Bundespatentgericht:
Beschluss vom 18. Oktober 2006
Aktenzeichen: 17 W (pat) 97/03

(BPatG: Beschluss v. 18.10.2006, Az.: 17 W (pat) 97/03)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluss der Prüfungsstelle für Klasse G07D des Deutschen Patent- und Markenamts vom 24. September 2003 aufgehoben und das Patent erteilt.

Der Erteilung liegen folgende Unterlagen zugrunde:

Patentanspruch 1 und Beschreibung Seiten 2, 2a vom 4. Oktober 2006;

Patentansprüche 2 bis 4 und Beschreibung Seiten 1, 2b vom 30. August 2006;

Beschreibung Seiten 3 und 4, eingegangen am 5. Juli 2001 (Anmeldetag).

Gründe

I.

Die vorliegende Patentanmeldung ist am 5. Juli 2001 mit der Bezeichnung

"Verfahren zur Verschlüsselung von Daten, die von einem Münzprüfer an eine Steuereinheit eines münzbetätigten Automaten gesandt werden"

beim Deutschen Patent- und Markenamt eingereicht worden.

Die Prüfungsstelle für Klasse G07D hat die Anmeldung mit Beschluss vom 24. September 2003 mangels Klarheit des Anspruchs 1 zurückgewiesen unter Hinweis darauf, dass auch ein klargestellter Patentanspruch 1 mangels erfinderischer Tätigkeit nicht gewährbar wäre.

Gegen diesen Beschluss ist die Beschwerde der Anmelderin gerichtet.

Sie beantragt die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und stellt sinngemäß Antrag auf Erteilung des Patentes mit folgenden Unterlagen:

Patentanspruch 1 und Beschreibung Seiten 2, 2a vom 4. Oktober 2006;

Patentansprüche 2 bis 4 und Beschreibung Seiten 1, 2b vom 30. August 2006;

Beschreibung Seiten 3 und 4, eingegangen am 5. Juli 2001 (Anmeldetag).

Der geltende Anspruch 1 lautet (mit hinzugefügter Gliederung):

a) Verfahren für den Datentransport zwischen einer einen Münzprüfer aufweisenden Münzeinheit und einer Steuereinheit eines münzbetätigten Automaten, wobei die Steuereinheit mindestens einen Anzeigemittel aufweisenden Guthabenzähler umfasst, dadurch gekennzeichnet, b) dass zwecks manipulationssicheren Datentransport der Münzprüfer ein mit einer Steuerung versehener elektronischer Münzprüfer ist, c) dem von der Steuereinheit eine von einem Zufallsgenerator gebildete Transaktionszahl wiederholt übermittelt wird, d) dass aus dieser Transaktionszahl und dem vom Münzprüfer ermittelten Münzwert einer zugeführten akzeptierten Münze und einer der Steuerung des Münzprüfers bekannten Konstanten die Steuerung eine Echtheitszahl nach einem vorgegebenen Algorithmus bildet, e) wobei die Echtheitszahl und der ermittelte Münzwert von der Steuerung an die Steuereinheit übermittelt werden, f) und seitens der Steuereinheit überprüft wird, ob der mit der Echtheitszahl, transportierte Münzwert und der übermittelte Münzwert übereinstimmen undg) dass bei einer Übereinstimmung der Münzwerte von der Steuereinheit der übermittelte Münzwert im Guthabenzähler des Automaten kumuliert wird.

Zu den Unteransprüchen 2 bis 4 und zu den weiteren Unterlagen wird auf den Akteninhalt verwiesen.

Nach Ansicht der Anmelderin ist die nunmehr beanspruchte Lehre durch den im Erteilungsverfahren genannten Stand der Technik weder bekannt noch nahegelegt und demzufolge patentierbar.

II.

Die zulässige Beschwerde ist begründet, da der Gegenstand des nachgesuchten Patents nach den §§ 1 bis 5 PatG patentfähig ist.

1. Die geltenden Ansprüche sind zulässig.

Die Merkmale des geltenden Anspruchs 1 sind in den Anmeldungsunterlagen vom Anmeldetag wie folgt offenbart:

Merkmal a) S. 1, 2. Abs. Z. 1-6;

" b) S. 3, 2. Abs. Z. 1-6 und 3. Abs. Z. 1-3;

" c) S. 3, 2. 2Abs. Z. 1-8;

" d) S. 3, 3. Abs. Z. 8-14;

" e) S. 3, 3. Abs. Z. 14-16;

" f) S. 3, 3. Abs. Z. 16-19 und

" g) S. 3, 3. Abs. Z. 19 und S. 4, 1. Abs. Z. 1-3.

Die Ansprüche 2 bis 4 entsprechen den ursprünglich eingereichten Ansprüchen 4 bis 6.

2. Die Erfindung betrifft ein Verfahren für den Datentransport zwischen einer einen Münzprüfer aufweisenden Münzeinheit und einer Steuereinheit eines münzbetätigten Automaten, wobei die Steuereinheit mindestens einen Anzeigemittel aufweisenden Guthabenzähler umfasst. In der Beschreibungseinleitung wird auf die Gefahr der Manipulation bei derartigen Automaten hingewiesen.

Die diesbezüglich der Erfindung zugrundeliegende Aufgabe wird darin gesehen, das Sicherheitsniveau des Datentransport zwischen einer Münzeinheit und einer Steuereinheit eines münzbetätigten Unterhaltungsautomaten zu erhöhen.

Der eine Lösung dieser Aufgabe vermittelnde Anspruch 1 ist im vorhergehenden Abschnitt dieses Beschlusses angegeben.

Die beanspruchte Lehre ist für den Fachmann, einen FH - Ingenieur der Fachrichtung Mechatronik mit mehrjähriger einschlägiger Berufserfahrung, verständlich. Der Fachmann wird hierbei beachten, dass die gemäß Merkmal d) "der Steuerung des Münzprüfers bekannte Konstante" auch der Steuereinheit des münzbetätigten Automaten bekannt sein muss, da andernfalls die Überprüfung der Echtheitszahl und des übermittelten Münzwertes entsprechend den Merkmalen e, f durch die Steuereinheit nicht möglich wäre.

3. Von der Prüfungsstelle wurden die Druckschriften 1) DE 198 03 179 A1 2) PC Magazin, Jan. 1998, S. 272, 273 3) Funkschau, 1999, H.20, S. 20-22 und 24 - 26 genannt.

Von der Anmelderin wurde auf die Druckschrift 4) DE 199 47 421 A1 Bezug genommen.

Hinsichtlich dieses Standes der Technik ist der Gegenstand des Anspruchs 1 neu, da keine der genannten Druckschriften ein Verfahren für den Datentransport zwischen einer einen Münzprüfer aufweisenden Münzeinheit und einer Steuereinheit eines münzbetätigten Automaten mit allen Merkmalen dieses Anspruchs zeigt. Der beanspruchte Gegenstand beruht darüber hinaus auch auf erfinderischer Tätigkeit.

Druckschrift D1 beschreibt ein Verfahren zur Begrenzung der Benutzung eines münzbetätigten Unterhaltungsautomaten. Dieser Automat ist mit einer Steuereinheit 4 ausgestattet, die über Drahtleitungen mit einem Münzprüfer (Sp. 2, Z. 6-9) und mit einem Sicherheitsmodul 10 (Sp. 2, Z. 39-41) verbunden ist. In diesem Sicherheitsmodul sind eine Bauartnummer oder Kennziffer sowie die Serienkennziffer und das Zulassungsdatum des Unterhaltungsautomaten gespeichert (Sp. 1, Z. 32-35). Wird der münzbetätigte Unterhaltungsautomat bespielt, so wird von der Steuereinheit 4 eine Zufallszahl ermittelt und zum Sicherheitsmodul 10 übertragen. Der Mikrokontroller des Sicherheitsmoduls 10 verschlüsselt nach einem vorgegebenen Algorithmus mittels der zugeführten Zufallszahl die im Sicherheitsmodul gespeicherten, konstant bleibenden Gerätedaten (Bauartnummer, Seriennummer, Zulassungstag). Das Verschlüsselungsergebnis wird dann zur Steuereinheit 4 übertragen, dort (mit gleichem Algorithmus und vorgegebener Zufallszahl) entschlüsselt und anhand der entschlüsselten Daten überprüft, ob der Zeitraum zwischen dem aktuellen (Spiel-)Tag und dem Inbetriebnahmetag die vorgegebene maximale Laufzeit für den Unterhaltungsautomaten noch nicht überschritten ist. Liegt eine Überschreitung vor, so wird der Automat gesperrt (Sp. 2, Z. 53 ff.). Das Verfahren nach D1 dient zur Erkennung von Veränderungen oder Manipulationen an relevanten Datensätzen (z. B. am Zulassungsbeleg, Sp. 1, Z. 28-32) oder an Laufzeitbegrenzungen. Demnach behandelt D1 die Abwehr von Manipulationen von Daten (Bauartnummer oder Kennziffer, Serienkennziffer, Zulassungsdatum), die im Sicherheitsmodul von münzbetätigten Unterhaltungsautomaten gespeichert sind. Die hierzu vorgesehenen Verfahrensschritte mita) Bildung einer Zufallszahl in der Steuereinheit des Unterhaltungsautomatenb) Übertragung der Zufallszahl an die Steuerung der Untereinheit, d. h. des Sicherheitsmodulsc) Bildung einer verschlüsselten Echtheitszahl unter Verwendung der Zufallszahl und weiteren Daten nach vorgegebenem Algorithmus in der Steuerung der Untereinheitd) Übertragung der verschlüsselten Echtheitszahl an die Steuereinheit des Unterhaltungsautomatene) Entschlüsselung der Echtheitszahl nach dem vorgegebenen Algorithmus (Sp. 2, Z. 53-66).

sind entsprechend auch im geltenden Anspruch 1 des nachgesuchten Patents enthalten.

Unterschiedlich ist zunächst der Einsatzbereich. In D1 geht es um die Überprüfung, ob an gespeicherten, gleichbleibenden automatenspezifischen Daten unerlaubt manipuliert wurde, wogegen in der vorliegenden Anmeldung die Zielsetzung darin besteht, den Datentransport zwischen einer Münzeinheit (mit zugehörigem Münzprüfer) und der Steuereinheit des Unterhaltungsautomaten gegen Manipulation (durch Angriffe auf Kontaktstellen, S. 2a, Z. 1-7) zu sichern und somit das Sicherheitsniveau dieses Datentransports zu erhöhen. Weiterhin wird bei D1 eine Gleichheitsprüfung zwischen den entschlüsselten gerätespezifischen Daten (z. B. Bauartnummer, Kennziffer), die von der Untereinheit (Chipmodul) verschlüsselt geliefert wurden und den in der Steuereinheit gespeicherten gerätespezifischen Daten durchgeführt, wogegen beim Verfahren nach Anspruch 1 münzwertabhänge, d. h. sich ändernde Daten von der Steuerung des Münzprüfers verschlüsselt werden und dann - nach entsprechender Entschlüsselung - in der Steuereinheit des Automaten mit parallel unverschlüsselt übertragenen Münzwertdaten verglichen werden.

Bei dem aufgezeigten Sachverhalt liegt es für den Fachmann nicht nahe, sich zur Lösung des Problems des sicheren Transports von sich ändernden Daten (abhängig vom jeweiligen Münzwert) der Sicherungsmethode nach D1, die die Verfälschung von gleichbleibenden, gespeicherten Daten verhindern soll, zu bedienen. Der Fachmann muss nämlich zunächst das Problem aufgreifen, dass die Werte von vom Münzprüfer aufgenommenen Münzen durch Manipulationen beim Datentransport auf der Übertragungsleitung verfälscht werden. Des weiteren muss er sich für die beanspruchte Lehre der Schritte bedienen, anstelle einer naheliegenden Sicherung des Übertragungsweges auf mechanischem Weg die bisherige Münzwertübertragung beizubehalten, parallel hierzu den Münzwert noch verschlüsselt zu übertragen und nach entsprechender Entschlüsselung in der Steuereinheit beide Werte zu vergleichen.

Hierzu vermag D1 angesichts der unterschiedlichen Aufgabenstellung (vergl. BPatG in BlfPMZ, 1999, H. 7, S. 261-263, insbes. S. 262, re. Sp. 2. u. 3. Abs.) keine Anregung geben, so dass das Verfahren nach Anspruch 1 erfinderischen Abstand zu D1 aufweist.

Auch gegenüber den Druckschriften D2 bis D4 beruht das beanspruchte Verfahren auf erfinderischer Tätigkeit.

D2 behandelt die symmetrische und asymmetrische Kryptographie (Figuren auf S. 272 und 273).

D3 beschreibt in Verbindung mit dem Internet einsetzbare Methoden zur Authentisierung, darunter PINs und TANs, Smart Cards, biometrische Verfahren und die digitale Signatur.

D4 bezieht sich auf münzbetätigte Unterhaltungsautomaten, dessen Münzprüfer ein Konverter nachgeschaltet ist, der den ursprünglich auf DM ausgelegten Münzprüfer auch zur Prüfung von EURO-Münzen befähigt (Zusammenfassung).

Aus den aufgezeigten Gründen vermögen die abgehandelten Druckschriften weder einzeln noch bei verbindender Betrachtung das Verfahren nach Anspruch 1 nahe zu legen. Dieses Verfahren beruht somit auf erfinderischer Tätigkeit und Anspruch 1 ist demzufolge gewährbar. Die abhängigen Ansprüche 2 bis 4 beinhalten zweckmäßige Weiterbildungen des Verfahrens nach Anspruch 1 und sind somit ebenfalls gewährbar.






BPatG:
Beschluss v. 18.10.2006
Az: 17 W (pat) 97/03


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