Oberlandesgericht Karlsruhe:
Urteil vom 8. Mai 2013
Aktenzeichen: 6 U 34/12

(OLG Karlsruhe: Urteil v. 08.05.2013, Az.: 6 U 34/12)

1. Die für eine Klage auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung erforderliche Wahrscheinlichkeit, dass der Berechtigte aufgrund einer mittelbaren Patentverletzung einen Schaden erlitten hat, ist in der Regel zu bejahen, wenn zumindest eine rechtswidrig und schuldhaft begangene mittelbare Patentverletzung stattgefunden hat. Dies gilt auch dann, wenn die mittelbare Patentverletzung durch das Anbieten eines der in § 10 Abs. 1 PatG genannten Mittel begangen wurde.

2. Besteht ein Verfahrenspatentanspruch auf den aufeinander aufbauenden Verfahrensschritten des Codierens und Decodierens von Daten, macht der Verwender eines die patentgemäßen Verfahrensschritte des Decodierens ausführenden Mittels von dem Verfahren mit allen seinen Merkmalen Gebrauch, wenn die zu decodierenden Daten zuvor ohne sein Zutun in patentgemäßer Weise codiert wurden.

3. Das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft kann weder für den Tatbestand des Anbietens im Sinne des § 9 PatG noch des § 10 PatG verlangt werden.

4. Für ein Angebot zur Benutzung der Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG reicht es aus, dass der Angebotsempfänger das Mittel bestimmungsgemäß an Endabnehmer weiterliefert, die die Erfindung dann benutzen.

5. In grenzüberschreitenden Fällen ist auch ein im Ausland ansässiger Lieferant für die Verletzung inländischer Patentrechte mitverantwortlich, wenn er die patentverletzenden Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatents und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert.

6. Der "doppelte Inlandsbezug" in § 10 Abs. 1 PatG setzt nicht voraus, dass der im Ausland ansässige Lieferant seine Verfügungsgewalt im Inland verliert.

7. Eine stillschweigende Benutzungserlaubnis zur Anwendung eines patentgemäßen Verfahrens kann in der Lieferung von Mitteln nicht gesehen werden, die unter Verwendung weiterer nicht lizenzierter Vorrichtungen zur Ausübung des patentgemäßen Verfahrens führen.

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Landgerichts Mannheim vom 09. März 2012 - Az. 7 O 43/10 - unter Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Beklagten im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt neu gefasst:

1. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin und/oder dem I.R. dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass die Beklagte in dem Zeitraum vom 18.02.1995 bis einschließlich zum 27.06.2011 im Inland Empfänger (MP2-Geräte)

angeboten oder in Verkehr gebracht hat,

die zur Ausübung eines Verfahrens im Inland zum Übertragen digitalisierter, blockcodierter Tonsignale unter Verwendung von Skalenfaktoren, die bei der Blockcodierung der digitalisierten Tonsignale aus dem Betrag des Spitzenwertes einer Sequenz (Block) von Signalwerten gebildet und in quantisierter Form den abgetasteten Signalwerten der betreffenden Sequenz hinzu geführt werden, geeignet und bestimmt sind, wobei

- coderseitig

a) aus einer Anzahl von k zeitlich aufeinanderfolgenden Skalenfaktoren (scf11, scf12 bis scf1k; ...scfn1, scfn2, ...scfnk) jeweils eines Frequenz-Teilbandes des in n Teilbändern unterteilten Tonsignals (mit n 1) die Differenzen

d12-11 = scf12 - scf11 bis d1k - 1 (k- 1) = scf1k - scf1 (k- 1); . . . dn2 - n1 = scfn2 - scfn1 bis dnk - n(k - 1) = sfnnk - scfnk (k - 1)

nach Vorzeichen und Betrag gebildet werden;

b) die gemäß Schritt a) gebildeten (k - 1) * n Differenzen in zumindest zwei Werteklassen eingestuft werden, von denen jede Werteklasse eine Menge von einer oder mehreren möglichen Differenzen umfasst,

c) aufgrund der gemäß Schritt b) gebildeten Folge von (k - 1) * n Werteklassen - getrennt für jedes der n Teilbänder - Skalenfaktoren selektiert und mit einer Kenninformation versehen werden, wobei die Anzahl von aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen selektierten Skalenfaktoren innerhalb der Folge kleiner oder gleich der Anzahl der aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen Skalenfaktoren des betrachteten Teilbandes ist, und wobei die Kenninformation die Zuordnung der selektierten Skalenfaktoren zu jeweils einem oder mehreren der K-Blöcke der abgetasteten Signalwerte des betreffenden Teilbandes identifiziert,

und bei dem

- decoderseitig

d) anhand der Kenninformation den Blöcken der abgetasteten Signalwerte die zugehörigen selektierten Skalenfaktoren zugeordnet werden, und

e) aus den abgetasteten Signalwerten sowie den zugeordneten selektierten Skalenfaktoren wieder Tonsignale erzeugt werden, die mehr oder weniger den ursprünglichen Tonsignalen entsprechen,

dadurch gekennzeichnet, dass

bei der Blockcodierung innerhalb von irrelevanz- und redundanzmindernden Tondaten-Reduktionsverfahren folgende Verfahrensschritte vorgesehen werden:

f) die gemäß Schritt a) gebildeten (k - 1) n Differenzen werden in mehr als zwei Werteklassen eingestuft;

g) bei der Selektion der Skalenfaktoren gemäß Schritt c) wird getrennt für jedes der n Teilbänder ein Übertragungsmuster neuer Skalenfaktoren nach psychoakustischen Gesichtspunkten bezogen auf die Vor- und Nachverdeckungseffekte des menschlichen Gehörs bestimmt, wobei zwischen psychoakustisch relevanten Änderungen der Skalenfaktoren unterschieden wird, und

h) als Kenninformation eine Steuerinformation verwendet wird, welche angibt, an welchen Stellen k sich die neuen Skalenfaktoren befinden.

(Anspruch 1 EP 568 532, mittelbare Verletzung)

2. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. 1. bezeichneten Handlungen in dem Zeitraum vom 18.02.1995 bis einschließlich 27.06.2011 begangen hat und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen (unter Vorlage der Rechnungen und Lieferscheine) mit aa) Liefermengen, Zeiten und Preisen, bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer, cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, b) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote) mit aa) Angebotsmengen, Zeiten und Preisen, bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer, cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, c) der nach den einzelnen Faktoren aufgeschlüsselten Kosten sowie des erzielten Gewinns, d) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.

II. Die Beklagte trägt die Kosten erster Instanz und die Kosten des Berufungs- und des Beschwerdeverfahrens.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gemäß Ziffer I. 2 (Rechnungslegung) gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 10.000,00 EUR abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet. Ansonsten können die Parteien die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Gegenseite vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV. Die Revision und die Rechtsbeschwerde werden nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Verletzung des europäischen Patents EP 0 586 532 (Anlage K 1) aus eigenem Recht und abgetretenem Recht in Anspruch. Zu den benannten Vertragsstaaten gehört Deutschland. Der Hinweis auf die Erteilung des am 27.06.1991 angemeldeten und eine Priorität vom 26.01.1991 beanspruchenden Klagepatents wurde am 18.01.1995 bekanntgemacht. Das Klagepatent ist wegen Ablaufs der Schutzdauer inzwischen erloschen. Der unabhängige Verfahrensanspruch des Klagepatents hat in der Verfahrenssprache folgenden Wortlaut:

Wegen des weiteren Inhalts des Klagepatents wird auf die als Anlage K 1 vorgelegte Patentschrift Bezug genommen. Im Patentregister eingetragener Inhaber des Klagepatents ist das I.R..

Die in China ansässige Beklagte ist OEM-Herstellerin von sog. MP2-Geräten, die - ggf. im Zusammenwirken mit einem PC und einer Software - dazu ausgebildet und geeignet sind, die im DVB-Signal umfassten, nach den Vorgaben des Standard ISO/IEC 11172-3 (MPEG-1 Standard; im Folgenden: STANDARD - vgl. Anlage K5) oder ISO/IEC 13818-3 (MPEG-2 Standard, der für das maßgebliche Format auf den STANDARD verweist - vgl. Anlage K6) komprimierten Audiosignale in der Ausbaustufe Layer II zu empfangen und zu decodieren (im Folgenden einheitlich: angegriffene Ausführungsformen), namentlich DVB-USB-Sticks, TV-Karten mit DVB-Funktionalität und USB-TV-Boxen mit DVB-Funktionalität einerseits und mobile TV-Geräte mit integriertem DVB-Empfänger andererseits. Die Beklagte bewarb und bewirbt ihre Produkte einschließlich der angegriffenen Ausführungsformen auf ihrer englischsprachigen Internetseite. Sie war mit ihren Produkten sowohl auf der Messe CeBIT 2010 (vgl. Anlage K3) als auch auf der Messe CeBIT 2011 vertreten.

Die Klägerin hat behauptet, sie sei ausschließliche Lizenznehmerin am Klagepatent und Schadensersatzansprüche der Patentinhaberin seien an die Klägerin abgetreten. Die Klägerin ist der Auffassung, bei den angegriffenen Ausführungsformen handele es sich um Mittel, die - in Kombination mit einem Sender - objektiv geeignet seien zur Durchführung des klagepatentgemäßen Verfahrens und die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezögen. Hierum wisse die Beklagte ebenso wie um die entsprechende Verwendungsbestimmung beim Endabnehmer. Die Klägerin hat behauptet, die Beklagte habe die angegriffenen Ausführungsformen zur Benutzung in Deutschland gegenüber Nichtberechtigten nicht nur angeboten, sondern noch während der Laufzeit des Klagepatents direkt nach Deutschland zur Benutzung im Inland auch an Nichtberechtigte geliefert, namentlich an die T. GmbH (fortan: T. ) und die T.H.G GmbH (fortan: THG).

Die Klägerin hat, nachdem die Parteien den Unterlassungsantrag wegen des Ablaufs der Schutzdauer des Klagepatents übereinstimmend für erledigt erklärt haben, in erster Instanz beantragt:

I. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen Schaden zu ersetzen, welcher der Klägerin und/oder dem I.R. dadurch entstanden ist und noch entsteht, dass die Beklagte in dem Zeitraum vom 18.02.1995 bis einschließlich zum 27.06.2011 im Inland Empfänger (MP2-Geräte)

angeboten oder in Verkehr gebracht hat,

die zur Ausübung eines Verfahrens im Inland zum Übertragen digitalisierter, blockcodierter Tonsignale unter Verwendung von Skalenfaktoren, die bei der Blockcodierung der digitalisierten Tonsignale aus dem Betrag des Spitzenwertes einer Sequenz (Block) von Signalwerten gebildet und in quantisierter Form den abgetasteten Signalwerten der betreffenden Sequenz hinzu geführt werden, geeignet und bestimmt sind, wobei

- coderseitig

a) aus einer Anzahl von k zeitlich aufeinanderfolgenden Skalenfaktoren (scf11, scf12 bis scf1k; ...scfn1, scfn2, ...scfnk) jeweils eines Frequenz-Teilbandes des in n Teilbändern unterteilten Tonsignals (mit n 1) die Differenzen

d12-11 = scf12 - scf11 bis d1k - 1 (k- 1) = scf1k - scf1 (k- 1); .. dn2 - n1 = scfn2 - scfn1 bis dnk - n(k - 1) = sfnnk - scfnk (k - 1)

nach Vorzeichen und Betrag gebildet werden;

b) die gemäß Schritt a) gebildeten (k - 1) * n Differenzen in zumindest zwei Werteklassen eingestuft werden, von denen jede Werteklasse eine Menge von einer oder mehreren möglichen Differenzen umfasst,

c) aufgrund der gemäß Schritt b) gebildeten Folge von (k - 1) * n Werteklassen - getrennt für jedes der n Teilbänder - Skalenfaktoren selektiert und mit einer Kenninformation versehen werden, wobei die Anzahl von aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen selektierten Skalenfaktoren innerhalb der Folge kleiner oder gleich der Anzahl der aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen Skalenfaktoren des betrachteten Teilbandes ist, und wobei die Kenninformation die Zuordnung der selektierten Skalenfaktoren zu jeweils einem oder mehreren der K-Blöcke der abgetasteten Signalwerte des betreffenden Teilbandes identifiziert,

um bei dem

- decoderseitig

d) anhand der Kenninformation den Blöcken der abgetasteten Signalwerte die zugehörigen selektierten Skalenfaktoren zugeordnet werden, und

e) aus den abgetasteten Signalwerten sowie den zugeordneten selektierten Skalenfaktoren wieder Tonsignale erzeugt werden, die mehr oder weniger den ursprünglichen Tonsignalen entsprechen,

dadurch gekennzeichnet, dass

bei der Blockcodierung innerhalb von irrelevanz- und redundanzmindernden Tondaten-Reduktionsverfahren folgende Verfahrensschritte vorgesehen werden:

f) die gemäß Schritt a) gebildeten (k - 1) n Differenzen werden in mehr als zwei Werteklassen eingestuft;

g) bei der Selektion der Skalenfaktoren gemäß Schritt c) wird getrennt für jedes der n Teilbänder ein Übertragungsmuster neuer Skalenfaktoren nach psychoakustischen Gesichtspunkten bezogen auf die Vor- und Nachverdeckungseffekte des menschlichen Gehörs bestimmt, wobei zwischen psychoakustisch relevanten Änderungen der Skalenfaktoren unterschieden wird, und

h) als Kenninformation eine Steuerinformation verwendet wird, welche angibt, an welchen Stellen k sich die neuen Skalenfaktoren befinden.

(Anspruch 1 EP 568 532, mittelbare Verletzung)

Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin schriftlich in geordneter Form (gegliedert nach Kalendervierteljahren) Rechnung zu legen, in welchem Umfang die Beklagte die zu Ziffer I. bezeichneten Handlungen in dem Zeitraum vom 18.02.1995 bis einschließlich 27.06.2011 begangen hat und zwar unter Angabe

a) der einzelnen Lieferungen (unter Vorlage der Rechnungen und Lieferscheine) mit aa) Liefermengen, Zeiten und Preisen, bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer, cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Abnehmer, b) der einzelnen Angebote (unter Vorlage schriftlicher Angebote) mit aa) Angebotsmengen, Zeiten und Preisen, bb) Marken der jeweiligen Erzeugnisse sowie allen Identifikationsmerkmalen wie Typenbezeichnung, Artikelbezeichnung, laufender Produktnummer, cc) den Namen und Anschriften der gewerblichen Angebotsempfänger, c) der nach den einzelnen Faktoren aufgeschlüsselten Kosten sowie des erzielten Gewinns, d) der Namen und Anschriften der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer, jeweils mit der Anzahl der hergestellten, erhaltenen oder bestellten Erzeugnisse.

Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat vorgetragen, sie habe keine der angegriffenen Ausführungsformen an Nichtberechtigte im Inland angeboten oder gar geliefert. Das Ausstellen von Produkten und das Verteilen von Katalogen auf der Messe bedeute kein Anbieten im Rechtssinne, weil die Beklagte bei konkreten Anfragen von potentiellen Abnehmern noch prüfe, ob diese berechtigt seien, die gelieferten Geräte am jeweiligen Sitz des Abnehmers überhaupt zu nutzen. Direkt nach Deutschland habe die Beklagte allenfalls an zur Erfindungsnutzung Berechtigte geliefert. Vertriebshandlungen in Ansehung der reinen Demodulatoren ohne eigene Decoderfunktion erfolgten stets an Berechtigte. Denn der zur Decodierung meist auf dem benutzten PC angewandte Windows Media Player stamme vom lizenzierten Hersteller Microsoft und soweit auf die bei Geräten der Beklagten teilweise mitgelieferte Software T.M. abgehoben werde, benutze diese Software wiederum den lizenzierten Decoder von Microsoft Windows. Hinsichtlich T. bestünden keine direkten Geschäftsbeziehungen. In der Lieferkette trete die S. Co. Ltd. (fortan: S.) dazwischen. Auch THG, welche ohnehin eine implizite Lizenz am MPEG-Patentpool der Klägerin erworben habe, sei nicht in Deutschland beliefert worden, sondern lediglich free on board Hongkong, wo die Verfügungsgewalt über die Ware auf den Abnehmer übergegangen sei, womit eine Lieferung allein in China liege.

Sie ist der Auffassung, eine mittelbare Patentverletzung könne schon aus Rechtsgründen nicht vorliegen. Die angegriffenen Ausführungsformen seien keine Mittel im Sinne des § 10 PatG. Soweit USB-Sticks, -Cards und -Boxen angegriffen seien, handele es sich um reine Demodulatoren ohne eigene Decoderfunktion. Das Empfangen und Demodulieren des DVB-Signals werde vom Verfahrensanspruch des Klagepatents schon nicht erfasst. Hinsichtlich der mobilen TV-Geräte mit eigenem Decoder für das MPEG-2-Signal sei darauf hinzuweisen, dass das Decodieren im Stand der Technik grundsätzlich bekannt gewesen sei, dieses daher keinen wesentlichen Beitrag zum Erfindungsgedanken leiste und sich diese angegriffenen Ausführungsformen daher zumindest nicht auf ein wesentliches Element der Erfindung bezögen. Eine Benutzung der Erfindung nach dem Klagepatent durch die Abnehmer der Beklagten sei ausgeschlossen. Es handele sich dabei nämlich um Wiederverkäufer und keine Endabnehmer. Allenfalls letztere verwirklichten die decoderseitigen Schritte des geschützten, mehraktigen Verfahrens, wobei diese die Schritte nicht vollständig durchführten. Denn die die Codierung des zu übertragenden Signals betreffenden Verfahrensschritte durch die jeweiligen Rundfunksender seien dem Endabnehmer nicht zuzurechnen.

Mit dem angefochtenen Urteil, auf das wegen aller Einzelheiten Bezug genommen wird, hat das Landgericht nach Vernehmung der Zeugin H. die Klage abgewiesen. Die begehrte Feststellung der Schadensersatzpflicht sowie die Rechnungslegungspflicht der Beklagten setze voraus, dass wenigstens eine Lieferung an Nichtberechtigte im Inland zur Benutzung der Erfindung im Inland festgestellt werden könne. Eine Angebotshandlung nach § 10 PatG, welche Unterlassungsansprüche nach § 139 Abs. 1 PatG zeitige, genüge nicht. Die erforderliche Feststellung einer gegen § 10 PatG verstoßenden Lieferung der angegriffenen Ausführungsform an Nichtberechtigte im Inland zur Benutzung der Erfindung im Inland setze voraus, dass die angegriffenen Ausführungsformen einem anderen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland übergeben werde. Eine Übergabe des Mittels im Ausland verwirkliche den Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG nicht. Den sonach erforderlichen Beweis, dass die Beklagte Nichtberechtigten die angegriffenen Ausführungsformen im Inland geliefert habe, habe die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin nicht führen können. Konkret behauptet habe die Klägerin allein Lieferungen an die Abnehmer T. und THG. Einen Strengbeweis dahingehend, diesen Abnehmern sei bei entsprechenden Umsatzgeschäften durch die Beklagte erst im Inland die Verfügungsgewalt an den angegriffenen Ausführungsformen begründet worden, habe die Klägerin auch auf ausdrücklichen Hinweis der Kammer nicht angetreten. Diesbezüglich habe der Klägervertreter in der Sitzung vom 27.01.2012 auf Nachfrage des Berichterstatters ausdrücklich klargestellt, dass die benannte, zunächst vorbereitend geladene und unvernommen gebliebene Zeugin Sch. keine Aussage dazu treffen könne, ob dem Abnehmer THG erst in Deutschland Verfügungsgewalt an den angegriffenen Ausführungsformen begründet worden sei. Aus der Benennung der T. als Distributor könne der Schluss auf Direktlieferungen der Beklagten nach Deutschland nicht gezogen werden. Dagegen spreche die von der Beklagten aufgestellte, von der Zeugin bestätigte und nicht von vornherein unglaubhafte Behauptung, T. werde nicht direkt beliefert, vielmehr sei unmittelbarer Abnehmer S.. Die gegenbeweislich erhobene Zeugenaussage sei auch nicht unglaubhaft unter Berücksichtigung der von der Klägerin vorgetragenen Äußerungen einer anderen Mitarbeiterin der Beklagten anlässlich der Messe CeBIT 2011. Die dort getroffene Aussage, man habe in der Vergangenheit auch bereits nach Deutschland geliefert, sei unter Zugrundelegung eines offensichtlich nicht juristischen Sprachgebrauchs allenfalls dahin zu verstehen, dass deutsche Abnehmer zu den Kunden der Beklagten zählten. Der Aussage könne jedoch kein Aussagegehalt dahin beigemessen werden, deutschen Abnehmern, die zudem Nichtlizenznehmer seien, wären durch die Beklagte in der Vergangenheit Verfügungsgewalt an den angegriffenen Ausführungsformen (erst) im Inland begründet worden. Soweit in einer E-Mailkorrespondenz die Bereitschaft zur direkten Lieferung nach Deutschland (dort cif Hamburg) erklärt worden sein mag, könne daraus nicht hinreichend gefolgert werden, dass die Beklagte in der Vergangenheit tatsächlich an Nichtberechtigte direkt ins Ausland geliefert habe. Die vorgelegten Rechnungen und Frachtpapiere betreffend die Abnehmerin THG belegten keinen einzigen Fall einer Überlassung der Verfügungsgewalt erst im Inland und nicht schon in China. Vielmehr bestätige der auf Anlage K 23 ersichtliche Buchhaltungsvermerk des Abnehmers THG (...) die von der Zeugin getätigte Aussage, dass die Beklagte mit dem Weitertransport aus China nicht befasst gewesen sei.

Die Kosten des Rechtsstreits seien nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO i.V. mit §§ 91 Abs. 1 Satz 1, 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO gegeneinander aufzuheben. Hinsichtlich der in der Hauptsache rechtshängig gebliebenen Anträge sei die Klägerin zwar unterlegen. In Ansehung des übereinstimmend für erledigt erklärten Unterlassungsantrags entspreche es jedoch billigem Ermessen, der Beklagten die Kosten aufzuerlegen, womit einheitlich auf Kostenaufhebung zu erkennen sei. Bei summarischer Prüfung wäre der übereinstimmend für erledigt erklärte Unterlassungsantrag gemäß Art. 64 Abs. 1 EPÜ i.V. mit §§ 139 Abs. 1, 10 Abs. 1 PatG ursprünglich erfolgreich gewesen. Denn unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung zur mittelbaren Patentverletzung ergäben sich nach dem bisherigen Sach- und Streitstand gegen § 10 PatG verstoßende Angebotshandlungen der Beklagten. Die angegriffenen Ausführungsformen seien Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung bezögen. Die Parteien gingen übereinstimmend, ohne dass dies auf patentrechtlich verfehlten Anschauungen beruhe, davon aus, dass die Codierung und Decodierung umfassende Übertragung eines vom DVB-Signal umfassten standardgemäßen Audiosignals das patentgemäße Verfahren verwirkliche. Die angegriffenen Ausführungsformen, die die Decodierung des nach Merkmalen a, b, c, f, g, h codierten Tonsignals - teils nur im Zusammenwirken mit einem PC und weiterer Software - nach Merkmalen d und e ermöglichten, seien objektiv zur Verfahrensanwendung geeignete Mittel, denn die decoderseitige Verarbeitung werde vom Patentanspruch selbst als Teil des Übertragungsverfahrens in den Merkmalen d und e beschrieben. Ein funktionell relevanter Beitrag zum Ergebnis des geschützten Verfahrens könne den angegriffenen Ausführungsformen hiernach nicht abgesprochen werden. Unerheblich bleibe insoweit der Verweis der Beklagten darauf, die decoderseitigen Merkmale des geschützten Verfahrens bewegten sich im Stand der Technik. Die Beklagte habe die angegriffenen Ausführungsformen zumindest bei ihren Messeauftritten auch Nichtberechtigten im Inland zur Benutzung im Inland angeboten. Der Einwand, die auf der Messe angesprochenen Abnehmer der Beklagten selbst seien Wiederverkäufer und daher sei von diesen nicht die Verwirklichung von Teilakten des geschützten Verfahrens zu erwarten, sei unerheblich, da jedenfalls eine Verwirklichung durch den Endabnehmer erwartet werden könne. Der Einwand, selbst der Endabnehmer führe das gesamte geschützte Verfahren nicht aus, dringe ebenso nicht durch. Denn jedenfalls in der vorliegenden Konstellation könne das patentgeschützte Verfahren durch gegenseitig zuzurechnende Beiträge beim Sender wie beim Empfänger nebentäterschaftlich durchgeführt werden. Anbieten nach § 10 PatG sei - entgegen der Auffassung der Beklagten - nicht anders aufzufassen als bei § 9 PatG, insbesondere nicht mit den sog. subjektiven Tatbestandsmerkmalen bei § 10 PatG zu vermischen. Ausreichend sei hiernach, dass den Messebesuchern erkennbar gemacht worden sei, die angegriffenen Ausführungsformen zum Gebrauch in Deutschland überlassen zu wollen. Der interne Vorbehalt, vor Vertragsschluss, also nach dem patentrechtlichen Angebot die Berechtigung der Abnehmer noch prüfen zu wollen, sei indes irrelevant. Der Dritte müsse bei Angebotshandlungen nach § 10 PatG, soweit die sonstigen Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen, schon sicherstellen, dass das (patentrechtliche) Angebot lediglich an Berechtigte gerichtet sei. Die durch das mittelbar patentverletzende Angebot begründete Wiederholungsgefahr des Anbietens der angegriffenen Ausführungsformen rechtfertige den Unterlassungsanspruch auch in Ansehung des Lieferns. Die Klägerin sei auch aktivlegitimiert gewesen als ausschließliche Unterlizenznehmerin. Soweit die Beklagte dies überhaupt noch bestritten habe, wäre der Kammer aufgrund der vorgelegten Anlage K 11 (Agreement and Acknowledgement) eine entsprechende Überzeugungsbildung möglich gewesen.

Gegen dieses Urteil wenden sich die Berufung der Klägerin (Az. 6 U 34/12), mit der sie ihr erstinstanzliches Prozessziel weiterverfolgt, und die sofortige Beschwerde der Beklagten (Az. 6 W 30/12), mit welcher sie die Kostenentscheidung angreift, soweit zu ihrem Nachteil entschieden worden ist. Mit Beschluss vom 03.04.2012 (AS I 277) hat das Landgericht der sofortigen Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen. Mit Beschluss vom 25.04.2013 (AS II 127) hat der Senat das Berufungs- und das Beschwerdeverfahren zum Zwecke der gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung miteinander entsprechend § 147 ZPO verbunden (...). Die Beklagte beantragt unter Verteidigung des angefochtenen Urteils die Zurückweisung der Berufung und wendet sich gegen die Kostenentscheidung des Landgerichts (...).II.

Die zulässige Berufung der Klägerin hat in der Sache Erfolg.

A.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist die internationale Zuständigkeit entgegen der in der ersten Instanz geäußerten Auffassung der Beklagten (Schriftsatz vom 09.01.2012, S. 3, AS I 219) auch insoweit gegeben, als die Klägerin die Klage auf die Lieferung an THG stützt. Da die Beklagte ihren Sitz in China hat, kommt der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung nach Art. 5 Nr. 3 EuGVVO zur Begründung der internationalen Zuständigkeit nicht in Betracht, da dieser voraussetzt, dass die Beklagte ihren Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union hat, vgl. Art. 4 Abs. 1 EuGVVO. Allerdings begründet § 32 ZPO außerhalb des Anwendungsbereichs des Art. 5 Nr. 2 EuGVVO einen internationalen Gerichtsstand (vgl. Art. 4 EuGVVO, Geimer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., Art. 2 EuGVVO Rn. 4). Die deutsche internationale Zuständigkeit ist gegeben, wenn irgendein deutsches Gericht bei Anwendung der deutschen Gerichtstandsvorschriften zuständig ist (KG GRUR Int. 2002, 327, 328 - EURO-Paletten). Nach § 32 ZPO ist für Klagen aus unerlaubten Handlungen das Gericht zuständig, an dessen Bezirk die Handlung begangen worden ist. Bei Begehungsdelikten ist dies sowohl der Ort, an dem der Täter gehandelt hat (Handlungsort) als auch der Ort, an dem in das geschützte Rechtsgut eingegriffen wurde (Erfolgsort, BGHZ 124, 245 = NJW 1994, 1414; BGHZ 132, 111; Vollkommer in Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 32 ZPO Rn. 16). Dabei kommt es nicht darauf an, ob tatsächlich eine Verletzung des nationalen Rechts vorliegt. Es reicht für die Zuständigkeitsbeurteilung aus, dass eine Verletzung behauptet wird und diese nicht von vornherein ausgeschlossen werden kann (BGH, GRURInt. 2012, 570, Rn. 18 - OSCAR). Im Entscheidungsfall liegt nach dem Vortrag der Klägerin der Erfolgsort der der Beklagten vorgeworfenen Verletzungshandlung in Deutschland. Die Klägerin wirft der Beklagten nämlich in Bezug auf den Abnehmer THG - nur insoweit hat die Beklagte die Zuständigkeitsrüge erhoben - eine mittelbare Verletzung des Klagepatents vor, die dadurch begangen worden sei, dass die Beklagte die im Bundesgebiet ansässige THG mit patentverletzenden Ausführungsformen beliefert habe.

Im Übrigen ergibt sich die internationale Zuständigkeit in entsprechender Anwendung des § 39 ZPO jedenfalls daraus, dass die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat die Rüge mangelnder internationaler Zuständigkeit ausdrücklich nicht aufrechterhalten und die Sachentscheidung des Landgerichts gegen die Berufung verteidigt hat.

B.

Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die Klägerin aktivlegitimiert ist. Die ausschließliche Lizenz und die Abtretung der hier geltend gemachten Ansprüche ergibt sich zum einen aus dem als Anlage K 11 vorgelegten Agreement and Acknowledgment. Die Eigenschaft der Klägerin als ausschließliche Lizenznehmerin ist auch von der Beklagten zwischenzeitlich zugestanden (...).

C.

Mit Erfolg wendet sich die Berufung gegen die Abweisung des Feststellungsantrags und des auf Auskunft und Rechnungslegung gerichteten Klageantrags.

1. Die Berufung wendet sich zu Recht gegen die Anforderungen, die das Landgericht an die Begründetheit eines auf Feststellung der Schadensersatzverpflichtung wegen mittelbarer Patentverletzung gerichteten Antrags stellt. Für die Feststellung der Schadensersatzverpflichtung genügt es, wenn dargetan wird, dass mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein Schaden entstanden ist (BGH, GRUR 2001, 1177, 1178 - Feststellungsinteresse II; GRUR 2006, 839, 842 Rn. 29 - Deckenheizung). Nicht erforderlich ist, dass im Rahmen des Grundverfahrens mindestens eine unmittelbare Verletzungshandlung festgestellt wird, vielmehr reicht hier - anders als im Betragsverfahren - die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts aus, wenn die Voraussetzungen einer mittelbaren Patentverletzung im Übrigen vorliegen (BGH, GRUR 2006, 839, 842 Rn. 29 - Deckenheizung [Klarstellung zu BGH, GRUR 2005, 848, 854]; Scharen, GRUR 2008, 944, 947; vgl. Pitz in Fitzner/Lutz/Bodewig, Patentrechtskommentar, 4. Aufl. § 139 PatG Rn. 155, der allerdings für einen von der unmittelbaren Patentverletzung unabhängigen Schaden plädiert). Das Landgericht hat angenommen, dass hierfür nicht ausreiche, dass das Mittel lediglich angeboten wurde (LU S. 13). Dem liegt die an sich zutreffende Erwägung zugrunde, dass dem Rechtsinhaber durch das unberechtigte Anbieten als solches - soweit Rechtsverfolgungskosten nicht betroffen sind - typischerweise - und zwar sowohl bei der unmittelbaren als auch bei der mittelbaren Patentverletzung - noch kein Schaden entsteht (vgl. für das Gebrauchsmusterrecht: BGH, GRUR 2006, 927, 928 Rn. 19 -Kunststoffbügel). Dies gilt bei der mittelbaren Patentverletzung deshalb in besonderem Maße, weil - soweit nicht sonstige Schadenspositionen wie etwa Kosten der Rechtsverfolgung betroffen sind - der nach § 139 PatG i.V. mit Art. 64 Abs. 1 und 3 EPÜ zu ersetzende Schaden derjenige ist, der durch die unmittelbare Patentverletzung des Abnehmers des Mittels entsteht (BGH, GRUR 2007, 679, Rn. 44 -Haubenstretchautomat). Dies unterscheidet den Schadensersatzanspruch einer mittelbaren Patentverletzung von einer unmittelbaren Patentverletzung, bei der ein Schaden bereits dann eintritt, wenn es in Folge des Anbietens tatsächlich zu Geschäftsabschlüssen oder Lieferungen kommt, die den geschützten Gegenstand betreffen. Da der dem Rechteinhaber durch solche Lieferungen entstandene Schaden durch die patentverletzende Angebotshandlung adäquat und zurechenbar verursacht ist, wird er im Falle der unmittelbaren Verletzung von der Ersatzpflicht des anbietenden Verletzers erfasst (vgl. für das Gebrauchsmusterrecht: BGH, GRUR 2006, 927, 928 Rn. 19 - Kunststoffbügel). Anderenfalls würde die Schadensersatzpflicht für die Benutzungsform des Anbietens auch in der Praxis häufig leer laufen (BGH, GRUR 2006, 927, 928 Rn. 19 - Kunststoffbügel). Dieselben Grundsätze müssen im Falle der mittelbaren Patentverletzung gelten (vgl. BGH, GRUR 2006, 839, Rn. 29 -Deckenheizung). Der in § 10 PatG normierte Gefährdungstatbestand der mittelbaren Patentverletzung bezweckt, die unberechtigte Benutzung der geschützten Erfindung bereits im Vorfeld zu verhindern (BGH, GRUR 1992, 40 - beheizbarer Atemluftschlauch; GRUR 2004, 758, 760 - Flügelradzähler; GRUR 2006, 839, 841 - Deckenheizung; GRUR 2007, 773, 775 - Rohrschweißverfahren). Dies rechtfertigt es, es für die Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts Angebotshandlungen nach § 10 PatG genügen zu lassen. Denn die schadensbegründende unmittelbare Patentverletzung des Abnehmers ist adäquat und zurechenbar auf die Lieferung des Mittels im Sinne des § 10 PatG zurückzuführen, welche ihrerseits wiederum adäquat kausal auf die Angebotshandlung zurückzuführen ist. Es stellt somit eine nach der Fassung des gesetzlichen Tatbestands notwendig voraussehbare Folge der mittelbaren Patentverletzung dar, so dass der sich aus der unmittelbaren Verletzung ergebende Schaden adäquat-kausal auf die mittelbare Patentverletzung zurückgeführt werden kann (Meier-Beck, GRUR 1993, 1, 3).

2. Die begehrte Feststellung der Schadensersatzverpflichtung setzt demnach neben der Wahrscheinlichkeit eines Schadens lediglich eine tatbestandsmäßig vollendete Verletzungshandlung gemäß § 10 PatG i.V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ voraus (BGH, GRUR 2012, 1230, Rn. 36 - MPEG-2-Videosignalcodierung) voraus, wobei hierfür eine bloße Angebotshandlung genügt. Da der sich aus der unmittelbaren Verletzung ergebende Schaden eine nach der Fassung des gesetzlichen Tatbestands notwendig voraussehbare Folge der mittelbaren Patentverletzung ist, ist die Wahrscheinlichkeit eines Schadens im Falle der tatbestandsmäßig vollendeten Verletzungshandlung in der Regel zu bejahen.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass eine tatbestandsmäßig vollendete Verletzungshandlung vorliegt. Nach § 10 PatG ist es jedem Dritten verboten, ohne Zustimmung des Patentinhabers in der Bundesrepublik Deutschland anderen als zur Benutzung der patentierten Erfindung berechtigten Personen Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen, zur Benutzung der Erfindung im Geltungsbereich dieses Gesetzes anzubieten oder zu liefern, wenn der Dritte weiß oder wenn es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass diese Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der Erfindung verwendet zu werden. Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass es sich bei den angegriffenen Ausführungsformen um Mittel handelt, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen (a.). Auch hat es zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Ausführungsformen von der Beklagten auf der CeBIT im Sinne des § 10 PatG angeboten worden sind (b). Darüber hinaus ist - entgegen der Auffassung des Landgerichts- davon auszugehen, dass die Beklagte ein Teil der angegriffenen Ausführungsformen durch die Belieferung von THG im Inland in den Verkehr gebracht hat (c). Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass eine direkte Belieferung an T. durch die Beklagte nicht nachgewiesen wurde. Es hat allerdings zu Unrecht angenommen, dass insoweit eine Benutzungshandlung im Sinne des § 10 PatG nicht bejaht werden kann (d). Auch ist der subjektive Tatbestand des § 10 PatG verwirklicht (e). Auch handelte die Beklagte nicht mit Zustimmung der Klägerin (f). Es handelt sich bei den Endabnehmern auch um solche, die zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigt sind (f.).

a) Das Landgericht hat zu Recht angenommen, dass die angegriffenen Ausführungsformen Mittel sind, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen und dabei nicht nach der Ausgestaltungsart der angegriffenen Ausführungsform differenziert (LU S. 17).

(1) Die von der Beklagten vertriebenen mobilen TV-Geräte stellen Mittel im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG dar, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen. Die Erfindung gemäß dem Klagepatent bezieht sich auf ein Verfahren zum Übertragen digitalisierter, blockcodierter Tonsignale unter Verwendung von Skalenfaktoren. Die Verwendung solcher Skalenfaktoren dient im Stand der Technik dazu, die zu übertragende Datenmenge digitalisierter Daten zu reduzieren. Aus der Europäischen Patentschrift A 64 119 war bei der Blockcodierung von schmalbandigen Sprachsignalen bekannt, zur Reduktion der Anzahl der pro Block bzw. Teilband zu übertragenden Skalenfaktoren zunächst die Differenz von aufeinanderfolgenden Skalenfaktoren eines Blockes bzw. Teilbandes zu bilden. Bei Unter - bzw. Überschreitung eines vorbestimmten Differenz-Wertebereichs werden danach alle betrachteten Skalenfaktoren übertragen, im anderen Falle nur der größte der betrachteten Skalenfaktoren. Um decoderseitig erkennen zu können, für wie viele Skalenfaktoren ein übertragener Skalenfaktor Gültigkeit hat, wird zusätzlich zu den Skalenfaktoren eine Kenninformation mit übertragen. Die Klagepatentschrift schildert, dass nach der im Stand der Technik bekannten Kompression der Skalenfaktoren lediglich redundante Information reduziert wird, nicht dagegen irrelevante Information aufgrund psychoakustischer Gesichtspunkte, welche die Vor- und Nachverdeckungseffekte des menschlichen Gehörs berücksichtigen. Die Aufgabe der Erfindung nach dem Klagepatent besteht demgegenüber darin, für die Skalenfaktoren eine Informationsreduktion vorzunehmen, bei der neben redundanter Information auch irrelevante Information reduziert wird.

Dies wird nach Patentanspruch 1 durch ein Verfahren erreicht, dessen Merkmale sich wie folgt gliedern lassen:

0 Verfahren zum Übertragen digitalisierter, blockcodierter Tonsignale unter Verwendung von Skalenfaktoren, die bei der Blockcodierung der digitalisierten Tonsignale aus dem Betrag des Spitzenwertes einer Sequenz (Block) von Signalwerten gebildet und in quantisierter Form den abgetasteten Signalwerten der betreffenden Sequenz hinzugeführt werden,

bei dem coderseitig

a) aus einer Anzahl von k zeitlich aufeinanderfolgenden Skalenfaktoren (scf11, scf12 bis scf1k; ...scfn1, scfn2, ...scfnk) jeweils eines Frequenz-Teilbandes des in n Teilbändern unterteilten Tonsignals (mit n 1) die Differenzen

d12-11 = scf12 - scf11 bis d1k - 1 (k- 1) = scf1k - scf1 (k- 1); .. dn2 - n1 = scfn2 - scfn1 bis dnk - n(k - 1) = sfnnk - scfnk (k - 1)

nach Vorzeichen und Betrag gebildet werden;

b) die gemäß Schritt a) gebildeten (k - 1) * n Differenzen in zumindest zwei Werteklassen eingestuft werden, von denen jede Werteklasse eine Menge von einer oder mehreren möglichen Differenzen umfasst,

c) aufgrund der gemäß Schritt b) gebildeten Folge von (k - 1) * n Werteklassen - getrennt für jedes der n Teilbänder - Skalenfaktoren selektiert und mit einer Kenninformation versehen werden, wobei die Anzahl von aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen selektierten Skalenfaktoren innerhalb der Folge kleiner oder gleich der Anzahl der aufeinanderfolgenden, unterschiedlichen Skalenfaktoren des betrachteten Teilbandes ist, und wobei die Kenninformation die Zuordnung der selektierten Skalenfaktoren zu jeweils einem oder mehreren der K-Blöcke der abgetasteten Signalwerte des betreffenden Teilbandes identifiziert,

und bei dem decoderseitig

d) anhand der Kenninformation den Blöcken der abgetasteten Signalwerte die zugehörigen selektierten Skalenfaktoren zugeordnet werden, und

e) aus den abgetasteten Signalwerten sowie den zugeordneten selektierten Skalenfaktoren wieder Tonsignale erzeugt werden, die mehr oder weniger den ursprünglichen Tonsignalen entsprechen,

dadurch gekennzeichnet, dass

f.o) bei der Blockcodierung innerhalb von irrelevanz- und redundanzmindernden Tondaten-Reduktionsverfahren folgende Verfahrensschritte vorgesehen werden:

f) die gemäß Schritt a) gebildeten (k - 1) n Differenzen werden in mehr als zwei Werteklassen eingestuft;

g) bei der Selektion der Skalenfaktoren gemäß Schritt c) wird getrennt für jedes der n Teilbänder ein Übertragungsmuster neuer Skalenfaktoren nach psychoakustischen Gesichtspunkten bezogen auf die Vor- und Nachverdeckungseffekte des menschlichen Gehörs bestimmt, wobei zwischen psychoakustisch relevanten Änderungen der Skalenfaktoren unterschieden wird, und

h) als Kenninformation eine Steuerinformation verwendet wird, welche angibt, an welchen Stellen k sich die neuen Skalenfaktoren befinden.

Die Parteien gehen übereinstimmend davon aus, dass bei der Übertragung eines vom DVB-Signal umfassten standardgemäßen Audiosignals auf einen Decoder sämtliche Merkmale des Klagepatents verwirklicht werden. Diese Auffassung beruht nicht auf unrichtigen patentrechtlichen Anschauungen.

Da der Patentanspruch maßgeblich dafür ist, welcher Gegenstand durch das Patent geschützt ist, sind regelmäßig alle im Patentanspruch benannten Merkmale wesentliche Elemente der Erfindung im Sinne des § 10 Abs. 1 PatG (BGHZ 159, 76 - Flügelradzähler; BGHZ 171, 167 = GRUR 2007, 769 Rn. 18 - Pipettensystem; GRUR 2007, 773 Rn. 14 - Rohrschweißverfahren), soweit sie nicht ausnahmsweise zum Leistungsergebnis nichts beitragen (BGH, BGHZ 171, 167 = GRUR 2007, 769 Rn. 18 - Pipettensystem, GRUR 2007, 773 Rn. 14 - Rohrschweißverfahren). Leistet ein Mittel einen solchen Beitrag, kommt es entgegen der Auffassung der Beklagten nicht darauf an, ob das fragliche Mittel im Oberbegriff oder im kennzeichnenden Teil des Patentanspruchs erwähnt wird (BGH, GRUR 2004, 758 Rn. 44; BGHZ 171, 167 = GRUR 2007, 769 Rn. 18 - Pipettensystem). Daher bezieht sich bei einem Verfahrensanspruch eine im Patentanspruch genannte Vorrichtung, die zur Ausführung des Verfahrens verwendet wird, regelmäßig auf ein wesentliches Element der Erfindung (BGH, GRUR 2007, 773 Rn. 14 - Rohrschweißverfahren). Da die USB-TV-Geräte der Beklagten auch als Decoder fungieren, also selbst einen softwarebasierten Decoder besitzen, der in der Lage ist, MPEG-2 codierte Signale gemäß den Merkmalen d) und e) zu decodieren, handelt es sich dabei um Mittel, die sich auf ein wesentliches Element der Erfindung beziehen. Der Decodiervorgang ist notwendiger Teil des patentgemäßen Übertragungsverfahrens blockcodierter Tonsignale, da ohne die Decodierung die Merkmale d) und e) des patentgemäßen Verfahrens nicht verwirklicht werden können, da keine Zuordnung der Skalenfaktoren erfolgt (Merkmal d) und keine Tonsignale erzeugt bzw. gehört werden können (Merkmal e).

Zwar muss das Mittel so ausgebildet sein, dass eine unmittelbare Benutzung der geschützten Lehre mit allen ihren Merkmalen durch die Abnehmer möglich ist (BGHZ 115, 205, 208 - beheizbarer Atemluftschlauch; BGH, GRUR 2007, 773, Rn. 18 - Rohrschweißverfahren). Daran fehlt es jedoch nicht schon dann, wenn bei einem mehrstufigen Verfahren, wie es Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Klagepatents ist, ein Teil der patentgemäßen Verfahrensschritte nicht von Abnehmern des Anbietenden oder Lieferanten ausgeführt werden. Es genügt, wenn der Abnehmer bei der Verwendung des Mittels auf die von dritter Seite bereits zuvor realisierten übrigen Merkmale des Verfahrensanspruchs zurückgreift (BGH, GRUR 2007, 773, Rn. 19 - Rohrschweißverfahren; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rn. 249). Hier führen die Endabnehmer mittels der in den mobilen TV-Geräten der Beklagten enthaltenen Decoder zwar nur den Decodiervorgang durch. Auf den Codiervorgang haben sie selbst keinen Einfluss, da dieser von den Sende- bzw. Fernsehanstalten durchgeführt wird. Die Codierung der Daten ist jedoch eine notwendige Voraussetzung für das Decodieren. Das erfindungsgemäße Verfahren funktioniert nur, wenn Coder und Decoder erfindungsfunktional zusammenwirken. Jedenfalls in einem solchen Fall kann eine unmittelbare Patentverletzung nicht nur in Alleintäterschaft unter Verwirklichung aller Verfahrensschritte begangen werden, sondern auch in Mit- und Nebentäterschaft (vgl. BGH, GRUR 2007, 773, Rn. 19 - Rohrschweißverfahren). Es kommt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht darauf an, ob ein gemeinsamer Tatwille vorliegt. Die Täterschaft setzt bei einem Fahrlässigkeitsdelikt - wie es hier vorliegt - keine Tatherrschaft voraus (vgl. BGH GRUR Int. 2010, 336 Rn. 34). Soweit die Beklagte geltend macht, dass dem Endabnehmer Täterwille fehle, da er sich über die Codierung und Decodierung der Fernsehsignale keine Gedanken mache, verkennt sie, dass im Rahmen des § 10 PatG ein Verschulden des Endabnehmers nicht verlangt wird. Da der in § 10 PatG normierte Gefährdungstatbestand bezweckt, die unberechtigte Benutzung der Erfindung bereits im Vorfeld zu verhindern (BGH, GRUR 1992, 40 - beheizbarer Atemluftschlauch; GRUR 2004, 758, 760 - Flügelradzähler; GRUR 2006, 839, 841 - Deckenheizung; GRUR 2007, 773, 775 - Rohrschweißverfahren) kommt es auch nicht darauf an, ob sich die Endabnehmer das Verhalten der Sendeanstalten zurechnen lassen müssen. Es muss insoweit genügen, dass sich die Sendeanstalten das Verhalten des Abnehmers zurechnen lassen müssen, weil dieser als Werkzeug des Sendeunternehmens tätig wird (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rn. 237). Dass sich die Sendeanstalten das Verhalten der Fernsehzuschauer zurechnen lassen müssen, stellt auch die Beklagte nicht in Frage.

(2) Zu Recht ist das Landgericht auch davon ausgegangen, dass es sich bei den sog. Demodulatoren, also den USB-TV-Sticks, TV-Karten und USB-TV-Boxen, zu deren Lieferumfang eine Software mit Decoderfunktion gehört, um Mittel im Sinne des § 10 PatG handelt. Denn bei diesen wird der erfindungswesentliche Decodiervorgang durch die mitgelieferte Software vorgenommen.

(3) Ohne Erfolg wendet sich die Beklagte gegen die Annahme des Landgerichts, dass auch die sog. Demodulatoren, also die USB-TV-Sticks, TV-Karten und USB-TV-Boxen, mit denen keine Software mit Decodierfunktion geliefert wird, Mittel im Sinne des § 10 PatG sind. Zwar empfangen diese angegriffenen Ausführungsformen lediglich das analoge Trägersignal, demodulieren es und stellen es dem MP2-Transportstrom zur Verfügung, der an den Computer geliefert wird. Erst dort wird er entsprechend dem Klagepatent decodiert (...). Die Funktion der Demodulatoren beschränkt sich damit darauf, das decoderseitig benötigte Signal zu extrahieren. Sie liefern jedoch einen wesentlichen - und nicht lediglich untergeordneten - Beitrag zu dem Decodiervorgang, da ohne die Demodulation eine Decodierung nicht erfolgen kann und wirken damit wie ein Rädchen im Getriebe, um die geschützte Erfindung vollständig ins Werk zu setzen (vgl. BGH, GRUR 2012, 1230, Rn. 34). Dies unterscheidet den Streitfall von dem Sachverhalt, über den der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung MPEG-Videosignalcodierung zu entscheiden hatte. Dort wurden die codierten Daten auf einer handelsüblichen DVD zur Verfügung gestellt. Dieser Datenträger leistete aber zu dem von den dort streitgegenständlichen Patentansprüchen geschützten Decodierungsvorgang und seinem Ergebnis keinen relevanten Beitrag (BGH a.a.O. Rn. 34). Die codierten Daten hätten ebenso gut auf einem anderen Datenträger, über ein Kabel oder in sonstiger Weise zur Verfügung gestellt werden können; umgekehrt können auf einer DVD ebenso gut beliebige andere, nicht patentgemäß codierte Daten gespeichert werden. Insofern trägt die DVD tatsächlich zum Leistungsergebnis der dort gegenständlichen Verfahrensansprüche nichts bei. Hier dagegen wird das zu decodierende Datensignal durch die angegriffenen Geräte überhaupt erst aus dem empfangenen Rundfunksignal gewonnen, was eine technische Ausrichtung auf das codierte Datensignal erfordert. Sie sind ferner technisch dazu bestimmt, dieses Datensignal an den PC und die auf ihm laufende Software zum Zwecke einer patentgemäßen Decodierung zu übergeben. Damit schaffen die DVB-Geräte gerade die patentrechtliche Gefährdungslage, die für § 10 Abs. 1 PatG charakteristisch ist.

b) Zu Recht hat das Landgericht auch angenommen, die Beklagte habe die angegriffenen Ausführungsformen anlässlich der Messe CeBIT 2010 und CeBIT 2011 im Sinne des § 10 PatG angeboten.

(1) Zutreffend stellt das Landgericht für die Auslegung des Begriffs anbieten auf den Bedeutungsgehalt des Anbietens im Sinne des § 9 PatG ab. Danach ist der Begriff des Anbietens ganz in wirtschaftlichem Sinne zu verstehen und umfasst nicht nur ein Angebot im Sinne des § 145 BGB (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte). Umfasst sind vielmehr auch vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über einen unter dem Schutz des Patents stehenden Gegenstand ermöglichen oder befördern sollen (vgl. BGH, GRUR 2003, 1031, 1032; Senat, BeckRS 2004, 18604 Rn. 9). Dies folgt aus dem Zweck des § 9 PatG, dem Patentinhaber einerseits - sieht man von den im Gesetz geregelten Ausnahmefällen ab - alle wirtschaftlichen Vorteile zu sichern, die sich aus der Benutzung der patentierten Erfindung ergeben können, und ihm andererseits einen effektiven Rechtsschutz zu gewähren (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte; Senat, BeckRS 2004, 18604 Rn. 9; vgl. für das Gebrauchsmusterrecht: BGH, GRUR 2006, 927, 928 Rn. 14).

Von diesem Bedeutungsgehalt des Anbietens ist auch hier auszugehen. Dass im vorliegenden Fall nicht wie in den zitierten Entscheidungen des Bundesgerichtshofs eine unmittelbare Patentverletzung, sondern eine mittelbare Schutzrechtsverletzung in Rede steht, ändert nichts. Der Begriff des Anbietens in § 10 Abs. 1 PatG ist wie in § 9 PatG zu verstehen (Senat, BeckRS 2004, 18604 Rn. 10; Scharen in Benkard, PatG, 10. Aufl., § 10 Rn. 12). Zutreffend sieht das Landgericht in den Messeauftritten der Beklagten vorbereitende Handlungen, die das Zustandekommen eines späteren Geschäfts über die mobilen TV-Geräte der Beklagten ermöglichen oder befördern sollen. Nach den Feststellungen im landgerichtlichen Urteil, gegen welche sich die Beklagte nicht wendet, nahm die Beklagte mit ihren Produkten sowohl an der Messe CeBIT 2010 als auch an der Messe CeBIT 2011 teil. Sie stellte im Jahr 2011 ihre Produkte am Stand der A.Ltd. aus. Mitarbeiter der Beklagten übergaben einem Mitarbeiter der Klägerin dort eine Broschüre, in welcher auch das mobile TV-Gerät der Beklagten P. abgebildet war. Die Beklagte verteilte auf der CeBIT 2010 den als Anlage K 7 vorgelegten Prospekt, in welchem u.a die DVB-USB-Sticks mit den Modellbezeichnungen T..., T... und T... abgebildet waren. Bereits das Verteilen eines Werbeprospekts ist dazu bestimmt und geeignet, Interesse an dem beworbenen Gegenstand zu wecken und diesen betreffende Geschäftsabschlüsse zu ermöglichen (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte).

Außerdem hat die Beklagte ihre englischsprachige Homepage, auf der sie die angegriffenen Ausführungsformen anbietet, im Rahmen ihres Ausstellerprofils www.cebit.de genannt und die Messebesucher damit eingeladen, sich über das Produktangebot der Beklagten zu informieren. Auch dies stellt ein Angebot in dem o.g. Sinne dar.

Es bedarf deshalb keiner Entscheidung der Frage, ob mit dem 1. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs davon auszugehen ist, dass der bloße Messeauftritt keine Werbemaßnahme darstellt, bei der zum Erwerb der beworbenen Produkte aufgefordert wird (BGH, GRUR 2010, 1103, 1104 Rn. 22 -Pralinenform II). Ob die Beklagte zu einer Lieferung tatsächlich bereit war, insbesondere ob sie eine Belieferung von einer dem Abnehmer von der Klägerin eingeräumten Lizenz abhängig gemacht hat, kann dahingestellt bleiben. Denn das tatsächliche Bestehen einer Herstellungs- und/oder Lieferbereitschaft kann weder für den Tatbestand des Anbietens im Sinne des § 9 PatG noch des § 10 PatG verlangt werden (für § 9 PatG: BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte; Senat, BeckRS 2009, 09227 Rn.99). Die Handlungsform Anbieten stellt keine Vorbereitungshandlung für eine Patentverletzung, sondern eine eigenständige Benutzungshandlung dar (BGH, GRUR 2003, 1031, 1032 - Kupplung für optische Geräte). Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, die Aussagen auf der Messe CeBIT 2011 seien kurz vor Ablauf des Patentschutzes getätigt worden. Auch ein Angebot, das sich allein auf den Abschluss von Geschäften oder Lieferungen nach Ablauf der Schutzdauer bezieht, stellt eine Patentverletzung dar (BGH, GRUR 2007, 221, 222 - Simvastatin).

(2) Es liegt auch ein Angebot zur Benutzung der Erfindung vor. Zu Recht hat das Landgericht den Einwand der Beklagten, die auf der Messe angesprochenen Abnehmer seien selbst Wiederverkäufer und von diesen sei nicht einmal die Verwirklichung von Teilakten des geschützten Verfahrens zu erwarten, als unerheblich angesehen (LU S. 18). Es reicht aus, dass der Angebotsempfänger das Mittel bestimmungsgemäß an Endabnehmer weiterliefert, die die Erfindung dann benutzen (Scharen in Benkard, § 10 PatG Rn. 12; Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, 6. Aufl., Rn. 240; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.05.2011 - I-2 U 9/10, 2 U 9/10 Rn. 74 a. E. - zitiert nach juris). Wegen § 10 Abs. 3 PatG ist unerheblich, dass die Abnehmer nicht gewerblich tätig sind.

c) Entgegen der Auffassung des Landgerichts liegt auch ein Inverkehrbringen hinsichtlich der an THG gelieferten angegriffenen Ausführungsformen vor. Unstreitig wurden an THG die Videoboxen T..., E... bzw. E... geliefert (...). Dabei handelt es sich unstreitig um solche Demodulatoren, bei denen die Software nicht mitgeliefert wird. Das Landgericht hat angenommen, dass die Lieferung an THG keine Lieferung an Nichtberechtigte im Inland sei, weil hierzu erforderlich sei, dass die Verfügungsgewalt des Abnehmers erst im Inland begründet werde. Dem genüge es nicht, dass die Beklagte die Geräte FOB (free on board) nach Hongkong gesendet habe. Dagegen wendet sich die Berufung der Klägerin mit Erfolg. Denn entgegen der Auffassung des Landgerichts kommt es nicht darauf an, bis zu welchem Zeitpunkt die Beklagte nach den getroffenen vertraglichen Vereinbarungen der an der Versendung der in Deutschland ausgelieferten Ware beteiligten Unternehmen im Eigentum oder Besitz der Ware gewesen ist. Als Verletzer verantwortlich ist nämlich nicht nur derjenige, der die geschützte Erfindung selbst rechtswidrig benutzt, sondern auch derjenige, der sich an der patentverletzenden Handlung beteiligt bzw. an dieser mitgewirkt hat, sei es als Nebentäter, Mittäter, Anstifter oder Gehilfe. In grenzüberschreitenden Fällen ist daher auch ein im Ausland ansässiger Lieferant für die Verletzung des inländischen Patentrechts mitverantwortlich, wenn er die patentverletzenden Vorrichtungen in Kenntnis des Klagepatents und in Kenntnis des Bestimmungslandes liefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mit verursacht (BGH, GRUR 2002, 509 - Funkuhr). Für die patentrechtliche Beurteilung kommt es dabei nicht darauf an, ob und bis zu welchem Zeitpunkt der ausländische Lieferant nach den vertraglichen Vereinbarungen der an der Versendung und dem Import der in Deutschland ausgelieferten Ware beteiligten Unternehmen im Eigentum oder Besitz der Ware gewesen ist (BGH, GRUR 2002, 509 -Funkuhr; OLG Düsseldorf, Urt. v. 05.05.2011 - I -2 U 9/10, 2 U 9, 10 Rn. 73). Da jeder Beteiligte bereits für eine fahrlässige Verletzung des Klagepatents einzustehen hat, ist in derartigen Fällen auch unerheblich, ob der im Ausland ansässige Lieferant vorsätzlich mit einem inländischen Haupttäter, Mittäter oder Gehilfen zusammengewirkt hat (BGH, GRUR 2002, 509 - Funkuhr; OLG Düsseldorf aaO.). Den ausländischen Hersteller oder Händler patentverletzender Vorrichtungen trifft daher eine Mitverantwortung schon dann, wenn er seine Erzeugnisse an einen inländischen Abnehmer liefert, von dem er weiß, dass dieser die Ware bestimmungsgemäß im Bundesgebiet weitervertreibt (LG Düsseldorf, InstGE 1, 154, 155 - Rohrverzweigung; InstGE 3, 174, 175 - Herzkranzgefäß-Dilationskatheter; OLG Düsseldorf aaO.; Scharen in Benkard, PatG, 10. Aufl. § 9 PatG Rn. 11). Zwar ist hier zu beachten, dass der Tatbestand des § 10 PatG einen doppelten Inlandsbezug aufweist (vgl. OLG Düsseldorf aaO Rn. 74). Sowohl das Anbieten und Liefern des Mittels durch den Dritten (den mittelbaren Verletzer) als auch die vom Angebotsempfänger bzw. Belieferten vorgesehene Benutzung müssen im Inland erfolgen (vgl. Scharen in Benkard, PatG, 10. Aufl., § 10 Rn. 14; OLG Düsseldorf aaO Rn. 74). Dafür reicht es jedoch anerkanntermaßen aus, dass der wegen mittelbarer Verletzung des Schutzrechts in Anspruch Genommene vom Ausland aus ins Inland einem Dritten zur Benutzung im Inland anbietet und/oder vom Ausland aus an den Dritten zur Benutzung im Inland liefert (vgl. LG Mannheim, InstGE 5, 179 - Luftdruckkontrollvorrichtung; OLG Düsseldorf aaO.; Keukenschrijver in Busse, PatG, 7. Aufl., § 10 Rn. 12; Scharen in Benkard, PatG, § 10 Rn. 14). Die Beklagte hat den Vortrag der Klägerin, wonach diese gewusst habe, dass die angegriffenen Ausführungsformen an THG in Deutschland verschifft werden sollten, nicht bestritten, sondern diesen Vortrag für unerheblich gehalten (...). Dementsprechend ist davon auszugehen, dass die Beklagte wusste, dass die von THG bestellte Ware von Hongkong nach Deutschland geliefert werden sollte und dort von THG weiterveräußert werden sollte.

d) Zu Recht hat das Landgericht angenommen, dass die Klägerin nicht nachgewiesen hat, dass die Beklagte T. direkt beliefert hat. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf die Ausführungen im landgerichtlichen Urteil (LU S. 14 ff.) Bezug genommen. Der danach der rechtlichen Beurteilung zugrunde zu legende Vortrag der Beklagten, sie habe S. in China beliefert und diese habe wiederum T. beliefert, reicht jedoch entgegen der Auffassung des Landgerichts für den im Rahmen des § 10 PatG geforderten doppelten Inlandsbezug aus. Denn - wie ausgeführt - war es nicht erforderlich, dass die Beklagte ihre Verfügungsgewalt im Bundesgebiet verlor. Entscheidend ist lediglich, ob der im Ausland ansässige Lieferant die angegriffenen Ausführungsformen in Kenntnis des Bestimmungslandes geliefert und damit den inländischen Vertrieb bewusst und willentlich mit verursacht hat. Die Beklagte räumt selbst ein, dass ihr bewusst war, dass S. möglicherweise auch Produkte nach Deutschland exportiert (...). Dass die Beklagte die Belieferung von T. nicht nur gebilligt sondern deren Absatzbemühungen in Deutschland auch aktiv unterstützt hat, ergibt sich bereits daraus, dass die Beklagte T. auf ihrer Website als Distributor für den europäischen Markt bezeichnet hat (vgl. Anlage K 13). Dass letztlich S. und nicht die Beklagte die Lieferung nach Deutschland vorgenommen hat, lässt die Verantwortlichkeit der Beklagten nicht entfallen.

e) Der Tatbestand des § 10 Abs. 1 PatG setzt in subjektiver Hinsicht voraus, dass der Dritte (also der Anbieter oder Lieferant) weiß oder es aufgrund der Umstände offensichtlich ist, dass die angebotenen oder gelieferten Mittel dazu geeignet und bestimmt sind, für die Benutzung der geschützten Erfindung verwendet zu werden. Damit sind zwei Alternativen eröffnet, das nach dem gesetzlichen Tatbestand erforderliche subjektive Element festzustellen. Entweder ist dem Dritten bekannt, dass der Abnehmer die Mittel zur patentgemäßen Benutzung bestimmt hat, oder aus der Sicht des Dritten ist bei objektiver Betrachtung nach den Umständen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten (ist offensichtlich), dass der Abnehmer die angebotenen oder gelieferten Mittel zur patentverletzenden Verwendung bestimmen wird (BGHZ 168, 124 = GRUR 2006, 839 - Deckenheizung). Kenntnis und Offensichtlichkeit sind damit zwei Wege, einen Tatbestand festzustellen, der es - bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen der mittelbaren Patentverletzung - rechtfertigt, dem Dritten die in dem Angebot oder der Lieferung liegende objektive Gefährdung des Ausschließlichkeitsrechts des Patentinhabers auch subjektiv als Verletzungshandlung zuzurechnen. Da sich die Verbotsnorm des § 10 PatG nicht an den Angebots- oder Lieferungsempfänger, sondern an den Dritten richtet, müssen die objektiven und subjektiven Voraussetzungen der Norm im Zeitpunkt des Angebots oder der Lieferung vorliegen. Für die Offensichtlichkeit ist daher maßgeblich, ob zu diesem Zeitpunkt nach den gesamten Umständen des Falles die drohende Verletzung des Ausschließlichkeitsrechts aus der objektivierten Sicht des Dritten so deutlich erkennbar ist, dass ein Angebot oder eine Lieferung unter diesen objektiven Umständen der wissentlichen Patentgefährdung gleichzustellen ist (BGH, GRUR 2007, 679, 684 Rn. 36 - Haubenstretchautomat). Aufgrund der Ausgestaltung des internationalen ISO/IESC-Standards 11172-3 hinsichtlich der Audiodaten war offensichtlich, dass Coder und Decoder bei der Übertragung von Audiodaten das patentgemäße Verfahren benutzen. Im Übrigen hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zu Recht darauf hingewiesen, dass sich die Kenntnis der Beklagten bereits daraus ergibt, dass sie geltend macht, die Verkäufe seien nur an Wiederverkäufer erfolgt, die entweder von der Klägerin selbst lizenziert gewesen seien oder die ihrerseits Produkte an Kunden weiter verkauften, die aufgrund des von der Klägerin lizenzierten Windows-Media-Players berechtigt gewesen seien (...). Denn ohne Kenntnis von der Gefahr der unmittelbaren Patentverletzung durch die Abnehmer hätte es solcher Vorsichtsmaßnahmen nicht bedurft.

f) Die beanstandete Benutzungshandlung erfolgte auch nicht mit Zustimmung der Klägerin.

(1) Die Beklagte macht hinsichtlich der Demodulatoren, welche mit einer Software mit Decoderfunktion vertrieben werden, geltend, die mitgelieferte Software T.M. benutze den Decoder von Microsoft. Bei Microsoft handelt es sich unstreitig um eine Lizenznehmerin der Klägerin. Da die Klägerin diesen Vortrag mit Nichtwissen bestritten hat, oblag es der Beklagten, den Beweis hierfür zu erbringen. Denn die Beklagte beruft sich insoweit auf einen Sachverhalt, der einen üblicherweise verbotenen Eingriff in das Klagepatent zu einem erlaubten Verhalten macht. Sie macht damit eine Einwendung geltend (BGH, GRUR 1976, 579, 581 - Tylosin). Insoweit haben die Beklagten keinen Beweis angeboten.

(2) Ohne Erfolg macht die Beklagte hinsichtlich aller Ausführungsformen geltend, sie liefere nur an Wiederverkäufer, die von der Klägerin lizenziert seien. Da sich die Beklagte durch ihre Messeauftritte an eine unbestimmte Vielzahl von Abnehmern richtete, kann nämlich nicht davon ausgegangen werden, dass das Angebot sich insoweit lediglich an Lizenznehmer der Klägerin richtete. Unstreitig handelt es sich bei T. nicht um einen Lizenznehmer der Klägerin. Ob THG Lizenznehmerin der Klägerin ist, ist zwischen den Parteien streitig. Die Beklagte hat zum Beweis der Lizenznehmereigenschaft von THG Zeugenbeweis angeboten. Der Erhebung dieses Beweises bedarf es jedoch im Hinblick darauf, dass die Belieferung an einen Nichtlizenznehmer - nämlich T. - feststeht, nicht.

g) Der Tatbestand der mittelbaren Patentverletzung setzt darüber hinaus voraus, dass die Abnehmer bzw. hier die Endabnehmer zur Benutzung der Erfindung nicht berechtigt sind. Davon kann hier ausgegangen werden.

(1) Die Gefahr einer Benutzung durch Nichtberechtigte hinsichtlich der angegriffenen Demodulatoren, welche ohne Software mit Decoderfunktion angeboten werden, ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil die Beklagte in ihren System-Requirements darauf hinweist, dass das Microsoft-Betriebssystem und weitere Microsoft-Komponenten, insbesondere der Microsoft Media Player als Decoder verwendet werden müssen. Allerdings ist die Berücksichtigung dieses Vortrags entgegen der Auffassung der Klägerin nicht deshalb ausgeschlossen, weil er neu ist. Denn bereits in der ersten Instanz hat die Beklagte vorgetragen, dass die Beklagte in ihren Produktbeschreibungen auf ihrer Internetseite und auf den Produkten selbst auf so genannte System-Requirements verweise, wonach ein Windows-Betriebssystem und weitere Microsoft Windows Komponenten erforderlich seien. Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich dieser Vortrag nicht darauf reduzieren, dass der Decoder von Microsoft Windows im Zusammenwirken mit einer nicht lizenzierten Drittsoftware genutzt werde. Zu Recht hat das Landgericht den Vortrag in einem darüber hinaus gehenden Sinn verstanden. Denn die in dem genannten Schriftsatz in Bezug genommene Anlage K 26 führt unter System requirements den Microsoft Media Player auf. Außerdem hat die Beklagte in der ersten Instanz vorgetragen, dass zum Ansehen der DVB-Signale eine Software im PC benötigt wird, bevorzugt der auf beinahe jedem PC vorhandene Windows Media Player. Auch Microsoft, der Hersteller des Windows Media Players, besitzt freilich Lizenzen für die Patente, die von seiner Software decodierte Verfahren betreffen. Die Klägerin ist diesem Vorbringen in erster Instanz nicht entgegengetreten.

Allerdings bestehen auch keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die Abnehmer an die Vorgaben der Beklagten nicht halten, so dass davon auszugehen ist, dass sie den Microsoft Media Player auch einsetzen. Da sie daneben aber auch den Demodulator der Beklagten verwenden, erfolgt die Ausübung der Verfahrensschritte des Decodierens ohne Zustimmung der Klägerin. Denn bei diesem Sachverhalt ist weder Erschöpfung eingetreten, noch kann von einer konkludenten Zustimmung der Klägerin zur Ausübung des patentgemäßen Verfahrens ausgegangen werden. Eine Erschöpfung eines Verfahrenspatents tritt nämlich dann nicht ein, wenn - wie hier - lediglich eine Vorrichtung veräußert worden ist, mit deren Hilfe das Verfahren ausgeübt werden kann (BGH, GRUR 1980, 38 - Fullplastverfahren; Kühnen aaO Rn. 1550). Die insoweit darlegungs- und beweisbelastete Beklagte hat auch keine Anhaltspunkte dafür vorgetragen, die für eine stillschweigende Zustimmung der Klägerin zur Anwendung des Verfahrens sprechen. Ob eine solche stillschweigende Zustimmung angenommen werden kann, hängt von den Umständen des Einzelfalls und insbesondere von den schuldrechtlichen Vereinbarungen der Parteien ab (BGH, GRUR 1998, 130, 132 - Handhabungsgerät). Fehlen anderslautende Abreden, ist zwar im Zweifel davon auszugehen, dass derjenige, der vom Inhaber eines Verfahrenspatents oder dessen Lizenznehmer eine zur Ausübung des geschützten Verfahrens erforderliche Vorrichtung erwirbt, diese bestimmungsgemäß benutzen darf (BGH, GRUR 2007, 773 Rn. 28 - Rohrschweißverfahren). Voraussetzung hierfür ist allerdings, dass die gebrauchsfertige Vorrichtung in ihrer Gesamtheit aus lizenzierter Quelle stammt; eine stillschweigende Benutzungserlaubnis kommt deshalb nicht in Betracht, wenn bloß einzelne Komponenten geliefert werden, die unter Verwendung weiterer nicht lizenzierter Vorrichtungen zur Ausübung des patentgemäßen Verfahrens führen (Kühnen, aaO. Rn. 1550). Dies ist hier nicht der Fall, da die Demodulatoren der Beklagten unstreitig nicht aus lizenzierter Quelle stammen.

(2) Eine Berechtigung der Endabnehmer ergibt sich auch nicht aus dem Vortrag der Beklagten, wonach die Sendeanstalten, die die Signale in patentgeschützter Weise codieren, Lizenznehmer der Klägerin seien, eine Lizenz jedenfalls auf einer stillschweigenden Duldung beruhe (...). Diesem Vortrag ist die Klägerin in erster Instanz allerdings nicht entgegengetreten. Erstmals in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat sie die Erteilung einer Lizenz bestritten. Der Vortrag der Beklagten ist jedoch unerheblich. Denn mangels anderer Anhaltspunkte ist davon auszugehen, dass sich die Zustimmung der Klägerin lediglich auf die coderseitig durchzuführenden Verfahrensschritte bezieht.

3. Da hier keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass eine unmittelbare Patentverletzung durch die Abnehmer nicht in Betracht kommt, ist auch von der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadens auszugehen. Die Wahrscheinlichkeit eines Schadens ergibt sich hier bereits aus der festgestellten Offensichtlichkeit einer Benutzung des Patents durch die Abnehmer. Hinsichtlich des Umfangs der Schadensersatzverpflichtung ist selbstverständlich, dass sich diese lediglich auf solche Lieferungen bezieht, bei denen keiner in der Lieferkette zur Verwendung des patentgemäßen Verfahrens berechtigt war (vgl. Kühnen, Handbuch der Patentverletzung, Rn. 250). Ein darüber hinausgehende Klageziel verfolgt die Klägerin offensichtlich nicht. Denn sie hat nicht in Abrede gestellt, dass bei einer Lieferung an zur Nutzung der Erfindung Berechtigte die geltend gemachten Ansprüche nicht bestehen.

4. Da die Ansprüche auf Auskunft und Rechnungslegung entgegen der Ansicht des Landgerichts lediglich eine vollendete Verletzungshandlung gemäß § 10 PatG i.V. mit Art. 64 Abs. 1 EPÜ voraussetzen (BGH, GRUR 2012, 1230 Rn. 36 - MPEG-2-Videosignalcodierung), ist auf die Berufung der Klägerin die Beklagte auch zur Auskunft und Rechnungslegung zu verurteilen.

D.

Da nach alledem wegen der festgestellten mittelbaren Patentverletzung der Beklagten die Klägerin gegen diese einen Anspruch auf Unterlassung hatte, hat die sofortige Beschwerde der Beklagten keinen Erfolg und der Beklagten sind gemäß § 91a ZPO, § 91 ZPO, § 97 ZPO die Kosten beider Rechtszüge aufzuerlegen. Der in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erfolgte Hinweis der Beklagten, der Unterlassungsantrag gehe mangels der Aufnahme eines Warnhinweises zu weit, rechtfertigt eine andere Kostenentscheidung nicht. Denn in dem vorliegenden Fall wäre bis zum Ablauf der Schutzdauer des Klagepatents ein Schlechthinverbot auszusprechen gewesen. Die Endabnehmer und die unmittelbaren Abnehmer der Beklagten haben nämlich, wie die Beklagte selbst geltend macht, keinen Einfluss darauf, ob das patentgemäße Verfahren zur Anwendung kommt, so dass ein an sie gerichteter Warnhinweis keine Wirkung hätte. Dieser Fall ist dem Fall gleich zu behandeln in welchem, die angegriffenen Ausführungsformen - technisch und wirtschaftlich sinnvoll - ausschließlich in patentverletzender Weise - und nicht anders verwendet werden können. Insoweit ist anerkannt, dass ein Schlechthinverbot gerechtfertigt ist (vgl. Kühnen aaO. Rn. 268 mwN.). Zwar enthielt der Unterlassungsantrag keine Beschränkung dahingehend, dass lediglich Angebote und Lieferungen an Nichtberechtigte zu unterlassen sind. Insoweit ist - wie unter II. C. 3. ausgeführt - der Antrag der Klägerin entsprechend auszulegen. Selbst wenn man dies anders sähe, hätte die Klägerin den Antrag auf Hinweis des Gerichts in dem erforderlichen Maße beschränkt, was jedoch für die Klägerin mit keiner Kostentragungslast verbunden gewesen wäre (§ 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO).III.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 ZPO, § 711 ZPO. Gründe für die Zulassung der Rechtsbeschwerde und der Revision liegen nicht vor. Die Entscheidung beruht auf der Anwendung anerkannter Grundsätze auf einen Einzelfall.






OLG Karlsruhe:
Urteil v. 08.05.2013
Az: 6 U 34/12


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/urteilsdatenbank/2b252b4be735/OLG-Karlsruhe_Urteil_vom_8-Mai-2013_Az_6-U-34-12




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