Bundespatentgericht:
Beschluss vom 31. März 2009
Aktenzeichen: 35 W (pat) 437/07

(BPatG: Beschluss v. 31.03.2009, Az.: 35 W (pat) 437/07)

Tenor

1.

Der Beschwerde des Antragsgegners wird zurückgewiesen.

2.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer ist Inhaber des am 29. August 2002 angemeldeten und am 26. August 2004 unter der Bezeichnung

"Messvorrichtung"

eingetragenen deutschen Gebrauchsmusters 202 20 959, für das die innere Priorität mit dem Aktenzeichen 101 23 461.9 vom 4. September 2001 in Anspruch genommen wird. Der Anmeldetag vom 29. August 2002 geht auf die europäische Patentanmeldung P 02 01 9368.6 zurück und wurde im Wege der Abzweigung in Anspruch genommen. Das Gebrauchsmuster wurde am 26. August 2004 mit 16 Schutzansprüchen in das Gebrauchsmusterregister beim Deutschen Patentund Markenamt eingetragen.

Der eingetragene Schutzanspruch 1 hat folgenden Wortlaut:

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandkräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung (18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Messwertaufnehmer (4a) stützt sich über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Abstützelemente auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand zueinander angeordneten Abstützelementen oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Messwertaufnehmers (4a) ein Aufnahmeteil (8) vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist ein Überfahrteil (6) vorgesehen, über das keine Kräfte auf die Messvorrichtung eingeleitet werden, 1.5 im Bereich der Überfahrteile (6) befinden sich zumindest je ein Abstützelement oder Verbindungselemente (9)."

Die eingetragenen Schutzansprüche 2 bis 16 betreffen Ausgestaltungen des Gegenstandes nach Schutzanspruch 1.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin hat mit Schriftsatz vom 1. Oktober 2004 (eingegangen am 1. Oktober 2004) beantragt, das Gebrauchsmuster gemäß §§ 15 und 16 GebrMG im Umfang der Schutzansprüche 1 -16 zu löschen. Die Antragstellerin und Beschwerdeführerin hat ihren Löschungsantrag im Wesentlichen damit begründet, dass der Gebrauchsmustergegenstand bereits offenkundig vorbenutzt sei.

Der Antragsgegner und Beschwerdeführer hat dem widersprochen und die Zurückweisung des Löschungsantrags im Umfang der Schutzansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach Hilfsanträgen 1 bis 3 vom 17./21. Juli 2006 und, auf den jeweiligen Schutzanspruch 1 rückbezogen, der eingetragenen Unteransprüche 2 bis 16 beantragt. Bezüglich des Wortlauts dieser Schutzansprüche wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Mit Beschluss vom 12. März 2007 hat die Gebrauchsmusterabteilung I des Deutschen Patentund Markenamtes die Löschung des Streitgebrauchsmusters angeordnet.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die Beschwerde des Antragsgegners.

Er begehrt Gebrauchsmusterschutz im Umfang der Schutzansprüche 1 nach Hauptantrag bzw. nach 1. bis 5. Hilfsantrag, eingereicht mit Schriftsatz vom 26. März 2009, und, auf den jeweiligen Schutzanspruch 1 rückbezogen, der eingetragenen Unteransprüche 2 bis 16. Der Beschwerdeführer vertritt die Auffassung, dass die beanspruchte Radlastenwaage nach den geltenden Anspruchsfassungen gemäß Hauptantrag und 1. bis 5. Hilfsantrag gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu sei und durch diesen dem Fachmann auch nicht nahegelegt sei. Insbesondere zeige weder die vor dem Prioritätstag offenkundig vorbenutzte noch die aus der Druckschrift D1 bekannte Wägeeinrichtung eine Radlastenwaage mit den gebrauchsmustergegenständlichen Eigenschaften.

Das in den geltenden Schutzansprüchen 1 nach Hauptantrag und den 1. bis 5. Hilfsantrag enthaltene neue Merkmal, dass unter anderem ein "Überfahrteil vorgesehen ist, das sich auf dem Grundkörper und nicht auf dem Biegebalken abstützt" und "über das keine Kräfte in den auf den Auflageteilen außerhalb des Messbereich abgestützten Biegebalken eingeleitet werden" sieht der Beschwerdeführer in den Abschnitten [0008] und [0035] der Gebrauchsmusterschrift offenbart.

Der geltende Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag lautet (Änderungen gegenüber der eingetragenen Fassung unterstrichen):

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung 18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Biegebalken (4a) stützt sich mit seinen zwei Enden über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Auflageteile (4) auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand L2 zueinander angeordneten Auflageteilen (4) oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Biegebalkens (4a) ein Aufnahmeteil (8) der Länge L1 vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, wobei eine Messzone durch die gesamte Länge L1 des Aufnahmeteils (8) definiert wird und wobei die Länge L1 kleiner ist als der Abstand L2, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist senkrecht über dem Auflageteil (4) ein Überfahrteil (6) vorgesehen, das sich auf dem Grundkörper (5) und nicht auf dem Biegebalken abstützt und über das keine Kräfte in den auf den Auflageteilen (4) außerhalb des Messbereich abgestützten Biegebalken (4a) eingeleitet werden, 1.5 im Bereich unter den der Überfahrteilen (6) befinden sich Verbindungselemente (9)."

An den Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 16 entsprechend der eingetragenen Fassung an.

Der geltende Schutzanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber der Fassung nach Hauptantrag unterstrichen):

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung (18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Biegebalken (4a) stützt sich mit seinen zwei, Enden über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Auflageteile (4) auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand L2 zueinander angeordneten Auflageteilen (4) oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Biegebalkens (4a) ein Aufnahmeteil (8) der Länge L1 vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, wobei eine Messzone durch die gesamte Länge L1 des Aufnahmeteils (8) definiert wird und wobei die Länge L1 kleiner ist als der Abstand L2, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist oberhalb des senkrecht über dem Auflageteil (4), ein getrenntes Überfahrteil (6) vorgesehen, das sich auf dem Grundkörper (5) und nicht auf dem Biegebalken abstützt und über das keine Kräfte in den auf den Auflageteilen (4) außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken (4a) eingeleitet werden, 1.5 im Bereich unter den der Überfahrteilen (6) befinden sich Verbindungselemente (9)."

An den Schutzanspruch 1 nach 1. Hilfsantrag schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 16 entsprechend der eingetragenen Fassung an.

Schutzanspruch 1 nach 2. Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber der Fassung nach 1. Hilfsantrag unterstrichen):

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung (18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Biegebalken (4a) stützt sich mit seinen zwei, Enden über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Auflageteile (4) auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand L2 zueinander angeordneten Auflageteilen (4) oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Biegebalkens (4a) ein Aufnahmeteil (8) der Länge L1 vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, wobei eine Messzone durch die gesamte Länge L1 des Aufnahmeteils (8) definiert wird und wobei die Länge L1 kleiner ist als der Abstand L2, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist oberhalb des senkrecht über dem Auflageteil (4), ein getrenntes Überfahrteil (6) vorgesehen, das sich auf dem Grundkörper (5) und nicht auf dem Biegebalken abstützt, so dass durch das in einer Position senkrecht über dem Auflageteil (4) befindliche Rad (1) keine Kräfte in den auf den Auflageteilen (4) außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken (4a) eingeleitet werden, 1.5 im Bereich unter den der Überfahrteilen (6) befinden sich Verbindungselemente (9)."

An den Schutzanspruch 1 nach 2. Hilfsantrag schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 16 entsprechend der eingetragenen Fassung an.

Der geltende Schutzanspruch 1 nach 3. Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber der Fassung nach 2. Hilfsantrag unterstrichen):

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung (18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Biegebalken (4a) stützt sich mit seinen zwei, Enden über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Auflageteile (4) auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand L2 zueinander angeordneten Auflageteilen (4) oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Biegebalkens (4a) ein Aufnahmeteil (8) der Länge L1 vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, wobei eine Messzone durch die gesamte Länge L1 des Aufnahmeteils (8) definiert wird, das Aufnahmeteil (8) über die Länge L1 auf dem Biegebalken (4a) aufliegt und wobei die Länge L1 kleiner ist als der Abstand L2, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist oberhalb des senkrecht über dem Auflageteil (4) ein getrenntes Überfahrteil (6) vorgesehen, das sich nur auf dem Grundkörper (5) und nicht auf dem Biegebalken und nicht auf dem Aufnahmeteil (8) abstützt, so dass durch das in einer Position senkrecht über dem Auflageteil (4) befindliche Rad (1) keine Kräfte in den auf den Auflageteilen (4) außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken (4a) eingeleitet werden, 1.5 im Bereich unter den der Überfahrteilen (6) befinden sich Verbindungselemente (9)."

An den Schutzanspruch 1 nach 3. Hilfsantrag schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 16 entsprechend der eingetragenen Fassung an.

Der geltende Schutzanspruch 1 nach 4. Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber der Fassung nach 3. Hilfsantrag unterstrichen):

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung (18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Biegebalken (4a) stützt sich mit seinen zwei, Enden über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Auflageteile (4) auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand L2 zueinander angeordneten Auflageteilen (4) oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Biegebalkens (4a) ein Aufnahmeteil (8) der Länge L1 vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, wobei eine Messzone durch die gesamte Länge L1 des Aufnahmeteils (8) definiert wird, das Aufnahmeteil (8) über die Länge L1 auf dem Biegebalken (4a) aufliegt und wobei die Länge L1 kleiner ist als der Abstand L2, 1.3a die Verbindungselemente 9 des Messwertaufnehmers (4a) erstrecken sich in eine in im Messwertaufnehmer (4a) vorgesehene Öffnung (9d), in der O-Ring-Dichtungen (9c) zur elastischen Führung des Messwertaufnehmers (4a) vorgesehen sind, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist oberhalb des senkrecht über dem Auflageteil (4), ein getrenntes Überfahrteil (6) vorgesehen, das sich nur auf dem Grundkörper (5) und nicht auf dem Biegebalken und nicht auf dem Aufnahmeteil (8) abstützt und mit geringfügigem Abstand zu dem Biegebalken (4a) angeordnet ist, so dass durch das in einer Position senkrecht über dem Auflageteil (4) befindliche Rad (1) keine Kräfte in den auf den Auflageteilen (4) außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken (4a) eingeleitet werden, und somit eine schwimmende Lagerung des über die O-Ring-Dichtungen (9c) geführten Biegebalkens (4) gewährleistet wird, 1.5 im Bereich unter den der Überfahrteilen (6) befinden sich Verbindungselemente (9)."

An den Schutzanspruch 1 nach 4. Hilfsantrag schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 16 entsprechend der eingetragenen Fassung an.

Der geltende Schutzanspruch 1 nach 5. Hilfsantrag lautet (Änderungen gegenüber der Fassung nach 2. Hilfsantrag unterstrichen):

"1. Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von gezogenen und/oder getriebenen Fahrzeugen oder von Gleisfahrzeugen, gekennzeichnet durch folgende Merkmale:

1.1 eine Messvorrichtung (18) weist einen Grundkörper (5) zur Aufnahme von mindestens einem Messwertaufnehmer (4a) auf, der als Biegebalken ausgebildet ist, 1.2 der Biegebalken (4a) stützt sich mit seinen zwei, Enden über mindestens zwei mit Abstand zueinander angeordnete Auflageteile (4) auf dem Grundkörper (5) ab, 1.3 zumindest zwischen zwei mit Abstand L2 zueinander angeordneten Auflageteilen (4) oder Verbindungselementen

(9) ist auf der Oberseite des Biegebalkens (4a) ein Aufnahmeteil (8) der Länge L1 vorgesehen, auf dem sich ein Rad (1) für die Erfassung der Radaufstandskraft abstützt und/oder abrollt, wobei eine Messzone durch die gesamte Länge L1 des Aufnahmeteils (8) definiert wird, das Aufnahmeteil (8) über die Länge L1 auf dem Biegebalken (4a) aufliegt und wobei die Länge L1 kleiner ist als der Abstand L2, 1.4 zumindest vor und/oder hinter dem Aufnahmeteil (8) ist oberhalb des senkrecht über dem Auflageteil (4), ein getrenntes Überfahrteil (6) vorgesehen, das sich nur auf dem Grundkörper (5) und nicht auf dem Biegebalken und nicht auf dem Aufnahmeteil (8) abstützt und mit geringfügigem Abstand zu dem Biegebalken (4a) angeordnet ist, so dass durch das in einer Position senkrecht über dem Auflageteil

(4) befindliche Rad (1) keine Kräfte in den auf den Auflageteilen (4) außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken (4a) eingeleitet werden, 1.5 im Bereich unter den der Überfahrteilen (6) befinden sich Verbindungselemente (9).

1.6 am Grundkörper (5) ist ein Konus (10) befestigt, der sich in eine in einem Stützelement (13) vorgesehene Öffnung erstrecken und dort verklemmt werden kann."

An den Schutzanspruch 1 nach 5. Hilfsantrag schließen sich die Schutzansprüche 2 bis 16 entsprechend der eingetragenen Fassung an.

Der Antragsgegner stellt den Antrag, den angefochtenen Beschluss aufzuheben und den Löschungsantrag im Umfang des Hauptantrags bzw. der Hilfsanträge 1 und 5, eingereicht mit Schriftsatz vom 26. März 2009 zurückzuweisen.

Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin stellt den Antrag, die Beschwerde zurückzuweisen.

Sie widerspricht den vermeintlichen Klarstellungen des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag und 1. bis 5. Hilfsanträgen, da begriffliche Änderungen vorgenommen wurden, die aus den ursprünglichen Unterlagen für die betreffenden Funktionselemente nicht zu entnehmen seien. Die Antragstellerin und Beschwerdegegnerin vertritt zudem die Auffassung, dass der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters, insbesondere nach den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 gemäß Hauptantrag und nach den hilfsweise beantragten Fassungen des Schutzanspruchs 1 nach 1. bis 4. Hilfsantrag, in Aufgabe und Lösung wesensgleich mit der offenkundig vorbenutzten Radlastenwaage sei. Eine Radlastenwaage mit den Merkmalen des Schutzanspruchs 1 nach 5. Hilfsantrag werde dem Fachmann durch die offenkundig vorbenutzte Radlastenwaage in Verbindung mit seinem Fachwissen nahegelegt.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten verwiesen.

II.

A) Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

1) Die mit dem Hauptantrag und den 5 Hilfsanträgen verteidigten Fassungen des Schutzanspruchs 1 sind nicht zulässig, da deren Gegenstand über den Inhalt der Anmeldung in der Fassung hinausgeht, in der sie ursprünglich eingereicht worden ist.

Das im Schutzanspruch 1 nach Hauptantrag und den 1. bis 5. Hilfsanträgen gleichermaßen enthaltene Merkmal, dass unter anderem ein "Überfahrteil vorgesehen ist, das sich auf dem Grundkörper und nicht auf dem Biegebalken abstützt" und "über das keine Kräfte in den auf den Auflageteilen außerhalb des Messbereich abgestützten Biegebalken eingeleitet werden" (vgl. jeweils Merkmal 1.4), ist in der eingetragenen Fassung des Gebrauchsmusters nicht als zur Erfindung gehörig offenbart.

2) Das Gebrauchsmuster mit der Bezeichnung "Messvorrichtung" offenbart in seiner eingetragenen Fassung eine Vorrichtung zum Messen von Radaufstandskräften von Fahrzeugen oder Gleisfahrzeugen, die es aufgrund ihrer Ausgestaltung ermöglichen soll, dass Radaufstandskräfte während der Fahrt und auch im Ruhezustand des Fahrzeugs exakt gemessen werden können (vgl. Gebrauchsmusterschrift [0003]). Da der Begriff "Messvorrichtung" sowohl summarisch als Bezeichnung des Schutzgegenstandes als auch für die Bezeichnung einer Einzelkomponente im eingetragenen Schutzanspruch 1 verwendet wird, ist der Gegenstand des Schutzanspruchs 1, insbesondere die Bedeutung des Begriffs "Messvorrichtung", zunächst aus der Sicht des von der Erfindung angesprochenen Fachmanns unter Heranziehung von Beschreibung und Zeichnungen zu ermitteln (BGH, GRUR 2007, 859 -862 -Informationsübermittlungsverfahren I). Der Fachmann wird sich dabei insbesondere mit der Frage befassen, wie letztendlich das in der eingetragenen Fassung des Schutzanspruchs 1 enthaltene Merkmal, dass "ein Überfahrteil vorgesehen ist, über das keine Kräfte auf Messvorrichtung eingeleitet werden", auszulegen ist. Er wird sich daher unter anderem der in der Fig. 1 schematisch wiedergegebene Messvorrichtung zuwenden, die im Wesentlichen aus einem Grundkörper 5 besteht, auf dem ein als Biegebalken ausgebildeter Messwertaufnehmer mit einer Messdose 4a über zwei beabstandete Abstützelemente 4 gelagert ist und zwar so, dass sich der Biegebalken jeweils an seinen äußeren Enden außerhalb eines Messbereichs abstützt, der mit der Länge L1 definiert ist (vgl. Gebrauchsmusterschrift [0029]). Die fachgerechte Interpretation dieser Definition führt bei einem Maschinenbau-Ingenieur mit Fachhochschulausbildung, der mit der Entwicklung von überfahrbaren Messeinrichtungen für Radlasten befasst ist, zu der Überzeugung, dass bei der beanspruchten Radlastenwaage als Messvorrichtung eine Biegebalkenkonstruktion zum Einsatz kommen soll, die sich aus einem messaktiven Teil L1 und einem messinaktiven Teil zusammensetzt, der durch die Differenz der Längenangaben L2 und L1 bestimmt ist. Diesen konstruktiven Aufbau des Biegebalkens und seine wirkungsmäßige Unterteilung in einen messaktiven Bereich und einen messinaktiven Befestigungsabschnitt findet der Fachmann auch durch die Figuren 1 und 2 bestätigt. Hinsichtlich dem weiteren konstruktiven Aufbau der Messvorrichtung ist nach den schematischen Darstellungen in Fig. 1 und 2 der Biegebalken 4a im Bereich seiner messaktiven Länge L1 mit einem Aufnahmeteil bzw. Verschleißteil 8 überdeckt. Vor und hinter dem Aufnahmeteil 8 sind leicht angeschrägte Überfahrteile 6 angeordnet, welche ein sich näherndes Rad 1 so weit anheben, dass schließlich der Spurkranz für den eigentlichen Wägevorgang nur auf die Oberfläche des Aufnahmeteils 8 wirkt (vgl. Gebrauchsmusterschrift [0033]). Die einzelnen Komponenten sind wirkungsmäßig schließlich so aufeinander abgestimmt, dass die vom Rad ausgehenden Drücke erst dann auf die Messdose 4a einwirken können, wenn das Rad 1 das Überfahrteil 6 etwas überfahren und das mittlere Aufnahmeteil 8 in etwa erreicht hat (vgl. Gebrauchsmusterschrift [0035] und [0008]). Aus den Zeichnungen und der Beschreibung geht für den Fachmann folglich klar und eindeutig hervor, dass unter dem Begriff Messvorrichtung allein der messaktive Bereich mit der Länge L1 des Biegebalkens zu subsumieren ist.

3) Im Gegensatz zur Auffassung des Beschwerdeführers, der in den vorstehend zitierten Textstellen des Gebrauchsmusters einen Offenbarungsnachweis vor allem für das in den Fassungen des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag und 1. bis 5. Hilfsantrag enthaltenen Merkmal, dass "ein Überfahrteil vorgesehen ist, das sich auf dem Grundkörper und nicht auf dem Biegebalken abstützt" und "über das keine Kräfte in den auf den Auflageteilen außerhalb des Messbereich abgestützten Biegebalken eingeleitet werden", sieht, beschreiben die dort entnehmbaren funktionalen Zusammenhänge ausschließlich die Krafteinwirkung in den messaktiven Bereich L1 des Biegebalkens. Zu Kräfteeinwirkungen auf die messinaktiven Teile des Biegebalkens, die unter den Überfahrteilen 6 angeordnet sind, werden dagegen keine verwertbaren Angaben gemacht. Basierend darauf wird, nach Überzeugung des Senats, auch ein kundiger Fachmann nicht in die Lage versetzt, ohne weitere Angaben eindeutige Rückschlüsse auf die Verteilung der Krafteinwirkung in den messinaktiven Teilen der Messvorrichtung im Sinne des Auslegung des Beschwerdeführers zu ziehen. Dem Beschwerdeführer ist zwar darin beizupflichten, dass in der Gebrauchsmusterschrift eine Abstützung der Überfahrteile 6 auf den Grundkörper 5 angesprochen und in den Figuren 3 und 6 auch dargestellt ist. Dass damit aber, wie der Beschwerdeführer argumentiert, bereits eine kräftemäßige Entkopplung zu den messinaktiven Bereichen des Biegebalkens einhergehe derart, dass "keine Kräfte in den auf den Auflageteilen außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken eingeleitet werden", wird durch die in den Figuren 3 und 6 gezeigten Schnittdarstellungen der dafür relevanten Bereiche der Radlastenwaage vielmehr dadurch widerlegt, dass die Anfahrbzw. Überfahrstücke 6c eindeutig ersichtlich nicht nur auf dem Ansatz 6d des Grundkörpers 5, sondern auch auf den messinaktiven Bereichen des Biegebalkens 4a gleichermaßen aufliegend gezeichnet sind, ohne dass weitere Maßnahmen, die auf eine kräftemäßige Entkopplung hindeuten, erkennbar wären. Aus dem so Dargestellten bleibt dem Fachmann bei fachgerechter Beurteilung nur die Folgerung, dass die auf das Überfahrstück wirkenden Kräfte sowohl in den Ansatz 6c als auch in den außerhalb der Messzone liegenden Teil des Biegebalkens 4a eingeleitet werden. Auch die Einlassung des Beschwerdeführers, dass insbesondere der in der Fig. 6 zwischen dem Anfahrbzw. Überfahrstück 6c und dem Biegebalken 4a schraffierte Zwischenbereich einen Luftspalt symbolisiere und dadurch eine Kräftefreistellung realisiert sei, kann nicht greifen, da dies der in der Darstellung von technischen Gegenständen etablierten Symbolik widersprechen würde, wonach mit schraffierten Bereichen, entgegen der wunschgemäßen Interpretation des Beschwerdeführers, stets Schnittflächen massiver Bereiche dargestellt werden. Gegen die Interpretation des Beschwerdeführers spricht letztendlich auch, dass der zwischen Grundkörper 5 und Biegebalken 4a durch eine Freifläche symbolisierte Luftspaltbereich nicht zwischen Biegebalken 4a und Anfahrstück 6c weitergeführt ist.

Der eingetragenen Fassung des Gebrauchsmusters sind demnach keine Ausführungen entnehmbar, die den Fachmann ein Überfahrteil offenbaren, "über das keine Kräfte in den auf den Auflageteilen außerhalb des Messbereichs abgestützten Biegebalken eingeleitet werden".

In Anbetracht des Vorstehenden kommt es somit nicht mehr darauf an, ob die noch weiteren, in den Fassungen des Schutzanspruchs 1 nach Hauptantrag und den 1. bis 5. Hilfsanträgen enthaltenen Merkmalsänderungen dem eingetragenen Gebrauchsmusterunterlagen entnehmbar sind oder nicht.

4) Auf keinen der Ansprüche 2 bis 16 nach Hauptantrag und den 1. bis 5. Hilfsanträgen ist ein eigenständiger Antrag seitens der Antragsgegners und Beschwerdeführers gerichtet worden. Die Ansprüche 2 bis 16 teilen aufgrund ihrer direkten bzw. indirekten Rückbeziehung auf den unzulässig gewordenen Schutzanspruch 1 dessen Schicksal.

5) Der Gegenstand des Streitgebrauchsmusters in der mit dem Hauptantrag und mit den 1. bis 5. Hilfsantrag verteidigten Fassungen erweist sich somit als nicht schutzfähig i. S. d. §§ 4 (5) und 15 (1) Nr. 3 GebrMG.

6) Bei dieser Sachlage kann die Frage nach der Neuheit des Gebrauchsmustergegenstandes bzw. des Zugrundeliegens eines erfinderischen Schritts dahingestellt bleiben.

B) Die Kostenentscheidung beruht auf § 18 Abs. 2 Satz 2 GebrMG i. V. m. § 84 Abs. 2 PatG und i. V. m. § 97 Abs. 1 ZPO. Die Billigkeit erfordert keine andere Entscheidung.

Müllner Dr. Hartung Gottstein Be






BPatG:
Beschluss v. 31.03.2009
Az: 35 W (pat) 437/07


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