Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. Dezember 2003
Aktenzeichen: 27 W (pat) 149/03

(BPatG: Beschluss v. 02.12.2003, Az.: 27 W (pat) 149/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Widersprechenden wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 9 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 18. Februar 2003 aufgehoben.

Die Löschung der Marke 300 28 990 wird aufgrund des Widerspruchs aus der Gemeinschaftsmarke 108 902 angeordnet.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 300 28 990 DiDAS für "Datenverarbeitungsgeräte, Computer und deren Wartung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Implementierung von Software" ist Widerspruch eingelegt worden aus der prioritätsälteren Gemeinschaftsmarke MIDAS, eingetragen unter der Nr 108 902 ua für die Waren und Dienstleistungen:

Computer, Datenverarbeitungs- und Rechengeräte; Apparate zur Verwendung mit den vorstehend genannten Computern oder Rechengeräten; Material zur Datenspeicherung und Datenpräsentation; Teile und Zusatzteile für alle vorstehend genannten Waren; Computer-Software; nicht in bezug auf medizinische Informationen und/oder die pharmazeutische Industrie.

Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Design und Entwicklung von Computersoftware; Vermietung von Zugriffszeit auf eine Computerdatenbank; Analyse von Computersystemen und Beratung; Bereitstellung einer Telephon-Hotline; technische und Computerberatungen; Vermietung von Computern und Software; Vernetzung von Computern; Installation, Pflege und Support von Computersoftware; Projektmanagement; Informationsvertrieb und -management; nicht in bezug auf medizinische Informationen und/oder die pharmazeutische Industrie.

Die Markenstelle für Klasse 9 hat den Widerspruch durch Beschluss einer Beamtin des gehobenen Dienstes zurückgewiesen. Zwar seien die jeweils beanspruchten Waren und Dienstleistungen identisch oder jedenfalls hochgradig ähnlich, doch seien die Marken nicht miteinander zu verwechseln. Schriftbildlich seien sie deutlich unterschiedlich. In klanglicher Hinsicht sei zwar, wie die Markenstelle ausgeführt hat, "eine Verwechslung angesichts gleicher Silbenzahl, gleichem Sprechrhythmus und identischer Buchstabenfolge "idas" nicht ausgeschlossen". Bei so kurzen und prägnanten Wörtern würden jedoch die verbleibenden Unterschiede am Wortanfang stärker beachtet, sodass eine Verwechslung nicht vorkommen dürfte, zumal "MIDAS" auf den sagenhaften griechischen König hinweise, während "DiDAS" ein reiner Fantasiebegriff sei.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Widersprechenden, mit der sie die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Löschung der jüngeren Marke beantragt. Sie vertieft die von der Markenstelle angeführten Argumente für eine klangliche Verwechslungsgefahr und verweist darauf, dass mit einer Bekanntheit der Figur des Midas bei den relevanten Verkehrskreisen kaum zu rechnen sei.

Die Inhaberin der jüngeren Marke tritt dem entgegen, wobei sie sich zur Begründung ihres Antrags auf Zurückweisung der Beschwerde im wesentlichen der Argumentation der Markenstelle anschließt. Des weiteren weist auf ihre älteren Firmennamens-Rechte hin sowie auf eine früher für sie eingetragene - inzwischen erloschene - Marke 1 025 622 "DIDAS".

Eine vom Senat angeregte gütliche Einigung zwischen den Beteiligten konnte nicht erreicht werden.

II.

Die nach § 165 Abs 4 MarkenG gegen die Entscheidung der Markenstelle zulässig eingelegte Beschwerde ist begründet. Denn zwischen den einander gegenüber stehenden Marken besteht jedenfalls in klanglicher Hinsicht eine markenrechtlich relevante Gefahr von Verwechslungen, so dass die Löschung der jüngeren Marke anzuordnen war (§§ 9 Abs 1 Nr 2, 43 Abs 2 Satz 1 MarkenG).

Wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, sind die im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis der jüngeren Marke enthaltenen "Datenverarbeitungsgeräte, Computer und deren Wartung; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung, Implementierung von Software" größtenteils identisch mit den für die Widerspruchsmarke eingetragenen Waren und Dienstleistungen "Computer, Datenverarbeitungs- und Rechengeräte; Erstellen von Programmen für die Datenverarbeitung; Vernetzung von Computern; Installation, Pflege und Support von Computersoftware"; im übrigen besteht hochgradige Ähnlichkeit.

Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke ist als normal einzustufen. Der Hinweis der Markeninhaberin auf vier weitere in Klassen 9, 37 und 42 eingetragene Marken mit dem Bestandteil "idas" rechtfertigt für sich allein nicht den Schluss auf eine Schwächung der Kennzeichnungskraft (st. Rspr., vgl die Nachweise bei Ingerl/Rohnke, MarkenG, 2. Aufl, Rdn 398 zu § 14). Aus diesem Grund muss die jüngere Marke von der älteren einen deutlichen Abstand einhalten, um angesichts des hohen Grads der Ähnlichkeit bzw der Identität der von den Marken erfassten Waren und Dienstleistungen eine markenrechtlich relevante Verwechslungen auszuschließen. Diesen erforderlichen Abstand hält die angegriffene Marke jedenfalls in klanglicher Hinsicht nicht ein.

Wie die Markenstelle zutreffend dargelegt hat, ist eine Abweichung in klanglicher Hinsicht nur in den Anfangsbuchstaben festzustellen, ansonsten stehen sich die identischen Lautfolgen "-idas" gegenüber. Der Unterschied beschränkt sich mithin auf die weichen Konsonanten "D" und "M". Diese sind alles andere als klangstark, so dass trotz der Tatsache, dass sie an dem regelmäßig besonders beachteten Wortanfang stehen, ein Überhören des Unterschieds nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen ist. Denn auch bei den hier in Rede stehenden Waren und Dienstleistungen, die sich in ihrer Breite nicht nur an ein spezielles Fachpublikum richten, sondern an weiteste Verkehrskreise, ist die mündliche Wiedergabe der Marken, etwa bei Verkaufsgesprächen oder Empfehlungen durch Dritte, durchaus zu erwarten (vgl EuGH GRUR Int 1999, 734, 735 - Lloyd). Dabei kann der wenig signifikante und durch die Lautfolge "idas" akustisch überlagerte Unterschied im Wortanfang leicht unbemerkt bleiben, so dass ein sicheres Auseinanderhalten der Marken nicht mehr gewährleistet ist. Die von der Markenstelle angeführte begriffliche Unterscheidung durch die Zuordnung von "Midas" zu dem sagenumwobenen König von Phrygien kann demgegenüber nicht ausreichen, um im vorliegenden Fall zu einer anderen Beurteilung zu gelangen. Der mythische Kontext wird dem überwiegenden Teil der angesprochenen Verkehrskreise heute nicht mehr oder jedenfalls nicht so geläufig und präsent sein, dass er angesichts der starken klanglichen Übereinstimmungen und der identischen bzw sehr ähnlichen Waren eine die Unterscheidung der Marken ermöglichende Begriffsvorstellung hervorrufen könnte (vgl dazu auch Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 9 Rdn 277).

Ein etwaiges der Markeninhaberin zustehendes älteres Recht an ihrer Firmenbezeichnung ist gegenüber dem Recht aus der eingetragenen prioritätsälteren Marke "MIDAS" im Widerspruchsverfahren nicht zu berücksichtigen, denn Gegenstand der Überprüfung sind hier ausschließlich die sich gegenüberstehenden Marken. Auch die zugunsten der Inhaberin der angegriffenen Marke früher eingetragene, zwischenzeitlich oder gelöschte Marke "DIDAS" ist nicht zu berücksichtigen. Die von der Markeninhaberin insoweit angeführten Erwägungen sind der Entscheidung durch die Zivilgerichte vorbehalten (vgl schon BPatGE 5, 51 - Uhu-Sin; s. auch die amtliche Begründung zum Markenrechtsreformgesetz, BlPMZ Sonderheft 1994, S 51, S 86).

Hinsichtlich der Kosten verbleibt es bei der Regel des § 71 Abs 1 S 2 MarkenG. Gründe, hiervon abzuweichen, sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Dr. Schermer Richter Schwarzkann wegen Urlaubsnicht unterschreiben.

Dr. Schermer Dr. van Raden Pü






BPatG:
Beschluss v. 02.12.2003
Az: 27 W (pat) 149/03


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