Landgericht Wuppertal:
Urteil vom 7. August 2001
Aktenzeichen: 11 O 55/01

(LG Wuppertal: Urteil v. 07.08.2001, Az.: 11 O 55/01)

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, es zu unterlassen, im ge-schäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine „Osteoporose-Führerkennung“ und/oder „Osteoporose-Meßtage“ anzukündigen und anzubieten, insbesondere wenn dies in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit einer Beschreibung des Krankheitsbildes der Osteoporose geschieht.

2. Für jeden Fall der zur Widerhandlung gegen das vorste-hende Unterlassungsgebot wird dem Beklagten die Verhän-gung von Ordnungsgeld bis zum Betrage von 500.000,00 DM oder Ordnungshaft bis zu 6 Wochen, im Wiederholungsfall bis insgesamt 2 Jahren, und für den Fall, daß ein fest-gesetztes Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, die Verhängung von Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt 2 Jahren, angedroht.

3. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 342,40 DM zuzüglich Jahreszinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 DÜG für die Zeit ab 19.05.2001 zu zahlen.

4. Die Kosten dieses Verfahrens werden dem Beklagten aufer-legt.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 36.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Als Sicherheit wird selbstschuldnerische Bürgschaft einer im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ansässigen Bank oder öffent-lichen Sparkasse zugelassen.

Tatbestand

Der klagende Verein nimmt den Beklagten wegen wettbewerbswidriger Werbung auf Unterlassung in Anspruch. Der Beklagte betreibt im Allee-Center in S eine Apotheke. In einer farbiggehaltenen Anzeige der Werbe-Zeitschrift "Allee-Center" vom 24./25. Januar 2001 warb der Beklagte unter anderem mit der Ankündigung: "Osteoporose Früherkennung: Wir messen Ihre Knochendichte...". Zugeordnet dieser Anzeige ist ein weiterer Text, der das Krankheitsbild der Osteoporose beschreibt, der "Osteoporose-Meßtage" ankündigt und der verspricht, eine Knochendichtebestimmung helfe, das Risiko zu erkennen.

Die Klägerin ist der Auffassung, diese Werbung des Beklagten verstoße gegen § 1 UWG in Verbindung mit § 1 HeilpraktikerG, denn der Beklagte verschaffe sich durch Mißachtung der letztgenannten Vorschrift einen ungerechtfertigten Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Apothekern, welche sich gesetzestreu verhalten.

Die Klägerin betragt,

I . den Beklagten zu verurteilen,

1. es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs eine "Osteoporose-Früherkennung" und/oder "Osteoporose-Meßtage" anzukündigen und anzubieten, insbesondere wenn dies in einem unmittelbaren räumlichen Zusammenhang mit einer Beschreibung des Krankheitsbildes der Osteoporose geschieht,

2. an die Klägerin 342,40 DM zuzüglich Jahreszinsen aus diesem Betrag in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz nach § 1 DÜG für die Zeit ab Klageerhebung zu zahlen,

II. dem Beklagten für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen das Unterlassungsgebot gemäß Ziff. I 1 die Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 500.000,00 DM oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, und für den Fall, daß ein festgesetztes Ordnungsgeld nicht beigetrieben werden kann, die Verhängung von Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, im Wiederholungsfall bis zu insgesamt zwei Jahren, anzudrohen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bestreitet die Klagebefugnis des klagenden Vereins. Er ist der Auffassung, die von ihm angebotenen Messungen, seine Auswertungen und die Mitteilung an den Apothekenkunden dazu, ob der Wert im Risikobereich liege, enthalte keine dem Apotheker verbotene Diagnose im Sinne des § 1 Absatz 1 HeilpraktikerG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der vorbereiteten Schriftsätze der Parteien, die überreichten Unterlagen und die gerichtliche Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und auch in der Sache begründet.

I.

Der klagende Verein ist klagebefügt.

Die Klägerin, wie gerichtsbekannt, die satzungsmäßigen Voraussetzungen des § 13 Absatz 2 Nr. 2 UWG und ist im Stande, diese satzungsgemäßen Aufgaben auch tatsächlich wahrzunehmen.

Der Klägerin gehören auch eine erhebliche Anzahl von Wettbewerbern an, die zum Beklagten in Wettbewerb stehen. Die mit dem Beklagten konkurrierenden S1 Apotheker sind Mitglieder der Apothekerkammer Nordrhein, E, die wiederum Mitglied der Klägerin ist. Letzteres folgt aus dem von der Klägerin vorgelegten Mitgliederverzeichnis, in dem die Apothekerkammer Nordrhein auf Seite 11 aufgeführt ist. Daß die unmittelbaren Wettbewerber des Beklagten, die S1 Apotheker, auf diese Weise nur mittelbar Mitglieder der Klägerin sind, reicht aus, wie die Klägerin zutreffend ausführt, um eine Klagebefugnis der Klägerin zu begründen.

Die beanstandete Werbung ist auch geeignet, im Sinne des § 13 Absatz 2 Nr. 2 UWG den umworbenen Markt "wesentlich zu beeinträchtigen". Zweck dieser gesetzlichen Voraussetzung für die Klagebefugnis ist es, im Falle von Bagatellverstößen die Klagebefugnis von Verbänden einzuschränken. Grundsätzlich keine Bagatellverstöße liegen vor, wenn wie hier auf dem Gebiet des Gesundheitswesens unzulässige Werbung betrieben wird.

Auch besteht daneben eine nicht unerhebliche Gefahr der Nachahmung unzulässiger Werbung.

II.

Die geltend gemachten Ansprüche sind begründet.

1.

Die mit der Klage angegriffene Werbung des Beklagten verstößt gegen § 1 UWG in Verbindung mit § 1 HeilpraktikerG, denn der Beklagte verschafft sich durch Mißachtung der letztgenannten Vorschrift einen unberechtigten Wettbewerbsvorsprung gegenüber anderen Apothekern, welche sich gesetzestreu verhalten.

a.

Gemäß § 1 Absatz 1 HeilpraktikerG bedarf, wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestellt zu sein, ausüben will, dazu der Erlaubnis. Gemäß Absatz 2 dieser Vorschrift ist unter Ausübung der Heilkunde zu verstehen jede berufs- oder gewerbsmäßig vorgenommene Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen. Der Beklagte verfügt als Apotheker nicht über eine solche Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde.

Entgegen dieser gesetzlichen Vorschrift hat der Beklagte die Feststellung von Krankheiten bei Menschen angeboten.

Nicht zu beanstanden wäre, wenn der Beklagte lediglich Knochendichte-Messungen vornimmt und das werbend ankündigt. Wenn er darüber hinaus jedoch Messungen für eine "Osteoporose Früherkennung" anbot, kündigte er darüber hinaus eine die Messung auswertende Feststellung (Diagnose) an. Früherkennung heißt nichts anderes als rechtzeitige Erkennung der Krankheit.

Auch das Ankündigen und Durchführen von "Osteoporose-Meßtagen" umfaßt die Feststellung einer Krankheit.

Das Angebot des Beklagten lautete nicht nur auf Messung der Knochendichte, sondern zielte auch ab auf eine Aussage zur Frage, ob nach den Messungen eine Osteoporose vorliegt oder jedenfalls die Gefahr einer Osteoporose gegeben ist. Auch das ist das Angebot einer Diagnose. Das gilt um so mehr, als der Beklagte im begleitenden Text mitteilte, die Knochendichtebestimmung helfe das Risiko zu erkennen, und der Beklagte auch einräumt, seinen Apothekenkunden einen Risikohinweis zu erteilen.

b.

Zielt die Risiko-Bewertung mithin auf eine nichterlaubte Diagnose ab, hat sich der Beklagte mit der Werbung einen Wettbewerbsvorsprung vor anderen S1 Apothekern verschafft, die sich an das Gesetz halten. Die Werbeaktion ist geeignet, dem Beklagten neue Kundschaft, auch im Randsortiment, zuzuführen.

2.

Schließlich kann die Klägerin gemäß §§ 683 Absatz 1, 670 BGB Ersatz der geltend gemachten Abmahnkostenpauschale beanspruchen, die der Höhe nach von dem Beklagten nicht angegriffen wird.

III.

Danach hat die Klage Erfolg, und der im Rechtsstreit unterliegende Beklagte hat nach § 91 ZPO die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Sicherheitsleistung beruhen auf §§ 709, 108 ZPO.

Der Streitwert wird auf 30.342,00 DM festgesetzt.






LG Wuppertal:
Urteil v. 07.08.2001
Az: 11 O 55/01


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