Bundespatentgericht:
Beschluss vom 16. Mai 2007
Aktenzeichen: 29 W (pat) 25/07

(BPatG: Beschluss v. 16.05.2007, Az.: 29 W (pat) 25/07)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die Wortmarke 305 77 586.3 Insidersoll für die Dienstleistungen der Klasse 35: Werbung;

Klasse 38: Telekommunikation, insbesondere mobile;

Klasse 40: Unterhaltung;

in das Markenregister eingetragen werden.

Die Markenstelle für Klasse 38 des Deutschen Patent- und Markenamts hat die Anmeldung des Zeichens mit Erstbeschluss vom 12. Oktober 2006 zurückgewiesen. Die dagegen eingelegte Erinnerung vom 26. Oktober 2006 wurde durch Beschluss vom 18. Dezember 2006 ebenfalls zurückgewiesen. Das Deutsche Patent- und Markenamt vertritt die Auffassung, der angemeldete Begriff "Insider" sei lexikalisch nachgewiesen und werde auch in der deutschen Sprache vielfach verwendet. Er stehe für eine Person, die bestimmte Dinge, Umstände oder Verhältnisse als "Eingeweihter" genau kenne. In diesem Sinne sei davon auszugehen, dass auch die beanspruchten Dienstleistungen von derart "Eingeweihten" erbracht werden sollten und das Zeichen "Insider" daher nur einen ohne Weiteres erkennbaren im Vordergrund stehenden sachlich beschreibenden Gehalt aufweise.

Die Anmelderin hat dieser Auffassung mit Schriftsatz vom 5. Februar 2007 widersprochen und dargelegt, der dem Begriff "Insider" zu entnehmende Bedeutungsgehalt sei unscharf und lasse ohne zusätzliche Angaben keinen beschreibenden Inhalt erkennen. Das Fremdwort werde fast ausschließlich im Zusammenhang mit dem Wertpapierhandel verwendet, die beanspruchten Dienstleistungen stünden mit diesem oder der Börse jedoch in keinem Zusammenhang. Es handle sich auch nicht um ein gebräuchliches Wort der Umgangssprache. Gerade in der Telekommunikationsbranche sei es ungewöhnlich und daher unterscheidungskräftig.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 38 vom 12. Oktober 2006 und vom 18. Dezember 2006 aufzuheben.

Das Ergebnis der vom Senat durchgeführten Recherche zur beschreibenden Verwendung des Zeichens "Insider" wurde der Anmelderin übersandt.

II.

Die gem. § 66 Abs. 1, 2 MarkenG zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn der Beschluss der Markenstelle ist rechtmäßig. Der Wortfolge fehlt für die beanspruchten Dienstleistungen die Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG.

1. Nicht schutzfähig nach dieser Vorschrift sind solche Zeichen, denen die konkrete Eignung fehlt, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden. Die Hauptfunktion der Marke besteht nämlich darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (st. Rspr.; EuGH GRUR 2006, 229 - Rn. 27 ff. - BioID; GRUR 2004, 1027 - Rn. 42 ff. - DAS PRINZIP DER BEQUEMLICHKEIT; GRUR 2003, 604 -Rn. 62 - Libertel; BGH GRUR 2005, 257 - Bürogebäude; BGH GRUR 2003, 1050 - Cityservice; BGH GRUR 2001, 1153, 1154 - antiKALK).

Einer Wortmarke fehlt die erforderliche Unterscheidungskraft dann, wenn das Zeichenwort einen für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen klaren und ohne Weiteres verständlichen beschreibenden Begriffsinhalt aufweist, da bei solchen Bezeichnungen kein Anhaltspunkt besteht, dass der Verkehr sie als Unterscheidungsmittel erfasst (vgl. BGH GRUR 2005, 417, 419 - BerlinCard; GRUR 2001, 1151, 1152 - marktfrisch; GRUR 1999, 1089 - YES). Dies gilt auch für Angaben, die sich auf Umstände beziehen, die die Ware oder Dienstleistung nicht unmittelbar betreffen, wenn durch die Angabe ein enger beschreibender Bezug zu den beanspruchten Waren und Dienstleistungen hergestellt wird und der Verkehr deshalb den beschreibenden Aussagegehalt auch ohne Weiteres hinsichtlich dieser Waren oder Dienstleistungen erfasst (BGH GRUR 2006, 850 - Rn. 19 - FUSSBALL WM 2006; BPatG MarkenR 2007, 36, 37 - BuchPartner). Nach diesen Grundsätzen fehlt dem angemeldeten Zeichenwort "Insider" für die beanspruchten Dienstleistungen die erforderliche Unterscheidungskraft.

2. Das aus der englischen Sprache stammende Wort "Insider" ist ein Begriff, der in den deutschen Sprachwortschatz eingegangen ist und eine Person bezeichnet, die bestimmte Dinge oder Verhältnisse als Eingeweihte genau kennt (Duden - Deutsches Universalwörterbuch, 6. Aufl. Mannheim 2006 [CD-ROM]). Dabei wird der Begriff speziell im Finanzwesen, aber auch allgemein im Sprachgebrauch als Synonym für "Eingeweihter, Kenner, Vertrauter, Wissender" verwendet (http://wortschatz.informatik.unileipzig.de).

2.1. Der Verkehr kennt dabei "Insider", d. h. Experten, auf allen möglichen Gebieten (vgl. www.google.de Stichwort: Insider Ergebnisse 01-90 Recherche vom 21. März 2007): Beim "Bike Insider"(Nr. 22) erwartet er vielfältige Kenntnisse über Fahrräder, beim "Netzwerk Insider"(Nr. 28) dagegen eine Person oder Firma, die sich speziell mit Computernetzwerken auskennt. Der "Altersvorsorge Insider" (Nr. 31) soll wichtige Tipps für das Rentenalter liefern, wohingegen der "Alpen-Insider" (Nr. 39) Informationen zu hochalpinen autofreien Pässen für Mountainbiker in den Alpen vermitteln soll. An den "München Insider" wenden sich Touristen, die Kontakt zu Einheimischen wünschen. Als "Insider in Sachen Elektronik & Computertechnik" (Nr. 58) bezeichnet sich dagegen der Elektor-Verlag, der sich auf die Publikation von privaten und professionellen Elektronik-Anwendungen spezialisiert hat. Gemeinsam ist den vorgenannten "Insidern", dass sie jeweils auf einem Spezialgebiet Kenntnisse besitzen, die über das Wissen der normalen Verbraucher hinaus gehen. Sie verfügen daher über eine gewisse Autorität und geben ihre Branchenkenntnisse als Experten an Dritte weiter. Es liegt in der Natur der Sache, dass es jeweils der Spezifikation eines bestimmten Gebietes bedarf, auf dem man sich als Fachkraft erweisen kann. Sie folgt aus den im Verzeichnis beanspruchten Dienstleistungen, die das Sonderwissen indizieren.

2.2. Im Bereich der Telekommunikation ergibt sich durch den Begriff "Insider" über die ursprüngliche Bedeutung hinaus zudem eine bestimmte Zielgruppenorientierung. Internetforen, Informationsportale, Chatrooms oder andere Kommunikationsforen, die den Begriff "Insider" in Verbindung mit einem beliebigen Sachthema verwenden, sprechen Personen an, die sich selbst einer bestimmten Zielgruppe zurechnen und nach ihrer eigenen Einschätzung besonders informiert und kenntnisreich sind ("VfBInsider.de - das Insider-Portal um Fussball und den VfB Stuttgart." Nr. 45; "Märklin Insider Stammtisch Berlin/ Brandenburg: Nachdem sich bereits in anderen Städten Insider-Stammtische gebildet hatten, war es an der Zeit, dass auch die Berliner Modellbahner sich zusammenfinden ..." Nr. 82).

3.1. In Verbindung mit der Dienstleistung "Werbung" wird der Verkehr deshalb nur eine Person oder Institution erwarten, die sich auf Werbemaßnahmen spezialisiert hat und deshalb besonders sachverständig auf diesem Gebiet berät. Im Bereich von Marktforschung und Werbestrategie werden nur Eingeweihte bei der Beobachtung und Analyse der Märkte bestimmte Vorzeichen zutreffend beurteilen und dem Kunden die richtige Prognose für die Zukunft stellen. Der "Insider" ist daher hier im Kontext der beanspruchten Dienstleistung als besonders kenntnisreicher Vertreter zu verstehen, der sein Spezialwissen an Dritte weitergibt. Da der Verkehr gewohnt ist, Experten auf unterschiedlichen Gebieten als "Insider" zu bezeichnen, handelt es sich lediglich um ein Wort, das die Eigenschaft dieser Person im Rahmen ihres Berufes aufzeigt. Dies spiegelt sich in den o. g. Fundstellen wie z. B. "Netzwerk-Insider", "Altersvorsorge-Insider" oder "Insider in Sachen Elektronik & Computertechnik" wider. Deshalb wird jemanden, der Werbung für Dritte anbietet und sich als Insider bezeichnet, nur für besonders fachmännisch gehalten, nicht dagegen wird das Wort als Hinweis auf ein bestimmtes Dienstleistungsunternehmen in dieser Bezeichnung gesehen werden.

3.2. Ebenso verhält es sich im Hinblick auf die Dienstleistungen "Telekommunikation" und "Unterhaltung". Die Recherche des Senats zeigt, dass inhaltsbezogene, themenspezifische Portale mit "Insider" bezeichnet werden, um den besonderen Zugang zu einem Spezialgebiet zu betonen, z. B. "CAMPING-INSIDER - das Portal für Camping, Campingplätze ..." Nr. 46; "gran canaria insider forum und infos ...Chat der GC Insider." Nr. 50; "Telekommunikation/ Insider Shops/ Einkaufsführer: Online-Einkaufsmöglichkeiten zum Thema Telekommunikation" Nr. 2; "onUnterhaltung Insider: Coole Movies, Comedy-Videos, Erotik-Clips ..." Nr. 41 (vgl. www.google.de Stichwort: Insider Ergebnisse 01-90 Recherche vom 21. März 2007). Das Zeichen erschöpft sich einerseits in einer Inhaltsangabe, weshalb das angesprochene Publikum es ohne Weiteres als Hinweis auf Kompetenz im jeweiligen Fachgebiet verstehen wird. Auch bei den technischen Dienstleistungen ist ihr Inhaltsbezug so hinreichend eng, dass der Verkehr nicht zwischen Technik und Inhalt trennt.

Zugleich ist der Verbraucher selbst als "Insider" Zielgruppe der jeweiligen Dienstleistung. Er ist interessiert an einem bestimmten Thema und darf sich deshalb zu einem Kreis von Eingeweihten rechnen, der sachbezogen über sein Wissensgebiet informiert wird. Ist er ein Fan des VfB Stuttgart, wird er das Portal "VfBInsider.de - das Insider-Portal um Fussball und den VfB-Stuttgart" (Nr. 45) wählen, da er sich dort als Experte sieht, der mit anderen Experten kommunizieren kann. Einen über den Sachbezug hinausgehenden Unternehmenshinweis wird er dem Zeichen nicht beimessen.

Dem angemeldeten Zeichenwort kommt nach den vorgenannten Ausführungen für die beanspruchten Dienstleistungen eine im Vordergrund stehende Sachaussage zu. Damit ist es nicht schutzfähig.

Grabrucker Fink Dr. Mittenberger-Huber WA






BPatG:
Beschluss v. 16.05.2007
Az: 29 W (pat) 25/07


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