Bundespatentgericht:
Beschluss vom 14. Mai 2003
Aktenzeichen: 29 W (pat) 316/00

(BPatG: Beschluss v. 14.05.2003, Az.: 29 W (pat) 316/00)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I Die Wortbildmarkesiehe Abb. 1 am Endesoll für die Waren der Klasse 16

"Tageszeitung, Zeitschriften, Magazine"

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 16 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung unter Hinweis auf die Entscheidungen des Bundesgerichtshofs "St. Pauli-Nachrichten" (GRUR 1974, 661) und "Wie hammas denn€" (GRUR 1988, 211) gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2, § 37 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen. Die angemeldete Marke wirke wie ein inhaltsbeschreibender Titel. Die Bezeichnung besage lediglich, daß es sich um irgendeine Publikation oder Aktivität auf dem Gebiet des Anzeigewesens in Hof (Oberfranken) handle, die den beanspruchten Produkten thematisch bzw. programmatisch zugrundeliege. Derartige beschreibende Angaben seien als freihaltebedürftig von der Eintragung ausgeschlossen und auch nicht unterscheidungskräftig. Die gewählte Schriftart sei in der Zeitungsbranche beliebt und gebräuchlich.

Die Anmelderin hat Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, daß der HOFER ANZEIGER 1801 als Tageszeitung unter dem Titel "Neues Höfer Intelligenz-Blatt" gegründet und 1802 durch die "Mintzelsche Druckerei" übernommen worden sei. Wie sich aus der Jubiläumsausgabe ergebe, sei das Blatt 1867 zum "Hofer Anzeiger" in der angemeldeten Schriftart ausgestaltet. Die Schriftwahl sei eigentümlich, werde aber als unverwechselbares Markenzeichen beibehalten. Die Anmelderin ist der Auffassung, daß der angemeldete Titel als Marke ebenso schutzfähig sei wie die von ihr im einzelnen genannten Titel.

Die Anmelderin beantragt sinngemäß, den angefochtenen Beschluß aufzuheben.

Der Senat hat dem Präsidenten des Patentamts wegen der einzelfallübergreifenden Auswirkung gemäß § 68 Abs 2 Satz 1 MarkenG anheimgegeben, dem Beschwerdeverfahren beizutreten. Der Beitritt erfolgte durch Schreiben vom 16. Januar 2002 mit dem Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Zur Begründung ist ausgeführt, daß die angemeldete Marke als Titel einem Freihaltungsbedürfnis unterliege, da sie aus einer Ortsangabe und einer Gattungsbezeichnung bestehe. Ein gegenwärtiger Gebrauch der Wortfolge "Hofer Anzeiger" als beschreibende Angabe für die angemeldeten Waren sei zwar nicht nachzuweisen. Die Wortfolge sei jedoch geeignet, für beschreibende Zwecke lokaler Blätter im Bereich der Stadt oder des Landkreises Hof zu dienen. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs genüge es, daß eine beschreibende Verwendung vernünftigerweise für die Zukunft zu erwarten sei. Die grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke lasse das Freihaltungsbedürfnis nicht entfallen. Anhaltspunkte für eine Verkehrsdurchsetzung im gesamten Bundesgebiet seien trotz der langjährigen Benutzung nicht ersichtlich.

II Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg. Der Eintragung der angemeldeten Marke steht nach Auffassung des Senats das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen.

1. Bei der angemeldeten Marke handelt es sich um einen Zeitungstitel. Die Markenfähigkeit von Zeitungs- und Zeitschriftentiteln ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt. Die Voraussetzungen für ihre Eintragung als Marke bemessen sich dabei nach den allgemein für Wort/Bildzeichen geltenden Vorschriften des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG (BGH - GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt).

1.1. Nach § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr ua zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Bestimmung, der geografischen Herkunft oder sonstiger Merkmale der Waren oder Dienstleistungen dienen oder dienen können. Die Eintragung ist auch dann zu versagen, wenn die Benutzung des angemeldeten Zeichens als Sachangabe noch nicht zu beobachten ist, eine solche Verwendung aber jederzeit in Zukunft erfolgen kann. Zur Bejahung der Voraussetzungen dieses Schutzhindernisses bedarf es allerdings der Feststellung, daß eine derartige zukünftige Verwendung vernünftigerweise zu erwarten ist (vgl EuGH GRUR 1999, 723, 726 - Chiemsee).

1.2 Das angemeldete Zeichen besteht aus den Wörtern "Hofer" und "Anzeiger" in Frakturschrift. "Hofer" ist die adjektivische Form der Ortsangabe Hof, einer Stadt von 53 000 Einwohnern in Oberfranken (Brockhaus Die Enzyklopädie 20. Aufl 1997). Außerdem ist Hof der Name des entsprechenden Landkreises mit 110 300 Einwohnern und das Umland der Stadt Hof wird mit "Hofer Land" bezeichnet. Die Angabe "Hofer" weist damit auf die geografische Herkunft der beanspruchten Waren hin.

1.3. Bei dem weiteren Bestandteil "Anzeiger" handelt es sich um die Bezeichnung einer kleineren Zeitung oder Zeitschrift, die oft im Titel von Zeitungen anzutreffen ist (vgl DUDEN Das große Wörterbuch der deutschen Sprache in 10 Bänden, 4. Aufl, S 155; Wahrig Deutsches Wörterbuch, 1997, S 203 ua Titel für Tageszeitungen, z.B. Neustädter Anzeiger; Gütersloher Anzeiger; Lutz Mackensen Deutsches Wörterbuch 12. Aufl, 1986, 69 - Zeitung, Werbeblatt). Wegen seiner historischen Herkunft als offizielles Verlautbarungsorgan begegnet die Bezeichnung dem Verkehr häufig als Amtsblatt, wird aber auch in Titeln von Anzeigeblättern verwendet. Eine Mehrdeutigkeit ergibt sich daraus nicht, da es sich jeweils um Zeitungen oder sonstige Druckschriften handelt.

1.4 In seiner Gesamtheit besteht das Zeichen daher lediglich aus zwei beschreibenden Angaben, nämlich einer Ortsangabe und einer Gattungsbezeichnung, die den Mitbewerbern der Anmelderin zum ungehinderten Gebrauch frei zu halten sind (stRspr seit 1974, vgl BGH GRUR 1974, 661 - St. Paul-Nachrichten). In Verbindung mit den angemeldeten Waren erschöpft sich das Zeichen nämlich in dem sachlichen Hinweis auf die geografische Herkunft und die Art der Zeitung oder Zeitschrift. Das absolute Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG trägt dabei den berechtigten Interessen des Wirtschaftsverkehrs Rechnung, Ausschließlichkeitsrechte an beschreibenden Angaben zu verhindern und zu gewährleisten, dass beschreibende Angaben von allen Mitbewerbern frei verwendet werden können (vgl Berlit, Das neue Markenrecht, 5. Aufl 2003, Rdn 66; Fezer, Markenrecht, 3. Aufl 2001, § 8 Rdn 118; Ingerl/Rohnke, Markengesetz, 2. Aufl, § 8 Rdn 230ff; Ströbele/Hacker, Markengesetz, 7. Aufl 2003, § 8 Rdn 228).

1.5 Die beschreibende Gesamtaussage bleibt in der Frakturschrift der Anmeldung erhalten. Die Frakturschrift kommt nicht nur in dem angemeldeten Zeitungstitel, sondern in vielen Titeln überregionaler, regionaler und lokaler Zeitungen vor (z.B. Frankfurter Allgemeine, Neue Züricher Zeitung, Landshuter Zeitung, Westfälische Zeitung, Gautinger Anzeiger etc.). Überwiegend handelt es sich um Zeitungen, die bereits seit vielen Jahrzehnten bestehen. Mit der Verwendung der Frakturschrift im Zeitungstitel wird häufig Tradition und Kontinuität des Blattes zum Ausdruck gebracht. Aber auch bei jüngeren Druckschriften ist die Fraktur im Titel anzutreffen, etwa um Bodenständigkeit oder nationale Identität zu vermitteln (z.B. "Der Unterschleißheimer") und im redaktionellen Teil häufig bei Hinweisen auf Veranstaltungen, Geschäfte, Metzgereien, auf die Freiwillige Feuerwehr, Vereine und bei Ankündigungen von Volksfesten (z.B. 26. Volksfest Oberschleißheim; Auf geht's zum Indersdorfer Volksfest) oder in Annoncen für Gasthöfe, wie z.B. Sollner Hof, Der Weyprechthof, Gasthof Böck etc.. Aber auch als Überschriften von Artikeln in Zeitschriften (Serie "Heydrich" im Spiegel, 2002) oder Kapiteln in Romanen (Lion Feuchtwanger, Der Erfolg, Aufbau Verlag) findet sich Frakturschrift. Frakturschrift wird auch gepflogen bei der Aufschrift "Zeitungen" an Metallbeschlägen für Türschlitze. Aus diesen Belegen folgt, dass Fraktur in diesem Bereich von der Allgemeinheit gebraucht wird und daher als Zeichenelement freizuhalten ist.

Ein gegenwärtiger Gebrauch des Begriffs "Hofer Anzeiger" in Fraktur als beschreibende Sachangabe und nicht allein als Zeitungstitel konnte allerdings nicht festgestellt werden. Dies führt jedoch zu keiner anderen Beurteilung. Die Vielzahl entsprechend gebildeter Zeitungstitel bietet hinreichende Anhaltspunkte dafür, daß eine solche Verwendung jederzeit in Zukunft erfolgen kann (vgl BGH GRUR 2000, 882 - Bücher für eine bessere Welt mwN).

1.6 Die Berufung der Anmelderin auf die Schutzfähigkeit der Titel "BERLINER ALLGEMEINE, PC WEEK INSIDE, TV Today, LUFTFAHRT WOCHE & WELTRAUM TECHNOLOGIE, AVIATION WEEK & SPACE TECHNOLOGY, Paperworld Internationale Frankfurter Messe, Recht vernetzt, web.de, zivil-Zeitschrift für Frieden und Gewaltfreiheit" vermag die Eintragung der angemeldeten Marke nach ständiger Rechtsprechung nicht zu begründen (vgl BGH BlPMZ 1998, 248, 249 - Today). Die Eintragung einer identischen oder vergleichbaren Marke führt weder für sich noch in Verbindung mit dem Gleichheitssatz zu einer anspruchsbegründenden Selbstbindung des Deutschen Patent- und Markenamts, weil die Entscheidung über die Schutzfähigkeit einer Marke keine Ermessens-, sondern eine reine Rechtsfrage darstellt (vgl Ströbele/Hacker aaO § 8 Rdn 262 mwN). Zum anderen sind die Titel nicht vergleichbar, da sie entweder keine Angabe der geografischen Herkunft der Druckschrift enthalten oder wie bei "BERLINER ALLGE-MEINE" der Bestandteil "Allgemeine" im Gegensatz zu "Anzeiger" keine vollständige Gattungsbezeichnung darstellt.

2. Nachdem der angemeldeten Marke das Eintragungshindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegensteht, kam es nicht mehr darauf an, ob ihr jegliche Unterscheidungskraft fehlt oder ob sie diese als Zeitungstitel nicht zuletzt aufgrund ihrer langjährigen Benutzung besitzt.

Die vorliegende Entscheidung läßt im übrigen die Rechte der Anmelderin unberührt, die ihr für den Schutz des "Hofer Anzeiger" als Werktitel nach § 5 MarkenG zukommen.

3. Für eine Überwindung des Eintragungshindernisses des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG im Wege der Verkehrsdurchsetzung nach § 8 Abs 3 MarkenG sind die Voraussetzungen nicht gegeben.

Grabrucker Pagenberg Richter Voit ist abgeordnet und kann daher nicht unterzeichnen.

Grabrucker Hu Abb. 1






BPatG:
Beschluss v. 14.05.2003
Az: 29 W (pat) 316/00


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