Bundespatentgericht:
Beschluss vom 10. Dezember 2001
Aktenzeichen: 30 W (pat) 4/01

(BPatG: Beschluss v. 10.12.2001, Az.: 30 W (pat) 4/01)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 23. Februar 2000 und 3. November 2000 aufgehoben.

Gründe I.

Zur Eintragung in das Markenregister angemeldet ist die Bezeichnung Hochbrandfaktor.

Sie ist nach einer Beschränkung des Warenverzeichnisses im Beschwerdeverfahren noch bestimmt für die Waren "Keramische Fassadenschindeln."

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung - bezogen auf das ursprünglich eingereichte Warenverzeichnis - wegen fehlender Unterscheidungskraft und des Bestehens eines Freihaltebedürfnisses gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen, weil es sich um eine beschreibende Angabe handle, die lediglich auf spezielle thermische Eigenschaften der Waren hinweise.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Sie hält mit näheren Ausführungen die angemeldete Bezeichnung für die noch beanspruchten Waren für schutzfähig.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, die angefochtenen Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 aufzuheben, Wegen der weiteren Einzelheiten wird ergänzend auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die Beschwerde der Anmelderin ist zulässig und begründet. Denn es läßt sich nicht feststellen, daß die angemeldete Marke nach § 8 Absatz 2 Nr 1 und 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossen ist.

Die Wortzusammenfügung "Hochbrandfaktor" stellt in ihrer Gesamtheit für die noch beanspruchten keramischen Fassadenschindeln keine freihaltungsbedürftige beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG dar. Nur die Wortfolge in ihrer Gesamtheit ist der Beurteilung zugrunde zu legen; eine zergliedernde Betrachtung ist nicht vorzunehmen, zumal der Verkehr ein als Marke verwendetes Zeichen regelmäßig ohne eine zergliedernde und analysierende Betrachtung in seiner Gesamtheit aufnimmt (ständige Rechtsprechung, vgl BGH GRUR 1995, 408 - PROTECH; zu Mehrwortmarken BGH GRUR 2001, 162 - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION mwN). Die Annahme der Markenstelle, die Marke enthalte lediglich eine beschreibende Angabe in dem Sinn, daß die beanspruchten Waren spezielle thermische Eigenschaften aufwiesen, berücksichtigt nicht hinreichend die Marke in ihrem Wortlaut und in ihrer Gesamtheit mit all ihren Bestandteilen (vgl BGH GRUR 1996, 771, 772-THE HOME DEPOT).

Das Wort "Hochbrand" ist insbesondere auch im Bereich der Keramik allgemein gebräuchlich. Allerdings gibt es in der Fachliteratur im Bereich keramischer Brennprozesse und Öfen präzisere Bezeichnungen wie Glühbrand (zwischen 900¡ und 1000¡), Glattbrand (zwischen 1400¡ und 1450¡) und Garbrand (vgl Enzyklopädie Naturwissenschaft und Technik, 3. Band S 2151), so daß daneben das eher unspezifisch wirkende Hochbrand kein sehr eindeutiger Aussagegehalt zukommen dürfte. Soweit die keramischen Erzeugnisse, die beim Brennen durch eine hohe Brenntemperatur, die je nach Werkstoffart zwischen 900¡ und 2000¡ liegen kann, die gewünschte Festigkeit und Güte erhalten (vgl Lexikon der Fertigungstechnik und Arbeitsmaschinen, Band 8 S 100), hat der Senat mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln die Verwendung des Begriffs "Hochbrand" nicht als allgemein gebräuchlich belegen können. Meistens ist in diesem Zusammenhang nur vom Brennen bei hohen Temperaturen oder vom Sintern oder Verdichten die Rede. Soweit im Internet der Suchbegriff "Hochbrand" eingegeben wird, wird er im Bereich einer Herstellungstechnik für künstlerische keramische Produkte genannt, nicht aber im Zusammenhang mit den hier beanspruchten Erzeugnissen. Ob "Hochbrand" für sich genommen - ohne Angabe von Werkstoff und Temperatur - geeignet ist, ausreichend konkrete Umstände mit bestimmtem Bezug auf die Waren "Keramische Fassadenschindeln" zu beschreiben, ist hier indes nicht zu entscheiden.

Das Wort "Faktor"; "Faktor" (lat.: Macher) bezeichnet allgemein einen maßgeblichen Umstand oder ein bestimmendes Element und in der Mathematik das Glied eines Produkts (vgl Brockhaus, Die Enzyklopädie, 20. Aufl, 7. Band S 77). Wortbeispiele des allgemeinen Sprachgebrauchs in denen Faktor nicht als Produktglied (wie etwa bei Lichtschutzfaktor), sondern allgemein im Sinn von "Umstand, Merkmal" auftaucht, hat der Senat nicht in einem Umfang feststellen können, der ausreichen würde, um dem Markenwort jegliche individuell wirkende Besonderheit abzusprechen.

Unter diesen Umständen kann nicht hinreichend sicher davon ausgegangen werden, daß der angemeldeten Bezeichnung in ihrer Gesamtheit ein bestimmter beschreibender und sprachlich korrekt gebildeter Begriffs- und Aussagegehalt zukommt. Der Marke ist zwar zu entnehmen, daß "Hochbrand" ein "Faktor", d.h. (irgend)ein Umstand ist. Das allerdings ist in Alleinstellung noch keine sinnvolleigenständige sachliche Mitteilung, die freizuhalten ist. Das Zeichenwort ist in seiner Gesamtheit wohl etwas unklar und verschwommen und dient somit nicht ausschließlich dazu die Art, Eigenschaft, Bestimmung oder sonstige Merkmale der beanspruchten keramischen Fassadenschindeln hinreichend konkret zu beschreiben.

Ausgehend von diesen Überlegungen kann der angemeldeten Marke auch nicht die erforderliche Unterscheidungskraft nach § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG abgesprochen werden. Da dem Ausdruck "Hochbrandfaktor" in Bezug auf die beanspruchten Waren kein im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsgehalt zuzuordnen ist (vgl BGH aaO - RATIONAL SOFTWARE CORPORATION) und es sich auch nicht um eine sonstige gebräuchliche Bezeichnung handelt, ist er nach Auffassung des Senats vielmehr hinreichend originell gebildet, um als betrieblicher Herkunftshinweis zu dienen.

Dr. Buchetmann Winter Schramm Na






BPatG:
Beschluss v. 10.12.2001
Az: 30 W (pat) 4/01


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