Landgericht Düsseldorf:
Urteil vom 4. Dezember 1984
Aktenzeichen: 4 O 419/83

(LG Düsseldorf: Urteil v. 04.12.1984, Az.: 4 O 419/83)

Tenor

I. Der Beklagte zu 1) wird verurteilt, es bei Meidung ei-nes vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,-- DM - ersatzweise Ordnungshaft - oder Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Fall mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren zu unterlassen,Herbizide, die N-Phosphonomethylglycin in Form des Trimethylsulfonium-Salzes enthalten im Inland, einschließlich in Feldversuchen, gewerbsmäßig zu gebrauchen. II. Im übrigen wird die Klage gegen den Beklagten zu 1) abgewiesen. III. Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlussurteil vorbehalten. IV. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 750.000,-- DM vorläufig vollstreckbar. Die Sicherheit kann auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich West-Berlin ansässigen Großbank oder öffentlichen Sparkasse erbracht werden.

[i]

Tatbestand

Die Klägerin ist eingetragene und alleinberechtigte

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Inhaberin des deutschen Patentes X (im folgenden Klagepatent I) betreffend die Verwendung von N-Phosphonomethylglycin und dessen Salze als Herbizide.

Dieses Patent ist unter Inanspruchnahme amerikanischer Pri­oritäten vom 1o. März 1971 und 9. August 1971 am 22. Oktober 1971 angemeldet worden. Nach Prüfung ist die Patentanmeldung am 25. Juli 1974 bekanntgemacht worden und hat anschließend zur Erteilung des Patentes geführt. Ausgabetag der Patent­schrift ist der 31. Oktober 1979 (vgl. Anlage 2). Das Patent ist in Kraft.

Gegenstand des Klagepatents I ist die Verwendung von

N - Phosphonomethylglycin,

das als solches aus der US-PS X bekannt war (vgl. An­lage 3)j und dessen Salze als Herbizide.

Ben erfindungsgemäßen Herbiziden kommt einerseits die vorteil­hafte Eigenschaft zu, ein breites Spektrum von einjährigen und

perennierenden Unkräutern durch Vernichtung der Wurzeln und des gesamten Blattwerkes wirksam zu erfassen.

Andererseits werden diese Herbizide beim Kontakt mit dem Erd­reich schnell inaktiviert, so daß es möglich wird, sie im we­sentlichen gleichzeitig mit dem Ausbringen der Saat anzuwenden. Hinzukommt ihre niedrige Toxizität.

Wegen der näheren Einzelheiten dieses Verwendungspatents wird auf die als Anlage 2 überreichte Patentschrift verwiesen.

Der einzige Schutzanspruch des Klagepatents I hat folgenden

Wortlaut:

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Das weitere Klagepatent X (im nachfolgenden Klagepatent II) ist für die Klägerin unter Inanspruchnahme der zum Klagepatent I erwähnten Prioritäten am gleichen Anmeldetag angemeldet worden. Diese Patentanmeldung ist am 15. März 1979 bekanntgemacht worden und hat anschließend zur Erteilung des Patents geführt. Die Patentschrift ist am 31. Oktober 1979 ausgegeben worden (vgl. Anlage 5). Auch dieses Patent ist in Kraft.

Bei dem Klagepatent II handelt es sich um ein Stoffpatent. Geschützt werden N-Phosphonomethyl-Derivate und deren Salze.

Die beiden Schutzansprüche geben die Lehr dieses Patentes wie folgt wieder:

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Wegen der weiteren Einzelheiten dieses Patentes wird auf die als Anlage 5 überreichte Patentschrift verwiesen.

Die Beklagte zu 3) befaßt sich mit der Herstellung und dem Vertrieb eines Herbizides, daß sie mit X bezeichnet und unter anderem in England schon auf den Markt gebracht hat.

Mit diesem Herbizid hat der Beklagte zu 1), der bei der nicht am Rechtsstreit beteiligten Firma X, Genf, im Bereich "Research und Development" tätig ist, in den Jahren 1982 und 1983 in der Bundesrepublik Deutschland Feldversuche durchgeführt.

Die Beklagte zu 2) ist eine - weitere - europäische Tochterge­sellschaft der Beklagten zu 3).

Das Herbizid der Beklagten zu 3) ist ein Trimethylsulfoniumsalz des von den Beklagten kurz als "PMG" und von der Klägerin als "Glyphosat" bezeichneten N-Phosphonomethylglycins. Es enthält in wässriger Lösung die N-Phosphonomethylglycin-Anionen in Gegen­wart von Trimethylsulfonium-Kationen. Zudem sind organische

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Ammaonium-Kationen anwesend.

Wegen der näheren Einzelheiten insbesondere seiner Wirkungs­weise wird auf die von der Klägerin mit Übersetzung vorgeleg­ten Kanisteretiketten des in England schon auf dem Markt be­findlichen Herbizids der Beklagten zu 3) verwiesen (vgl. An­lagen 7a.7b).

Die Klägerin ist der Ansicht, daß durch die Feldversuche, die der Beklagte zu 1) für die Beklagten zu 2) und 3) durchgefüht habe, beide Klagepatente - vorrangig das Verwendungspatent -verletzt worden seien.

Da die Feldversuche zur Einführung des Herbizids der Beklagten auf dem deutschen Markt erfolgt seien, komme ihnen patentverletzender Charakter zu.

Das Herbizid der Beklagten zu 3) sei den in den Klagepatenten genannten Verbindungen glatt aequivalent. Träger der herbiziden Wirkungen seien bei diesem Herbizid ebenso wie bei den in den Schutzansprüchen angeführten die N-Phosphonomethylglycin-Anionezio. Welche Kationen zur Bildung wasserlöslicher Salze verwendet würden, sei für die herbizide Wirkung unerheblich, so daß auch die Verwendung von Trimethylsulfonium-Kationen in aequivalenter Weise vom Schutzgegenstand der Klagepatente Ge­brauch mache.

Da der Beklagte zu 1) die Feldversuche im Inland unstreitig für die im Ausland ansässige Firma X verantwortlich durchgeführt hat, ist er nach Auffassung der Klägerin auch passivlegitimiert, weil er die patentverletzenden Handlungen eigenverantwortlich begangen habe.

Die Klägerin beantragt,

- mit der in der letzten mündlichen Verhandlung eingeführten Maßgabe, aaß sich die Anträge gegen den Beklagten zu 1) nur auf das gewerbsmäßige Gebrauchen beziehen -

I. Die Beklagten zu verurteilen,

1. es bei Meidung eines für jeden Fall der

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Zuwiderhandlung fällig werdenden Ordnungsgeldes bis zu 500.000,— DM, ersatzweise Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Falle mehrfacher Zuwiderhandlung bis zu 2 Jahren zu unterlassen

Herbizide, die N-Phosphonomethylglycin in Form des Trimethylsulfonium-Salzes enthalten, zur Verwendung im Inland gewerbsmäßig feilzuhalten oder in den Verkehr zu bringen oder im Inland, einschließlich in Feldversuchen, gewerbsmäßig zu gebrauchen;

2. der Klägerin über den Umfang der unter Ziffer I, 1 beschriebenen Handlungen Rechnung zu legen, und zwar unter Angabe der einzelnen Lieferungen unter Nennung der Liefermengen, Typenbezeichnungen, Lieferpreise und Abnehmer und unter Angabe der Angebote unter Nennung der Angebotsmengen, Typen­bezeichnungen, Angebotspreise, Angebotszeiten und Angebotsempfänger und unter Angabe der Benutzungshandlungen unter Nennung der Benutzungsmengen, Typenbezeichnungen und Benutzungszeiträume, wobei den Beklagten hinsichtlich der Nennung der Ab­nehmer und Angebotsempfänger ein Wirtschaftsprüfervorbehält eingeräumt werden mag;

II. festzustellen, daß die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, der dieser

durch die unter Ziffer I, 1 beschriebenen Handlungen entstanden ist und noch entsteht.

Die Beklagten beantragen,

die Klage abzuweisen,

hilfsweise,

ihnen im Fall der Verurteilung zur Rechnungslegung

den üblichen Wirtschaftsprüfervorbehalt einzuräumen.

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Im übrigen beantragen sie

den Rechtsstreit bis zur rechtskräftigen Erle­digung der gegen die Klagepatente X und X erhobenen Nichtigkeitsklagen auszusetzen.

Die Klägerin beantragt,

den Aussetzungsantrag zurückzuweisen.

Die Beklagten sind der Ansicht, daß die Feldversuche keine patentverletzende Handlung iSd § 6 PatG 1968 darstellten. Sie seien lediglich zur Erprobung der Wirksamkeit des Herbi­zids in der Bundesrepublik Deutschland durchgeführt worden.

Zudem bestreiten die Beklagten vorsorglich die von der Klä­gerin behauptete Aequivalenz des Trimethylsulfoniumsalzes des N-Phosphonomethylglycins (PMG) mit den geschützten Verbindungen. Wie sich insbesondere aus der von ihnen eingeholten und vorge­legten gutachtlichen Stellungnahme des X Institut für Anorganische Chemie der X in Frankfurt ergebe, lag diese Derivatisierung der patentrechtlich geschützten Verbindungen nicht auf der Hand (vgl. Anlage B 13)

Wegen der wirksamen Beschränkung der Klagepatente könne sich die Klägerin ohnehin nicht auf eine aequivalente Verletzung berufen.

Außerdem sei der Beklagte zu 1), der lediglich als Angestellte die Versuche durchgeführt habe, nicht passivlegitimiert. Es sei kein schützenswertes Interesse der Klägerin an seiner Verurteilung erkennbar.

Zumindest aber fehle dem Schadensersatzbegehren die Berechti­gung, da die Klägerin nicht vorgetragen habe, woraus sich die erforderliche Wahrscheinlichkeit eines Schadens ergebe.

Durch Bezugnahme auf die von der Beklagten zu 3) gegen beide Klagepatente erhobenen Nichtigkeitsklagen vom 2. Oktober 1984 (Anlagen B1, B11 mit Anlagen B2 bis B10) begründen die Beklagt ihren Aussetzungsantrag.

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Die Klägerin hält diese Nichtigkeitsklage für nicht erfolg­versprechend, da sie im wesentlichen auf im Erteilungsverfah­ren schon eingehend berücksichtigte Einwendungen gestützt werde.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf den mündlich vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze nebst überreichten Anlagen Bezug genommen.

Gründe

Die Klage gegen den Beklagten zu 1) war entscheidungsreif, insoweit konnte daher ein (Teilurteil gemäß § 301 ZPO ergehen.

Allerdings ist die Klage nur zum Teil begründet.

Der Klägerin steht gegenüber dem Beklagten zu 1) der auf Ver­letzung der Klagepatente gestützte Anspruch auf Unterlassung gewerbsmäßigen Gebrauchs gemäß §§ 47, 6 PatG 1968 zu.

Die begehrte Peststellung des Schadensersatzanspruchs konnte nicht erfolgen, so daß die Klage gegen den Beklagten zu 1) insoweit und hinsichtlich des Rechnungslegungsanspruchs abzu­weisen war.

Eine Aussetzung im Hinblick auf die gegen die Klagepatente anhängigen Nichtigkeitsklagen kam nicht in Betracht.

I.

Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 1) gemäß §§ 47, 6 PatG 1968 verlangen, daß er es unterläßt, Herbizide, die N-Phosphonomethylglyoin in Form des Trimethylsulfoniumsalzes enthalten, im Inland gewerbsmäßig zu gebrauchen.

1. Die von dem Beklagten zu 1) in der Bundesrepublik Deutsch­land mit dem Herbizid X durchgeführten Feldversuche stellen Benutzungshandlungen dar, die gemäß § 6 PatG 1968

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dem Patentinhaber vorbehalten sind und die daher geeignet sind patentverletzend zu wirken.

Demgegenüber können sich die Beklagten nicht mit Erfolg darauf berufen, die Feldversuche seien lediglich aus Forschungs- und Versuchsgründen durchgeführt worden.

Da die Anmeldung der Klagepatente vor 1981 erfolgte, richtet sich die Beurteilung der Rechtslage insofern nach § 6 PatG 1968 Eine Anwendung von § 11 Nr. 2 PatG 1981 kommt schon deshalb nicht in Betracht.

a) In § 6 PatG 1968 wird dem Schutzrechtsinhaber der gewerbs­mäßige Gebrauch seiner Erfindung vorbehalten. Unter Gebrauchen ist insofern die bestimmungsgemäße Verwendung eines Gegenstandes oder Stoffes bzw. die Anwendung eines Ver­fahrens zu verstehen (vgl. Klauer-Möhring, Patentrechtskommen­tar, 3. Auflage, § 6 Rdnr. 113).

Bei den Feldversuchen ist das Herbizid X nach dem eige­nen Vortrag der Beklagten bestimmungsgemäß als Pflanzenschutz­mittel eingesetzt worden.,

Auch der eingehenden Schilderung der 14 Kleinparzellenversuche des Jahres 1982 und der 9 weiteren Versuche des Jahres 1983, die überwiegend wiederum auf Kleinparzellen vorgenommen wurden lassen sich keine Umstände entnehmen, die eine gegenteilige Annahme rechtfertigen könnten.

Das in England schon auf dem Markt befindliche Herbizid X wurde nach Darstellung der Beklagten in verschiedenen Aufwandsmengen bei den Kleinparzellenversuchen mit Hilfe von Rücken­spritzen und bei den Großflächenversuchen unter ausdrücklich als praxisgerecht bezeichneten Bedingungen mit Hilfe eines Traktors und einer 12 m langen Spritze aufgebracht.

Auch wenn die Aufbringung des Herbizids durch Handspritzen in der Praxis unüblich sein sollte, was allerdings keine der Parteien explizit behauptet hat, ändert dies nichts daran, daß auch dann ein Einsatz als Pflanzenschutzmittel und damit ein bestimmungsgemäßer Gebrauch vorliegt€

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Aus entsprechenden Gründen kann auch die Größe der "bearbeiteten" Fläche nicht von einer entscheidender Bedeutung sein.

Für die Großflächenversuche des Jahres 1983 haben die Be­klagten selbst darauf hingewiesen, daß sie unter Praxisbedin­gungen durchgeführt worden sind.

Da die Feldversuche einen bestimmungsgemäßen Gebrauch des Herbizids zum Gegenstand hatten, liegt die für eine Patent­verletzung erforderliche Benutzungshandlung in Form des Gebrauchmachens vor.

All dies zeigt, daß der Versuchscharakter als solcher für die rechtliche Einordnung nicht von ausschlaggebender Bedeutung ist. Entscheidend ist im vorliegenden Fall, daß die Feldver­suche zu einer bestimmungsgemäßen Anwendung und damit zu einer Benutzung iSv § 6 PatG 1968 führten.

b) Diese Benutzung erfolgte auch gewerbsmäßig.

Folgt man der von Klauer-Möhring mit überzeugenden Argumenten begründeten Ansicht (vgl. aaO § 6 Rdnr. 143), so ergibt sich dies allein schon daraus, daß die Feldversuche Benutzungshand­lungen i.S.v. § 6 PatG 1968 darstellten und nicht für private Studienzwecke durchgeführt wurden.

Es kann jedoch offenbleiben, ob dieser Ansicht vor der bei­spielsweise von Benkard (vgl. Patentgesetz, 6. Auflage, § 6 PatG Rdnr. 24) vertretenen Auffassung grundsätzlich der Vor­rang zu geben ist. Auch nach der letztgenannten Meinung sind die Feldversuche als gewerbsmäßige Benutzungshandlungen einzu­ordnen, da sie danach nur dann nicht als patent verletzend an­zusehen wären, wenn sie ausschließlich erfolgten um festzustellen, ob die Erfindung überhaupt funktioniert (vgl. insoweit auch RG GRUR 33, 292, 294 f., LG Mannheim GRUR 53, 33).

Daß X überhaupt herbizide Wirkung hat, war bekannt. Schließlich ist es von der Beklagten zu 3) bereits 1977 ent­wickelt, am 4. Dezember 1980 in den USA und am 18. September 1981 beim Europäischen Patentamt (vgl. Anlage 8) unter genauer

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Beschreibung der herbiziden Wirkung zum Patent angemeldet worden.

Vor der Einführung in England im August 1983 waren eine ent­sprechende Erprobung und amtliche Zulassung erforderlich.

Die Feldversuche in der Bundesrepublik dienten daher nach dem Vortrag der Beklagten dazu, die genauen Aufwandsmengen, Konzentrationen und Anwendungsbereiche für das Inland zu ermitteln. Damit kann nicht mehr die Rede davon sein, daß die Tauglichkeit als solche versuchsweise geprüft werden sollte.

Auch aus allgemeinen Erwägungen ließe es sich nicht rechtfertigen, Feldversuche der vorliegenden Art aus dem Bereich des ge­werbsmäßigen Gebrauchs i.S.v. § 6 PatG 1968 herauszunehmen.

Mit Hilfe des Patentrechts soll der Patentinhaber als Erfinder

mit einem zeitlich befristeten Ausschließlichkeitsrecht an seiner Erfindung belohnt werden, damit er sich durch einen rechtlich abgesicherten Vorsprung vor seinen Mitbewerbern eine Gewinn verschaffen kann (vgl. Benkard, Patentgesetz, 7. Auflage Einleitung I Rdnr. 1a).

Eine nichtgewerbsmäßige Benutzung durch einen Dritten, der als kein Mitbewerber ist, kann diesem Ausschließlichkeitsrecht den gemäß nicht unterfallen.

Darüberhinaus mag es in den Fällen, in denen der Patentschutz zu einer Verhinderung von Forschung und damit von neuen Erfin­dungen führen kann, aus diesem Gesichtspunkt gerechtfertigt erscheinen, das Ausschließlichkeitsrecht des Patentinhabers insofern einzuschränken (vgl. Benkard aaO 6. Aufl. § 6 Rdnr.24). Aus dem oben Gesagten folgt jedoch ohne weiteres, daß die ge­schilderten Feldversuche dieser Kategorie nicht zugeordnet werden können. Vielmehr hat hier ein Mitbewerber - wenn auch im Versuchen - von einer Erfindung bestimmungsgemäß und gewerbs­mäßig - also grundsätzlich patentverletzend - Gebrauch gemacht.

Dem steht auch die von Beklagtenseite herangezogene Recht-

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sprechung des BGH zu § 7 PatG 1968 nicht entgegen.

Die Europareise-Entscheidung (vgl. BGH GRUß 1969, 35, 36/37) befaßt sich in dem zitierten Teil mit "Veranstaltungen" iSv. § 7 PatG 1968. Für derartige Handlungen, die gerade noch nicht den Tatbestand einer Benutzungshandlung i.S.v. § 6 PatG 1968 erfüllen, sondern als Vorbereitungshandlung für eine Benutzung aufzufassen sind, wird ausgeführt, daß sie dann noch nicht ge­eignet sind, ein Vorbenutzungsrecht zu begründen, wenn sie erst Klarheit darüber schaffen sollen, ob die Erfindung im Inland gewerblich genutzt werden soll.

Da die Veranstaltungen i.S.v. § 7 PatG 1968 im Vorbereitungs­bereich eigentlicher Benutzungshandlungen liegen, kann diese Rechtsprechung jedoch nicht auf die Fälle übertragen werden,

in denen schon eine "echte" Benutzung iSv § 6 PatG 1968 gege­ben ist.

Das gilt auch unter weiterer Berücksichtigung der Taxilan-Entscheidung (vgl. BGH GRUR 1964, 20 = BGHZ 39, 389 ff).

Entgegen des Auffassung der Beklagten sind die vom Be­klagten zu 1) durchgeführten Feldversuche gerade nicht den in dieser Entscheidung unter dem Gesichtspunkt der Veranstaltungen i.S.v. § 7 PatG 1968 erörterten Tierversuchen bei medizinische Produkten gleichzustellen. Diese Feldversuche erscheinen, eben weil bei ihnen das Herbizid schon bestimmungsgemäß verwendet wird, eher der klinischen Erprobung von Medikamenten am Men­schen vergleichbar. Bei den Tierversuchen liegt eben noch kein bestimmungsgemäßer Gebrauch des für Menschen entwickelten Medikaments vor.

2. Da der Beklagte zu 1) eine gemäß § 6 PatG 1968 allein dem Patentinhaber vorbehaltene Benutzungshandlung verwirklicht hat ist er auch persönlich dem aus dieser Patent Verletzung sich

ergebenden Unterlassungsanspruch der Klägerin ausgesetzt.

Bei Patentverletzungen wird ebensowenig wie sonst im allgemei­nen Recht der unerlaubten Handlungen danach differenziert, ob eine Verletzungshandlung im eigenen oder fremden Namen, auf Weisung oder auf eigene Entscheidung erfolgt ist.

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Die Weisung durch einen Dritten nimmt der unmittelbaren Benutzungshandlung nicht den patentverletzenden Charakter, § 47 PatG 1968 stellt ebenso wie § 139 PatG 1981 allein auf die patentverletzende Tätigkeit als solche ab (vgl. Benkard, PatG, 7. Auflage, § 139 Rdnr. 23, a.A. Reimer, PatG, 3. Auf­lage § 47 Rdnr. 73).

Es sind Fälle denkbar, in denen die Inanspruchnahme eines die Zusammenhänge nicht übersehenden, untergeordneten Angestellte oder Arbeiters rechtsmißbräuchlich erscheinen kann und von da her abzulehnen sein dürfte. Grundsätzlich muß sich der Patent inhaber - zumindest mit dem Unterlassungsbegehren - jedoch gegen denjenigen zur Wehr setzen können« der das geschützte Recht durch seine Handlung verletzt, auch wenn er nicht auf eigenen Entschluß und/oder ohne die Rechtslage zu überblicken handelt (vgl. Benkard PatG, 7. Auflage, § 139 Rdnr. 23; Klaue: Möhring, PatG, 3. Auflage § 47 Rdnr. 10).

Von einer rechtsmißbräuchlichen Inanspruchnahme des Beklagten zu 1) kann nicht ausgegangen werden. Zum einen haben die Be­klagten nicht bestritten, daß er für die oben schon erwähnte Tochterfirma der Beklagten zu 3), die Firma X in Genf, leitend tätig ist. Geschäftsgegenstand dieses Unternehmens ist die Vornahme aller Dienstleistungen für die Beklagte zu 3), insbesondere auf dem Gebiet der Patente und Lizenzen und der Forschung und Entwicklung (vgl. Anlage 13 mit Übersetzung Bl. 96 G.A.)

Nach dem gegenwärtigen Sachstand kommt bisher nur Begründung einer etwaigen patent verletz enden Handlung der Beklagten zu 2) und 3) zudem nur das Tätigwerden des Beklagten zu 1) in Betracht. Unter diesen Umständen ist ähnlich wie in dem durch das Oberlandesgerichts Düsseldorf entschiedenen Fall "Inlandsvertreten (GEUR 1978, S. 588) ein hinreichendes schutzwürdiges Interesse der Klägerin anzuerkennen, gegen den im Inland ansässigen Be­klagten zu 1) direkt und nicht nur, falls die entsprechende Klage begründet sein sollte, gegen die im Ausland residierenden Be­klagten zu 2) und 3) vorgehen zu können, um sich insofern die

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Möglichkeit einer unproblematischen Zwangsvollstreckung offenzuhalten.

II.

Das von dem Beklagten zu 1) bei seinen Feldversuchen eingesetzte Herbizid X fällt Jedenfalls unter den Schutz des Klage­patents I (D-PS X - Verwendungspatent), wie noch auszuführen ist. Da die gegenüber dem Beklagten zu 1) geltend gemachten Ansprüche schon auf Grund des Verwendungspatents gerechtfertigt sind, bedarf es einer Erörterung des zweiten Klagepatents nicht mehr.

Die Erfindung nach dem Klagepatent I betrifft die Verbindung von N-Phosphonomethylglycinen und deren Salze als Herbizide mit breitem Wirkungsspektrum. Diese Verbindungen sind im Patentanspruch durch die dort angegebene allgemeine Formel beschrieben. Die in der Formel mit R, R1 und R2 bezeichneten Reste können die im Patentanspruch im einzelnen angegebenen Bedeutungen haben.

Wie sich aus den Erläuterungen ergibt (vgl. Anlage 2, Spalte 2 Zeilen 65 ff), war das N-Phosphonomethylglycin bereits aus der US-PS X (vgl. Anlage 3 mit auszugsweiser Übersetzung) bekannt.

Die Erfindung besteht in der Erkenntnis der als besonders vor­teilhaft geschilderten herbiziden Wirkung des N-Phosphonometh: glycius und seiner im Patent erwähnten Derivate (vgl. z.B. Spalte te 3, Zeile 65 ff bis Spalte 4, Zeile 6 J, Spalte 13 Zeile 49 ff bis Spalte 16 Z. 38 sowie die Tabellen I, II, III, IV). Zusam­menfassend sind diese Vorteile schon im Tatbestand erwähnt worden.

Die durch den Patentanspruch erfaßten Verbindungen können - ausgehend von der allgemeinen Formel - folgendermaßen eingeteilt werden.

In der 1. Alternative wird N-Phosphonomethylglycin als sogenannte freie Säure erfaßt. Die Reste R, R1, R2 haben

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dabei die Bedeutung OH.

Bildhaft läßt sich die Formel dieser Verbindung wie folgt darstellen:

O H O

" " "

HO - C - CH2 - N - CH2 - P - O - H -

OH

Die nächste Alternative betrifft sogenannte Amide, die erfindungsgemäß die Löslichkeit des Herbizids verbessern sollen.

Da sie - ebenso wie die Erster der 2. Alternative - für den Rechtsstreit ohne ausschlaggebende Bedeutung sind, wird insoweit von einer näheren Erläuterung abgesehen.

Entscheidend ist vielmehr die Gruppe der Salze bei denen eines oder mehrere der Substituenten R, R1 und R2 statt OH die Bedeutung OR6 haben.

Dabei werden im Patentanspruch im einzelnen die Metalle genannt, die den Rest R6 bilden sollen (vgl. Spalte 1 Zeile 34 bis 44). Unter diese Gruppe der Salze fällt beispielsweise das Trimethylamemoniumsalz des N-Phosphonothylglycins mit der Formel:

O H O

" " "

HO - C - CH2 - N - CH2- P - O - NHR3 -

OH

Ausgehend von der allgemeinen Formel des Patentanspruchs ist R durch OH, R1 durch OH und R2 durch NHR3, ersetzt, wobei in NHR3, dieses "R" das dreifach vertretene Methyl CH3, bezeichnet.

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Gegenüber der freien Säure haben die Salze den Vorteil höhere Wasserlöslichkeit (Anlage 2 Spalte 3 Zeile 4- ff). Dabei wird als überraschend hervorgehoben, daß diese und die anderen im Patentanspruch erfaßten Verbindungen dieselbe hohe herbizide Wirkung wie der Ausgangsstoff selbst zeigen (vgl. Anlage 2 Spalte 3, Zeile 16 - 20).

Das Herbizid X verletzt das Klagepatent I, da es in aequivalenter Weise von der Lehre seines Schutzanspruchs Gebrauch macht.

Unstreitig enthält das Herbizid SC X als wesentlichen wir samen Bestandteil ein Trisulfoniumsalz des N-Phosphonomethylglycius in wäßriger Lösung. Dessen Formel läßt sich wie folgt darstellen;

O H O

" " "

HO - C - CH2 - N - CH2 - P - 0 NHR3

OH

Auch hier ist R « Methyl - CH3, so daß das Kation vollständig mit

wiedergegeben werden kann.

Dieses Trisulfoniumsalz des N-Phosphonomethylglycins ist den in den Klagepatenten genannten Salzen des N-Phosphonomethyl­glycins aequivalent.

Es ist unstreitig, deaß diesem in dem Herbizid X schon auf den Markt gebrachten Salz die gleiche herbizide Wirkung zukommt wie den von dem Klagepatent I schon nach dem Wortlaut seines Patentanspruchs unmittelbar erfaßten Salzen. Auch von Beklagtenseite ist nicht substantiiert bestritten worden, daß diese herbizide Wirkung, die im einzelnen auf den Etiketten der in England vertriebenen 5 l Kanister beschrieben wird (vgl. Anlagen 7a, 7b) auf dem ionisierten N-Phosphonomethylglycin beruht.

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Die Verwendung des Trisulfoniumsalzes des N-Phosphonomethylglycins statt der im Patentanspruch und den Erläuterungen ausdrüclich genannten Salze dieser Verbindung konnte von dem Fachmam den Kenntnissen im Prioritätszeitpunkt dem Inhalt des Patents als naheliegend entnommen werden.

In der Erläuterung wird die bis dahin nicht erkannte herbizide Wirkung des an sich bekannten N-Phosphonomethylglycins offenbart (vgl. insbes. Anlage 2 Sp 2 Z. 65 ff bis Sp. 3 Z.4)

Im unmittelbaren Anschluß daran wird hervorgehoben, daß diese Verbindung relativ unlöslich ist (vgl. Sp. 2 Z. M- ff) und da­her für handelsübliche Zubereitungen nicht so gut geeignet is1 wie viele seiner Derivate.

Damit wird die Aufmerksamkeit des Fachmanns in verstärktem Maße wegen ihrer erhöhten Wasserlöslichkeit und der dadurch erreichten verbesserten Einsatzmöglichkeiten unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auf diese Derivate gelenkt.

Weiterhin wird dann ausdrücklich betont, daß "überraschender­weise" die zuvor genannten Derivate aber auch "andere Verbin­dungen, die von der allgemeinen Formel umfaßt werden", nicht nur wasserlöslich sind, sondern auch die gleiche hohe herbizi Wirkung zeigen wie das weniger lösliche N-Phosphonomethylglycin selbst.

Da der Fachmann weiß, daß Salze in wässriger Lösung dissoziieren, sich also in frei in der wässrigen Lösung schwimmende Anionen und Kationen trennen, wird ihm damit zugleich offenbart, daß Träger der eigentlichen herbiziden Wirkung das in der all gemeinten Formel erfaßte N-Phosphonomethylglycin - und zwar bei den gelösten Salzen als Anion - ist.

Dabei ist der Patentschrift weiterhin zu entnehmen, daß die in der 4. Gruppe des Patentanspruches genannten Salze von den bevorzugt verwendeten erfindungsgemäßen Verbindungen ihrerseits als besonders vorteilhaft angesehen werden (vgl.

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Spalte 2 Z. 43 ff), wobei in diesem Zusammenhang ausdrücklich erwähnt wird, daß der "Salzbildner" ein Kation ist.

Weiterhin war es für den Fachmann unter diesen Umständen auch naheliegend, statt der erwähnten Salze das nicht genannte Trifoniumsalz zu verwenden.

Die Patentschrift führt nicht alle überhaupt denkbaren Salz­bildner auf. Von den theoretisch zusätzlich in Betracht kom­menden Metallen scheiden aber die meisten entweder wegen ihrer toxischen bzw. strahlenden Wirkung oder aber - wie z.B. die Edelmetalle - auf Grund von Wirtschaftslichkeitsüberlegungen aus.

Das nicht genannte Metall Schwefel unterliegt diesen Bedenken jedoch nicht.

Abgesehen davon, daß nicht alle grundsätzlich in Betracht kom­menden Salze im Patentanspruch aufgeführt sind, ergeben sich aus den Erläuterungen keine Anhaltspunkte dafür, daß bei Ver­wendung eines Schwefelsalzes die herbizide Wirkung nicht ein­treten könne.

Die schon zitierte Stelle (vgl. Spalte 3 Z. 16 ff), in der die Überraschung über die Gleichwirkung anderer Verbindungen, die

von der allgemeinen Formel erfaßt werden, deutlich wird, lenkt den Blick vielmehr eher darauf, daß auch andere als die aus­drücklich genannten Verbindungen eben diese herbizide Wirkung haben durften, sofern es sich um den im Patentanspruch aus­drücklich erfaßten Verbindungen ähnlich Derivate des N-Phosphonomethylglycins handelt.

Im übrigen konnte auch kein aus chemischen Überlegungen er­wachsendes Vorurteil gegen die Verwendung des Trisulfoniumsalzes festgestellt werden.

So hat der von den Beklagten beauftragte Sachverständige in seiner gutachtlichen Stellungnahme, die sich die Klägerin insofern in der mündlichen Verhandlung zu eigen gemacht hat, ausgeführt, daß die Sulfonium-Ionen sich bezüglich der Lös­lichkeit ihrer Salze regelmäßig sehr ähnlich verhalten wie die im Patent u.a. als Salzbildner erwähnten Ammonium-Ionen (vgl.

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Anlage B 13 S. 2).

Da der Fachmann nach dem oben Gesagten den Salzbildner vor­rangig gerade unter dem Gesichtspunkt der Löslichkeit auswäh­len und beurteilen mußte, spricht dies dafür, die Verwendung eines Trisulfoniumsalzes als naheliegend zu betrachten. Zudem hat Prof. Dr. X erwähnt, daß die oben genannten Ionen auch valenzelektronisch analog sind, so daß auch von daher kein Vorurteil gegen das Trisulfoniumsalz begründet erscheint.

Soweit er im weiteren auf die unterschiedliche Molekülgeometrie hinweist, ist dies nicht geeignet, die Kammer von einen das Naheliegen ausschließenden Vorurteil zu überzeugen, da er lediglich die abstrakte Möglichkeit unterschiedlicher chemi­scher Eigenschaften allgemein aufzeigt, ohne darzulegen, wieso der Fachmann diese gerade bei der Verbindung mit N-Phosphonomethylglycin erwarten könnte und weshalb er ausgerechnet die herbiziden Wirkungen des N-Phosphonomethylglycin-Kations da­durch in erheblichem Umfang gefährdet oder gar ausgeschlossen sehen sollte.

Entsprechendes gilt für seinen Hinweis auf die "völlig anders­artige physiologische Wirkung" von Schwefel-Verbindungen gegen­über denjenigen der Stickstoffverbindungen.

Auch hier fehlt eine Konkretisierung im Hinblick auf die ent­scheidende herbizide Wirkung des erfindungsgemäßen Kations.

Da der Patentschrift nicht zu entnehmen ist, daß es auf ein irgendwie geartetes Säre/Base Gleichgewicht für diese Wirkung ankommt, erscheinen auch die Überlegungen zum etwaigen Fehlen dieses Gleichgewichts beim Trisulfoniumsalz nicht geeignet, ein Vorurteil gegen dieses Salz zu begründen.

Lediglich ergänzend sei in diesem Zusammenhang noch darauf hin­gewiesen, daß es der Feststellung der Aequivalenz auch nicht entgegenstünde, wenn der Fachmann die erforderlichen Kenntnisse erst über einfache, erfinderische Überlegungen nicht vorausset­zende Versuche gewinnt (vgl. Benkard PatG, 7. Auflage, § 14 Rdnr 131 m.w.ff.), so daß auch dies dem gewonnenen Ergebnis nicht entgegengehalten werden könnte.

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Insofern liegt auch keine die Verletzung ausschließende Be­schränkung des Schutzbereichs der Klagepatente vor. Zwar sind die Schutzansprüche beider Patente während des Erteilungsver­fahrens Änderungen unterworfen gewesen (vgl. zum Klagepatent I Bl. 143, 170, -172 der Erteilungsakten und zum Klagepatent II Bl. 69» 85, 87, 91 der Erteilungsakten).

Diesen Änderungen kann jedoch keine ausdrückliche Beschränkung der Schutzbereiche auf die in den Ansprüchen ausdrücklich ge­nannten Salze des N-Phosphonomethylglycins entnommen werden.

Sie betreffen weitestgehend ohnehin andere Gruppen der geschützten Verbindungen oder scheiden genau benannte Verbindungen wie das Kaliumsalz einzeln aus (vgl. Bl. 178 Erteilungsakten Klagepatent I; Bl. 87» 89, 91 Erteilungsakten Klagepatent II).

IV.

1. Dagegen konnte dem Antrag der Klägerin, die Schadensersatz­verpflichtung des Beklagten zu 1) festzustellen, nicht entsprochen werden.

Grundsätzlich genügt zwar für eine derartige Feststellung die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts (vgl. Benkard, PatG 7. Auflage, § 139 Rdnr. 80 m.w.N.). Weiterhin ist auch aner­kannt, daß an den Nachweis dieser Wahrscheinlichkeit keine zu hohen Anforderungen gestellt werden dürfen (BGH GRUR 74, 735 -Pharmamedan).

Dies setzt jedoch voraus, daß der Kläger bzw. hier die Klägerin die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schlüssig darlegt

(vgl. Klauer-Möhring, PatG, 3o Auflage § 47 Rdnr. 26).

Dabei mag es in vielen Fällen genügen, einen oder mehrere Ver­letzungsfälle darzutun, wenn sich aus ihnen ohne weiteres auf die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts schließen läßt.

Im vorliegenden Fall hätte es dazu jedoch, wie von Beklagten­seite auch betont worden ist, der Darlegung besonderer Umstände bedurft. Da die Verletzungshandlungen im Rahmen von Feldversuch

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erfolgten, ist der Schluß auf die Wahrscheinlichkeit eines dadurch bei der Klägerin verursachten Schadens nicht ohne weiteres gerechtfertigt.

Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, ob - insbesondere auf den Flächen, die für die Kleinparzellenversuche dienten -ohne die Feldversuche überhaupt Herbizide und wenn dann gerade die der Klägerin eingesetzt worden wären. Da die Klägerin auch in übrigen keine Umstände vorgetragen hat, die die Annahme ein Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts rechtfertigen könnten war der Antrag auf Feststellung der Schadensersatzpflicht des Beklagten zu 1) abzuweisen.

2. Daraus folgt zugleich, daß auch der lediglich als Hilfsan­spruch zum Schadensersatzbegehren anzusehende Auskunfts- und Rechnungslegungsanspruch der Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 1) nicht gegeben ist.

V.

Eine Aussetzung dieses Rechtsstreits bis zur rechtskräftigen Erledigung der gegen die beiden Klagepatente von der Beklagten zu 3) erhobenen Nichtigkeitsklagen kam nicht in Betracht.

Nach ständiger Rechtsprechung der mit Patent- und Gebrauchs­musterverletzungen befaßten hiesigen Gerichte erfolgt eine Aus­setzung gemäß § 148 ZPO regelmäßig nur dann, wenn ein nachträglicher Wegfall des zunächst begründeten Patentschutzes nicht nur möglich, sondern im konkreten Fall auch wahrscheinlich ist (vgl. OLG Düsseldorf, GRUR 1979, 636, 637 - Ventilanbohrvor­richtung; OLG Düsseldorf GRUR 1979, 188 - Flachdachabläufe).

Diese Zurückhaltung beruht auf den, bei Ausübung des dem Gericht durch § 148 ZPO eingeräumten Ermessens zu berücksichtigenden berechtigten Interessen des Schutzrechtsinhabers. Die durch die Aussetzung bewirkte faktische Suspendierung des dem Patentinhaber mit der Patenterteilung ohnehin nur für eine begrenzte

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Zeit verliehenen Ausschließungsrechts erscheint grundsätz­lich nur dann hinnehmbar, wenn die Vernichtung dieses Rechts mit Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist.

Beide Klagepatente haben ein Erteilungsverfahren durchlaufen, in dem sie auch auf den mit der Nichtigkeitsklage nunmehr bestrittenen technischen Fortschritt geprüft worden sind.

Im Rahmen dieses Erteilungsverfahrene sind die beiden wesent­lichen Entgegenhaltungen (US PS X - Anlage B2 und US PS X - Anlage B3) berücksichtigt worden.

Die Vorveröffentlichung in der US PS X betrifft Ver­bindungen, die als Weichmacher verwendet werden sollen, liegt also auf einem ganz anderen Gebiet.

Die weiteren Entgegenhaltungen erscheinen gleichfalls nicht einschlägig, da sie sich mit der Chelat-Bildung befassen. Sie legen auch in ihrer Zusammenschau die schutzrechtsgemäße Lösung nicht nahe. Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß die Kammer von der für eine Aussetzung erforderlichen Vernichtung der Klagepatente auf Grund dieser Entgegenhaltungen nicht aus­zugehen vermag.

VI.

Die Kostenentscheidung bleibt dem Schlußurteil vorbehalten.

Die Anordnungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf §§ 709, 108 ZPO.

Rogge Plum Paulsen

[i]

4. Zivilkammer

Urteil

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LG Düsseldorf:
Urteil v. 04.12.1984
Az: 4 O 419/83


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/35eab9666edc/LG-Duesseldorf_Urteil_vom_4-Dezember-1984_Az_4-O-419-83




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