regulierungsbehörde im Rahmen der Marktdefinition die sachlich und räumlich relevanten Telekommunikationsmärkte fest, die für eine Regulierung nach den Vorschriften des Teiles 2 des TKG in Betracht kommen. Bei dieser Marktabgrenzung ist gemäß § 10 Abs. 2 Satz 3 TKG die Empfehlung der Kommission vom 11. Februar 2003 (ABl. EG Nr. L 114 S. 45 - Märkteempfehlung -) weitestgehend zu berücksichtigen. Diese hat den Markt 16 - Anrufzustellung in einzelnen Mobiltelefonnetzen - als potentiell regulierungsbedürftig eingestuft und damit wiederum Anhang I Ziffer 2 zur RRL, der den Markt für Anrufzustellung in öffentlichen Mobilfunknetzen als einen der Märkte benannte, die in die erste Empfehlung der Kommission über die relevanten Produkt- und Dienstmärkte aufzunehmen waren, umgesetzt. Aus dem Umstand, dass der Gesetzgeber auf diese Weise die Märkteempfehlung zum Tatbestandsmerkmal des § 10 TKG erhoben hat, ergibt sich, dass eine Abweichung von ihr nur ausnahmsweise aufgrund nationaler Besonderheiten gerechtfertigt sein kann,

vgl. auch: Urteil der Kammer vom 17. November 2005 - 1 K 2924/05 -.

Im Regelfall hat die BNetzA damit im Rahmen der Marktabgrenzung - lediglich - die räumliche Tragweite des relevanten Marktes zu bestimmen,

vgl. Ziff. 36 der Leitlinien der Kommission zur Marktanalyse und Ermittlung beträchtlicher Marktmacht nach dem gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (ABl. EG Nr. C 165 Seite 6 - Leitlinien -).

Des Weiteren ist zu berücksichtigen, dass die BNetzA im Rahmen der Marktdefinition über einen Beurteilungsspielraum verfügt, wie sich aus § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG ergibt.

Dies führt dazu, dass das Verwaltungsgericht - lediglich - zu prüfen hat, ob die BNetzA

(1) etwaige Verfahrensbestimmungen eingehalten,

(2) ihrer Entscheidung einen zutreffenden und vollständig ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt,

(3) sich an allgemeingültige Bewertungsgrundsätze und -maßstäbe gehalten,

(4) bei ihrer Entscheidung die konkurrierenden Belange nicht krass, d.h. in einer zur objektiven Gewichtigkeit dieser Belange außer Verhältnis stehenden Weise fehlgewichtet,

(5) objektive Kriterien zugrunde gelegt und das Willkürverbot nicht verletzt,

(6) und die Beurteilung so ausführlich begründet hat, dass dem Gericht die ihm obliegende beschränkte inhaltliche Kontrolle (Punkte 2 bis 5) möglich wird.

In Anwendung dieser Grundsätze ist zunächst gegen die erfolgte Marktabgrenzung rechtlich nichts zu erinnern. Die BNetzA hat unter zutreffender Zugrundelegung des Regel-Ausnahme- Verhältnisses zwischen Märkteempfehlung und etwaiger Abweichung (vgl. Festlegung Seiten 20, 40 und 42) in Anwendung des "Ein-Netz-Ein-Markt"-Konzepts das nationale Mobiltelefonnetz der Klägerin als relevanten Markt abgegrenzt, da sie Anlass für eine Abweichung von der Märkteempfehlung nicht sah. Ihrer Prüfung der Erforderlichkeit eines Abweichens von der Märkteempfehlung hat sie in angängiger Weise das Bedarfsmarktkonzept (vgl. Festlegung Seiten 29 ff.) zugrundegelegt,

vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2001 - 6 C 6/00 -, NVwZ 2001, 1399 (1402); Ziffern 38-54 Leitlinien,

demzufolge es wesentlich auf die funktionelle Austauschbarkeit der Produkte und Dienstleistungen aus Sicht der Nachfrager ankommt und der sachlich relevante Markt somit durch sämtliche Produkte oder Dienstleistungen, die von den Verbrauchern hinsichtlich ihrer Eigenschaften, Preislage und ihres vorgesehenen Verwendungszwecks als austauschbar angesehen werden, bestimmt wird,

vgl. u.a.: BGH, Beschlüsse vom 12. Dezember 1978, BGHZ 73, 65 (72), und vom 24. Oktober 1995, BGHZ 131,107 (110),

wobei die tatsächliche Anschauung des verständigen Abnehmers maßgebend ist,

vgl.: BGH, Beschluss vom 26. Mai 1987, BGHZ 101, 100 (103).

Hiervon ausgehend ist die BNetzA zu dem Schluss gelangt, dass jeder Netzbetreiber in seinem Netz alleiniger Anbieter ist, da derzeit keine Möglichkeit der Substitution der Leistung der Anrufzustellung zu einem bestimmten Anschluss durch einen andern Netzbetreiber besteht. In diesem Zusammenhang hat die BNetzA ausführlich untersucht, ob etwaige Substitute Einfluss auf die vorzunehmende Marktabgrenzung haben konnten (vgl. Festlegung Seiten 31 - 37). Dabei hat sie insbesondere auch die von der Klägerin als Substitutionsmöglichkeiten genannten Produkte "H. ", SMS, Voiceover-IP (VoIP) und Rückruf eingehend gewürdigt. Es ist nicht zu erkennen, dass die BNetzA bei dieser ausführlichen Würdigung der verschiedenen Substitutionsmöglichkeiten ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 14) verletzt hätte.

Dies gilt insbesondere auch insoweit, als die BNetzA das Produkt "H. " insofern als zum Mobilfunkterminierungsmarkt zugehörig qualifiziert hat, als nicht die Gesamtleistung - bestehend aus Festnetzterminierung durch C. (Germany) plus Mobilfunkterminierung durch die Klägerin - in Rede steht, sondern lediglich der von der Klägerin erbrachte Bestandteil, die Mobilfunkterminierung.

Die BNetzA hat diesen Aspekt, dass letztlich auch ein "H. "-Anruf auf die geographische Nummer auf das Mobiltelefon und nicht den Festnetzanschluss des Endkunden zugestellt wird, in ihrer auch insoweit umfänglichen Begründung in den Blick genommen (vgl. Festlegung Seiten 32 - 38), was rechtlich nicht zu beanstanden ist; durch diese Einordnung sind nicht die Grenzen des Beurteilungsspielraumes ü- berschritten worden.

Soweit die Kammer in einem obiter dictum zu ihrer Entscheidung im Verfahren 1 K 8432/04 vom 15. September 2005 hat anklingen lassen, bei den Home-Zone- Produkten stehe allein eine Festnetzterminierungsleistung in Rede, hält sie hieran nicht fest.

Irrelevant für die Marktabgrenzung ist der Umstand, dass die Klägerin noch nicht über ein voll ausgebautes Netz verfügt und dieserhalb ihrerseits auf Vorleistungen der U. zurückgreifen muss ("National Roaming"). Funktional handelt es sich auch insoweit um eine Terminierung im Netz der Klägerin, in dem auch die Nummer geschaltet ist.

Soweit die Klägerin schließlich rügt, die Einbeziehung der lokalen Anrufweiterleitung in den Markt 16 auf Seite 8 der Regulierungsverfügung sei rechtswidrig im Hinblick darauf, dass sie eine solche nicht erbringe, kann sie hiermit nicht durchdringen.

Da sich die bewusste Feststellung nicht im Tenor der Regulierungsverfügung findet und die BNetzA an sie auch keine Konsequenzen geknüpft hat, ist sie lediglich als Begründungselement zu werten, dem keine selbstständige regelnde Wirkung zukommt. Insoweit haben die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung auch klargestellt, dass soweit im angegriffenen Bescheid von "Anrufweiterleitung" die Rede sei, es sich - lediglich - um den denknotwendigen Bestandteil der von der Klägerin zu erbringenden Terminierungsleistung handele.

Nach alledem hat die BNetzA bei der erfolgten Marktabgrenzung unter Zugrundelegung des "Ein-Netz-Ein-Markt"-Konzepts die Grenzen ihres Beurteilungsspielraumes (siehe oben S. 14) unter weitestgehender Berücksichtigung der Märkteempfehlung nicht überschritten.

Des Weiteren ist auch die Durchführung des so genannten Drei-Kriterien-Tests nach § 10 Abs. 2 Satz 1 TKG rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach dieser Vorschrift kommen für eine Regulierung Märkte in Betracht, die (1) durch beträchtliche und anhaltende strukturell oder rechtlich bedingte Marktzutrittsschranken gekennzeichnet sind, (2) längerfristig nicht zu wirksamem Wettbewerb tendieren und auf denen (3) die Anwendung des allgemeinen Wettbewerbsrechts allein nicht ausreicht, um dem betreffenden Marktversagen entgegenzuwirken.

Auch insoweit ist wiederum die Verpflichtung der BNetzA zur weitestgehenden Berücksichtigung der Märkteempfehlung mit den oben dargelegten Konsequenzen zu beachten.

Ausgehend von dem geschilderten Regel-Ausnahme-Verhältnis bezüglich Märkteempfehlung und Abweichung hiervon ist gegen die diesbezüglichen Ausführungen der BNetzA auf Seiten 44/45 der Festlegung - insbesondere diejenigen hinsichtlich des 3. Kriteriums des Ausreichens des allgemeinen Wettbewerbsrechts - nichts zu erinnern. Es ist nicht erkennbar, dass die Behörde mit ihren - mit dem Bundeskartellamt gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 TKG abgestimmten - Darlegungen dazu, das allgemeine Wettbewerbsrecht ermögliche nur ein punktuelles Eingreifen, erforderlich seien aber wesentlich detailliertere Befugnisse, zudem ermögliche das TKG ein schnelleres Einschreiten, ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 14) verletzt hätte. Vielmehr sind diese Erwägungen - auch mit Blick auf das Begründungserfordernis - ausreichend.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang insbesondere rügt, die BNetzA habe die Auswirkungen der Festnetzregulierung auf die entgegengerichtete Nachfragemacht im Zusammenhang mit der Frage des Ausreichens des allgemeinen Wettbewerbsrechts nicht hinreichend untersucht, ist darauf zu verweisen, dass insoweit - im Kontext des § 11 TKG - auf Seiten 50 ff. der Festlegung sehr wohl umfängliche Überlegungen erfolgt sind.

Auch die Marktanalyse gemäß § 11 TKG ist nicht zu beanstanden. Nach § 11 Abs. 1 TKG prüft die Regulierungsbehörde im Rahmen der Festlegung nach § 10, ob auf dem untersuchten Markt wirksamer Wettbewerb besteht. Wirksamer Wettbewerb besteht nicht, wenn ein oder mehrere Unternehmen auf diesem Markt über beträchtliche Marktmacht verfügen. Ein Unternehmen gilt als Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, wenn es entweder allein oder gemeinsam mit anderen eine der Beherrschung gleichkommende Stellung einnimmt, das heißt eine wirtschaftlich starke Stellung, die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern und Endnutzern zu verhalten. Dabei berücksichtigt die Behörde weitestgehend die von der Kommission aufgestellten Kriterien, niedergelegt in den Leitlinien.

Aus letzterem Satz folgt, dass der BNetzA auch hinsichtlich der Marktanalyse ein Beurteilungsspielraum zukommt. Denn die so inkorporierten Leitlinien sehen wiederum in Ziffern 22 und 71 vor, dass die Regulierungsbehörden bei der Ausübung ihrer Befugnisse gemäß Artt. 15 und 16 RRL aufgrund der komplizierten ineinandergreifenden Faktoren (wirtschaftlicher, sachlicher und rechtlicher Art), die bei der Definition relevanter Märkte und bei der Ermittlung von Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht gewürdigt werden müssen, über einen weitreichenden Ermessensspielraum (was, da vorliegend die tatbestandliche Seite in Rede steht, nach deutschem Sprachgebrauch einen Beurteilungsspielraum meint) verfügen.

Es ist nicht ersichtlich, dass die BNetzA bei ihrer Einschätzung, die Klägerin verfüge auf ihrem Markt für Anrufzustellung in ihr Mobiltelefonnetz über beträchtliche Marktmacht, ihren Beurteilungsspielraum verletzt hätte.

Insoweit ist zunächst festzustellen, dass die BNetzA in ihrer Festlegung ausdrücklich den von der Klägerin hervorgehobenen Aspekt, dass die Feststellung eines Marktanteiles von 100 % noch nicht die Feststellung einer beträchtlichen Marktmacht bedeute, teilt (vgl. Festlegung Seiten 47 und 70).

Die von der Klägerin erhobenen Rügen gegen das methodische Vorgehen der BNetzA im Rahmen der Marktanalyse greifen nicht durch:

Insbesondere hat die BNetzA untersucht, ob die Mobilfunkanbieter in unterschiedlichem Maße über ansehnliche Marktmacht verfügen und inwieweit eine gegenseitige Abhängigkeit der Mobilfunkanbieter voneinander bestehe (vgl. Festlegung Seiten 47 f. und 58 f.). Des Weiteren hat sie ausführlich das Bestehen einer etwaigen entgegengerichteten Nachfragemacht der E. (vgl. Festlegung Seiten 50 - 55) sowie alternativer Festnetzbetreiber (vgl. Festlegung Seiten 55 - 58) geprüft. Gleiches gilt für die Untersuchung einer entgegengerichteten indirekten Nachfragemacht durch Endkunden (vgl. Festlegung Seiten 61 - 69).

Dass die BNetzA insoweit ihren Beurteilungsspielraum (siehe oben S. 14) verletzt hätte, ist nicht zu erkennen.

Nach alledem ist die Festlegung nach §§ 10 und 11 TKG rechtmäßig erfolgt.

Auch die Regulierungsverfügung ist - mit Ausnahme ihrer Regelung unter Ziffer I. 3 - rechtmäßig.

Dies gilt zunächst für die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung.

Rechtsgrundlage für diese Maßnahmen sind die §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 3 und § 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG. Nach den genannten Vorschriften soll die Regulierungsbehörde Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze, die - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügen, die Verpflichtung auferlegen, die Zusammenschaltung von Telekommunikationsnetzen zu ermöglichen. Dabei erfasst der Begriff der "Zusammenschaltung" in §§ 3 Nr. 34, 21 Abs. 3 Nr. 2 TKG auch die Terminierung. Dies ergibt sich aus Anhang I Nr. 2 zur RRL, die, da das TKG u.a. ihrer Umsetzung dient,

vgl. u.a.: BR-Drucksachen 755/03, Seite 1, 75 und 200/04, Seite 1; C. -Drucksache 15/2674, Seite 5,

zur Auslegung heranzuziehen war. Dort wird nämlich unter dem Begriff der Zusammenschaltung u.a. die Anrufzustellung genannt.

Die Fassung des § 21 Abs. 3 TKG als Soll-Vorschrift führt zu einer Einschränkung des Ermessensspielraums der Behörde insofern, als die in Absatz 3 genannten Verpflichtungen in der Regel auferlegt werden müssen und nur in atypischen Sonderfällen hiervon abgesehen werden kann. Nach Absatz 3 soll die Regulierungsbehörde die dort genannten Verpflichtungen "nach Absatz 1" auferlegen. Aus der sprachlichen Differenzierung zur Formulierung des Absatzes 2, wonach die Behörde "unter Beachtung von Absatz 1" bestimmte Verpflichtungen auferlegen kann, folgt, dass im Rahmen des Absatzes 3 eine Prüfung der Kriterien nach Absatz 1 Nrn. 1 bis 7 unterbleibt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass der Gesetzgeber durch den Verweis auf Absatz 1 in Absatz 3 zum Ausdruck bringen wollte, dass er die in Absatz 1 genannten Zielvorgaben im Regelfall durch eine Anordnung nach Absatz 3 als erfüllt ansieht,

vgl.: Thomaschki in: Berliner Kommentar zum TKG, § 21 Rdn. 142; Piepenbrock/Attendorn in: Beck´scher TKG Kommentar, 03. Auflage, § 21 Rdn. 258.

Ein atypischer Sonderfall, der die BNetzA zum Absehen von der Auferlegung der Zusammenschaltungs- bzw. Terminierungsverpflichtung hätte berechtigen können, liegt nicht vor. Ein solcher ist insbesondere nicht in dem Umstand zu sehen, dass die Klägerin angibt, bisher freiwillige Zusammenschaltungen in keinem Falle grundlos verweigert zu haben. Angesichts der überragenden Wichtigkeit der Zusammenschaltung, auf die die Marktteilnehmer angewiesen sind, um überhaupt auf dem Markt auftreten zu können, ist die abstrakte Gefahr, dass das freiwillige Angebot zurückgezogen und damit ein Scheitern der Zusammenschaltung provoziert wird, ausreichend für die Auferlegung der Zusammenschaltungsverpflichtung.

Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang rügt, die Auferlegung der Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung sei in Bezug auf das "H. "- Produkt deshalb rechtswidrig, weil ihr insoweit etwas Unmögliches abverlangt werde, kann sie hiermit nicht gehört werden. Zwar trägt sie unwidersprochen vor, die Terminierung in ihrem Mobilfunknetz nur im Zusammenwirken mit C. (Germany) vornehmen zu können, weil C. (Germany) zunächst eine Rufnummernumwertung vornehmen und eine netzbetreiberspezifische Portierungskennung einfügen müsse. Dies ändert aber nichts daran, dass - wie die Klägerin selbst einräumt - der letzte Schritt der Anrufzustellung im Mobilfunknetz der Klägerin stattfindet. Nur dieser letzte Schritt wird aber - wie dargelegt - von der Regulierungsverfügung überhaupt erfasst. Mit der streitgegenständlichen Zusammenschaltungs- und Terminierungsverpflichtung wird der Klägerin nicht etwa aufgegeben, Anrufe an "H. "-Festnetznummern unmittelbar - unter Ausschluss von C. (Germany) - selbst von einem anderen Zusammenschaltungspartner entgegen zu nehmen bzw. das "H. "-Produkt zu "zerschlagen", wie sie befürchtet. Vielmehr ist die Klägerin lediglich gehalten, im Rahmen des bestehenden "H. "-Produktes - wie bislang auch - Mobilfunkterminierungen vorzunehmen.

Des Weiteren hat die BNetzA der Klägerin zu Recht die Kollokationsverpflichtung nach der Soll-Vorschrift des § 21 Abs. 3 Nr. 4 TKG auferlegt. Der diesbezüglich vorgebrachte Einwand der Klägerin, sie sei lediglich Mieterin der Kollokationsräume und könne daher dritten Nachfragern keine Verfügungsrechte einräumen, führt nicht zur Annahme eines Ausnahmefalles, der ein Absehen von der Auferlegung der Pflicht zur Kollokation rechtfertigen könnte. Eine Vertragsgestaltung kann nicht dazu angetan sein, den Zugangsanspruch der Zusammenschaltungspartner zu vereiteln. Insofern ist die Klägerin gehalten, auf ihren Vertragspartner C. (Germany) dergestalt einzuwirken, dass die jederzeitige Zugangsgewährung für die Zusammenschaltungspartner - wie offenbar bislang auch - gewährleistet ist. Sollte sich dies als nicht möglich herausstellen, muss sie die Kollokation anderweitig - etwa durch Schaffung eigener Kollokationsflächen oder durch kundenseitige Zusammenschaltung bzw. eine solche außerhalb des Kollokationsraumes (was die Regulierungsverfügung ausdrücklich für möglich erklärt) - sicherstellen.

Auch die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung ist rechtlich nicht zu beanstanden.

Nach den Vorschriften der §§ 9 Abs. 2, 13 Abs. 3, 19 TKG kann die Regulierungsbe- hörde einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes mit beträchtlicher Marktmacht - wie die Klägerin - dazu verpflichten, dass Vereinbarungen über Zugänge auf objektiven Maßstäben beruhen, nachvollziehbar sein, einen gleichwertigen Zugang gewähren und den Geboten der Chancengleichheit und Billigkeit genügen müssen.

Die BNetzA hat die Auferlegung der Gleichbehandlungsverpflichtung u.a. auf den Umstand gestützt, dass die Klägerin vertikal integriert sei und somit grundsätzlich eine Gefahr des internen Einräumens von günstigeren Konditionen bestehe; Ausnah- megründe seien vorliegend nicht ersichtlich.

Diese Ermessenserwägungen sind nicht zu beanstanden.

Denn allgemein wird es als grundsätzlich geboten betrachtet, in wettbewerbsdefizitären Märkten gegenüber den marktmächtigen Unternehmen die telekommunikationsrechtliche Gleichbehandlungsverpflichtung anzuordnen, insbesondere dann, wenn Unternehmen mit Marktmacht - wie die Klägerin - vertikal integriert sind und Dienste für andere Anbieter erbringen, mit denen sie auf dem nachgelagerten Markt in Wettbewerb stehen,

vgl. Piepenbrock/Attendorn, Beck´scher TKG Kommentar, 03. Auflage, § 19 Rdn. 19 sowie Erwägungsgrund 17 der ZRL; ferner: Nolte in: Berliner Kommentar zum TKG, § 19 Rdn. 18, m.w.N., der in einer solchen Fallkonstellation sogar eine Ermessensreduzierung auf Null annimmt.

Schließlich ist auch die Verpflichtung zur Veröffentlichung eines Standardangebotes rechtmäßig.

Nach der insoweit von der BNetzA herangezogenen Ermächtigungsgrundlage des § 23 Abs. 1 TKG soll die Regulierungsbehörde einen Betreiber eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügt und einer Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG unterliegt, verpflichten, ein Standardangebot für die Zugangsleistung zu veröffentlichen, für die eine allgemeine Nachfrage besteht.

Aus der Ausgestaltung der Norm als Soll-Vorschrift ergibt sich, dass im Regelfall im Rahmen jeder Zugangsverpflichtung nach § 21 TKG für die jeweils umfassten Leistungen eine Verpflichtung zur Abgabe eines Standardangebotes aufzuerlegen ist.

Der insoweit von der Klägerin erhobene Einwand, eine Nachfrage nach isolierten Terminierungsleistungen gebe es nicht, da Zusammenschaltungen immer auf Gegenseitigkeit beruhten, sie aber ein Standardangebot nur für die von ihr zu erbringenden Terminierungsleistungen in ihrem Netz abgeben könne, ist nicht dazu angetan, einen Ausnahmefall zu belegen. Vielmehr versteht sich von selbst, dass sich das von der Klägerin zu erstellende Standardangebot nur auf "ihre" Seite der Zusammenschaltung beziehen soll, nämlich die von ihr zu erbringenden Terminierungsleistungen in ihrem Netz.

Rechtswidrig ist die Regulierungsverfügung allerdings insoweit, als die BNetzA in Ziffer I. 3 die Entgelte der Klägerin für Zugangsgewährung und Kollokation der Entgeltregulierung nach § 31 TKG unterworfen hat; insoweit war sie aufzuheben.

Nach dem als Ermächtigungsgrundlage herangezogenen § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG unterliegen Entgelte eines Betreibers eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes, der - wie die Klägerin - über beträchtliche Marktmacht verfügt, für nach § 21 auferlegte Zugangsleistungen einer Genehmigung nach Maßgabe des § 31. Gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG soll die Regulierungsbehörde abweichend von Satz 1 solche Entgelte dann einer nachträglichen Regulierung nach § 38 Abs. 2 bis 4 unterwerfen, wenn

1. der Betreiber nicht gleichzeitig auch auf dem Markt für Endkundenleistungen, auf dem der Betreiber tätig ist, über beträchtliche Marktmacht verfügt,

2. nach Inkrafttreten des Gesetzes beträchtliche Marktmacht festgestellt worden ist, ohne dass der Betreiber zuvor auf dem relevanten Markt von der Regulierungsbehörde als marktbeherrschend eingestuft wurde und

3. diese Maßnahme zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 ausreicht.

Die Voraussetzungen dieser Soll-Vorschrift - von denen lediglich die Ziffer 3 umstritten ist - lagen im maßgeblichen Zeitpunkt vor. Dies ergibt sich aus Folgendem:

Die Regelung des Satzes 2 des § 30 Abs. 1 TKG soll dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz Rechnung tragen; exante-Genehmigungsprozeduren sollen auf das erforderliche Maß beschränkt werden,

vgl. zu § 28 TKGE: C. -Drucksache 15/2679, Seite 14.

Ebenso betonen die europarechtlichen Vorgaben, dass die jeweils auferlegten Verpflichtungen angemessen, gerechtfertigt und erforderlich bzw. verhältnismäßig sein müssen, vgl. Art. 8 Abs. 2 und 4 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 07. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung, ABl. EG Nr. L 108, S. 7 - ZRL -, Ziffern 117 und 118 der Leitlinien. Ziffer 118 der Leitlinien lautet:

"...Das Verhältnismäßigkeitsprinzip ist im Gemeinschaftsrecht fest verankert. Es besagt im Wesentlichen, dass die Mittel, die zur Erreichung eines bestimmten Zwecks eingesetzt werden, nicht über das hinausgehen sollten, was zur Erreichung dieses Zwecks angemessen und erforderlich ist.... Die Mittel, die zur Erreichung dieses Ziels eingesetzt werden, müssen notwendig sein, sollten aber keine unzumutbare Belastung darstellen, d.h. bei den ergriffenen Maßnahmen sollte es sich um das Minimum handeln, was zur Erreichung des in Frage stehenden Ziels erforderlich ist."

Ausgehend von diesen Vorgaben ergibt sich, dass die Behörde das eingriffstärkere Mittel der exante-Regulierung erst anwenden darf, wenn feststeht, dass eine expost-Regulierung nach Maßgabe des § 38 Abs. 2 bis 4 TKG nicht ausreichend ist. Bei dieser Prüfung ist zum einen zu berücksichtigen, dass gemäß § 30 Abs. 1 Satz 2 Ziffer 3 TKG die expost-Regulierung lediglich zur Erreichung der Regulierungsziele ausreichen muss, d.h. eine optimale Zielerreichung nicht gefordert ist. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass auch die expost-Regulierung eine Art der Entgeltregulierung ist, welche ebenfalls der Wahrung der Ziele des § 2 Abs. 2 TKG und erst recht dem in § 27 Abs. 1 TKG normierten speziellen Ziel der Entgeltregulierung dient. Sie wird daher vom Gesetzgeber grundsätzlich als ebenso geeignetes Mittel der Preiskontrolle angesehen wie die Genehmigungspflicht. Bei Endkundenleistungen, die die vorliegend in Rede stehenden Verbraucherinteressen unmittelbarer berühren als Vorleistungsentgelte, reicht nach der Vorstellung des Gesetzgebers die expost-Kontrolle sogar in der Regel aus, § 39 Abs. 3 Satz 1 TKG. Zudem kann auch im Rahmen der expost-Regulierung in der Form von § 38 Abs. 2 bis 4 TKG unter den Voraussetzungen des § 38 Abs. 2 Satz 3 TKG eine Kos- tenprüfung anhand von Kostenunterlagen in Betracht kommen. Dabei kann die Behörde nicht nur missbräuchlich hohe Entgelte untersagen, sondern den Maßstäben des § 28 TKG genügende Entgelte anordnen, § 38 Abs. 4 Satz 2 TKG.

Einer gerichtlichen Überprüfung anhand dieser Grundsätze hält die vorgenommene Auferlegung der Vorabregulierung in der angefochtenen Regulierungsverfügung nicht stand. Dabei hat das Gericht die nach § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG getroffene Abwägungsentscheidung voll zu überprüfen; ein Beurteilungsspielraum ist der Behörde insoweit nicht eingeräumt. Gegen die im Lichte des Art. 19 Abs. 4 GG als Ausnahme anzusehende Einräumung eines Beurteilungsspielraumes spricht insofern zunächst, dass weder der Gesetzes- wortlaut - anders als in § 10 Abs. 2 Satz 2 TKG - noch die Gesetzesbegründung hierfür etwas hergeben. Auch ist nicht erkennbar, dass - abweichend vom Normalfall - vorliegend etwa der gerichtliche Rechtsschutz an seine Funktionsgrenzen stieße. Denn für die Überprüfung der behördlichen Auslegung des Tatbestandsmerkmals "ausreicht" im dargelegten Sinne unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit stehen hinreichend klare Kriterien zur Verfügung. Dies gilt zumal, da das Gericht bei der Würdigung des in § 2 Abs. 2 TKG definierten Abwägungsprogramms gegebenenfalls externen Sachverstand in Anspruch nehmen kann.

Die BNetzA hat die Zugangs- und Kollokationsentgelte nach § 30 Abs. 1 Satz 1 TKG der exante-Regulierung unterworfen, da die Voraussetzungen für eine Abweichung vom Genehmigungserfordernis des Satzes 1 nicht vorlägen; die nachträgliche Regulierung sei nämlich nicht ausreichend, um das Regulierungsziel der Wahrung der Verbraucherinteressen zu erreichen (§ 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG). Die Verbraucherinteressen würden mittelbar durch überhöhte Entgelte der Klägerin betroffen. Überhöht seien Entgelte grundsätzlich dann, wenn sie sich nicht an KeL orientierten. Die gebotene enge Kostenorientierung der Entgelte könne durch eine nachträgliche Regulierung gemäß § 38 TKG nicht ausreichend sichergestellt werden.

Der Ansatz der BNetzA, Entgelte seien dann überhöht, wenn sie sich nicht an KeL orientierten, ist unzutreffend. Auch Entgelte, die nicht gegen den Missbrauchsmaßstab des § 28 TKG verstoßen, können nicht überhöht sein. Der KeL-Maßstab des § 31 Abs. 1 und 2 TKG kann erst relevant werden, nachdem feststeht, dass Entgelte der exante-Regulierung unterworfen sind; er kann aber nicht schon bei der Klärung der Frage herangezogen werden, ob die exante- oder die ex- post-Regulierung einschlägig sein soll. Die übrigen Ausführungen der BNetzA dazu, weshalb die expost-Regulierung nicht ausreichend zur Wahrung der Verbraucherinteressen sei, erschöpfen sich in abs- trakten, nicht an Tatsachen bzw. konkreten Zahlen belegten Ausführungen und Vermutungen ohne Einzelfallbezug. Wollte man diese Art der Begründung genügen lassen, wäre eine expost-Regulierung zur Wahrung der - nicht nur der Wahrung von Verbraucherinteressen dienenden - Ziele des § 2 Abs. 2 TKG praktisch nie ausreichend.

Mit diesen - wie dargelegt - von einer unrichtigen Prämisse getragenen abstrakten Überlegungen ist die BNetzA dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bzw. dem dargelegten Stufenverhältnis zwischen expost- und exante-Regulierung nicht gerecht geworden.

Vgl. insoweit auch den von der BNetzA herangezogenen Gutachter König, demzufolge die Nachteile einer exante-Regulierung (u.a. die Gefahr des Übermaßes der Regulierung) so gravierend seien, dass sie, als intensivste Regulierungsform, bei Mobilfunkterminierungsentgelten erst zum Einsatz kommen solle, nachdem sich andere weniger eingriffsintensive Instrumente als ungeeignet erwiesen hätten (Gutachten Seite 66 f.).

Da hiernach die BNetzA als mit besonderem Sachverstand ausgestattete, wissenschaftlich unterstützte Fachbehörde (vgl. § 125 TKG) nicht belastbar und ausreichend darlegen konnte, dass eine Regulierung nach § 38 Abs. 2 bis 4 TKG zur Erreichung der Regulierungsziele nach § 2 Abs. 2 TKG nicht ausreicht, geht das Gericht mangels anderweitiger gewichtiger Anhaltspunkte davon aus, dass im Gegenteil die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TKG im maßgeblichen Zeitpunkt vorlagen. Dies gilt umso mehr, als nach den Feststellungen der Monopolkommission die Mobilfunkterminierungsentgelte in Deutschland unterhalb des EU-Durchschnitts liegen,

Sondergutachten 39 (2003), Rdn. 210 ff., 213 ff.

Da auch die beiden übrigen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 Satz 2 TKG - unproblematisch - erfüllt sind, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen der Soll- Vorschrift des Satzes 2 des § 30 Abs. 1 TKG insgesamt vor. Damit mussten - außer bei atypischen Umständen - die Entgelte der nachträglichen Regulierung unterworfen werden. Für das Vorliegen eines atypischen Sonderfalls ist indes nichts ersichtlich. Insbesondere die insofern im Klageverfahren von der BNetzA angeführte Befürchtung eines Vertragsverletzungsverfahrens gibt hierfür nichts her.

Der Hilfsantrag bleibt nach dem oben Gesagten jedenfalls ohne Erfolg, da die BNetzA zu Recht Mobilfunkterminierungen im Rahmen des "H. "-Produktes auf "H. "-Festnetznummern dem Markt 16 zugerechnet hat

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache gemäß § 135 Satz 3 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen.






VG Köln:
Urteil v. 01.03.2007
Az: 1 K 4148/06


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/38e5aa178a0e/VG-Koeln_Urteil_vom_1-Maerz-2007_Az_1-K-4148-06




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