Bundespatentgericht:
Beschluss vom 5. Dezember 2000
Aktenzeichen: 33 W (pat) 158/99

(BPatG: Beschluss v. 05.12.2000, Az.: 33 W (pat) 158/99)

Tenor

Auf die Beschwerde der Anmelderin wird der Beschluß der Markenstelle für Klasse 35 des Deutschen Patent- und Markenamts vom 4. Mai 1999 aufgehoben.

Gründe

I.

Beim Deutschen Patent- und Markenamt ist am 7. Januar 1998 die Wortmarke S.I.M.P.L.E.

für die Dienstleistungen der Klasse 35 Geschäftsführung, Marketing, Werbungzur Eintragung in das Register angemeldet worden.

Die Markenstelle für Klasse 35 hat die Anmeldung durch den von einem Mitglied des Patentamts erlassenen Beschluß vom 4. Mai 1999 mit der Begründung zurückgewiesen, daß es der Marke im Hinblick auf die beanspruchten Dienstleistungen an der erforderlichen Unterscheidungskraft fehle und es sich um eine beschreibende und freihaltungsbedürftige Angabe handle ( § 37 Abs. 1 MarkenG iVm § 8 Abs. 2 Ziff 1, 2 MarkenG). Eine Unterscheidungskraft sei nicht gegeben, da der Begriff "S.I.M.P.L.E." werbeschlagwortartig darauf verweise, daß die derart gekennzeichneten Dienstleistungen einfach, schlicht und unkompliziert seien, also mit nur geringen Mitteln einen werbemäßigen Erfolg zeitigen würden. Auch die grafische Ausgestaltung des hochgradig freihaltebedürftigen Begriffes könne eine Schutzfähigkeit nicht begründen, da sie lediglich aus einer einfachen werbeüblichen Gestaltung des Schriftzugs mit bedeutungslosem Beiwerk (Untergliederung der Buchstaben durch Punkte) bestehe.

Gegen diese Entscheidung des Patentamts hat die Anmelderin Beschwerde eingelegt. Sie beantragt, die angemeldete Marke in der Markenrolle zu registrieren.

Sie trägt vor, daß der angemeldeten Marke nicht ein lediglich beschreibender Gehalt zukomme, da es bereits für die Übersetzung des englischsprachigen Begriffs "SIMPLE" mehrere Übersetzungsvarianten gebe, die nicht dazu angetan seien, auf die zur Eintragung angemeldeten Dienstleistungen hinzuweisen. Dies gelte vor allem vor dem Hintergrund, daß nicht das Wort "simple", sondern das Kennzeichen "S.I.M.P.L.E." als Marke angemeldet werden solle. Bei den Punkten handle es sich nicht um eine werbeübliche Grafik, sondern um die in der deutschen Sprache üblicherweise verwendeten Abkürzungspunkte. Ein Freihaltebedürfnis sei zu verneinen; selbst wenn man der angemeldeten Marke nur die Wortbedeutung "einfach" zugrunde legen würde, habe dies keinerlei beschreibende Funktion für die Leistungen einer Werbeagentur.

II.

Die Beschwerde ist begründet.

Der Senat hält die angemeldete Marke "S.I.M.P.L.E." - entgegen der Beurteilung der Markenstelle des Patentamts - im Zusammenhang mit den beanspruchten Dienstleistungen für unterscheidungskräftig und für nicht freihaltungsbedürftig, so daß ihrer Eintragung gemäß § 33 Abs. 2, 41 MarkenG keine absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 u Nr. 2 MarkenG entgegenstehen.

1. Die angemeldete Marke besitzt nach Auffassung des Senats die erforderliche Unterscheidungskraft gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG. Unterscheidungskraft im Sinne dieser Vorschrift ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als Unterscheidungsmittel für die Waren und Dienstleistungen eines Unternehmens gegenüber solchen anderer Unternehmen aufgefaßt zu werden. Hierbei ist grundsätzlich ein großzügiger Maßstab anzulegen, das heißt jede auch noch so geringe Unterscheidungskraft reicht aus, um dieses Schutzhindernis zu überwinden (ständige Rechtsprechung vgl zuletzt BGH MarkenR 2000, 48 - Radio von hier; MarkenR 2000, 50 - Partner with the best). Kann demnach einer Wortmarke kein für die beanspruchten Waren und Dienstleistungen im Vordergrund stehender Begriffinhalt zugeordnet werden und handelt es sich auch sonst nicht um ein gebräuchliches Wort der deutschen oder einer sonstigen im Inland geläufigen Sprache, das vom Verkehr - etwa auch wegen einer entsprechenden Verwendung in der Werbung (vgl BGH WRP 1998, 495- Today) - stets nur als solches und nicht als Unterscheidungsmittel verstanden wird, gibt es keinen tatsächlichen Anhaltspunkt dafür, daß einem als Marke verwendeten Wortzeichen die Unterscheidungseignung und damit jegliche Unterscheidungskraft fehlt (BGH aaO - Partner with the best; BGH GRUR 1999, 1089 - YES; BGH 1999, 1093 - FOR YOU mwN). Eine insoweit über das bloße Wortverständnis hinausgehende und deshalb die Unterscheidungskraft begründende Eigenschaft ist im Einzelfall auch einer schlagwortartigen Aussage zuzuerkennen, mit der die Aufmerksamkeit geweckt und auf die gekennzeichneten Waren/Dienstleistungen gelenkt werden soll (BGH aaO - FOR YOU), wobei allerdings eine ausschließlich als werbemäßige Anpreisung zu verstehende Angabe kaum als Hinweis auf die betriebliche Herkunft der Waren/Dienstleistungen aufgefaßt werden kann (BGH aaO - Radio von hier; BGH aaO - Partner with the best).

Das Wort "simple" entstammt, worauf das Deutsche Patent- und Markenamt zu Recht hinweist, ursprünglich der englischen Sprache, wo es in der Bedeutung "einfach, schlicht" verwendet wird (vgl Collins, PONS "Wörterbuch englischdeutsch"). Darüber hinaus wird der englischsprachige Ausdruck "simple" auch mit den Begriffen "einfältig, naiv, leichtgläubig" übersetzt (Langenscheidt, Taschenwörterbuch englisch).

Den angesprochenen deutschen Verkehrskreisen, die die Dienstleistungen einer Werbeagentur in Anspruch nehmen, dürfte der Begriff "simple" in seinem Sinngehalt zwar verständlich sein. Dies gilt schon deshalb, weil er zum Grundwortschatz der englischen Sprache gehört. Hinzu kommt aber, daß der Ausdruck "simpel" , worauf die Markenstelle zu Recht hinweist, auch im deutschen Sprachgebrauch in derselben Bedeutung existiert, wobei indessen regelmäßig die negative Deutung im Sinne von "einfältig" ua stärker im Vordergrund steht. Aus diesem Grunde hält es der Senat für wenig wahrscheinlich, daß die beteiligten Verkehrskreise diesem übersetzten und noch dazu im Deutschen negativ besetzten Sinngehalt der Marke ausgerechnet die schlagwortartige Aussage entnehmen, daß die Dienstleistungen der Anmeldung mit geringen Mitteln einen werbemäßigen Erfolg zeitigen. Diese Deutung erfordert vielmehr bereits weiterreichende analysierende Denkprozesse. Das bedeutet, daß es dem Begriff "simple" - jedenfalls in Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen Geschäftsführung, Marketing, Werbung - bereits an einer ohne weiteres einleuchtenden eindeutigen warenbeschreibenden Gesamtaussage fehlt, so daß schon von daher die Unterscheidungskraft zu bejahen ist (vgl BGH GRUR 1997, 627 - ‡ la card).

Noch weniger ist von einem beschreibenden Charakter vor dem Hintergrund auszugehen, daß im vorliegenden Fall nicht das Wort "simple", sondern die Bezeichnung "S.I.M.P.L.E." als Marke angemeldet ist. Die Untergliederung mit Punkten ist zwar als solche werbeüblich (vgl ua BPatGE 39, 256 - K.U.L.T.). In Verbindung mit der hier eher befremdlich anmutenden Deutung kann sie jedoch durchaus zu der Annahme führen, daß es sich bei der angemeldeten Bezeichnung um ein - von der Anmelderin ja auch in Anspruch genommenes - Akronym handelt, sodaß auch insofern ein - wenn auch geringer - Phantasiegehalt nicht verneint werden kann.

2. Nach § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG sind - nur - Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Angaben bestehen, die im Verkehr (u.a.) zur Bezeichnung der Beschaffenheit, der Bestimmung oder der Bezeichnung sonstiger Merkmale der in Frage stehenden Waren oder Dienstleistungen dienen können. Dieses Eintragungshindernis bezieht sich nicht nur auf die in der genannten Bestimmung ausdrücklich aufgeführten Angaben, sondern auch auf solche, die andere für den Warenverkehr wichtige und für die umworbenen Abnehmerkreise irgendwie bedeutsame Umstände mit konkretem Bezug auf die Ware selbst beschreiben; ein darüber hinausgehendes Eintragungshindernis eines Freihaltungsbedürfnisses an allgemeinen nicht warenbezogenen und in verschiedenen Warenbereichen einsetzbaren Ausdrücken kann § 8 Abs. 2 Nr. 2 MarkenG indessen nicht entnommen werden (vgl BGH aaO - FOR YOU).

Hiervon ausgehend kann nicht festgestellt werden, daß die Bezeichnung "S.I.M.P.L.E." insbesondere von den Mitbewerbern zum freien beschreibenden Gebrauch benötigt wird.

Die Annahme der Markenstelle, die Marke enthalte lediglich eine sloganartige Beschreibung in dem Sinne, daß die angebotenen Dienstleistungen einfach, schlicht und unkompliziert seien, berücksichtigt nicht hinreichend, daß für die hier angebotenen Dienstleistungen die Anpreisung als "einfach", worauf die Beschwerdeführerin zu Recht hinweist, nicht sinnvoll, möglicherweise sogar kontraproduktiv ist. Dies gilt noch mehr für die Übersetzungsvarianten "schlicht, einfältig, naiv, leichtgläubig", weil diese Begriffe - wie schon erwähnt - mit starken negativen Assoziationen belegt sind. Ein konkreter und unmittelbarer, mithin freihaltebedürftiger Aussagegehalt mit Bezug auf die beanspruchten Dienstleistungen kann der angemeldeten Marke daher nicht entnommen werden.

Der Beschwerde der Anmelderin ist deshalb stattzugeben.

Winkler Dr. Albrecht Dr. Hock Cl






BPatG:
Beschluss v. 05.12.2000
Az: 33 W (pat) 158/99


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