Bundespatentgericht:
Beschluss vom 21. Januar 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 220/99

(BPatG: Beschluss v. 21.01.2000, Az.: 33 W (pat) 220/99)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die für Dienstleistungen der Klassen 36, 37 und 42 zur Eintragung als Marke angemeldete Bezeichnung

"Wertobjekt"

ist durch einen von einem Beamten des gehobenen Dienstes erlassenen Beschluß der Markenstelle für Klasse 36 vom 19. April 1999 gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG zurückgewiesen worden.

Gegen den am 23. April 1999 zugestellten Beschluß hat die Anmelderin am 27. Mai 1999 Erinnerung eingelegt. Auf die Mitteilung der Markenstelle, daß die Erinnerung verspätet eingelegt worden sei, hat der Vertreter der Anmelderin ausgeführt, daß seine Mandantin umgezogen sei, ohne ihn davon zu unterrichten. Daher habe er sie nicht rechtzeitig informieren können. Fax- und Telefonanschluß hätten keine "Fehlermeldung" abgegeben. Ein mit der Post abgesandter Brief sei erst zum Zeitpunkt des Fristablaufs zurückgekommen. Erst durch seinen persönlichen Einsatz vor Ort habe er die neue Adresse ermitteln können. Er bitte daher um Wiedereinsetzung in die Erinnerungsfrist.

Mit Beschluß vom 25. August 1999 hat die Markenstelle den Wiedereinsetzungsantrag zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, es sei nicht schlüssig dargelegt worden, daß die Frist zur Einlegung der Erinnerung ohne Verschulden der Anmelderin versäumt worden sei. Die anwaltlichen Vertreter seien auch ohne Weisung der Anmelderin nicht daran gehindert gewesen, Erinnerung einzulegen, zumal es sich hier um einen kostenfreien Rechtsbehelf handele. Daß sie nur auf ausdrückliche Weisung befugt gewesen seien, Rechtsbehelfe einzulegen, sei nicht vorgetragen worden. Im übrigen treffe die Anmelderin auch selbst ein Verschulden an der Fristversäumung, denn für den Fall, daß ihre Vertreter nur auf Weisung zur Erinnungseinlegung befugt gewesen seien, hätte sie bei der zu erwartenden üblichen Sorgfalt ihre Vertreter unverzüglich über den Umzug informieren müssen, um die rechtzeitige Einlegung von Rechtsbehelfen in dem laufenden Anmeldeverfahren zu gewährleisten.

Hiergegen wendet sich die Anmelderin mit der Beschwerde. Zur Begründung trägt ihr anwaltlicher Vertreter vor, es habe für ihn keine Verpflichtung bestanden, die Erinnerung ohne vorherige Weisung der Anmelderin allein zum Zweck der Fristwahrung einzulegen. Die Einlegung eines Rechtsmittels, das der Mandant unter Umständen gar nicht wolle, sei überflüssig und sinnlos. Da die Probleme bereits im Erinnerungsverfahren hätten geklärt werden und dem Wiedereinsetzungsantrag hätte stattgegeben werden können, wurde die Rückzahlung der Beschwerdegebühr beantragt. In der Sache führt die Anmelderin aus, daß die angemeldete Marke jedenfalls für die im Erinnerungsverfahren beschränkt beanspruchten Dienstleistungen keine beschreibende Angabe mehr darstelle.

II.

Die Beschwerde ist unbegründet. Die Markenstelle hat den Antrag der Anmelderin auf Wiedereinsetzung in die versäumte Erinnerungsfrist zu Recht gemäß § 91 Abs 1 MarkenG zurückgewiesen, weil zumindest die Anmelderin selbst ein Verschulden an der Fristversäumung trifft.

Nach dem Vortrag ihres anwaltlichen Vertreters hat die Anmelderin ihn nicht von ihrem Umzug unterrichtet, so daß der Brief, mit dem er die Anmelderin über den Zurückweisungsbeschluß der Markenstelle vom 19. April 1999 informiert hat, zum Zeitpunkt des Fristablaufs wieder zurückgekommen ist. Auch telefonisch hat der Anmeldevertreter keine Nachricht über den Umzug erhalten, denn Telefon- und Faxanschluß haben, wie er ausführt, keine "Fehlermeldung" abgegeben.

Die mangelnde Unterrichtung des anwaltlichen Vertreters über den Umzug stellt ein Verhalten der Anmelderin dar, das mit der im Verkehr üblichen Sorgfaltspflicht nicht vereinbar ist. Eine Firma - hier eine GmbH - muß bei einem Umzug, der ein geplantes vorhersehbares Ereignis ist, ihre anwaltlichen Vertreter rechtzeitig vor dem Umzug, spätestens aber zum Zeitpunkt des Verlassens der Geschäftsräume von der Adressenänderung in Kenntnis setzen. Das gilt insbesondere dann, wenn ein Verfahren anhängig ist, in dem mit Zustellungen gerechnet werden muß, die eine Rechtsmittelfrist in Lauf setzen. Dies hat die Anmelderin schuldhaft versäumt, obwohl es für sie ohne weiteres möglich und zumutbar gewesen wäre, die neue Adresse dem anwaltlichen Vertreter per Telefon oder Fax als einfachen und schnellen Kommunikationsmitteln bekanntzugeben.

Unter diesen Voraussetzungen kann Wiedereinsetzung in die versäumte Erinnerungsfrist nicht gewährt werden, unabhängig von der Frage, ob auch den Anwalt ein Verschulden an der Fristversäumung trifft. Es bestand für ihn zwar keine Verpflichtung, ohne entsprechende Weisung seiner Mandantin den jedenfalls mit anwaltlichen Kosten verbundenen Rechtsbehelf der Erinnerung einzulegen. Aus seinem Vortrag ergibt sich jedoch nicht, wann er den Brief an die Anmelderin abgesandt hat. Nach der Rechtsprechung hätte dies mindestens eine Woche vor Fristablauf, zuzüglich der Postlaufzeit, geschehen müssen (vgl BGH VersR 1993, 630). Letztlich kommt es auf diese Frage jedoch nicht entscheidungserheblich an, weil die Fristversäumung ursächlich darauf beruht, daß die Anmelderin ihre neue Anschrift dem Vertreter nicht rechtzeitig mitgeteilt hat. Wäre dies geschehen, hätte sie den - an die richtige Adresse - gesandten Brief des Anwalts noch so rechtzeitig vor Fristablauf erhalten, daß die Weisung an den Anwalt und die Erinnerungseinlegung noch fristgerecht - gegebenenfalls telefonisch oder durch Fax - hätten erfolgen können.

Die Beschwerde war daher zurückzuweisen, ohne daß es noch auf die Frage der Schutzfähigkeit der angemeldeten Bezeichnung "Wertobjekt" ankam, die im übrigen auch nach Ansicht des Senats einen jeglicher Unterscheidungskraft entbehrenden gängigen Begriff der Geschäfts- und Handelssprache für insbesondere Gebäude, Häuser und Grundstücke darstellt.

Bei der gegebenen Sach- und Rechtslage bestand kein Anlaß, die Beschwerdegebühr gemäß § 71 Abs 3 MarkenG aus Billigkeitsgründen zurückzuzahlen.

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Beschluss v. 21.01.2000
Az: 33 W (pat) 220/99


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