Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Dezember 2008
Aktenzeichen: 28 W (pat) 219/07

(BPatG: Beschluss v. 16.12.2008, Az.: 28 W (pat) 219/07)

Tenor

1.

Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenabteilung 3.4, vom 9. Juli 2007, aufgehoben 2.

Der Löschungsantrag wird zurückgewiesen.

3.

Der Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr wird zurückgewiesen.

4.

Kosten werden nicht auferlegt.

Gründe

I.

Die Beschwerdeführerin und Löschungsantragsgegnerin ist Inhaberin der seit dem 24. November 2005 für die Waren der Klassen 12, 16, 18 und 25

"Kraftfahrzeuge und deren Teile; Papier, Pappe und Waren aus diesen Materialien, nur soweit in Klasse 16 enthalten; Druckereierzeugnisse; Fotografien; Taschen, nur soweit in Klasse 18 enthalten; Bekleidung, Kopfbedeckungen, Schuhe"

eingetragenen Bildmarke Der Antragsteller hat die Löschung der Marke beantragt und sich dabei auf den Löschungsgrund nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 i. V. m. § 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG gestützt. Das angegriffene Zeichen sei bösgläubig angemeldet worden. Die Markeninhaberin habe die Marke, die als Produktbezeichnung bzw. Ausstattungsvariante für ein Trabant-Modell bekannt sei, nur zu dem Zweck angemeldet, Dritte zum Abschluss von Lizenzverträgen zu nötigen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass sie diese Vorgehensweise zuvor mit einer anderen "Trabant"-Marke praktiziert habe. Zudem ergebe sich die Bösgläubigkeit daraus, dass die Antragsgegnerin mit ihrer Markenanmeldung lediglich den Ruf einer im Inland bekannten Produktbezeichnung für ein bestimmtes Pkw-Modell habe ausnutzen wollen.

Die Markeninhaberin hat dem Löschungsantrag rechtzeitig widersprochen und vorgetragen, die Voraussetzungen für eine Bösgläubigkeit bei der Markenanmeldung seien vom Antragsteller in keiner Weise dargelegt, geschweige denn mit konkreten Anhaltspunkten untermauert worden. Bloße Behauptungen seien insoweit keinesfalls ausreichend.

Die Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts hat die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet und der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens wegen erwiesener Bösgläubigkeit auferlegt. Die Geschichte des Trabants stehe beispielhaft für den Aufstieg und das Scheitern der zentralisierten DDR-Wirtschaft. Vor dem Hintergrund der Bekanntheit der einzelnen Modelle aus der Baureihe des Trabants könne die angegriffene Marke allen Eigentümern eines Trabants 601 deluxe rechtsmissbräuchlich entgegengehalten werden. Auch der Umstand, dass die Markeninhaberin zwei weitere "Trabant"-Marken besitze, spreche dafür, dass es ihr nicht um eine Nutzung der Marke als betrieblicher Herkunftshinweis gehe. Eine Vielzahl von vergleichbaren Anmeldungen stelle bereits für sich genommen einen Anhaltspunkt für das Vorliegen einer Behinderungsabsicht dar. Zudem habe die Markeninhaberin ihre Markenrechte schon gegenüber Dritten im Wege einer Lizenzvereinbarung durchgesetzt.

Gegen diesen Beschluss hat die Antragsgegnerin Beschwerde eingelegt und dabei auf ihren Vortrag im patentamtlichen Verfahren verwiesen. Darüber hinaus hat sie vorgetragen, ihr letzter Schriftsatz sei in dem angefochtenen Beschluss unberücksichtigt geblieben, wodurch ihr rechtliches Gehör verletzt worden sei. Dies rechtfertige die Rückzahlung der Beschwerdegebühr.

Die Markeninhaberin und Beschwerdeführerin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluss der Markenabteilung 3.4 des Deutschen Patentund Markenamts aufzuheben und den Löschungsantrag zurückzuweisen, sowie die Rückzahlung der Beschwerdegebühr anzuordnen.

Der Löschungsantragsteller und Beschwerdegegner beantragt sinngemäß, die Beschwerde sowie den Antrag auf Rückzahlung der Beschwerdegebühr zurückzuweisen.

Die Markenabteilung habe zutreffend die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet, da die Markeninhaberin bei der Anmeldung des Zeichens bösgläubig gewesen sei. Bösgläubigkeit liege vor, wenn eine Markenanmeldung lediglich dazu bestimmt sei, gutgläubige Dritte in der Benutzung des fraglichen Kennzeichens zu behindern. Eine Markenanmeldung müsse zudem auch dann als bösgläubig angesehen werden, wenn sie der unberechtigten Ausnutzung eines fremden Rufes diene. Dies sei hier der Fall, da die Bezeichnung "601 deluxe" eine im Inland bekannte Produktbezeichnung bzw. Ausstattungsvariante für das Trabant-Modell 601 darstelle. Aus dieser Bekanntheit ergebe sich, dass die Markeninhaberin kein originäres Recht an der fraglichen Bezeichnung besitze. Sie habe die Marke aber dennoch angemeldet, um Dritte zum Abschluss von Lizenzverträgen zu nötigen. In diesem Zusammenhang habe die Markenabteilung zutreffend den Umstand gewürdigt, dass die Markeninhaberin dem Löschungsantragsteller gegenüber bereits eine andere zu ihren Gunsten geschützte Marke geltend gemacht habe, denn auch eine Vielzahl vergleichbarer Anmeldungen spreche für das Vorliegen einer Behinderungsabsicht.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Beschluss der Markenabteilung und auf den Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses. Es liegen keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beschwerdeführerin bei der Anmeldung der angegriffenen Marke bösgläubig war.

Nach §§ 50 Abs. 1 Nr. 4, 8 Abs. 2 Nr. 10 MarkenG kann die Löschung einer angegriffenen Marke angeordnet werden, wenn erwiesen ist, dass ihre Anmeldung rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt ist (vgl. etwa BGH GRUR 2004, 510

- S 100). Das registerrechtliche Löschungsverfahren unterliegt dabei als kontradiktorisches Verfahren den für diese Verfahrensart geltenden Regeln (vgl. Kirschneck in Ströbele/Hacker, MarkenG, 8. Aufl., § 54 Rdn. 1). Der Antragsteller ist deshalb gehalten, im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht konkrete Tatsachen vorzutragen, welche die von ihm geltend gemachten Löschungsgründe stützen. Dies gilt gerade im Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit, da hier regelmäßig Umstände maßgeblich sind, über die nur die jeweiligen Verfahrensbeteiligten Kenntnis haben können. Der Vortrag bloßer Rechtsausführungen und Vermutungen ist dagegen ungeeignet, diese Mitwirkungspflicht zu erfüllen.

Die Bösgläubigkeit muss bereits zum Anmeldezeitpunkt gegeben sein. Ein Markenanmelder handelt aber nicht schon deshalb unlauter, weil ihm bereits bei der Anmeldung einer Marke bekannt ist, dass bereits ein anderer dasselbe oder ein ähnliches Kennzeichen für gleiche oder ähnliche Waren benutzt, ohne hierfür einen formalen Kennzeichenschutz erworben zu haben (vgl. hierzu Ströbele, a. a. O., § 8 Rdn. 433 m. w. N.). Deshalb kann es im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, wie bekannt die Bezeichnung "601 deluxe" als Produktbezeichnung eines bestimmten Automodells im Inland zum Anmeldezeitpunkt tatsächlich war. Aus diesem Aspekt könnten sich lediglich Anhaltspunkte für die fehlende Unterscheidungskraft einer solchen Angabe nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG bzw. für ein relevantes Allgemeininteresse an ihrer freien Verwendbarkeit nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG ergeben -diese Löschungsgründe wurden vom Antragsteller aber nicht geltend gemacht. Für die Annahme einer Bösgläubigkeit nach § 50 Abs. 1 Nr. 4 MarkenG ist der genannte Aspekt aber für sich genommen keinesfalls ausreichend. Im Hinblick auf das grundsätzlich berechtigte Interesse an der Erlangung von Markenschutz müssen vielmehr besondere Umstände vorliegen, die das Erwirken einer Markeneintragung als sittenwidrig erscheinen lassen (vgl. BGH GRUR 2005, 581 -The Colour of Elegance). Solche Umstände sind hier aber weder substantiiert vorgetragen worden noch ersichtlich.

So kann nicht von einem fehlenden Benutzungswillen der Markeninhaberin zum Anmeldezeitpunkt ausgegangen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass wegen der schwierigen Überprüfbarkeit dieses subjektiven Tatbestandsmerkmals ein Benutzungswille bei der Anmeldung grundsätzlich vermutet wird. Diese Vermutung konnte der Antragsteller nicht widerlegen. Soweit er sinngemäß vorgetragen hat, die Markeninhaberin habe neben der angegriffenen Marke zwei weitere vergleichbare Marken ausschließlich zu dem Zweck angemeldet, gutgläubige Dritte in der Benutzung von Kennzeichen zu behindern, die im Zusammenhang mit dem Autotyp Trabant stünden, fehlen hierzu jegliche Belege. Da die Fortschreibung einer Markenfamilie aber durchaus auf den legitimen Zweck ausgerichtet sein kann, die eigene Wettbewerbsposition zu fördern, kann bei einer solchen Vorgehensweise keineswegs immer von einer wettbewerbswidrigen Behinderungsabsicht ausgegangen werden (vgl. hierzu Ströbele, a. a. O., § 8 Rdn. 441 m. w. N.). Die Beschwerdeführerin hat in der mündlichen Verhandlung insoweit ausgeführt, die Anmeldung der fraglichen drei Marken diene dem zentralen Anliegen des Vereins, im Wege der Traditionspflege den Schutz der Kultmarke "Trabant" zu gewährleisten. Zu diesem Zweck würden auch an seriöse Interessenten Markenlizenzen vergeben, in den meisten Fällen sogar unentgeltlich. Dies wurde vom Antragsteller zwar in Zweifel gezogen, allerdings wiederum ohne diese Zweifel mit konkreten Anhaltspunkten zu untermauern. Allein der Hinweis, die Antragsgegnerin sei schon aus einer anderen Marke gegen ihn vorgegangen und habe ihn dadurch zum Abschluss eines Lizenzvertrages genötigt, weshalb zu erwarten sei, dass auch mit der angegriffenen Marke so verfahren werde, ist insoweit ebenso unzureichend, wie der vorgelegte Auszug eines "Trabi"-Internetforums, mit pauschalen und teilweise polemischen Vorwürfen unbekannter Dritter. Dies umso weniger, als diese Vorwürfe von anderen Mitgliedern des Forums durchaus kontrovers diskutiert wurden. Dass die Markeninhaberin Lizenzvereinbarungen mit Dritten abschließt, entspricht dem von ihr geltend gemachten Vereinsziel. Zum anderen ist es gerade der grundsätzliche Sinn und Zweck von Marken, Dritte von ihrer Nutzung auszuschließen, so dass die Geltendmachung entsprechender Verbietungsrechte sozusagen einen typischen Anwendungsfall einer Marke darstellt.

Der Vortrag des Antragstellers lässt darüber hinaus völlig unberücksichtigt, dass es hier nicht um die (möglicherweise) rechtsmissbräuchliche Geltendmachung einer anderen Marke geht. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob im Hinblick auf die verfahrensgegenständliche Marke bereits zum Anmeldezeitpunkt Bösgläubigkeit vorlag. Die bloße Vermutung des Antragstellers, es könne jedenfalls in der Zukunft im Zusammenhang mit dieser Marke zu wettbewerbswidrigen Handlungen kommen, hilft insoweit nicht weiter. Dass aus Marken in einer wettbewerbswidrigen Weise vorgegangen wird, kann grundsätzlich nicht ausgeschlossen werden. Es bleibt daher nochmals darauf hinzuweisen, dass den Antragsteller im Löschungsverfahren wegen Bösgläubigkeit eine besondere Mitwirkungspflicht bzw. Obliegenheit zum Vortrag belastbarer Anhaltspunkte trifft (vgl. BPatG GRUR 1997, 833 -digital).

Im vorliegenden Fall sind solche Anhaltspunkte für eine bösgläubig erfolgte Anmeldung der angegriffenen Marke aber nicht gegeben, so dass der angefochtene Beschluss der Markenabteilung auf die Beschwerde der Markeninhaberin antragsgemäß aufzuheben war.

Für eine Auferlegung von Kosten aus Billigkeitsgründen bestand keine Veranlassung (§ 71 Abs. 1 MarkenG). Ebenso wenig kam eine Rückzahlung der Beschwerdegebühr in Betracht, da keineswegs ersichtlich ist, dass die Markenabteilung den fraglichen Schriftsatz in dem angefochtenen Beschluss tatsächlich nicht berücksichtigt hat.

Stoppel Werner Schell Me






BPatG:
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Az: 28 W (pat) 219/07


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