Bundespatentgericht:
Beschluss vom 29. Juli 2009
Aktenzeichen: 20 W (pat) 335/05

(BPatG: Beschluss v. 29.07.2009, Az.: 20 W (pat) 335/05)

Tenor

Das Patent 199 25 868 wird widerrufen.

Gründe

I.

Auf die am 7. Juni 1999 eingereichte Patentanmeldung hat das Deutsche Patentund Markenamt das Patent mit der Bezeichnung "Diversity-TV-Empfangssystem" erteilt. Die Patenterteilung wurde am 21. Oktober 2004 veröffentlicht.

Der erteilte Patentgegenstand betrifft eine TV-Empfangsanordnung zum adaptiven Kombinieren der von mehreren Antennen empfangenen TV-Signale.

Der angegriffene Patentanspruch 1 lautet (mit eingefügten Aufzählungszeichen):

"M0 TV-Empfangsanordnung, welche umfasst:

M1 zwei oder mehr Antennen (4, 5,6) zum Empfangen jeweiliger HF-Signale mit einer gemeinsamen Frequenz, aber potentiell unterschiedlichen Phasen, gekennzeichnet durch M2.0 -zwei oder mehr TV-Empfangsteile (1,2,3), M2.1 von denen jedes mit einer mit einer gemeinsamen Referenzfrequenz (12) arbeitenden Schaltung abgestimmt ist M2.2 und jedes ein eigenes Zwischenfrequenz-Ausgangssignal hat, dessen Frequenz über den Empfangskreis bestimmt wird, wobei M2.3 ein Empfangsteil in diesem System willkürlich als Bezugsempfangsteil gewählt ist, wohingegen M2.4 das bzw. die andere(n) Empfangsteil(e) als NebenEmpfangsteil(e) bezeichnet ist bzw. sind, M3 -eine Einrichtung (11, 15, 16) zum Addieren der Ausgangssignale, M4.0 -Phasenfehlerdetektoren (9, 10)

M4.1 zum Vergleichen der Phasen zwischen dem summierten Ausgangssignal und einzelnen Ausgangssignalen jedes Neben-Empfangsteils und M4.2 zum Erzeugen separater Steuersignale anhand des Phasenfehlers zwischen jedem einzelnen Ausgangssignal und dem kombinierten Ausgangssignal, M5.0 -eine Phasenschiebereinrichtung (7,8; 13, 14)

M5.1 zum Steuern der Signalphase jedes Neben-Empfangsteils vor der Aufaddierung, wobei M5.2 die Phasenschiebereinrichtung (7, 8; 13,14) auf die Anlegung eines Steuersignals an sie anspricht, und M6.0 eine Steuereinrichtung (9, 10; 18, 19, 21, 22), M6.1 welche an einen Ausgang zur Erfassung eines Phasenfehlers des TV-Empfängers und an die steuerbare Phasenschiebereinrichtung angeschlossen ist, M6.2 wobei die Steuereinrichtung ein Steuersignal erzeugt, welches den Phasenfehler zwischen den HF-Signalen widerspiegelt, M7 -eine gemeinsame PLL-Referenzfrequenz (12), die an jeder Abstimmschaltung für jedes Empfangsteil im System vorgesehen ist, und M8 -eine Einrichtung (13, 14) zur steuerbaren Phasenverschiebung der PLL-Referenzfrequenz für jedes Nebenempfangsteil im Ansprechen auf das Signal, das den Fehler bei der Erfassung der Phasendifferenz repräsentiert, wodurch eine ausreichende Phasenverschiebung erzeugt wird, um den Phasenfehler zwischen den einzelnen HF-Signalen zu beseitigen."

Bezüglich des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 7 sowie der Unteransprüche 2 bis 6 sowie 8 wird auf die Patentschrift verwiesen.

Gegen das Patent hat die Einsprechende am 19. Januar 2005 Einspruch erhoben und diesen auf die Widerrufsgründe des § 21 Abs. 1 Nr. 1 PatG gestützt. Der angegriffene Patentgegenstand beruhe gegenüber dem Stand der Technik nicht auf einer erfinderischen Tätigkeit nach § 4 PatG. Die Einsprechende begründet dies mit folgendem Stand der Technik:

D1 DE 37 41 698 C2, D2 Funkschau 1992, Heft 1, Seiten 66-70, D3 EP 0 546 806 B1.

Hierzu trägt die Einsprechende vor, der Gegenstand des erteilten Anspruchs 1 ergebe sich für den Fachmann insbesondere aus der Zusammenschau der D1 und D3 bzw. der D2 und D3 als auch alleine aus D3 i. V. m. dem Fachwissen des Fachmanns.

Die Einsprechende beantragt, das Patent 199 25 868 zu widerrufen.

Die Patentinhaberin vertritt die Auffassung, dem Einspruchsschriftsatz der Einsprechenden sei zwar eine Substantiierung des Einspruchs im Hinblick auf den Patentanspruch 1 zu entnehmen, der Einspruch sei jedoch bezüglich der übrigen Ansprüche nicht substantiiert und damit unzulässig, zumindest insoweit, als er über den Patentanspruch 1 hinausgehe.

Sie hat dargelegt, das Patent sei auch deshalb aufrechtzuerhalten, weil der streitpatentliche Gegenstand weder dem diskutierten Stand der Technik entnehmbar, noch durch diesen dem Fachmann nahe gelegt sei.

Die Patentinhaberin stellt die folgenden Anträge:

Hauptantrag:

das Patent 199 25 868 in seiner erteilten Fassung aufrechtzuerhalten. Hilfsweise beantragt sie, das Patent auf der Grundlage der folgenden Unterlagen aufrechtzuerhalten: Hilfsantrag 1: neue Patentansprüche 1 bis 7 aus der mündlichen Verhandlung; Hilfsantrag 2: neue Patentansprüche 1 bis 4 aus der mündlichen Verhandlung;

für beide Hilfsanträge Beschreibung und Zeichnungen gemäß

Patentschrift. Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 1 umfasst die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, an die sich die folgenden Merkmale anschließen:

"M9 wobei die Steuereinrichtung folgendes umfasst: einen Quadraturdetektor (21, 22) zum Multiplizieren des ausgegebenen Summensignals mit dem Ausgangssignal des Neben-Empfangsteils und zum Erzeugen eines Produktsignals am Ausgang, welches proportional zum Phasenfehler der Signale ist; undeinen an den Ausgang des Quadratur-Detektors angeschlossenen Integrator (18, 19), welcher zur Erzeugung des Steuersignals den Wechselstromanteil aus dem Produktsignal entfernt."

Der Patentanspruch 1 gemäß Hilfsantrag 2 umfasst die Merkmale des Patentanspruchs 1 gemäß Hauptantrag, an die sich die folgenden Merkmale anschließen:

"M10 wobei die Empfangsanordnung des weiteren folgendes aufweist: einen separaten zusätzlichen parallelen Empfänger (26) zum Empfangen eines Signals von einer separaten zusätzlichen Antenne (25), wobei der zusätzliche Empfänger dazu herangezogen wird, die Möglichkeit für Mehrfachfrequenz-Betrieb zu schaffen, und eine Einrichtung (31) zum Abtasten aller empfangbaren Kanäle mit dem parallelen Empfänger, wobei sowohl die Signalqualität als auch die gegebenenfalls vorhandenen Programmkennungsdaten erfasst werden, wobei das Ausgangssignal aus dem parallelen Empfänger (26) zur Bestimmung der Signalqualität analysiert wird, wozu eine Einrichtung (27) zum Messen der Signalstärke der Kanäle vorgesehen ist, und wobei die Signalstärke über eine vorgegebene Zeitdauer integriert (28) wird, um kurzzeitige Schwankungen im Signalpegel zu entfernen, und die integrierte analoge Signalstärke in einen der Signalstärke entsprechenden digitalen Wert umgewandelt wird und wobei die Identität des Senders für einen bestimmen Kanal durch eine Vorrichtung (30, 31) bestimmt wird, welche folgendes umfasst: eine Einrichtung (30) zum Messen und Dekodieren der in das modulierte Signal kodierten digitalen Modulationssignale, wobei die Modulation Teletext oder ähnliche Textübertragungssysteme umfasst, und Mittel (31) zum Ermitteln der Identität des Senders anhand der demodulierten Informationen und unter Abspeicherung der Kennung zusammen mit den Messwerten für die Signalstärke."

Bezüglich des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 6 sowie der Unteransprüche 2 bis 5 sowie 7 gemäß Hilfsantrag 1 und des Wortlauts des nebengeordneten Anspruchs 4 sowie der Unteransprüche 2 und 3 gemäß Hilfsantrag 2 wird auf die Akten verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung hat der Senat u. a. auf Bedenken hingewiesen, ob das Patent die Erfindung so deutlich und vollständig offenbart, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG); dies wurde mit den Parteien ausführlich erörtert.

II.

1. Der fristund formgerecht eingegangene Einspruch ist zulässig.

Die Einsprechende gibt in ihrem Einspruchsschriftsatz vom 19. Januar 2005 in Form eines Merkmalsvergleichs zwischen dem Hauptanspruch des angegriffenen Patents sowie den Druckschriften D1 und D3 im einzelnen an, in welcher Weise sie den Widerrufsgrund der mangelnden erfinderischen Tätigkeit begründet sieht. Diese Substantiierung zum Patentanspruch 1 des Streitpatents ist auch von der Patentinhaberin nicht bestritten.

Der Einwand der Patentinhaberin, der Einspruch sei bezüglich der übrigen Ansprüche des Streitpatents nicht substantiiert und damit unzulässig, zumindest insoweit, als er über den Anspruch 1 hinausgeht, kann nicht greifen. Es genügt vielmehr, wenn die Einsprechende bei Vorliegen mehrerer Nebenansprüche die Patentfähigkeit nur eines Nebenanspruches substantiiert angreift (BGH GRUR 2003, 695-696, -Automatisches Fahrzeuggetriebe). Dies ist hier -wie im Vorabsatz festgestellt -der Fall.

2. Der Einspruch führt zum Widerruf des Patents, da sich das Patent weder in der erteilten Fassung noch in den hilfsweise verteidigten Fassungen als rechtsbeständig erweist. Denn der Fachmann kann die Erfindung nach keinem der beanspruchten Hauptansprüche ausführen, auch nicht bei umfassender Berücksichtigung von Beschreibung und Zeichnungen, § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG.

Im Rahmen seiner erstinstanzlichen Zuständigkeit für das Einspruchsverfahren nach § 147 Abs. 3 PatG in der bis 30. Juni 2006 geltenden Fassung hat das Bundespatentgericht die gleiche Prüfungskompetenz wie die Patentabteilungen des Deutschen Patentund Markenamts (PatGE 47, 141 -Aktivkohlefilter). Daher konnte der Senat von Amts wegen einen neuen Widerrufsgrund i. S. v. § 21 PatG in das Verfahren einführen -hier den Widerrufsgrund der fehlenden Ausführbarkeit gem. § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG -und den Widerruf des Streitpatents auf diesen Grund stützen.

3. Das Streitpatent betrifft eine TV-Empfangsanordnung zum adaptiven Kombinieren der von mehreren Antennen empfangenen TV-Signale (vgl. Patentschrift [0001]) und richtet sich an einen FH-Ingenieur oder Bachelor der Nachrichtentechnik, der mit den Fragestellungen der Signalverarbeitung vertraut ist und über Erfahrungen auf dem Gebiet des Diversity-Empfangs von Funksignalen verfügt.

Die Patentinhaberin hat es sich zur Aufgabe gemacht, ein TV-Mehrwegeempfangssystem anzugeben, dessen Phasenregelung frei von Störeinflüssen ist (vgl. Patentschrift [0011]). Diese Aufgabe soll durch den streitpatentlichen Gegenstand gelöst werden.

Aus dem Patentanspruch 1 entnimmt der Fachmann die Lehre, dass bei der beanspruchten TV-Empfangsanordnung die von zwei oder mehreren Antennen jeweils empfangenen Hochfrequenz-Signale -die eine gemeinsame Frequenz aber potentiell verschiedene Phasenlagen zueinander aufweisen -durch zwei oder mehrere TV-Empfangsteile in Zwischenfrequenz-Signale umgesetzt und diese anschließend zu einem Zwischenfrequenz-Summensignal addiert werden (Merkmale M0, M1, M2.0). Weiters erkennt der Fachmann, dass die TV-Empfangsteile jeweils mit einer Abstimmschaltung abgestimmt sind und alle diese Abstimmschaltungen mit einer gemeinsamen Referenzfrequenz arbeiten. Er versteht, dass die Frequenz der von den TV-Empfangsteilen erzeugten Zwischenfrequenz-Signale über die Empfangskreise der TV-Empfangsteile bestimmt wird (M2.1 und M2.2). Der Fachmann wird dem Patentanspruch 1 auch entnehmen, dass ein TV-Empfangsteil (willkürlich) als Bezugsempfangsteil gewählt ist und die anderen TV-Empfangsteile als Neben-Empfangsteile bezeichnet sind (M2.3 und M2.4). Er wird auch ohne weiteres nachvollziehen können, dass mit Hilfe von Phasenfehlerdetektoren die Phasenbeziehungen zwischen dem Zwischenfrequenz-Summensignal und einzelnen Zwischenfrequenz-Signalen bestimmt werden und anhand dieser Phasenbeziehungen separate Steuersignale erzeugt werden (M4.0, M4.1, M4.2).

Dem Fachmann mag sich auch erschließen, dass eine Steuereinrichtung, welche an einen Ausgang zur Erfassung eines Phasenfehlers des TV-Empfängers angeschlossen ist, ein Steuersignal erzeugt, welches den Phasenfehler zwischen den Hochfrequenz-Signalen widerspiegelt (M6.0, M6.1 teilweise, M6.2). Es mag für den Fachmann dem Patentanspruch 1 ebenfalls entnehmbar sein, dass im Ansprechen auf dieses Steuersignal der Steuereinrichtung die Phasenlage einer PLL-Referenzfrequenz für jedes Neben-Empfangsteil durch eine hierfür ausgebildete Einrichtung so in ihrer Phase verschoben wird, dass eine ausreichende Phasenverschiebung erzeugt wird, um den Phasenfehler zwischen den einzelnen Hochfrequenz-Signalen zu beseitigen (Merkmal M8).

In keiner Weise kann der Fachmann dem Patentanspruch 1 jedoch entnehmen, in welcher Wirkbeziehung zu den übrigen Einrichtungen der TV-Empfangsanordnung die beanspruchte Phasenschiebereinrichtung zum Steuern der Signalphase jedes Neben-Empfangsteils gemäß der Merkmale M5.0 und M5.1 stehen soll. Auch die Merkmale M5.2 und M6.1, nach denen diese Phasenschiebereinrichtung auf ein Anlegen eines Steuersignals an sie anspricht und sie an die Steuereinrichtung angeschlossen ist, können ihn nicht weiter führen, denn gemäß dem oben Gesagten wird entsprechend Merkmal M8 der Phasenfehler zwischen den Hochfrequenz-Signalen bereits durch eine Phasenverschiebung der PLL-Referenzfrequenzen adaptiv korrigiert. In welcher Weise eine weitere Phasenschiebeeinrichtung zum Steuern der Signalphase jedes Neben-Empfangsteils vor der Aufaddierung (vgl. Merkmale 5.0 und 5.1) in die TV-Empfangsanordnung sinnvoll eingebunden werden könnte, kann der Fachmann dem Patentanspruch nicht entnehmen. Der Wirkzusammenhang der beanspruchten Phasenschiebereinrichtung mit den übrigen Bestandteilen der TV-Empfangsanordnung bleibt für den Fachmann somit offen.

Auch unter Zuhilfenahme der Beschreibung und der Figuren des Streitpatents lässt sich dieser Wirkungszusammenhang nicht erschließen. Das Ausführungsbeispiel gemäß Figur 1 (vgl. auch Absatz [0028] der Patentschrift) kann dem Fachmann schon deshalb keine zusätzlichen Erkenntnisse bringen, als es gar keine Phasenverschiebung von PLL-Referenzfrequenzen an Abstimmschaltungen vorsieht, wesentliche Merkmale des Patentanspruches 1 in ihm also nicht verwirklicht sind. Aber auch keines der weiteren Ausführungsbeispiele zeigt sowohl eine Einrichtung zur Phasenverschiebung von PLL-Referenzfrequenzen als auch eine Phasenschiebereinrichtung zum Steuern der Signalphase jedes Nebenempfangsteiles. Auch die Beschreibung insgesamt hilft dem Fachmann nicht weiter. Beschreibung und Figuren sowie sein Fachwissen geben dem Fachmann somit keine Hinweise, in welcher Art ein Wirkzusammenhang zwischen der beanspruchten Phasenschiebereinrichtung gemäß Merkmal M5.0 und den übrigen Bestandteilen der TV-Empfangsanordnung bestehen könnte.

In der mündlichen Verhandlung wandte der Vertreter der Patentinhaberin zur Frage der deutlichen und vollständigen Offenbarung der Erfindung im Hinblick auf die beanspruchte Phasenschiebereinrichtung gemäß Merkmal M5.0 und die Einrichtung zur Phasenverschiebung gemäß Merkmal M8 ein, der Fachmann erkenne, dass es sich bei den beiden genannten Einrichtungen um ein und dieselbe Einrichtung handle. Dieser Meinung kann sich der Senat aus folgenden Gründen nicht anschließen: Zum einen geht aus dem Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung eindeutig hervor, dass es sich um zwei verschiedene Einrichtungen handelt, da im Kennzeichen dieses Anspruchs die Bestandteile der beanspruchten TV-Empfangsanordnung in einer Reihung (jeweils eingeleitet mit einem Spiegelstrich) mit unterschiedlicher Bezeichnung aufgeführt sind und die Phasenschiebereinrichtung gemäß Merkmal 5.0 gleichrangig neben der (zusätzlichen) Einrichtung zur steuerbaren Phasenverschiebung gemäß Merkmal M8 aufgelistet ist. Der Fachmann hatte auch keine Veranlassung, die beiden Einrichtungen funktional gleichzusetzen, da ihr Zweck verschieden angegeben ist. Die Phasenschiebereinrichtung dient gemäß Merkmal 5.1 zum Steuern der Signalphase jedes Neben-Empfangsteils vor der Aufaddierung, wohingegen die Einrichtung gemäß Merkmal M8 zur steuerbaren Phasenverschiebung der PLL-Referenzfrequenzen für jedes Nebenempfangsteil dienen soll. Auch aus der Beschreibung ergibt sich keinerlei Hinweis für den Fachmann, der ihn zu einer funktionalen Gleichsetzung der beiden in Rede stehenden Einrichtungen veranlassen könnte. Selbst die im Patentanspruch 1 zur Erläuterung angegebenen Bezugszeichen stimmen nur partiell überein und führen somit den Fachmann von der Annnahme einer Identität eher weg.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass der Fachmann dem Patent den Wirkzusammenhang der genannten Bestandteile der beanspruchten TV-Empfangsanordnung jedenfalls bezüglich der Phasenschiebereinrichtung gemäß Merkmal M5.0 nicht entnehmen kann. Folglich ist der Fachmann nicht in der Lage, einen Gegenstand mit allen Merkmalen des Patentanspruches 1 zu realisieren; das Patent offenbart die Erfindung somit nicht so deutlich und vollständig, dass ein Fachmann sie ausführen kann (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG).

Der Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung kann daher keinen Bestand haben.

4. Gleiches gilt jeweils für die Patentansprüche in der Fassung der Hilfsanträge.

Auch die mit den Patentansprüchen 1 nach Hilfsantrag 1 und Hilfsantrag 2 vermittelten Lehren sind aus den unter 3. dargelegten Erwägungen nicht so deutlich und vollständig offenbart, das ein Fachmann sie ausführen kann. Sowohl der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 1 als auch der Patentanspruch 1 nach Hilfsantrag 2 enthalten nämlich die unter 3. behandelten Merkmale. Die jeweils gegenüber dem Patentanspruch 1 nach Hauptantrag überschüssigen Merkmale können zu einer abweichenden Beurteilung der Ausführbarkeit für die Gegenstände dieser Ansprüche nichts beitragen, da auch sie dem Fachmann keine weitere Erläuterung zum Wirkzusammenhang der beiden in Rede stehenden Einrichtungen gemäß der Merkmale M5.0 und M8 geben. Infolgedessen kann der Fachmann auch die mit Hilfsantrag 1 bzw. Hilfsantrag 2 beanspruchten Erfindungen nicht ausführen.

5.

Nachdem das Streitpatent bereits nach § 21 Abs. 1 Nr. 2 PatG zu widerrufen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob -wie von der Einsprechenden vorgetragen -die beanspruchten Lehren außerdem im Hinblick auf die §§ 1 bis 5 PatG nicht patentfähig sind oder ob daneben noch andere Widerrufsgründe erfüllt sind.

6.

Das Patent war vollständig zu widerrufen, da sich das Patent in allen vom Inhaber beantragten Fassungen als nicht rechtsbeständig erwiesen hat (BGH GRUR 1997, 120 -elektrisches Speicherheizgerät; BGH GRUR 2007, 862 -Informationsübermittlungsverfahren II).

Dr. Mayer Dr. Hartung Werner Musiol Pr






BPatG:
Beschluss v. 29.07.2009
Az: 20 W (pat) 335/05


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