Bundespatentgericht:
Beschluss vom 2. März 2006
Aktenzeichen: 23 W (pat) 60/04

(BPatG: Beschluss v. 02.03.2006, Az.: 23 W (pat) 60/04)

Tenor

Der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. August 2004 wird aufgehoben und das Patent wird mit folgenden Unterlagen erteilt:

Patentansprüche 1 bis 15, Beschreibungsseiten 1 bis 7, diese Unterlagen eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2006, ursprüngliche Zeichnung, Figuren 1 bis 6.

Bezeichnung der Erfindung: Sensorgehäuse mit Prozessanschluss Anmeldetag: 10. Juni 1997

Gründe

I Die Prüfungsstelle für Klasse G 01 D des Deutschen Patent- und Markenamts hat die am 10. Juni 1997 eingereichte Patentanmeldung mit der Bezeichnung "Sensorgehäuse mit Prozessanschluss" durch Beschluss vom 2. August 2004 zurückgewiesen.

Im Prüfungsverfahren sind zum Stand der Technik die Druckschriften:

- DE 39 33 689 A1 (Druckschrift 1)

- DE 43 40 177 A1 (Druckschrift 2)

- DE 42 33 315 C2 (Druckschrift 3)

- DE 196 16 658 A1 (Druckschrift 4) und - DE 195 24 146 A1 (Druckschrift 5)

in Betracht gezogen worden, von denen die nachveröffentlichte Druckschrift 4 einer gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 1 PatG als Stand der Technik geltenden nationalen Patentanmeldung mit älterem Zeitrang entspricht.

In dem vorgenannten Beschluss ist ausgeführt, dass der weiterverfolgte ursprüngliche Patentanspruch 1 durch die Druckschrift 1 neuheitsschädlich getroffen sei, wobei zu den Merkmalen nach dem Oberbegriff des Patentanspruchs 1 insbesondere auf Figur 1 i. V. m. Spalte 1, Zeile 3 bis Spalte 2, Zeile 14 und zu den Merkmalen nach dem kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs 1 insbesondere auf die Figuren 11 bis 13 mit zugehöriger Beschreibung verwiesen worden ist.

Gegen diesen Beschluss richtet sich die am 6. September 2004 eingelegte Beschwerde der Anmelderin.

In der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2006 hat die Anmelderin neue Patentansprüche 1 bis 15 mit angepasster Beschreibung vorgelegt und die Auffassung vertreten, dass der Gegenstand des neu gefassten Patentanspruchs 1 durch den nachgewiesenen Stand der Technik einschließlich der vom Senat eingeführten Entgegenhaltung:

- US 5 046 857 (Druckschrift 6)

sowie des in der Beschreibungseinleitung als Ausgangspunkt der Erfindung erläuterten bekannten Sensor-Gehäuses nicht patenthindernd getroffen sei, zu dem die Anmelderin eine technische Zeichnung "Rund-Muster PZA" vom 9. Mai 1994 vorgelegt hat und das sie in der mündlichen Verhandlung als offenkundig vorbenutzt bezeichnet hat.

Die Anmelderin beantragt, den Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G 01 D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 2. August 2004 aufzuheben und das Patent mit folgenden Unterlagen zu erteilen:

Patentansprüche 1 bis 15, Beschreibungsseiten 1 bis 7, diese Unterlagen eingereicht in der mündlichen Verhandlung vom 2. März 2006, ursprüngliche Zeichnung, Figuren 1 bis 6.

Der geltende Patentanspruch 1 lautet (nach Streichung der offensichtlich versehentlichen Worte "zwischen den" hinter "im Bereich" im letzten Merkmal):

"Zwei- oder mehrteiliges Gehäuse für Sensoren, insbesondere Druck- oder Strömungssensoren, mit einem Unterteil (2) als Prozessanschluss und einem Oberteil (3) als Bauteileaufnahme, das also zumindest den größten Teil der elektrischen und elektronischen Bauteile enthält, wobei das Unterteil (2) und das Oberteil (3) durch eine elastische Presspassung miteinander verbunden sind und im Bereich der Presspassung gerade Flächen (6) und gekrümmte Flächen (7) vorhanden sind, dadurch gekennzeichnet, dass die geraden Flächen (6) und die gekrümmten Flächen (7) eine Presspassungsfläche (8) im oberen Bereich des Unterteils (2) bilden, wobei die Presspassung nach dem Zusammenfügen nur zwischen den gekrümmten Flächen (7) des Unterteils (2) und dem Oberteil (3) ausgebildet ist, während im Bereich der geraden Flächen (6) ein Freiraum (9) zwischen dem Oberteil (3) und dem Unterteil (2) besteht."

Wegen der geltenden Unteransprüche 2 bis 15 und der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

II Die form- und fristgerecht erhobene Beschwerde ist zulässig und auch begründet; denn die Lehre des geltenden Patentanspruchs 1 ist durch den im Verfahren befindlichen Stand der Technik nicht patenthindernd getroffen.

1. Hinsichtlich der Zulässigkeit der geltenden Patentansprüche 1 bis 15 bestehen keine Bedenken.

Der geltende Patentanspruch 1 findet inhaltlich eine ausreichende Stütze in den ursprünglichen Patentansprüchen 1 bis 3 i. V. m. dem in der ursprünglichen Beschreibung anhand der Zeichnung beschriebenen Ausführungsbeispiel (hinsichtlich des Merkmals, wonach die Presspassung nach dem Zusammenfügen nur zwischen den gekrümmten Flächen (7) des Unterteils (2) und dem Oberteil (3) ausgebildet ist, während im Bereich der geraden Flächen (6) ein Freiraum (9) zwischen dem Oberteil (3) und dem Unterteil (2) besteht).

Die geltenden Patentansprüche 2 bis 15 entsprechen inhaltlich - in dieser Reihenfolge - den ursprünglichen Patentansprüchen 4 bis 17.

2. Nach den Angaben in der geltenden Beschreibung (vgl. Seite 1, Absätze 1 und 2) wird im Oberbegriff des verteidigten Patentanspruchs 1 von einem zwei- oder mehrteiligen Gehäuse für Sensoren ausgegangen, wie es aus der Druckschrift 6 bekannt ist (vgl. bei dem dortigen Temperatur-Sensor (thermal sensor assembly 10) das als Prozessanschluss (siehe mounting means 30) ausgebildete Unterteil (shell 12) und das die elektrischen und elektronischen Bauteile (thermistor 20, wire leads 38, terminals 16, 18) aufnehmende Oberteil (mounting member 40, press fit subassembly 14) des Gehäuses nebst der dazugehörigen elastischen Presspassung (press fit; side extensions 16d, 18d displace the wall surfaces 42a of a bore 42 in shell 12 to interlock the subassembly 14 at an axial location within the bore 42, vgl. Spalte 4, Zeilen 48 bis 51) im Bereich gekrümmter Flächen (surface 42, 42a) des Unterteils (12) sowie gekrümmter Flächen (Mantelfläche des mounting member 40 bzw. press fit subassembly 14) und gerader Flächen (side extensions 16d, 18d) des Oberteils (40, 14) beim Ausführungsbeispiel nach den Figuren 1 und 2).

Ausgangspunkt der Erfindung war jedoch ursprünglich - wie dargelegt - das in der Beschreibungseinleitung (vgl. Seite 1, Absätze 3 bis 5) vorgestellte, offenkundig vorbenutzte Sensorgehäuse. Vorteil eines Sensors mit zwei- oder mehrteiligem Gehäuse sei es, dass bei einem Defekt des Sensors bzw. der Elektronik lediglich das Oberteil des Gehäuses ausgewechselt werden muss, ohne dass durch Auswechseln des Prozessanschlusses in den laufenden Prozess eingegriffen wird. Problematisch sei dabei jedoch die Verbindung zwischen Gehäuse-Unterteil und Gehäuse-Oberteil. Bei dem offenkundig vorbenutzten Gehäuse werde der aus vernickeltem Messing bestehende Prozessanschluss mit dem Oberteil durch Presspassung verbunden. Zu diesem Zweck sei am oberen Ende des Prozessanschlusses eine Rändelung ausgebildet. Um das Aufpressen zu erleichtern, nehme die Wandstärke des Oberteils in Richtung auf die Rändelung stufenweise ab. Als nachteilig wird von der Anmelderin dabei angesehen (vgl. Beschreibungsseite 2, Absatz 1), dass durch das Aufpressen des Oberteils auf das Unterteil die Nickelschutzschicht im Bereich der Rändelung teilweise verletzt wird, so dass das darunter liegende chemisch nicht sehr beständige Messing chemisch aggressiven Medien ausgesetzt sein kann. Auch seien beim Innendurchmesser des Oberteils und beim Außendurchmesser des Unterteils im Bereich der Presspassung nur sehr geringe Toleranzen zulässig. Die für die Presspassung aufzuwendenden Kräfte und die Belastbarkeit der Verbindung hingen sehr stark von diesen Toleranzen ab. Da die Wandstärke des Oberteils im Bereich der Presspassung sehr gering ist, könne es zudem zu Rissen oder Verformungen des Oberteils kommen.

Würden Ober- und Unterteil aber miteinander verschweißt oder verschraubt, so sei beim Verschweißen ein Austauschen der Elektronik ohne Eingriff in den Prozessablauf nicht möglich bzw. könne durch unsachgemäßes Verschrauben bei zu großen Toleranzen das Oberteil so auf dem Unterteil positioniert werden, dass eine sichere Funktion des Sensors nicht mehr gewährleistet sei (vgl. geltende Beschreibungsseite 2, Absatz 2).

Vor diesem Hintergrund liegt dem Anmeldungsgegenstand als technisches Problem die Aufgabe zugrunde, ein Gehäuse zur Verfügung zu stellen, bei dem die Verbindung zwischen Oberteil und Unterteil einfach, aber dennoch sicher zu realisieren ist (vgl. Beschreibungsseite 2, Absatz 3).

Diese Aufgabe wird bei einem gattungsgemäßen zwei- oder mehrteiligen Gehäuse für Sensoren mit den Merkmalen nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 gelöst.

Denn dadurch, dass die geraden Flächen (6) und die gekrümmten Flächen (7) eine Presspassungsfläche (8) im oberen Bereich des Unterteils (2) bilden, wobei die Presspassung nach dem Zusammenfügen nur zwischen den gekrümmten Flächen (7) des Unterteils (2) und dem Oberteil (3) ausgebildet ist, ist eine einfache, aber dennoch sichere Verbindung zwischen Ober- und Unterteil realisierbar, mit der ersichtlich eine Beschädigung des Nickelüberzugs im Presspassungsbereich vermieden wird. Durch den Freiraum (9) zwischen dem Oberteil (3) und dem Unterteil (2) im Bereich der geraden Flächen (6) des Unterteils (2) müssen andererseits die Toleranzen nicht besonders eng ausgelegt werden und ist - bei gleichen Toleranzen - die Gefahr einer Beschädigung des Ober- oder Unterteils deutlich verringert, da der Freiraum (9) Verformungen des Oberteils (3) in Richtung der geraden Flächen (6) des Unterteils (2) zulässt, ohne dass es zu Rissen kommt (vgl. Beschreibungsseite 2, letzter Absatz bis Seite 3, Absatz 1 i. V. m. Fig. 6 nebst der dazugehörigen Beschreibung auf Seite 7, vorletzter Absatz).

3. Das - zweifellos gewerblich anwendbare - zwei- oder mehrteilige Gehäuse für Sensoren nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist gegenüber dem im Verfahren befindlichen Stand der Technik neu und beruht diesem gegenüber auch auf einer erfinderischen Tätigkeit des zuständigen Durchschnittsfachmanns, der hier als ein mit der Entwicklung und Fertigung von Gehäusen für Sensoren befasster, berufserfahrener Maschinenbauingenieur mit Fachhochschulausbildung zu definieren ist.

a) Die Neuheit des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach Druckschrift 1 ergibt sich ohne weiteres schon daraus, dass diese Druckschrift ein zweiteiliges Gehäuse für Sensoren offenbart, bei dem die Gehäuseteile (2, 3) nicht durch eine elastische Presspassung im Sinne des geltenden Patentanspruchs 1 miteinander verbunden sind. Das Sensor-Gehäuse besteht dort aus einem Gehäuseoberteil (3) und einem Gehäuseunterteil (2) mit daran angebrachtem Verbindungsstutzen (29) (vgl. die Figuren 1 und 2 nebst der Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 11 bis 12 und Spalte 4, Zeilen 6 bis 32). Entgegen der im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung ist den Figuren 11 bis 13 dieser Druckschrift nicht einmal andeutungsweise entnehmbar, dass das Gehäuseoberteil (3) und das Gehäuseunterteil (2) - bzw. das Gehäuseunterteil (2) und der Verbindungsstutzen (29) - durch eine Presspassung verbunden sein könnten. An anderen Stellen dieser Druckschrift ist vielmehr explizit eine Feder-Nut-Verbindung zwischen Gehäuseoberteil (3) und Gehäuseunterteil (2) vorgesehen (vgl. die Ansprüche 36 bis 44 i. V. m. den Figuren 9, 14, 15, 18 und 19 nebst der dazugehörigen Beschreibung in Spalte 3, Zeilen 35 bis 53). Das Gehäuseunterteil (2) weist dabei ein Anschlussprofil (16) mit einer Nut auf (vgl. die Ausnehmung (19) zwischen dem inneren Seitensteg (17) und dem dazu parallel verlaufenden äußeren Seitensteg (18) in Fig. 19), während das Gehäuseoberteil (3) mit einem Anschlussprofil (21) in Form einer Feder versehen ist (vgl. den Mittelsteg (20) in Fig. 18), wobei die Feder (Mittelsteg 20) bei auf das Gehäuseunterteil (2) aufgestecktem Gehäuseoberteil (3) in die Nut (Ausnehmung 19) des Gehäuseunterteils (2) eingreift (vgl. die Figuren 9, 14 bzw. 15 mit zugehöriger Beschreibung). Da die Druckschrift 1 sonach keine Presspassung vorsieht, gehört zu ihrem Offenbarungsgehalt schon gar nicht die spezielle elastische Presspassung nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1.

Die - seitens der Prüfungsstelle nicht in Frage gestellte - Neuheit des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach der nachveröffentlichten Druckschrift 4 mit älterem Zeitrang folgt daraus, dass diese ebenfalls ein zweiteiliges Sensorgehäuse offenbart, dessen Unterteil (1) und Oberteil (2) nicht durch eine Presspassung im Sinne des geltenden Patentanspruchs 1 miteinander verbunden sind. Das Oberteil (2) ist dort nämlich mit einem Einsteckende (6) in einer Aufnahme (5) des Unterteils (1) derart axial fixiert, dass es um die Längsachse des Unterteils (1) drehbar ist. Zu diesem Zweck ist in eine Außennut (7) am Einsteckende (6) des Oberteils (2) ein Federring (9) eingelegt, der auch in eine gegenüberliegende Innennut (8) im Bereich der Aufnahme (5) des Unterteils (1) hineinragt (vgl. Anspruch 1 i. V. m. Spalte 3, Zeilen 12 bis 43 zu den Figuren 1 bis 3). In eine weitere Außennut (12) am Einsteckende (6) des Oberteils (2) und eine gegenüberliegende weitere Innennut (13) im Bereich der Aufnahme (5) des Unterteils (1) sind zudem Kugeln (14, 15) als zusätzliche Verdrehsicherungselemente eingebracht (vgl. Spalte 4, Absatz 3 zu den Figuren 3 bis 5).

Die Neuheit des Gegenstands des geltenden Patentanspruchs 1 gegenüber dem Stand der Technik nach den vorveröffentlichten Druckschriften 2, 3, 5 und 6 sowie dem offenkundig vorbenutzten Sensor-Gehäuse ergibt sich implizit aus den nachfolgenden diesbezüglichen Ausführungen zur erfinderischen Tätigkeit.

b) Die Druckschrift 6, von der - wie dargelegt - im Oberbegriff des geltenden Patentanspruchs 1 ausgegangen wird, vermag dem vorstehend definierten zuständigen Durchschnittsfachmann den Gegenstand des geltenden Patentanspruchs 1 weder für sich noch in einer Zusammenschau mit den Druckschriften 1 bis 3 und 5 sowie dem offenkundig vorbenutzten Sensor-Gehäuse nahe zu legen.

Die gattungsbildende Druckschrift 6 führt den Fachmann insofern von der Erfindung weg, als danach zwar - wie dargelegt - beim Oberteil (40, 14) eine Presspassungsfläche vorgesehen ist, die von geraden Flächen (im Bereich der side extensions 16d, 18d) und gekrümmten Flächen (im Bereich der Mantelfläche des mounting member 40) gebildet wird, die Presspassung nach dem Zusammenfügen jedoch nur zwischen den geraden Flächen des Oberteils (40, 14) und dem Unterteil (12) ausgebildet ist, wohingegen die gekrümmten Flächen des Oberteils (40) - wie aus Fig. 4 ersichtlich - am Unterteil (12) nur anliegen, so dass dort weder im Bereich der geraden Flächen noch im Bereich der gekrümmten Flächen des Oberteils (40) ein Freiraum zwischen dem Oberteil (40) und dem Unterteil (12) vorhanden ist, in den hinein sich das Unterteil (12) verformen könnte. Folglich kann der Fachmann durch die Druckschrift 6 keine Anregung dazu erhalten, bei einem gattungsgemäßen zwei- oder mehrteiligen Gehäuse für Sensoren den oberen Bereich des Unterteils mit einer Presspassungsfläche aus geraden Flächen und gekrümmten Flächen zu versehen und die Presspassung nach dem Zusammenfügen dann nur zwischen den gekrümmten Flächen des Unterteils und dem Oberteil auszubilden, während im Bereich der geraden Flächen des Unterteils ein Freiraum zwischen dem Oberteil und dem Unterteil verbleibt, wie dies der geltende Patentanspruch 1 lehrt.

Letzteres gilt jedoch auch für das offenkundig vorbenutzte Sensor-Gehäuse, dessen Unterteil im oberen Bereich mit einer geriffelten Presspassungsfläche versehen ist (vgl. die dazugehörige technische Zeichnung), da die Presspassung bei ihm - siehe die in der Beschreibungseinleitung erwähnte Rissbildung - ersichtlich zwischen der gesamten Presspassungsfläche des Unterteils und dem Oberteil ausgebildet ist, so dass dort zwischen Oberteil und Unterteil ebenfalls kein Freiraum verbleibt, in den hinein sich das Oberteil verformen könnte.

Einen Anstoß zu der Problemlösung nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 erhält der Fachmann aber auch nicht bei Einbeziehung der Druckschriften 1 bis 3 und 5.

Da die Druckschrift 1 zwischen dem Gehäuseoberteil (3) und dem Gehäuseunterteil (2) - wie dargelegt - keine elastische Presspassung, sondern eine Feder-Nut-Verbindung vorsieht, vermag diese Druckschrift den Fachmann auch nicht zu der speziellen elastischen Presspassung mit Freiraum im Sinne der Merkmale nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 anzuregen.

In den Druckschriften 2, 3 und 5 findet sich aber auch kein Hinweis auf eine Presspassung.

Die Druckschrift 2 betrifft nämlich einen Messwertgeber (1) mit zweiteiligem Gehäuse, bei dem die aus Kunststoff bestehenden Gehäuse-Teile (Schutzhülse 3 und Kabelhalter 2) durch eine zylindrische Schnappverbindung (15, 16) miteinander verbunden sind (vgl. Anspruch 1 i. V. m. Fig. 2 nebst zugehöriger Beschreibung, insbesondere Spalte 3, Absatz 3).

Die Druckschrift 3 offenbart ein Füllstandsmessgerät (1) mit einem Sensor (2), einem Einschraubstück (3), mit dem das Füllstandsmessgerät (1) in der das Messmedium umschließenden Wandung befestigt ist, und einem Elektronikgehäuse (4), wobei - zwecks Drehbarkeit des Elektronikgehäuses (4) - ein Zapfen (34) des Einschraubstücks (3) eine am Boden (42) des Elektronikgehäuses (4) angeformte Hülse (43) durchdringt, der mittels einer Klemmscheibe (47) und einer Schraube (Zylinderschraube 46) lösbar festgeklemmt ist (vgl. Anspruch 1 i. V. m. den Figuren 1 bis 3 mit zugehöriger Beschreibung, insbesondere Spalte 4, Absatz 3 und Spalte 5, Absatz 3).

Die Druckschrift 5 betrifft ein im Spritzgussverfahren hergestelltes Kunststoff-Gehäuse (1) für einen Klopfsensor für einen Verbrennungsmotor (Detektionsmittel bestehend aus einer ersten Isolierscheibe 4, einer darauf angeordneten ersten Kontaktscheibe 5, einer darauf befindlichen piezokeramischen Scheibe 6 gefolgt von einer zweiten Kontaktscheibe 5, einer seismischen Masse 7 und einer die vorgenannten Elemente zusammendrückenden Tellerfeder 8; vgl. Fig. 1 mit zugehöriger Beschreibung in Spalte 2, Zeilen 19 bis 43). Um das Gehäuse (1) zwecks Erfassung von Klopfsignalen möglichst fest am Verbrennungsmotor anziehen zu können, ohne dabei das Ausgangssignal des druckempfindlichen Klopfsensors zu beeinträchtigen, ist das Gehäuse (1) mittig von einer Druckhülse (2) durchsetzt, durch deren zentrale Bohrung (12) der Klopfsensor mittels einer Befestigungsschraube am Verbrennungsmotor befestigbar ist, ohne daß auf die im Gehäuse (1) am Rande der Druckhülse (2) angeordneten Detektionsmittel - insbesondere deren piezokeramische Scheibe (6) - Kraft übertragen wird (vgl. Anspruch 1 i. V. m. Spalte 2, Zeilen 43 bis 68 zur Fig. 1). Die Druckhülse (2) ist aus zwei Teilen aufgebaut, von denen das obere Teil einen festen Anschlag (9) für die Tellerfeder (8) der Detektionsmittel aufweist, während das mit dem Verbrennungsmotor in Anschlag zu bringende untere Teil derart auf das obere Teil aufbringbar ist, dass die Detektionsmittel eingespannt sind (vgl. kennzeichnender Teil des Anspruchs 1 i. V. m. Spalte 3, Absatz 1 zu den Figuren 1 und 2).

Demnach kann der Fachmann auch durch die Druckschriften 2, 3 und 5 nicht zu einer elastischen Presspassung mit den Merkmalen nach dem kennzeichnenden Teil des geltenden Patentanspruchs 1 angeregt werden.

Das zwei- oder mehrteilige Gehäuse für Sensoren nach dem geltenden Patentanspruch 1 ist daher patentfähig.

4. An den Patentanspruch 1 können sich die geltenden Unteransprüche 2 bis 15 anschließen, die vorteilhafte und nicht selbstverständliche Ausführungsarten des Gegenstands des Hauptanspruchs betreffen.

5. In der geltenden Beschreibung ist der maßgebliche Stand der Technik, von dem die Erfindung ausgeht, angegeben und das beanspruchte zwei- oder mehrteilige Gehäuse für Sensoren anhand der Zeichnung ausreichend erläutert.

Bei dieser Sachlage war der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Patent antragsgemäß zu erteilen.






BPatG:
Beschluss v. 02.03.2006
Az: 23 W (pat) 60/04


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