Bundespatentgericht:
Beschluss vom 20. August 2003
Aktenzeichen: 7 W (pat) 318/02

(BPatG: Beschluss v. 20.08.2003, Az.: 7 W (pat) 318/02)

Tenor

Das Patent wird beschränkt aufrechterhalten mit den am 20. August 2003 überreichten Patentansprüchen 1 bis 12, Beschreibung und Zeichnungen nach Patentschrift.

Gründe

I Die Erteilung des Patents 100 19 854 mit der Bezeichnung "Manueller Hebelantrieb für Stellvorrichtungen an Sitzen, insbesondere Kraftfahrzeugsitzen" ist am 21. Februar 2002 veröffentlicht worden. Gegen die Erteilung ist am 21. Mai 2002 Einspruch erhoben worden. Der Einspruch ist mit Gründen versehen und auf die Behauptung gestützt, daß der Gegenstand des Patents nicht patentfähig sei.

Die Einsprechende hat zum Stand der Technik neben den bereits im Verfahren vor dem Deutschen Patent- und Markenamt berücksichtigten Unterlagen, die deutsche Offenlegungsschrift 197 25 899 und die deutsche Patentschrift 195 27 912, noch auf die deutsche Patentschrift 43 09 334 verwiesen. Sie hat ferner eine offenkundige Vorbenutzung eines Gegenstandes gemäß der vorgelegten technischen Zeichnung vom 29. August 1994 der Firma B... mit der Bezeichnung "MAN. SITZHOEHEN VERSTELG." (im weiteren Zeichnung A genannt) geltend gemacht und zur näheren Erläuterung fünf perspektivische Darstellungen (Zeichnungen A1 bis A5) des Gegenstandes der Zeichnung A sowie in der mündlichen Verhandlung weitere drei Zeichnungen, Nr. 498 452-102 vom 15. April 1997 (im weiteren Zeichnung B genannt), Nr. 496 887-107 vom 7. April 1994 (Zeichnung C), Nr. 496 888-107 vom 24. Mai 1994 (Zeichnung D), vorgelegt. Weiterhin hat die Einsprechende vier Rechnungen eingereicht, die die Lieferung einer manuellen Sitzhöhenverstellung der Firma B... GmbH und Co. KG an die Firma K... & Co. belegen soll.

Die Einsprechende stellt den Antrag, das Patent zu widerrufen.

Die Patentinhaberin beantragt, das Patent aufrechtzuerhalten mit den in der mündlichen Verhandlung am 20. August 2003 überreichten Patentansprüchen 1 bis 12, Beschreibung und Zeichnungen gemäß Patentschrift.

Sie vertritt die Ansicht, daß der Einspruch nicht hinreichend substantiiert und daher unzulässig, im übrigen auch in der Sache unbegründet sei, da der entgegengehaltene Stand der Technik den Patentgegenstand in der Fassung der verteidigten Patentansprüche nicht nahelege.

Der geltende Anspruch 1 lautet:

"Manueller Hebelantrieb für Stellvorrichtungen an Sitzen, insbesondere Kraftfahrzeugsitzen, zur Umsetzung einer Hubbewegung in eine diskontinuierliche Rotationsbewegung unter Einbeziehung eines Schrittschaltwerkes (27), dessen Abtriebsglied (28) mit einem rotatorisch bewegbaren Stellglied der Stellvorrichtung gekuppelt ist, während das Antriebsglied (26) des Schrittschaltwerkes (27) mit einem von einem Handhebel (13) betätigten Übersetzungsglied (19) drehmomentübertragend verbunden ist, wobei der Handhebel (13) an einem Tragarm (10) um eine erste Drehachse (24) schwenkbar gelagert ist, das Übersetzungsglied (19) mit dem eine zweite Drehachse bildenden Antriebsglied (26) drehfest verbunden ist, und wobei einerseits die beiden Drehachsen (24, 25) einen Abstand zueinander aufweisen und andererseits die zweite Drehachse (25) in einem Abstand zum Kontaktpunkt des Lastarms (16) des Handhebels (13) mit dem Übersetzungsglied (19) angeordnet ist, wodurch bei Auslenkung des Lastarmes (16) des Handhebels (13) um einen bestimmten Schwenkwinkel (H), das auf der zweiten Drehachse (25) angeordnete Übersetzungsglied (19) in eine den zugehörigen Drehwinkel (A) der das Antriebsglied (26) des Schrittschaltwerkes (27) aufnehmenden zweiten Drehachse (25) gegenüber dem Schwenkwinkel (H) vergrößernde Schwenkbewegung überführt wird, wobei die zuvor beschriebene Übersetzungsmechanik bestehend aus Handhebel (13) und Übersetzungsglied (19) dem Schrittschaltwerk (27) vorgeschaltet ist."

Der Patentanspruch 9 lautet:

"Manueller Hebelantrieb für Stellvorrichtungen an Sitzen, insbesondere Kraftfahrzeugsitzen, zur Umsetzung einer Hubbewegung in eine diskontinuierliche Rotationsbewegung unter Einbeziehung eines Schrittschaltwerkes (27), dessen Abtriebsglied (28) mit einem rotatorisch bewegbaren Stellglied der Stellvorrichtung gekuppelt ist, während das Antriebsglied (26) des Schrittschaltwerkes (27) mit einem von einem Handhebel (13) betätigten Übersetzungsglied (19) drehmomentübertragend verbunden ist, wobei der Handhebel (13) an einem Tragarm (10) um eine erste Drehachse (24) schwenkbar gelagert ist, das Übersetzungsglied (19) mit dem eine zweite Drehachse bildenden Antriebsglied (26) drehfest verbunden ist, und wobei einerseits die beiden Drehachsen (24, 25) einen Abstand zueinander aufweisen und andererseits die zweite Drehachse (25) in einem Abstand zum Kontaktpunkt des Lastarms (16) des Handhebels (13) mit dem Übersetzungsglied (19) angeordnet ist, wodurch bei Auslenkung des Lastarmes (16) des Handhebels (13) um einen bestimmten Schwenkwinkel (H), das auf der zweiten Drehachse (25) angeordnete Übersetzungsglied (19) in eine den zugehörigen Drehwinkel (A) der das Antriebsglied (26) des Schrittschaltwerkes (27) aufnehmenden zweiten Drehachse (25) gegenüber dem Schwenkwinkel (H) vergrößernde Schwenkbewegung überführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Übersetzungsglied (19) aus einer mit der zweiten Drehachse (25) drehfest verbundenen Wickelrolle (51) und einer diese umfassenden Schlingfeder (49) gebildet ist, und die Schlingfeder (49) zu elastischen Mitnehmern (21) geformte Federenden (50) aufweist, zwischen die ein Kurvenkopf (48) am Lastarm (16) des Handhebels (13) faßt."

Der Patentanspruch 11 lautet:

"Manueller Hebelantrieb für Stellvorrichtungen an Sitzen, insbesondere Kraftfahrzeugsitzen, zur Umsetzung einer Hubbewegung in eine diskontinuierliche Rotationsbewegung unter Einbeziehung eines Schrittschaltwerkes (27), dessen Abtriebsglied (28) mit einem rotatorisch bewegbaren Stellglied der Stellvorrichtung gekuppelt ist, während das Antriebsglied (26) des Schrittschaltwerkes (27) mit einem von einem Handhebel (13) betätigten Übersetzungsglied (19) drehmomentübertragend verbunden ist, wobei der Handhebel (13) an einem Tragarm (10) um eine erste Drehachse (24) schwenkbar gelagert ist, das Übersetzungsglied (19) mit dem eine zweite Drehachse bildenden Antriebsglied (26) drehfest verbunden ist, und wobei einerseits die beiden Drehachsen (24, 25) einen Abstand zueinander aufweisen und andererseits die zweite Drehachse (25) in einem Abstand zum Kontaktpunkt des Lastarms (16) des Handhebels (13) mit dem Übersetzungsglied (19) angeordnet ist, wodurch bei Auslenkung des Lastarmes (16) des Handhebels (13) um einen bestimmten Schwenkwinkel (H), das auf der zweiten Drehachse (25) angeordnete Übersetzungsglied (19) in eine den zugehörigen Drehwinkel (A) der das Antriebsglied (26) des Schrittschaltwerkes (27) aufnehmenden zweiten Drehachse (25) gegenüber dem Schwenkwinkel (H) vergrößernde Schwenkbewegung überführt wird, dadurch gekennzeichnet, daß das Übersetzungsglied (19) aus einem mit der zweiten Drehachse (25) drehfest verbundenen Trommeltopf (53) und einer darin angeordneten Schlingfeder (49) gebildet ist und die Schlingfeder (49) zum Trommelmittelpunkt radial vorragende Mitnehmer (21) an ihren Federenden aufweist, die von einer am Lastarm (16) des Handhebels (13) angeordneten Klaue (54) übergriffen sind."

Die Ansprüche 2 bis 8 sind zumindest mittelbar auf den Anspruch 1, der Anspruch 10 auf Anspruch 9 und der Anspruch 12 auf Anspruch 11 rückbezogen.

II 1. Über den Einspruch ist gemäß § 147 Abs 3 Satz 1 Ziff 1 PatG, eingeführt durch das Gesetz zur Bereinigung von Kostenregelungen auf dem Gebiet des geistigen Eigentums vom 13. Dezember 2001 (Artikel 7), durch den Beschwerdesenat des Bundespatentgerichts zu entscheiden.

2. Der Einspruch ist zulässig. Er ist frist- und formgerecht erhoben (§ 59 Abs 1 PatG) und auf den Widerrufsgrund der mangelnden Patentfähigkeit (§ 21 Abs 1 Nr 1 PatG) gestützt. Es sind seitens der Einsprechenden innerhalb der Einspruchsfrist auch ausreichend substantiiert alle erforderlichen Tatsachen vorgetragen worden, die Patentinhaber und Patentgericht in die Lage versetzen, ohne eigene Ermittlungen einen Bezug herzustellen zwischen dem Patentgegenstand und dem geltend gemachten Vorbenutzungsgegenstand. So hat die Einsprechende anhand von Skizzen (A1 bis A5) dargelegt, dass der Vorbenutzungsgegenstand gemäß der Brose-Zeichnung (A) die Funktion des Hebelantriebs gemäß Patentanspruch 1 gleichwertig erfüllt, ohne in allen konstruktiven Einzelheiten mit diesem übereinstimmen zu müssen. Der Fachmann - als hier zuständig wird ein mit der Konstruktion von Stellantrieben für Sitze befasster Maschinenbauingenieur angesehen - konnte somit ohne weiteres einen sachlichen Vergleich der beiden Gegenstände vornehmen. Der Einspruch war insoweit auch substantiert und folglich zulässig.

3. Der Gegenstand des angefochtenen Patents stellt in der Fassung der verteidigten Patentansprüche eine patentfähige Erfindung iSd PatG § 1 bis § 5 dar.

3.1 Die verteidigten Patentansprüche sind zulässig. Der geltende Anspruch 1 geht auf den erteilten Anspruch 1 und auf ein Merkmal aus der Patentbeschreibung (Sp 3 Z 49 bis 51) zurück. Die Ansprüche 2 bis 12 entsprechen den erteilten Ansprüchen 2 bis 12, wobei in den Ansprüchen 9 und 11 lediglich die Merkmale der Bezugsansprüche nach erteilter Fassung wörtlich aufgenommen worden sind.

3.2 Der Gegenstand des geltenden Anspruchs 1 betrifft einen manuellen Hebelantrieb für Stellvorrichtungen an Sitzen zur Umsetzung einer Hubbewegung in eine diskontinuierliche Rotationsbewegung unter Einbeziehung eines Schrittschaltwerkes. Dem Schrittschaltwerk, das eingangsseitig ein Antriebsglied und ausgangsseitig ein an die Stellvorrichtung des Sitzes angekuppeltes Abtriebsglied aufweist, ist eine Übersetzungsmechanik vorgeschaltet, die aus einem um eine ortsfeste (erste) Drehachse schwenkbeweglichen Handhebel und einem durch den Handhebel um eine ortsfeste (zweite) Drehachse schwenkbaren Übersetzungsglied besteht, das mit dem die (zweite) Drehachse bildende Antriebsglied drehfest verbunden ist. Die beiden Drehachsen einerseits und die (zweite) Drehachse und der Kontaktpunkt von Handhebel und Übersetzungsglied andererseits sind derart voneinander beabstandet, dass der am Antriebsglied des Schrittschaltwerkes sich einstellende Dreh- oder Schwenkwinkel größer ist als der am Handhebel eingeleitete Schwenkwinkel, wodurch sich gegenüber bekannten Sitzverstellvorrichtungen ein reduzierter Leerwinkel beim Betätigen ergibt (Streitpatentschrift Sp 1 Z 60 bis Sp 2 Z 8). Aufgrund der Anordnung der Übersetzungsmechanik vor das Schrittschaltwerk lassen sich kostengünstige Hebelantriebe für Sitze realisieren (Streitpatentschrift Sp 1 Z 49 bis 54), da - wie die Patentinhaberin in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat - bekannte Schrittschaltwerke einfach nachgerüstet werden können.

3.2.1 Der - gewerblich anwendbare - Hebelantrieb nach Anspruch 1 ist neu, denn weder der unbestritten offenkundig vorbenutzte Gegenstand nach den Zeichnungen A bis D, noch die entgegengehaltenen Druckschriften zum Stand der Technik offenbaren einen Hebelantrieb mit sämtlichen Merkmalen des Anspruchs 1.

a) Bei dem vorbenutzten Hebelantrieb für Sitzverstelleinrichtungen ist ebenfalls eine Übersetzungsmechanik bestehend aus Handhebel (Zeichnungen A, B) und Übersetzungsglied (siehe ringscheibenförmige "Mitnehmer" gemäß Zeichnungen C, D bzw lila und hellblaue Scheiben gemäß Zeichnung A2) vorhanden.

Das Übersetzungsglied ist hier - anders als beim Patentgegenstand nach Anspruch 1 - zugleich Element des Schrittschaltwerks. Wie die Einsprechende ausgeführt hat, wird das Abtriebselement des Schrittschaltwerkes - das ist nach Zeichnung A die Welle, auf der sich hinsichtlich der Kraftübertragung ausgangsseitig ein Zahnritzel Z und eingangsseitig ein Mitnehmer (06) (in der Zeichnung A3 als gelbe Scheibe dargestellt) befinde - beim Betätigen des Handhebels und nach Zurücklegung eines gewissen Leerweges durch Einklemmen des scheibenförmigen Mitnehmers (06) zwischen die Mitnehmer gemäß den Zeichnungen C, D reib- bzw. kraftschlüssig erfaßt und mitgedreht. Bei Rückstellung des Handhebels in die Ausgangslage ist die Klemmwirkung dieser Mitnehmerscheiben wieder aufgehoben, so dass kein Zurückdrehen des Abtriebsgliedes erfolgt. Die Übersetzungsmechanik ist somit nicht dem Schrittschaltwerk vorgeschaltet im Sinne des Anspruchs 1 und das Übersetzungsglied ist nicht drehfest mit einer Antriebswelle des Schrittschaltwerkes verbunden.

Die Anordnung der Drehachsen von Handhebel und Übersetzungsglied (Mitnehmerringscheiben) zueinander sowie der Abstand des Kontaktpunktes von Hebel und Übersetzungsglied von der Drehachse des Übersetzungsgliedes sind des weiteren nicht entsprechend Anspruch 1 derart vorgegeben, dass am Übersetzungsglied ein größerer Schwenkwinkel als am Handhebel erzeugt wird. Wie aus den Zeichnungen A2 und A4 hervorgeht, ist der Abstand zwischen dem durch Laschen am Handhebel und einem radialen Vorsprung an einer Mitnehmerringscheibe gebildete Kontaktpunkt und der (ersten) Drehachse des Handhebels kleiner als der zwischen diesem Kontaktpunkt und der (zweiten) Drehachse des Mitnehmers bzw des Übersetzungsgliedes (s Zeichnung C, Achse des Doppelkreises), woraus sich gerade umgekehrte Winkel-Verhältnisse ergeben. Weil der nicht näher spezifizierte Angriffspunkt der Klemmkraft an der Mitnehmerscheibe (06) näher an der Drehachse dieser Scheibe als an der Drehachse der ringscheibenförmigen Mitnehmer liegt, stellt sich aber am Abtriebsglied - wie der Vertreter der Einsprechenden anhand eines Musters des Vorbenutzungsgegenstandes in der mündlichen Verhandlung aufgezeigt hat - dennoch ein größerer Drehwinkel als am Handhebel ein, so daß auch beim vorbenutzten Stellmechanismus insgesamt eine positive Winkelübersetzung erreicht wird, wie auch die Patentinhaberin ohne weiteres eingeräumt hat.

b) In der deutschen Patentschrift 43 09 334 (Sp 1 Z 3 bis 6, Z 64 bis Sp 2 Z 17) ist ein Handhebelantrieb, ua für Verstelleinrichtungen von Fahrzeugsitzen, zur Erzeugung einer Drehbewegung in die eine oder andere Richtung unter Einsatz von Kraftschlußelementen beschrieben. Bei Auslenkung des Handhebels aus einer Null-Lage erzeugen die Kraftschlußelemente an der anzutreibenden Welle eine reibungsbedingte Selbsthemmung, so daß mit dem Hebel große Kräfte übertragbar sind. Bei Rückstellung des Handhebels ist die Selbsthemmung dagegen aufgehoben. Es liegt insoweit ein Schrittschaltwerk iSd Anspruchs 1 des Streitpatents vor. Ein streitpatentgemäßer Übersetzungsmechanismus, durch den der Antriebswinkel für das Schrittschaltwerk gegenüber dem Handhebelwinkel vergrößert ist, ist dieser Druckschrift jedoch nicht zu entnehmen.

c) Bei dem manuellen Antrieb zur Erzeugung einer diskontinuierlichen Drehbewegung, insbesondere für Kraftfahrzeugsitze, nach der deutsche Patentschrift 195 27 912 werden zur Übertragung der Stellkräfte des Handhebels auf das Abtriebsglied des Schrittschaltwerkes Formschlußelemente (Verzahnungselemente) eingesetzt. Angestrebt wird die Vermeidung von Ratschengeräuschen sowie eines merklichen Leerhubes des Handhebels. Eine dem Schrittschaltwerk vorgeschaltete Übersetzungsmechanik zur Vergrößerung des Winkels der Antriebswelle des Schrittschaltwerkes gemäß Anspruch 1 des Streitpatents ist nicht aufgezeigt.

d) Gleiches gilt für den manuellen Antrieb nach der deutschen Offenlegungsschrift 197 25 899, die sich mit der Weiterbildung des vorstehend angesprochenen Antriebs nach der deutschen Patentschrift 195 27 912 im Hinblick auf eine Verringerung der Bauteile und eines kompakteren Aufbaus beschäftigt (Sp 1 Z 3 bis 44). Da Handhebeldrehachse (Fig 1 Bezugszeichen 6) und Drehachse des Antriebsrades (4) zusammenfallen, kann eine Vergrößerung der Schwenkbewegung des Antriebsgliedes gemäß der Lehre des angefochtenen Anspruchs 1 hier nicht realisiert sein.

3.2.2 Die Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Wie der Neuheitsvergleich ergeben hat, macht der Vorbenutzungsgegenstand nicht von einer dem Schrittschaltwerk vorgeschalteten Übersetzungsmechanik Gebrauch, mit der ein gegenüber dem Handhebeldrehwinkel vergrößerter Drehwinkel an dem Antriebsglied für das nachgeschaltete Schrittschaltwerk erzeugt wird. Hierzu kann der Vorbenutzungsgegenstand dem Fachmann auch keine Anregung geben, weil dort die Übersetzung hin zu größeren Ausgangswinkeln im Schrittschaltwerk selbst und zudem über einen Reibschlußmechanismus realisiert ist, indem die innerhalb des Mitnehmerdurchmessers und an dem Mitnehmer (gelbe Scheibe nach Zeichnung A4) wirksam werdende Klemmkraft von der Drehachse dieses Mitnehmers einen geringeren Abstand hat als der Kontaktpunkt des Handhebels am ringscheibenförmigen Mitnehmer (zB grünes Bauteil in Zeichnung A4) von der Drehachse dieses ringscheibenförmigen Mitnehmers. Es liegt insoweit auch ein völlige von der Lehre des Anspruchs 1 des angefochtenen Patents abweichende Übersetzungskonzeption vor.

Die zusätzliche Berücksichtigung des Standes der Technik gemäß den übrigen Entgegenhaltungen führt nicht näher zur Lehre des Anspruchs 1, weil diese sich nicht mit der Vergrößerung von Antriebswinkeln für nachgeschaltete Schrittschaltwerke gegenüber dem durch einen Handhebel eingeleiteten Drehwinkel befassen. Diese Entgegenhaltungen haben entsprechend in der mündlichen Verhandlung auch keine Rolle mehr gespielt.

3.3 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 9 unterscheidet sich von dem nach dem geltenden Anspruch 1 dadurch, daß das Schrittschaltwerk in die Übersetzungsmechanik integriert ist (Patentschrift Sp 3 Z 49 bis 53 u Z 54 bis Sp 4 Z 17 iVm Fig 4). Hierzu ist das Übersetzungsglied aus einer mit der (zweiten) Drehachse verbundenen Wickelrolle und einer diese umfassenden Schlingfeder gebildet, wobei die Schlingfeder zu elastischen Mitnehmern geformte Federenden aufweist, zwischen die ein Kurvenkopf am Lastarm des Handhebels faßt.

3.3.1 Der Gegenstand des Anspruchs 9 ist unbestritten neu, denn der entgegengehaltene Stand der Technik offenbart keine Stellvorrichtungen für Sitze mit einem Handhebel, dessen Lastarm einen Kurvenkopf aufweist, der zwischen zwei Enden einer Schlingfeder greift.

3.3.2 Der Gegenstand des Anspruchs 9 beruht auch auf einer erfinderischen Tätigkeit.

Die elastischen Mitnehmerarme der Schlingfeder bilden sich belastungsabhängig biegende Kontaktflächen am Kurvenkopf, wodurch sich bei einer Schwenkbewegung des Handhebels anfänglich eine höhere Winkelübersetzung, anschließend infolge des Abgleitens des Kurvenkopfes an dem jeweiligen Mitnehmerarm (aufgrund einer höheren Belastung auf den Handhebel) eine entsprechend niedrigere Übersetzung ergibt, so daß eine lastabhängige Übersetzung geschaffen ist (Patentschrift Sp 3 Z 63 bis Sp 4 Z 17). Hierzu liefern die Entgegenhaltungen weder Vorbild noch Anregung. Gegenteiliges ist von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr geltend gemacht worden.

3.4 Der Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 11 unterscheidet sich von dem nach dem geltenden Anspruch 1 ebenfalls dadurch, daß das Schrittschaltwerk in die Übersetzungsmechanik integriert ist (Patentschrift Sp 4 Z 18 bis Z 26 iVm Fig 5). Hierzu ist das Übersetzungsglied aus einem mit der (zweiten) Drehachse drehfest verbundenen Trommeltopf und einer darin angeordneten Schlingfeder gebildet, wobei die Schlingfeder an ihren Federenden zum Trommelmittelpunkt radial vorragende Mitnehmer aufweist, die von einer am Lastarm des Handhebels angeordneten Klaue übergriffen sind. Da die Funktionsweise dieser Ausführungsform (Fig 5) der nach Anspruch 9 (Fig 4, 4A) entsprechen soll (Patentschrift Sp 8 Z 13 bis 16), stellt der Gegenstand des Anspruchs 11 eine bauliche Variante zum Gegenstand nach Anspruch 9 dar.

3.4.1 Der Gegenstand des Anspruchs 11 ist unbestritten neu. Der entgegengehaltene Stand der Technik offenbart keine Stellvorrichtungen für Sitze mit einem Übersetzungsglied, das aus einem mit der Abtriebswelle des Schrittschaltwerks drehfest verbundenen Trommeltopf und einer darin angeordneten, vom Handhebel verstellbarer Schlingfeder gebildet ist.

3.4.2 Der Gegenstand des Anspruchs 11 beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit, da mit ihm ein Schrittschaltwerk mit integrierter, automatisch lastabhängiger Übersetzung mit konstruktiven Mitteln realisiert ist, für die der entgegengehaltene Stand der Technik keinerlei Anregungen gibt. Gegenteiliges ist von der Einsprechenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht vorgetragen worden.

3.5 Die Ansprüche 2 bis 8 enthalten Merkmale, durch die der Hebelantrieb nach Anspruch 1 vorteilhaft weitergebildet wird. Die Merkmale des Anspruchs 10 bilden den Hebelantrieb nach Anspruch 9, die Merkmale des Anspruchs 12 den Hebelantrieb nach Anspruch 11 weiter aus. Die Patentfähigkeit der abhängigen Ansprüche folgt daher aus der der Bezugsansprüche.

Dr. Schnegg Eberhard Köhn Frühauf Hu






BPatG:
Beschluss v. 20.08.2003
Az: 7 W (pat) 318/02


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