Bundespatentgericht:
Beschluss vom 13. Mai 2002
Aktenzeichen: 30 W (pat) 165/01

(BPatG: Beschluss v. 13.05.2002, Az.: 30 W (pat) 165/01)




Zusammenfassung der Gerichtsentscheidung

Das Bundespatentgericht hat in seiner Entscheidung vom 13. Mai 2002 (Aktenzeichen 30 W (pat) 165/01) die Beschwerde der Anmelderin gegen die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Februar 2001 und vom 7. Juni 2001 erfolgreich gemacht.

Die Anmelderin hatte die Bezeichnung "Weincap" für Flaschenverschlüsse angemeldet. Die Markenstelle hatte die Anmeldung aufgrund einer fehlenden Unterscheidungskraft zurückgewiesen, da die Bezeichnung lediglich beschreibend sei und daher freihaltebedürftig. Die Anmelderin war anderer Meinung und legte Beschwerde ein.

Das Bundespatentgericht stellte fest, dass sowohl ein Freihaltebedürfnis als auch eine fehlende Unterscheidungskraft nicht ausreichend sicher festgestellt werden könnten. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 und § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Markengesetzes sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich beschreibende Angaben enthalten oder keine Unterscheidungskraft aufweisen.

In Bezug auf das Freihaltebedürfnis sei festzustellen, dass die Bezeichnung "Weincap" im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren keine unmittelbar beschreibende Angabe sei. Es bestehe kein berechtigtes Interesse der Mitbewerber zur Beschreibung der Waren. Obwohl das englische Wort "cap" unter anderem "Schutzkappe" bedeute, könne die Kombination mit dem deutschen Wort "Wein" nicht als sprachüblich belegt werden. Die Internetrecherche ergab auch nur eine Verwendung des Wortes durch die Anmelderin selbst, die jedoch nicht rein beschreibend, sondern kennzeichenmäßig sei. Es sei nicht feststellbar, dass "Weincap" im allgemeinen Sprachgebrauch zur Bezeichnung von Flaschenverschlüssen verwendet werde.

Auch die erforderliche Unterscheidungskraft konnte dem Wort "Weincap" nicht abgesprochen werden. Nach der Rechtsprechung genügt bereits eine geringe Unterscheidungskraft, um das Schutzhindernis zu überwinden. Da die Bezeichnung weder einen beschreibenden Begriffsinhalt hat noch ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache ist, fehlt ihr auch jede Unterscheidungskraft. Es gibt keinen Anhaltspunkt dafür, dass dem Zeichen jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen wäre.

Aufgrund dieser Gründe wurde der Beschwerde stattgegeben und die Beschlüsse der Markenstelle aufgehoben.

Rechtsanwalt: Dr. Buchetmann Winter Voit Hu




Die Gerichtsentscheidung im Volltext:

BPatG: Beschluss v. 13.05.2002, Az: 30 W (pat) 165/01


Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin werden die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Februar 2001 und vom 7. Juni 2001 aufgehoben.

Gründe

I.

Zur Eintragung in das Markenregister ist angemeldet die Bezeichnung Weincapfür die Waren

"Flaschenverschlüsse".

Die Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes hat die Anmeldung in zwei Beschlüssen, davon ist einer im Erinnerungsverfahren ergangen, zurückgewiesen. Zur Begründung ist ausgeführt, die angemeldete Bezeichnung setze sich aus den Begriffen "Wein" und dem mittlerweile eingedeutschten Begriff "cap" für Verschluss, Deckel, Kappe zusammen und erschöpfe sich daher in einer lediglich beschreibenden Angabe, weshalb ihr die Unterscheidungskraft fehle und sie zudem freihaltebedürftig sei.

Die Anmelderin hat Beschwerde erhoben. Zur Begründung ist vorgetragen, ein Freihaltebedürfnis bestehe nicht, da es sich um eine sprachunübliche Wortneuschöpfung handle und die erforderliche Unterscheidungskraft gegeben sei.

Die Anmelderin beantragt (sinngemäß), die Beschlüsse der Markenstelle für Klasse 6 des Deutschen Patent- und Markenamtes vom 13. Februar 2001 und vom 7. Juni 2001 aufzuheben.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Beschwerde ist in der Sache erfolgreich. Ein der Eintragung der angemeldeten Bezeichnung entgegenstehendes Freihaltebedürfnis iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG wie auch fehlende Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG lassen sich nicht hinreichend sicher feststellen.

Gemäß § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG sind von der Eintragung solche Marken ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit oder der Bestimmung der damit gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich allerdings nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere, für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die beanspruchte Ware oder Dienstleistung selbst beschreiben (vgl BGH GRUR 1999, 1093 - FOR YOU).

Die angemeldete Bezeichnung "Weincap" ist in ihrer Gesamtheit im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren keine solche unmittelbar beschreibende Angabe. Zwar ist die Annahme eines (aktuellen) Freihaltebedürfnisses auch nicht davon abhängig, dass die angemeldete Bezeichnung für den hier einschlägigen Warensektor unmittelbar (lexikalisch) nachweisbar ist; vielmehr braucht aber auch die erstmalige Verwendung einer Zeichenzusammensetzung nicht per se schutzbegründend zu wirken (vgl BGH GRUR 1996, 770 - MEGA). Gleichwohl ist aber Voraussetzung eines Freihaltebedürfnisses, dass an der betreffenden Bezeichnung ein berechtigtes Interesse der Mitbewerber zur Beschreibung der Waren besteht.

Das ist hier nicht hinreichend sicher zu erkennen, da nicht feststellbar ist, dass "Weincap" über den ersichtlich deutlich anklingenden beschreibenden Charakter im Sinne eines Wein(-flaschen) -verschlusses hinaus als sprachüblich gebildeter Begriff anzusehen ist.

Zwar bedeutet das englische Wort "cap" unter anderem auch "Schutz- (Verschlusskappe), Deckel, Aufsatz" (vgl Langenscheidts Handwörterbuch Englisch, S 109). Die Kombination des englischen Wortes "cap" mit dem deutschen Wort "Wein" in einem einzigen Wort lässt sich jedoch nicht als sprachüblich belegen. Aus vereinzelt festzustellenden Verbindungen des deutschen Wortes Wein mit englischen Begriffen (Weinguide, Weinnews, Weinshop, Weincooler) läßt sich noch nicht sicher genug ableiten, daß dies eine so generelle Handhabung ist, daß sie das Publikum nicht mehr als sprachliche Besonderheit wahrnimmt. Nach einer Internetrecherche ist für das lexikalisch nicht nachweisbare Wort derzeit nur eine Verwendung des Zeichens durch die Anmelderin selbst belegbar. Diese Verwendung erscheint auch nicht rein beschreibend, sondern kennzeichenmäßig. Auch wenn die angemeldete Bezeichnung sich als sprechendes Zeichen nahe an eine Beschreibung anlehnt, ist nicht feststellbar, dass sie im Verkehr (allgemein) zur Bezeichnung von Flaschenverschlüssen dient oder dies in naher Zukunft der Fall sein wird. Insbesondere sind keine konkreten Gründe für die Annahme erkennbar, "Weincap" könnte in dem beanspruchten Bereich für Wettbewerber künftig als sachbeschreibende Angabe benötigt werden. Nachdem eine allgemein beschreibende Funktion der Bezeichnung nicht hinreichend sicher festzustellen ist, kann das Schutzhindernis eines Freihaltebedürfnisses iSv § 8 Abs 2 Nr 2 MarkenG nicht ausreichend sicher festgestellt werden.

Dem angemeldeten Wort "Weincap" kann auch die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs 2 Nr 1 MarkenG nicht abgesprochen werden. Bei der Prüfung der konkreten Eignung einer Marke, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für Waren oder Dienstleistungen eines Unternehmens aufgefasst zu werden, ist ein großzügiger Maßstab anzulegen, weshalb jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft ausreicht, dieses Schutzhindernis zu überwinden (st Rspr, vgl etwa BGH WRP 2001, 1445 - INDIVIDUELLE). Kann der zu beurteilenden Bezeichnung nicht ein für die fraglichen Waren im Vordergrund stehender beschreibender Begriffsinhalt und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer bekannten Fremdsprache, so gibt es - wie hier - keinen tatsächlichen Anhalt dafür, dass ihr die Unterscheidungseignung und damit jede Unterscheidungskraft fehlt (vgl BGH aaO). Es lässt sich hier nicht nachweisen, dass dem sprachunüblich gebildeten, aus deutschen und englischen Bestandteilen bestehenden Zeichen bei einer Verwendung als Marke jegliche Unterscheidungskraft abzusprechen wäre (vgl BGH MarkenR 1999, 349 - YES).

Dr. Buchetmann Winter Voit Hu






BPatG:
Beschluss v. 13.05.2002
Az: 30 W (pat) 165/01


Link zum Urteil:
https://www.admody.com/gerichtsentscheidung/2a520b2cb771/BPatG_Beschluss_vom_13-Mai-2002_Az_30-W-pat-165-01




Diese Seite teilen (soziale Medien):

LinkedIn+ Social Share Twitter Social Share Facebook Social Share