Bundespatentgericht:
Beschluss vom 22. Oktober 2003
Aktenzeichen: 25 W (pat) 162/01

(BPatG: Beschluss v. 22.10.2003, Az.: 25 W (pat) 162/01)

Tenor

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Die zur Eintragung in das Markenregister für "Werbung, Telekommunikation, Informationsvermittlung und Recherche, Erstellen von Programmen/Multimediaanwendungen" angemeldete Bezeichnungmetacrawlerist nach Beanstandung als nicht unterscheidungskräftige und freihaltungsbedürftige Angabe von der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamtes durch Beschluss der Erstprüferin vom 8. Oktober 1999 zurückgewiesen worden. Die angemeldete Bezeichnung stelle keine schutzfähige Wortneuschöpfung dar, sondern es handele sich um einen feststehenden Begriff, mit dem eine Meta-Suchmaschine beschrieben werde, und der sich - unter Hinweis auf Nachweise im Internet - zum Gattungsbegriff entwickelt habe. Im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen beschreibe das Wort metacrawler deren Merkmale. Die Frage der Unterscheidungskraft könne insoweit dahinstehen.

Die hiergegen eingelegte Erinnerung hatte keinen Erfolg; der Erinnerungsprüfer hat die Entscheidung der Erstprüferin mit Beschluß vom 8. Dezember 2000, bestätigt. Unter Hinweis auf die beigefügten Anlagen führt er aus, dass andere Interpretationen des englischen Wortes "crawler" als "Kriechtier; Kriecher; Kraulschwimmer" im Zusammenhang mit den angemeldeten Dienstleistungen nicht nahelägen. Es bestehe daher auch keine Nähe zur Entscheidung des HABM hinsichtlich der Marke "HYPERLITE", die die Dienstleistungen anders als hier nicht unmittelbar beschreibe. Auch der Umstand, dass die angemeldete Bezeichnung nicht lexikalisch nachweisbar sei, führe nicht zur Eintragungsfähigkeit. Wegen des beschreibenden Sinngehalts sei im übrigen auch die Unterscheidungskraft zu verneinen.

Mit der hiergegen eingelegten Beschwerde beantragt der Anmelder sinngemäß, die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 42 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 8. Oktober 1999 und vom 8. Dezember 2000 aufzuheben und die angemeldete Marke zur Eintragung zuzulassen.

Der angefochtene Beschluß war den Vertretern des Anmelders am 29. Dezember 2000 zugestellt worden; die Frist zur Einlegung der Beschwerde lief daher am 29. Januar 2001 ab. Die Beschwerdegebühr ist erst am 30. Januar 2001 und damit um einen Tag verspätet eingezahlt worden. Auf eine entsprechende Mitteilung des Rechtspflegers vom 16. März 2001 beantragt der Anmelder mit Schriftsatz vom 6. April 2001 Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Einzahlung der Beschwerdegebühr, da die Fristversäumnis auf einem Verschulden der kontoführenden Bank beruhe. Ein entsprechendes Schreiben der Bank vom 27. März 2001 sowie eine eidesstattliche Versicherung von Rechtsanwalt B... vom 6. April 2001 wurden zur Glaubhaftmachung vorgelegt.

In der Sache bestehen nach Ansicht des Anmelders die Eintragungshindernisse des § 8 Abs 2 Nr 1 und 2 MarkenG nicht. Die angemeldete Marke sei ein Phantasiename, den die Betreiber der "metacrawler"-websites erfunden hätten und dem Markenschutz in den Vereinigten Staaten von Amerika und beim HABM gewährt worden sei. Im übrigen sei die Bezeichnung "crawler" sowohl in den USA wie auch in Deutschland unter der Nummer 425 033 geschützt worden. Die Verwendung des Namens durch Dritte könne nicht dazu führen, dass den echten metacrawlerwebsite-Betreibern der Schutz verweigert werde, denn die Verwendung durch Dritte habe erst nach dem Zeitpunkt der Anmeldung zugenommen, und zwar am Anfang auf relativ wenig frequentierten websites. Dies zeige den Erfolg der metacrawlersites. Die angesprochenen Verkehrskreise würden unter der angemeldeten Bezeichnung daher den Namen des Anmelders oder des amerikanischen Pendants verstehen, zumal da der Begriff in Fachlexika nicht enthalten sei. Es sei im übrigen unerheblich, dass "crawler" eine Sachbezeichnung sei, denn es sei mit "spider" oder "robot" gleichzusetzen, also mit Wörtern wie "Krabbler", "Spinne" oder "Wurm". Insoweit fehle der angemeldeten Bezeichnung die Eigenschaft eines Sachbegriffs. Zudem besitze die Marke Unterscheidungskraft.

II.

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in die versäumte Frist zur Zahlung der Beschwerdegebühr war stattzugeben, weil die Frist ohne Verschulden des Anmelders versäumt worden ist, § 91 MarkenG. Daß trotz der vom Anmelder nachgewiesenen Vorkehrungen zur fristgerechten Zahlung der Beschwerdegebühr das Rechenzentrum der Bank gestört ist und die Überweisung trotz eines entsprechenden Zuschlages nicht als EilÜberweisung ausgeführt werden konnte, haben der Anmelder bzw seine Vertreter nicht zu vertreten.

Die übrigen Voraussetzungen des § 91 MarkenG sind erfüllt.

2. In der Sache hat die Beschwerde allerdings keinen Erfolg.

Auch nach Auffassung des Senats steht der Registrierung der angemeldeten Bezeichnung das Eintragungshindernis fehlender Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG entgegen.

a) Unterscheidungskraft im Sinne von des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG ist nach ständiger Rechtsprechung im Hinblick auf die Hauptfunktion der Marke, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen zu gewährleisten, die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die von der Marke erfassten Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefasst zu werden (vgl zur st Rspr BGH GRUR 2002, 1070 - Bar jeder Vernunft; EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22 - Bravo - zur GMV). Deshalb kann die Frage, ob ein Zeichen eine solche Unterscheidungskraft besitzt, nicht abstrakt und ohne Berücksichtigung der Waren oder Dienstleistungen, die sie unterscheiden sollen, beurteilt werden (zur ständigen Rspr vgl EuGH GRUR 2001, 1148, 1149 Tz 22, 29 - Bravo; GRUR 2002, 804 - Philips; EuG GRUR Int 2000, 429 - Companyline).

Danach sind insbesondere solche Zeichen nicht unterscheidungskräftig, bei denen es sich für den Verkehr in bezug auf die beanspruchten Waren und/oder Dienstleistungen ohne weiteres erkennbar um eine unmittelbar beschreibende Angabe im Sinne von § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG oder um allgemein gebräuchliche Wörter oder Wortfolgen handelt. Auch das Gericht Erster Instanz der Europäischen Gemeinschaften (EuG MarkenR 2003, 112, 114, - UltraPlus) hat für die den § 8 Abs 2 Nr 1 und Nr 2 MarkenG vergleichbaren Vorschriften des Art 7 Abs 1 Buchstaben b und c GMV klargestellt, dass diese trotz möglicher Überschneidungen ihren eigenen Anwendungsbereich haben (vgl auch EuG MarkenR 2002, 88, 90 Tz 25 b - EU-ROCOOL -; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl § 8 Rdn 66; BPatG MarkenR 2002, 299, 302 - OEKOLAND). Der Umstand, dass ein Zeichen nicht beschreibend sei, bedeute deshalb noch nicht automatisch, dass es unterscheidungskräftig sei (vgl hierzu eingehend BPatG MarkenR 2002, 201, 205-207 - BerlinCard - mwH).

Davon ist auch bei der Beurteilung der Unterscheidungskraft von Wortkombinationen auszugehen. Zu prüfen ist insbesondere, ob diesen kein für die fraglichen Waren oder Dienstleistungen im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt zugeordnet werden kann und ob es sich auch nicht um lediglich beschreibende Angaben handelt, die als nicht unterscheidungskräftig angesehen werden (vgl BGH MarkenR 2001, 363, 364 - REICH UND SCHÖN; BGH MarkenR 2001, 368, 369 und 370 - Gute Zeiten - Schlechte Zeiten - unter Hinweis auf die st Rspr; BGH WRP 2001, 1080, 1082 - LOCAL PRESENCE, GLOBAL POWER).

b) Unter Anwendung dieser Grundsätze ist davon auszugehen, dass auch die aus der ursprünglich aus dem Griechischen stammenden Vorsilbe "meta" und dem englischen Wort "crawler" gebildete Wortzusammensetzung "metacrawler" in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen ein nicht unterscheidungskräftiges Zeichen darstellt, auch wenn für die Beurteilung grundsätzlich von dem Gesamtzeichen und einem großzügigen Maßstab auszugehen ist (st Rspr, vgl zB BGH MarkenR 2001, 209, 210 - Test it; Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8, Rdnr 100). Denn die angesprochenen Verkehrskreise werden in der fraglichen Bezeichnung in bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen, insbesondere auch unter Berücksichtigung der gewählten Sprachform (vgl hierzu EuGH, MarkenR 2001, 400 - Babydry; BGH MarkenR 2001, 465 469, - Bit/Bud - mwH), ausschließlich einen Sachhinweis auf den möglichen Gegenstand der beanspruchten Dienstleistungen sehen.

Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Feststellung einer lexikalischen oder sonstigen tatsächlichen beschreibenden Verwendung der beanspruchten Wortbildung zwar indizielle Bedeutung hat, aber selbst eine fehlende Nachweisbarkeit das Verständnis als Sachangabe nicht ausschließen würde (vgl zB BGH GRUR 2001, 1151, 1552 - marktfrisch).

Das Wort "crawler" hat allerdings mittlerweile Eingang in verschiedene Lexika gefunden und bezeichnet ursprünglich ein Programm, mit dessen Hilfe ein vorgegebenes Stichwort im Internet von einer Suchmaschine aufgefunden werden kann (vgl Bernd W. Wirtz, Gabler Kompakt-Lexikon eBusiness, Gabler-Verlag 2002, S 41; Alan Freedman, The Computer Desktop Encyclopedia, 2nd edition 1999, AMACOM-Verlag, S 187; Microsoft Computer Dictionary, 4th edition 2000, Microsoft Press, S 419 unter dem Stichwort "spider"). Der Vorsilbe "meta" wird insbesondere auf dem vorliegenden Gebiet der elektronischen Datenverarbeitung im Sinne von "übergeordnet" verwendet (vgl DUDEN, Deutsches Universalwörterbuch, 4. Aufl, S 1073). So bezeichnet zB ein Metabetriebssystem ein Betriebssystem, unter dem mehrere andere Betriebssysteme aktiv sind (vgl Microsoft Computer Dictionary, 4th edition 2000, Microsoft Press, S 463), oder sind "Metadaten" Daten, die selbst wieder andere Daten beschreiben (vgl Microsoft Computer Dictionary, 4th edition 2000, Microsoft Press, S 464), oder ist "Metatag" ein Schlüsselwort in HTML- oder XML-Dokumenten, die der Auffindung von Suchmaschinen dienen (vgl Winkler, M+T Computerlexikon, 2002, S 432). Eine entsprechende Bedeutung kommt auch in dem Begriff "Meta-Suchmaschine" zum Ausdruck, mit dem eine Suchmaschine bezeichnet wird, die ihrerseits in mehreren Suchmaschinen gleichzeitig nach einem bestimmten Stichwort suchen kann.

Aus der dem Anmelder mit Schreiben vom 28. Februar 2003 übersandten Internet-Recherche des Senats, aber auch aus den bereits von der Markenstelle übermittelten Belegen wird gleichzeitig deutlich, dass der Begriff "crawler" oder "metacrawler" nunmehr nicht nur für das der Suchmaschine zugeordnete Programm, sondern für die Suchmaschine selbst verwendet wird, für die sich auch die Bezeichnung "Meta-Suchmaschine" belegen lässt. Die angesprochenen Verkehrskreise haben deshalb keinen Anlaß zu der Annahme, dass mit der angemeldeten Bezeichnung auf den dem Anmelder zuzurechnenden metacrawler, sondern ganz allgemein auf eine Meta-Suchmaschine hingewiesen werden soll. Damit fehlt der Bezeichnung aber die für eine Eintragung erforderliche Unterscheidungskraft im Sinne des § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG.

In diesem Zusammenhang kann es nicht entscheidend darauf ankommen, ob die Nennungen im Internet überwiegend auf den Anmelder oder die amerikanische Muttergesellschaft hindeuten. Ausschlaggebend sind allein die Registerlage und das Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise (vgl hierzu BGH MarkenR 2002, 124 - Warsteiner III; EuGH MarkenR 2002, 231 - Philips/Remington), für die die Bezeichnung nach den im Internet enthaltenen Fundstellen einen beschreibenden und keinen individualisierenden Charakter hat. Daß die angemeldete Bezeichnung sich als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb des Anmelders im Verkehr durchgesetzt hat, ist nicht vorgetragen worden.

Daß für das Wort crawler als Synonym für das Programm einer Suchmaschine auch weitere, möglicherweise nunmehr eher in den Hintergrund getretene Begriffe wie "robot" oder "spider" gebräuchlich sind, steht dem Verständnis als Sachangabe nicht entgegen. Gerade auf dem vorliegenden Gebiet der Informationstechnik entwickeln sich sowohl die Fach- als auch die fachbezogene Umgangssprache in einer entsprechenden Geschwindigkeit, wie sich auch gerade durch den vermehrten Nachweis des Begriffs "crawler" in Wörterbüchern und im Internet zeigen lässt. Die Schutzfähigkeit einer Bezeichnung darf daher nicht nur bei ihrer Anmeldung beim Deutschen Patent- und Markenamt vorliegen, sondern muß bis zum Zeitpunkt der Eintragung in das Markenregister fortbestehen, was unter Umständen erst in einem Rechtsmittelverfahren geklärt werden kann (vgl Ströbele/Hacker, MarkenG, 7. Aufl, § 8, Rdnr 29).

Soweit der Anmelder auf Voreintragungen der angemeldeten Bezeichnung in den Vereinigten Staaten von Amerika oder beim HABM, Alicante, hingewiesen hat, kommt diesem Umstand weder eine Bindungswirkung noch eine präjudizielle Bedeutung für die Beurteilung der Unterscheidungskraft zu (vgl Ströbele/Hacker, aaO, § 8, Rdnrn 82 und 263). Dasselbe gilt für die vom Anmelder genannte Eintragung der Marke "crawler" in das Markenregister, zumal die Voraussetzungen für die Annahme der Schutzfähigkeit nicht nachvollzogen werden können.

3. Darüber hinaus steht der Eintragung des Wortes "metacrawler" für die angemeldeten Dienstleistungen das Schutzhindernis des § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG entgegen. Nach der Rechtsprechung des EuG reicht für eine derartige Annahme bereits aus, wenn "ein Merkmal der betroffenen Ware oder Dienstleistung bezeichnet wird" (so EuG MarkenR 2002, 92, 95 - STREAMSERVE; WRP 2002, 510, 513 - CARCARD) und sich zudem das Freihaltungsinteresse nicht auf unersetzliche beschreibende Angaben und Zeichen reduziert (vgl hierzu auch BPatG GRUR 2003, 245, 246-247 - Pastenstrang auf Zahnbürstenkopf). Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, kann die in Frage stehende Bezeichnung in ihrer Bedeutung als "Meta-Suchmaschine" als Hinweis auf den Einsatzbereich der Dienstleistungen aufgefasst und verwendet werden, so dass sie zugunsten der Mitbewerber der Anmelders im Geschäftsverkehr freizuhalten ist.

Nach alledem war die Beschwerde des Anmelders zurückzuweisen.

Kliems Engels Sredl Pü






BPatG:
Beschluss v. 22.10.2003
Az: 25 W (pat) 162/01


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