Oberlandesgericht Köln:
Urteil vom 12. April 1994
Aktenzeichen: 22 U 189/93

(OLG Köln: Urteil v. 12.04.1994, Az.: 22 U 189/93)

Keine Erfüllung der Kapitaleinlageschuld bei sofortiger Rückzahlung Durch die Zahlung auf ein Gesellschaftskonto erfüllt der GmbH-Gesellschafter seine Einlageschuld nicht, wenn ihm der gleiche Betrag am selben Tag zurücküberwiesen wird. Die Einlageschuld wird auch nicht dadurch erfüllt, daß der GmbH-Gesellschafter einen der GmbH gewährten Bankkredit persönlich absichert. Die Bezahlung einer gesellschafterbesicherten Darlehensforderung gegen die GmbH kommt als Erfüllung der Einlageschuld jedenfalls dann nicht in Betracht, wenn die Besicherung kapitalersetzender Natur ist.

Gründe

Der zulässigen Berufung der Beklagten ist in der Sache selbst

der Erfolg versagt. Das Landgericht hat der Klage zu Recht

stattgegeben. Die Ausführungen der Berufung rechtfertigen keine

andere Beurteilung.

A.

Die Beklagte schuldet dem Kläger die Zahlung des Stammkapitals

in Höhe von 50.000,00 DM gemäß den §§ 19 Abs. 1 GmbHG i.V.m. § 6

KO. Von der am 14.01.1986 gegründeten Gemeinschuldnerin hat die

Beklagte das gesamte Stammkapital in Höhe von 50.000,00 DM, das

nach § 4 Ziff. 2 Satz 2, Ziff. 3 des Gesellschaftsvertrages durch

Bareinlage zu leisten und sofort fällig war, übernommen. Dieser

Zahlungspflicht ist die Beklagte weder ganz noch teilweise

nachgekommen.

I.

Die Gutschrift von 50.000,00 DM vom 14.01.1986 auf dem bei der

Stadtsparkasse A. für die Firma ...-Elektronik unterhaltenen

Konto-Nr. ... hat keine Zahlung des Stammkapitals bewertet,

weil diese Summe nicht zur freien Verfügung der Gesellschaft

gestanden hat. Denn die von einem GmbH-Gesellschafter geschuldete

(Bar-) Stammeinlage ist nur dann wirksam entrichtet, wenn der

Gesellschaft die eingezahlten Geldbeträge endgültig und ohne

Beschränkungen oder Rückzahlungsvorbehalt zugeflossen sind (vgl.

Hachenburg/Ulmer, GmbHG 1989, zu § 7 RN 46 ff., 47). Ferner erfüllt

nur die Gutschrift auf einem Bankkonto, das für die Gesellschaft

oder den Geschäftsführer in dieser Eigenschaft (also nicht als

Privatkonto) eingerichtet worden ist, die Einlageschuld (vgl.

Hachenburg/Ulmer, a.a.O., zu § 7 RN 34, 35). Ob letztere

Voraussetzung bei der Zahlung auf das Konto-Nr. ... gegeben

war, was das Landgericht in Zweifel gezogen und die Beklagte in

zweiter Instanz näher dargelegt hat, kann letztlich dahinstehen.

Entscheidend ist, daß die Bareinlage von 50.000,00 DM nicht zur

freien Verfügung des Geschäftsführers der Gemeinschuldnerin

gestanden hat, da das fragliche Konto am gleichen Tag (14.01.1986)

per Scheck in Höhe vor 50.000,00 DM zugunsten der Beklagten

belastet worden ist. Nach herrschender und zutreffender Auffassung

(vgl. BGH GmbHR 1991, 255, 258 mit umfangreichen Nachweisen; OLG

Koblenz BB 1989, 451; Hachenburg/Ulmer, a.a.O. zu § 7 RN 46 ff.,

54) fehlt es an der erforderlichen freien Verfügbarkeit über die

Einlage in allen Fällen, in denen diese vereinbarungsgemäß alsbald

dem Einleger direkt oder indirekt zurückgewährt wird. Die

alsbaldige Rückzahlung der Einlage unterfällt nicht den

Kapitalerhaltungsregelungen der §§ 30, 31 GmbHG und der

Verjährungsvorschrift des § 31 Abs. 5 GmbHG, sondern der Regelung

des § 19 GmbHG, da von einer Erhaltung des Stammkapitals (§ 30

GmbhG) erst gesprochen werden kann, wenn die Gesellschaft eine

Zeitlang über das Kapital hat verfügen können. Der

Kapitalerhaltungsschutz (§§ 30, 31 GmbHG) ist im Verhältnis zur

Sicherung der Kapitalaufbringung (§§ 7 Abs. 2, 8 Abs. 2, 9 a, 19

f., 82 GmbHG) weniger streng sanktioniert, und es ist nicht

einzusehen, warum der Gesellschafter mit der Scheinoperation des

"Hin- und Herzahlens" den strengeren Vorschriften über die

Kapitalaufbringung soll entgehen können. Im Hinblick auf den durch

§ 19 GmbHG vermittelten Schutz der Gesellschaftsgläubiger ist es

vielmehr ohne Belang, ob die Einlage gar nicht geleistet worden ist

oder ob sie - wie vorliegend - sofort wieder an den Gesellschafter

zurückgewährt worden ist. Angesichts des engen zeitlichen

Zusammenhanges zwischen der Zahlung der Einlage und der

Rückerstattung am gleichen Tag ist davon auszugehen, daß eine

Abrede über die Rückzahlung schon bei der Einzahlung getroffen

war.

II.

Die Einlageschuld ist ferner nicht dadurch erfüllt worden, daß

die Beklagte einen der Gemeinschuldnerin am 24.02.1986 von der

Stadtsparkasse A. bewilligten Kontokorrentkredit von 50.000,00 DM

privat abgesichert hat und der Kredit von der Gemeinschuldnerin

auch tatsächlich in Anspruch genommen worden ist. Denn der

Gesellschaft stand dieser Betrag wegen ihrer

Rückzahlungsverpflichtung nicht als vollwertiges Eigenkapital zur

Verfügung. Es kommt nicht darauf an, ob die GmbH mit den im

Darlehenswege aufgenommenen Mitteln faktisch hat wirtschaften

können; entscheidend ist vielmehr, daß sie insoweit mit einer

Rückzahlungsverpflichtung belastet war, so daß kein

Vermögenszuwachs gegeben war (vgl. dazu auch OLG Köln ZIP 1984,

176, 178).

Entsprechendes hat für die Erweiterung des Kontokorrentkredites

auf 80.000,00 DM im Jahr 1988 zu gelten.

III.

Auch aufgrund der Rückführung des Kontokorrentkredites durch

Zahlung von 80.100,00 DM auf das für die Gemeinschuldnerin bei der

Stadtsparkasse A. geführte Geschäftskonto ... am 01.07.1992

ist nicht von einer Erfüllung der Einlageverpflichtung der

Beklagten auszugehen.

1. Zu meinen wäre auch bei Annahme einer Erfüllung der

Einlageverpflichtung der Beklagten eine Verbindlichkeit aus

kapitalersetzender Mithaftung gem. den § 30, 31 GmbHG gegeben.

Ob die Tilgung einer gesellschafterbesicherten

Darlehensforderung durch den Gesellschafter dessen

Einlageverpflichtung erfüllt, ist bisher höchstrichterlich nicht

abschließend abgeklärt (vgl. Gehling DNotZ 1991, 833, 841 f.; von

Gerkan GmbHR 1992, 433, 437). Probleme ergeben sich vor allem, wenn

die Besicherung der Kreditaufnahme eigenkapitalersetzender Natur

ist, weil in diesen Fällen bei der Rückführung des Kredites sowohl

die Regelung des § 19 GmbHG als auch die Vorschriften der §§ 30, 31

GmbHG - jeweils mit unterschiedlichen Voraussetzungen und

Verjährungsfristen - in Betracht kommen. Der Bundesgerichtshof

(GmbHR 1991, 152, 154) hat in einer Entscheidung vom 03.12.1990

dazu ausgeführt: "Erbringt der Gesellschafter in dieser Lage"...

(unter den Voraussetzungen, unter denen eine Hilfeleistung des

Gesellschafters für die notleidend gewordene GmbH nach der

Senatsrechtsprechung als Eigenkapitalersatz gilt)..." eine Leistung

an die Gesellschaft, die zur Rückführung des Kredits der

Gesellschaft dienen soll, für den er selbst eine

eigenkapitalersetzende Mithaftung übernommen hat, so ist im

Regelfall davon auszugehen, daß er nicht seine rückständige

Einlageverbindlichkeit, sondern seine daneben bestehende

Verpflichtung erfüllt, die Gesellschaftsverbindlichkeit abzulösen,

die er durch seine nunmehr als Eigenkapitalersatz geltende

Mithaftung gesichert hat. Dies folgt daraus, daß er nach der

Rechtsprechung des Senates zu §§ 30, 31 GmbHG der Gesellschaft zu

Erstattung eines entsprechenden Betrages verpflichtet wäre, wenn

diese den so gesicherten Kredit selbst zurückgezahlt hätten, bevor

ihr Stammkapital wieder durch Eigenmittel gedeckt war (BGHZ 81,

252) ..." Nach den weiteren Ausführungen des Bundesgerichtshofes

wäre im Falle einer der Leistung beigegebenen Tilgungsbestimmung

betreffend die Stammeinlage diese zwar zum Erlöschen gebracht, die

Rückführung der Kreditschuld im Ergebnis aber aus Mitteln der

Gesellschaft erfolgt, und infolgedessen wäre nunmehr zwar die

Einlageschuld des Gesellschafters erfüllt, stattdessen jedoch seine

Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft aus

eigenkapitalersetzender Mithaftung entsprechend §§ 30, 31 GmbHG

nach wie vor offen.

Im vorliegenden Fall ist bereits nicht von einer

Tilgungsbestimmung betreffend die Einlageverpflichtung der

Beklagten auszugehen, da bislang der Óberweisungsträger betreffend

die Zahlung der 80.100,00 DM nicht vorgelegt wurde und der

handschriftliche Vermerk auf dem Kontoauszug betreffend das Konto

... vom 07.07.1992 (Bl. 41 d.A.) nicht ausreicht. Hiervon

abgesehen trägt die Beklagte auch nicht vor, die Zahlung von

80.100,00 DM habe teilweise der Erfüllung der Einlageverpflichtung

gedient. Es war ihre Sache, den Nachweis etwa durch Vorlage einer

Durchschrift des Óberweisungsträgers mit entsprechender

Tilgungsbestimmung der sich in ihrem oder ihres Ehemannes Besitz

befinden muß, zu führen, wenn die Zahlung aus ihrem Vermögen

geleistet wurde. Demgemäß ist vom Regelfall auszugehen, daß die

Beklagte nicht ihre rückständige Einlageverbindlichkeit, sondern

ihre daneben bestehende Verpflichtung erfüllt hat, die

Gesellschaftsverbindlichkeit abzulösen, die sie durch ihre als

Eigenkapitalersatz geltende Mithaftung gesichert hat (vgl. BGH

GmbHR 1991, 152, 154). Denn die Voraussetzungen, unter denen eine

Hilfeleistung des Gesellschafters für die notleidend gewordene GmbH

nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (a.a.O.) als

Eigenkapitalersatz gilt, waren 1992 gegeben. Die Besicherung des

Kontokorrentkredits über 50.000,00 DM (bzw. weitere 30.000,00 DM)

hatte eigenkapitalersetzenden Charakter, weil die Gemeinschuldnerin

im Zeitpunkt der Bewilligung nicht mehr kreditwürdig war. Denn der

Kredit ist der Gemeinschuldnerin in den Jahren 1986 und 1988 nach

eigener Darstellung der Beklagten (Bl. 22, 33 d.A.) nur unter der

Vorassetzung gewährt worden, daß die Beklagte und ihr Ehemann dafür

Sicherheit aus ihrem privaten Vermögen leisteten. Daß sich an

dieser Situation auch 1992 nichts geändert hat, die

Gemeinschuldnerin nicht etwa kreditwürdig geworden war, sondern

nach Verlusten von 245.686,48 DM im Jahr 1990 weitere Verluste in

Höhe von 77.838,29 DM im Jahr 1991 erwirtschaftet hat, ergibt sich

aus den vom Kläger vorgelegten Bilanzen nebst Gewinn- und

Verlustrechnung. Entgegen der auf einer Stellungnahme des

Steuerberaters C. vom 08.02.1994 (Anlagenhefter) beruhenden

Ausführungen der Beklagten kann eine Óberschuldung der

Gemeinschuldnerin nicht verneint werden allein aufgrund der

Gegenüberstellung der erwirtschafteten Verluste einerseits sowie

der Gesellschafterdarlehen und des Stammkapitals andererseits.

Vielmehr liegt eine Óberschuldung der Gesellschaft dann vor, wenn

die Passiva die Aktiva übersteigen (vgl. Rowedder/Fuhrmann, GmbHG,

2. Aufl., zu § 63 GmbHG RN 7; BaumbachSchulze-Osterloh, GmbHG, 15.

Aufl., zu § 63 GmbHG RN 7), wobei auf der Passivseite das

Stammkapital unberücksichtigt bleibt, nicht aber

Gesellschafterdarlehen, während der Ansatz kapitalersetzender

Gesellschafterdarlehen umstritten ist (vgl.

Baumbach-Schulze-Osterloh, a.a.O., zu § 63 GmbHG RN 15 m.w.N. und

RN 19; Rowedder/Fuhrmann, a.a.O., zu § 63 GmbHG RN 13 und 14).

Demgemäß sind den positiven Vermögenswerten der Gesellschaft per

31.12.1991 von ca. 585.000,00 DM (Anlagevermögen 142.943,75 DM und

Umlaufvermögen 440.701,30 DM) die Rückstellungen und

Verbindlichkeiten gegenüberzustellen, die sich einschließlich

Verbindlichkeiten gegenüber Gesellschaftern auf über 670.000,00 DM

beliefen und mithin eine erhebliche Óberschuldung ergeben. Demgemäß

ist davon auszugehen, daß ein ordentlicher Kaufmann der

notleidenden - seit 1990 mit Verlust arbeitenden -

Gemeinschuldnerin Eigenkapital zugeführt hätte und die

Gemeinschuldnerin auch nicht kreditwürdig war.

Das Ergebnis wäre aber auch kein anderes, wenn von einer

Erfüllung der Einlageverpflichtung der Beklagten gem. § 19 Abs. 1

GmbHG auszugehen wäre, so daß letztlich offenbleiben kann, ob mit

der Rückführung des Darlehens und der Entlastung der Beklagten von

ihrer Mithaftung überhaupt die Einlageverpflichtung aus § 19 Abs. 1

GmbHG erfüllt wäre. Denn wenn die Rückführung der Kreditschuld

durch Zahlung der 80.100,00 DM als Tilgung der Einlageverpflichtung

zu werten wäre, so wäre diese im Ergebnis aus Mitteln der

Gesellschaft erbracht und eine Verbindlichkeit der Beklagten aus

eigenkapitalersetzender Mithaftung begründet (BGH GmbHR 1991, 152,

154), deren Verjährung gemäß § 31 Abs. 5 Satz 1 GmbHG erst mit der

Rückführung des Kredites am 01.07.1992 zu laufen begann.

2. Von diesen rechtlichen Erwägungen abgesehen kann aber auch

von einer Zahlung von 80.100,00 DM aus privaten Mitteln der

Beklagten bzw. ihres Ehemannes nicht ausgegangen werden. Der Kläger

hat bestritten, daß die Beklagte diesen Betrag aus eigenen Mitteln

aufgebracht habe (Bl. 108 d.A.). Die Beklagte hat ihr Vorbringen

weder durch Vorlage eines Óberweisungsbeleges und eines

entsprechenden Auszuges eines ihr zuzuordnenden Kontos belegt noch

dargetan, aus welchen Mitteln der nicht unerhebliche Betrag

stammte. Zur Vorlage entsprechender Unterlagen müßte sie aber in

der Lage sein, wenn sie oder ihr Ehemann den Betrag überwiesen

hätte, da es sich um ihre eigenen Belege, bzw. die ihres Ehemannes

handeln würde, nicht um Geschäftsunterlagen der Gemeinschuldnerin,

die der Kläger zwar in Besitz hat, die aber auch der Beklagten zur

Verfügung stehen. Dieser Anforderung wird durch den Kontoauszug

betreffend das Konto der Gemeinschuldnerin ... vom 07.07.1992

nicht genügt, da hieraus gerade nicht ersichtlich ist, von wem der

überwiesene Betrag stammt. Auch eine Vernehmung der Zeugin F. (Bl.

35 d.A.) und des Ehemannes der Beklagten kommt nicht in Betracht,

da bislang nicht dargetan ist, woher die 80.100,00 DM rührten, und

eine Vernehmung der Zeugen daher auf eine unzulässige bloße

Ausforschung hinauslaufen würde. Von dem in diesem Zusammenhang

erwähnten Darlehen vom 26.06.1992 über 50.000,00 DM

(DarlehenskontoNr. ...) hat die Beklagte nach eigener

Darstellung am 06.07./09.07.1992 37.308,43 DM auf das

Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin Nr. ... überwiesen (Bl.

152 f., 170 d.A.), woraus sich ergibt, daß es sich bei den

80.100,00 DM jedenfalls ganz überwiegend um andere Mittel handeln

muß. Auch im nachgelassenen Schriftsatz vom 15.02.1994 fehlt jede

nachvollziehbare Erläuterung dazu, aus welchen eigenen Mitteln der

Beklagten die 80.100,00 DM stammten, nachdem die Beklagte die

Zahlung von 37.308,43 DM nur aus einem Kredit aufbringen konnte.

Der vage - durch Urkunden nicht näher belegte - Vortrag, die

Beklagte führe den Betrag von 80.100,00 DM aus eigenen Mitteln

zurück (Bl. 173 d.A.), ohne eindeutige Behauptung, sie habe sich

den Betrag als Darlehen verschafft und weitergegeben, rechtfertigt

ebenfalls die Vernehmung des Ehemannes der Beklagten und des Zeugen

Fr. nicht.

IV.

Die Einlageschuld der Beklagten ist weiterhin weder ganz noch

teilweise durch Zahlungen der Beklagten an die Gemeinschuldnerin

von insgesamt 45.600,00 DM am 04.11.1991 sowie von weiteren

37.308,43 DM am 06./09.07.1992, die nach Darstellung der Beklagten

sämtlich zur freien Verfügung und ohne Rückzahlungsverpflichtung

der Gemeinschuldnerin geleistet worden sein sollen, erfüllt

worden.

1. a) Das Geschäftskonto der Gemeinschuldnerin ... wies vor

der Óberweisung der 43.100,00 DM einen Debetsaldo von 90.884,79 DM

auf (Bl. 93 d.A.). Die schuldbefreiende Wirkung einer

Einlageleistung scheitert nicht schon daran, daß diese auf ein

debitorisches Konto der Gesellschaft erfolgt und die Bank die

eingezahlten Mittel sofort mit dem Sollsaldo verrechnet. Eine

Einlageleistung auf ein in Debet geführtes laufendes Geschäftskonto

der Gesellschaft verstößt im allgemeinen dann gegen das Gebot, die

Einlagemittel zur freien Verfügung der Geschäftsführung zu leisten

(§ 8 Abs. 2 GmbHG), wenn das Gesellschaftskonto von der Bank

gesperrt ist, das Bankguthaben vor der Einzahlung bereits gepfändet

ist oder die kontoführende Bank den Gutschriftsbetrag wegen

ungenehmigter Kontoüberziehung oder wegen Kündigung bzw.

Rückführung des Kreditrahmens sofort mit dem Debetsaldo verrechnen

kann, so daß die Gesellschaft keine Möglichkeit erhält, über die

eingezahlten Mittel in entsprechender Höhe zu verfügen (BGH GmbHR

1991, 152 m.w.N.). Der Kontokorrentkredit der Gemeinschuldnerin ist

von der Stadtsparkasse A. am 07.03.1988 auf 80.000,00 DM erhöht

worden und zwar mit der Maßgabe, daß eine weitere Óberschreitung

der Kreditlinie untersagt wurde (Bl. 40 d.A.). Von den 43.100,00

DM, die auf das Konto ... eingezahlt worden sind, standen bei

einem Soll von 90.884,79 DM (Bl. 93 d.A.) somit jedenfalls

10.884,79 DM nicht zur freien Verfügung der Gesellschaft und sind

damit schon deshalb nicht mit schuldbefreiender Wirkung auf die

Einlageverbindlichkeit geleistet worden.

Auf dem Konto ... war der Gemeinschuldnerin ein

Kreditrahmen von 5.000,00 DM eingeräumt worden. Da das Konto im

Zeitpunkt der Óberweisung von 2.500,00 DM mit 7.462,85 DM im Soll

stand (vgl. Bl. 94/95 d.A.) und dieser Kredit durch die Eheleute

v.d. H. gesichert war, hat auch ein Betrag von 2.462,85 DM nicht

zur freien Verfügung der Gemeinschuldnerin gestanden.

b) Darüber hinaus ist dem Vorbringen der Beklagten nicht

hinreichend klar zu entnehmen, ob der danach allenfalls zu

berücksichtigende Betrag von 32.252,36 DM (32.215,21 DM + 37,15 DM)

zur Tilgung der Einlageverpflichtung geleistet und nicht als

Darlehen gewährt worden ist. Die Óberweisungsträger betreffend die

Óbeweisungen von 43.100,00 DM und 2.500,00 DM von der Beklagten an

die Gemeinschuldnerin geben als Verwendungszweck

"Darlehensauszahlung" an (Bl. 92, 94 d.A.), was als

Darlehensgewährung der Beklagten an die Gesellschaft zu verstehen

sein sollte mit der Folge, daß es sich bei diesen Beträgen nicht um

der Gemeinschuldnerin zugeführte freie Mittel handelte. Dem

Vorbringen der Beklagten, die beiden Beträge seien ohne

Rückzahlungsverpflichtung zur freien Verfügung der Gesellschaft

ausgehändigt worden und der Verwendungszweck als

Darlehensauszahlung sei von der Sachbearbeiterin der Stadtsparkasse

A. zum Hinweis auf das Darlehenskonto ... vermerkt worden,

steht entgegen, daß die Zahlungen vom 04.11.1991 auch als Darlehen

bei der Gemeinschuldnerin verbucht worden sind, wie die Beklagte im

nachgelassenen Schriftsatz vom 15.02.1994 eingeräumt hat (Bl. 168

d.A.). Damit in Einklang steht die Tatsache, daß die

Verbindlichkeiten der Gemeinschuldnerin gegenüber Gesellschaftern

gemäß den vorgelegten Bilanzen per 31.12.1990 von 199.421,61 DM auf

390.099,40 DM im Jahr 1991 angewachsen sind, was mangels

erkennbarer anderer Gründe auf Darlehensgewährungen der

Gesellschafter zurückzuführen ist und dafür spricht, daß die

Zahlungen von insgesamt 45.600,00 DM von der Beklagten bzw. ihrem

Ehemann als Darlehen gegeben wurden, wie verbucht und aus den

Vermerken in den Óberweisungsträgern ersichtlich. Angesichts dieser

Umstände kommt eine Vernehmung der von der Beklagten benannten

Zeugen dazu, die Zahlungen von insgesamt 45.600,00 DM seien zur

freien Verfügung ohne Rückzahlungsverpflichtung der

Gemeinschuldnerin zwecks Erfüllung der Einlagepflicht gewährt

worden, nicht in Betracht.

2.) Im übrigen wäre eine Verbindlichkeit der Beklagten aus dem

Gesichtspunkt eigenkapitalersetzender Mithaftung gemäß den §§ 30,

31 GmbHG in Höhe von 50.000,00 DM trotz der Zahlungen von insgesamt

45.600,00 DM am 04.11.1991 begründet. Die Besicherung des in Höhe

von 80.000,00 DM unter der Geschäftskonto-Nr. ... eingeräumten

Kontokorrentkredites hatte eigenkapitalersetzenden Charakter, weil

- wie ausgeführt - die Gemeinschuldnerin im Zeitpunkt der

Bewilligung bereits nicht mehr kreditwürdig war, der Kredit nur

aufgrund Besicherung der Beklagten und ihres Ehemannes gewährt

worden ist. Außerdem war die Gemeinschuldnerin ausweislich der

Bilanzen Ende 1991 auch bereits überschuldet - wie ausgeführt -.

Wenn die Rückführung der Kreditverbindlichkeiten im genannten

Umfang die Einlageverpflichtung der Beklagten zum Erlöschen

gebracht hätte, so wäre die Rückführung der Kreditschuld im

Ergebnis aus Mitteln der Gesellschaft erfolgt und infolgedessen

zwar die Einlageschuld der Beklagten erfüllt, stattdessen jedoch

eine Verbindlichkeit gegenüber der Gesellschaft aus

eigenkapitalersetzender Mithafung entsprechend den §§ 30, 31 GmbHG

begründet.

3.

Entsprechendes hat hinsichtlich der am 06./09.07.1992

überwiesenen 37.308,43 DM zu gelten. Zum einen ist dem

Óberweisungsträger kein Hinweis darauf zu entnehmen, daß diese

Zahlung zur Tilgung der Einlageverpflichtung der Beklagten zur

freien Verfügung der Gemeinschuldnerin ohne

Rückzahlungsverpflichtung gewährt wurde. Das ist indes letztlich

unerheblich, so daß es auch insoweit keiner Sachaufklärung bedarf.

Entscheidend ist vielmehr, daß die Rückführung des

Kontokorrentkredites durch die Zahlungen vom 01. und 06. bzw.

09.07.1992 ohne eine Kündigung die Darlehensverbindlichkeit der

Gemeinschuldnerin und die eigenkapitalersetzende Mithaftung der

Beklagten nicht endgültig zum Erlöschen hat bringen können, auch

wenn das Geschäftskonto der Gesellschaft nach der letztgenannten

Zahlung ein Guthaben von ca. 33.500,00 DM aufwies (vgl. Bl. 154

d.A.). Bei neuerlicher Inanspruchnahme des Kontokorrentkredites

durch die Gemeinschuldnerin, von der nach der weiteren Entwicklung

bis zum Konkursantrag vom 01.06.1993 auszugehen ist, war eine

entsprechende eigenkapitalersetzende Mithaftung der Beklagten

weiterhin begründet.

IV.

Eine der Beklagten günstigere Beurteilung ist schließlich nicht

aus ihrem Vorbringen herzuleiten, aus Anlaß der Zahlung vom

06./09.07.1992 über 37.308,43 DM sei über die Verbuchung dieses

Betrages und der Zahlungen vom 04.11.1991 dahin gesprochen und es

seien die Zeugen N. angewiesen worden, die 37.308,43 DM und aus den

Zahlungen vom 04.11.1991 12.691,57 DM zugunsten des

Kapitalkontos/Stammkapital zu verwenden und umzubuchen. Abgesehen

von der fraglichen rechtlichen Wirksamkeit einer solchen Abrede in

einem Zeitpunkt vorliegender Óberschuldung der Gemeinschuldnerin

(vgl. OLG Köln ZIP 1984, 176, 179) kann eine solche Anweisung schon

deshalb nicht genügen, weil die Beklagte selbst nicht vorträgt, sie

oder ihr Ehemann als Geschäftsführer der Gemeinschuldnerin hätten

sich um die Erledigung der getroffenen Anweisung gekümmert, das

Kapitalkonto eingesehen oder auch nur bei den Zeugen N.

nachgefragt, ob die Verbuchung erfolgt sei, was nach dem

unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Klägers nicht geschehen

ist. Denn hiernach existiert überhaupt kein Sachkonto

"Stammkapital" und für 1992 überhaupt keine Buchhaltung. Das war

dem Ehemann der Beklagten als Geschäftsführer der Gesellschaft

bekannt und hätte ihn veranlassen müssen, die angeordnete Umbuchung

bzw. Verbuchung zugunsten des Kapitalkontos der Beklagten zu

kontrollieren. Der Kläger weist auch zu Recht darauf hin, aus Sicht

der Beklagten habe in den Jahren 1991 und 1992 kein Anlaß

bestanden, Bareinzahlungen auf das Stammkapital vorzunehmen. Einer

Sachaufklärung dieses in zweiter Instanz erstmals vorgetragenen und

vom Kläger bestrittenen Vorbringens durch Vernehmung der von der

Beklagten benannten Zeugen bedarf es daher nicht.

V.

Die von der Beklagten aufrechterhaltene Verjährungseinrede

greift nicht durch, da der Anspruch auf Leistung der Stammeinlage

gemäß § 19 Abs. 1 GmbHG nicht der 5-jährigen Verjährungsfrist des §

31 Abs. 5 GmbHG unterliegt und die Verjährung eines Anspruches aus

kapitalersetzender Mithaftung der Beklagten mit Ablauf des Tages

beginnt, an welchem die Zahlung, deren Erstattung begehrt wird,

geleistet worden ist, d.h. frühestens ab November 1991.

B.

I.

Dem gemäß den §§ 284 Abs. 1 Satz 1, 288 Abs. 2 BGB zuerkannten

Zinsanspruch ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

II.

Die prozessualen Nebenenansprüche beruhen auf den §§ 97 Abs. 1,

708 Nr. 10, 713 ZPO.

Gegenstandswert für das Berufungsverfahren und Wert der Beschwer

für die Beklagte: 50.000,00 DM






OLG Köln:
Urteil v. 12.04.1994
Az: 22 U 189/93


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