Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. März 2008
Aktenzeichen: 29 W (pat) 123/05

(BPatG: Beschluss v. 05.03.2008, Az.: 29 W (pat) 123/05)

Tenor

1. Die Beschlüsse des Deutschen Patent- und Markenamts vom 29. November 2004 und 30. August 2005 werden aufgehoben, soweit die teilweise Löschung der Marke 301 70 005 angeordnet wurde.

2. Der Antrag der Beschwerdegegnerin auf Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

Gegen die Eintragung der Wortmarke 301 70 005 Comwinfür zahlreiche Waren und Dienstleistungen der Klassen 3, 9, 14, 16, 18, 24, 25, 28, 30, 32, 33, 35, 36, 38, 41 und 42 ist Widerspruch erhoben worden aus der Marke 2 056 122 CONFIS eingetragen für

"Schokolade, Schokoladewaren, Pralinen, Back- und Konditorwaren, Zuckerwaren".

Der Widerspruch richtet sich gegen die Waren

"Kakao; Konditorwaren; Kakao- oder Schokoladengetränke als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Zubereitung".

Mit Beschluss vom 29. November 2004, bestätigt durch Erinnerungsbeschluss vom 30. August 2005, hat die Markenstelle für Klasse 38 die teilweise Löschung der Eintragung der Marke 301 70 005 für die angegriffenen Waren angeordnet. Es bestehe ein hoher, zumindest jedoch ein beachtlicher Grad an Ähnlichkeit zwischen den Waren der einander gegenüberstehenden Marken. Die Vergleichszeichen wiesen Gemeinsamkeiten in der Silbenzahl und -zäsur sowie in den Vokalen und deren Abfolge auf. Demgegenüber könnten die abweichenden Zweit-, Dritt- und Endkonsonanten klangliche Verwechslungen nicht mit hinreichender Sicherheit verhindern, zumal es sich bei den Konsonanten "m" und "n" bzw. "f" und "w" um eng klangverwandte Nasal- bzw. Dentallaute handele. Unterschiede blieben insbesondere in den Endungen weniger in Erinnerung.

Dagegen hat die Markeninhaberin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die Beschlüsse vom 29. November 2004 und vom 30. August 2005 aufzuheben, soweit die Löschung der Marke angeordnet wurde.

Sie trägt vor, die Vergleichszeichen seien nicht ähnlich. Die Widerspruchsmarke stelle die Abkürzung für "Confiserie" und damit eine beschreibende Angabe mit sehr geringer Kennzeichnungskraft dar. Der Durchschnittsverbraucher als maßgeblicher Verkehrsteilnehmer werde die Wortanfänge vorliegend nicht beachten, da es sich um verbrauchte Silben handele. Zudem unterschieden sie sich bereits ausreichend voneinander. Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass bei Kurzwörtern Abweichungen deutlicher auffielen. Insofern komme den unterschiedlichen Endsilben stärkeres Gewicht zu. Auch wiesen die Vergleichszeichen einen anderen Betonungsrhythmus auf. Schriftbildlich seien ebenfalls keine Verwechslungen zu erwarten, da die beiderseitigen Ober- und Unterlängen deutlich auffallen würden. Schließlich bestünden in begrifflicher Hinsicht keinerlei Übereinstimmungen.

Die Widersprechende hat mit Schriftsatz vom 19. Oktober 2005 beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen und der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 5. März 2008 Bezug genommen, zu der die Widersprechende nicht erschienen ist.

II.

1. Die Beschwerde der Markeninhaberin ist zulässig und begründet. Es besteht keine Verwechslungsgefahr gemäß §§ 42 Abs. 2 Nr. 1, 9 Abs. 1 Nr. 2 MarkenG.

Verwechslungsgefahr liegt dann vor, wenn die Öffentlichkeit glauben könnte, dass die betreffenden Waren oder Dienstleistungen aus demselben Unternehmen oder gegebenenfalls aus wirtschaftlich miteinander verbundenen Unternehmen stammen. Das Vorliegen von Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls umfassend zu beurteilen. Dabei ist hinsichtlich der Ähnlichkeit der betreffenden Marken im Bild, Klang oder in der Bedeutung auf den Gesamteindruck abzustellen, den die Marken hervorrufen, wobei insbesondere die sie unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind. Für die umfassende Beurteilung der Verwechslungsgefahr kommt es entscheidend darauf an, wie die Marke auf den Durchschnittsverbraucher dieser Waren oder Dienstleistungen wirkt. Er nimmt eine Marke regelmäßig als Ganzes wahr und achtet nicht auf die verschiedenen Einzelheiten (vgl. EuGH GRUR 2005, 1042, 1044, Nrn. 27 und 28 - THOMSON LIFE).

a) Die sich gegenüberstehenden Waren sind identisch oder hochgradig ähnlich. Hierbei ist von der Registerlage auszugehen, da seitens der Markeninhaberin keine Nichtbenutzungseinrede erhoben wurde.

So fallen unter "Schokoladewaren" auf Seiten der Widerspruchsmarke auch "Schokoladengetränke als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Zubereitung". Zwischen "Schokolade" einerseits und "Kakao" bzw. "Kakaogetränke als fertige Nahrungsmittel oder zur eigenen Zubereitung" andererseits besteht engste Ähnlichkeit (vgl. auch Richter/Stoppel, Die Ähnlichkeit von Waren und Dienstleistungen, 13. Auflage, Seite 148, rechte Spalte). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass Schokolade neben Zucker und Milchpulver im Wesentlichen aus Kakao besteht.

Demzufolge müssen die Vergleichszeichen einen großen Abstand zueinander einhalten.

b) Der Widerspruchsmarke kommt eine normale, allenfalls leicht eingeschränkte Kennzeichnungskraft zu.

Die Bezeichnung "CONFIS" kann in Verbindung mit Schokolade, Schokoladewaren, Pralinen, Back-, Konditor- und Zuckerwaren Assoziationen an das Wort "Confiserie" bzw. "Konfiserie" hervorrufen. Mit ihm werden auch im Deutschen Süßwaren, Pralinen u. Ä. aus eigener Herstellung, also die geschützten Produkte bezeichnet (vgl. Duden, Rechtschreibung der deutschen Sprache, 21. Auflage, Seiten 194 und 422). Allerdings lässt sich die ältere Marke als geläufige inländische Abkürzung für "Confiserie" oder "Konfiserie" nicht nachweisen.

Anhaltspunkte für eine Erhöhung der Kennzeichnungskraft sind nicht ersichtlich. Zur Benutzungslage hat die Widersprechende nichts vorgetragen. Auch liegen dem Senat hierzu keine anderweitigen Erkenntnisse vor. Insofern verbleibt es bei dem von Hause aus bestehenden normalen Schutzumfang.

c) Eine unmittelbare Verwechslungsgefahr besteht nicht, da im maßgeblichen Gesamteindruck die Unterschiede zwischen den Bezeichnungen "CONFIS" und "Comwin" auch für die hier angesprochenen allgemeinen Verkehrskreise deutlich erkennbar sind.

Zwar fällt der Unterschied im dritten Buchstaben kaum auf, da die Konsonanten "n" und "m" klangverwandt sind. Ähnliche Überlegungen gelten für die sich gegenüberstehenden Buchstaben "w" und "f". Am Wortende tritt jedoch die Abweichung zwischen dem Blaslaut "s" und dem Nasallaut "n" klar hervor. Zudem stellt die Bezeichnung "CONFIS" eher eine klangliche Einheit dar, während bei der Aussprache der jüngeren Marke zwischen den Bestandteilen "Com" und "win" eine kleine Sprechpause eingelegt wird. Auch liegt bei der Widerspruchsmarke die Betonung eher auf der ersten und bei dem angegriffenen Zeichen eher auf der zweiten Silbe. Diese Unterschiede führen trotz identischer Vokalfolgen zu einem ausreichend andersartigen Gesamtklangbild.

In schriftbildlicher Hinsicht fallen unabhängig von Groß- und Kleinschreibung zusätzlich die abweichenden Konturen der Buchstaben "f" und "w" ins Gewicht. Selbst wenn die Buchstaben "n" und "m" ähnlich aussehen, so sind unter Berücksichtigung der deutlich anderen Gestaltung der Zeichenenden keine schriftbildlichen Verwechslungen zu befürchten.

Im Übrigen kann - wie bei der Kennzeichnungskraft unter b) bereits ausgeführt - die Widerspruchsmarke Assoziationen zu dem Begriff "Confiserie" hervorrufen und demzufolge einen Begriffsgehalt vermitteln. Dies gilt auch für das angegriffene Zeichen. So stellt "Com" u. a. die Abkürzung für "communication" (vgl. "abkuerzungen.de" unter "http://www.abkuerzungen.de/result.php€searchterm=com& language=de&style=...") und "win" das englische Wort für "gewinnen", (vgl. Pons Großwörterbuch Englisch - Deutsch, 1. Auflage, Seite 1043) dar. Insgesamt kann die jüngere Marke im Sinne von "Kommunikationsgewinn" interpretiert werden. Zumindest ein Teil der Verkehrskreise wird die eine und/oder andere Bedeutung den Zeichen beimessen. Aufgrund dessen bestehen ebenfalls deutlich wahrzunehmende Unterschiede beim Zeichenvergleich. Die Verwechslungsgefahr ist daher gemindert (vgl. Ströbele/Hacker, Markengesetz, 8. Auflage, § 9, Rdnr. 151).

Anhaltspunkte für eine assoziative und insbesondere eine mittelbare Verwechslungsgefahr sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

2. Dem Antrag der Widersprechenden, der Markeninhaberin die Kosten des Beschwerdeverfahrens aufzuerlegen, kann nicht entsprochen werden.

Eine Auferlegung der Kosten des Beschwerdeverfahrens kommt nur dann in Betracht, wenn dies der Billigkeit entspricht (§ 71 Abs. 1 Satz 1 MarkenG). Hierbei kann nicht auf das Unterliegen der Markeninhaberin vor dem Deutschen Patent- und Markenamt abgestellt werden, da dieses für sich alleine regelmäßig nicht ausreicht, ihr aus Billigkeitsgründen die Kosten aufzuerlegen (vgl. BGH GRUR 1972, 600 - Lewapur). Zudem hat sie mit ihrer Beschwerde vorliegend Erfolg gehabt. An- dere Gründe für ein Abweichen von dem in § 71 Abs. 1 Satz 2 MarkenG hervorgehobenen Grundsatz, dass jeder Verfahrensbeteiligter seine Kosten selbst trägt, sind weder ersichtlich noch geltend gemacht.

Grabrucker Fink Dr. Kortbein Ko






BPatG:
Beschluss v. 05.03.2008
Az: 29 W (pat) 123/05


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