Oberlandesgericht Düsseldorf:
Beschluss vom 27. Februar 2012
Aktenzeichen: I-24 U 170/11

(OLG Düsseldorf: Beschluss v. 27.02.2012, Az.: I-24 U 170/11)

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das am 22. Juni 2011 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2b. Zivilkammer des Landgerichts Düsseldorf wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Streitwert für das Berufungsverfahren: 16.237,31 Euro.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten hat offensichtlich keinen Erfolg, § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO. Zu Recht hat das Landgericht die Beklagte zur Zahlung von 16.237,31 EUR sowie zur Freistellung der Kläger von der Gebührenforderung ihres Prozessbevollmächtigten in Höhe von 989,60 EUR verurteilt.

I.

Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt der Senat Bezug auf seinen Beschluss vom 30. Januar 2012. Dort hat er im Wesentlichen ausgeführt:

Den Klägern steht gegen die Beklagte ein Honoraranspruch in Höhe von 16.237,31 EUR gemäß §§ 675, 611, 612 BGB zu.

1. Unstreitig wurden die Kläger von der Beklagten mit der Wahrnehmung ihrer Interessen gegenüber Rechtsanwalt P. aus den drei zwischen der Beklagten und diesem abgeschlossenen Joint-Venture-Verträgen über die Überlassung von Investmentbeträgen in Höhe von insgesamt 100.000.000,00 EUR beauftragt. Dass der Hauptgesellschafter der Beklagten, S., zur Mandatierung der Kläger bevollmächtigt war, steht zwischen den Parteien außer Streit.

Dadurch, dass die Kläger die dem Auftrag zugrunde liegenden Informationen entgegennahmen und den Vertragspartner der Beklagten im Anschluss mit Schreiben vom 18. Januar 2010 unter Fristsetzung zur Erfüllung seiner vertraglichen Verpflichtungen aufforderten und die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen in Höhe von mindestens 3.000.000,00 EUR androhten, ist eine Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 in Verbindung mit Vorbemerkung 2 Abs. 3 VV RVG entstanden.

Der Vergütungsanspruch der Kläger für das Betreiben des Geschäfts ist gemäß § 8 RVG fällig. Denn das den Klägern erteilte Mandat wurde nach den unangegriffenen Feststellungen des Landgerichts im Einvernehmen der Parteien beendet, so dass der Auftrag erledigt ist.

Die Kläger haben der Beklagten die gemäß § 10 RVG erforderliche, unterzeichnete Berechnung ihrer Vergütung mitgeteilt. Soweit die Kläger die in Ansatz gebrachte 1,3 Gebühr, die angemessen ist, aus einem Gegenstandswert von 3.000.000,00 EUR berechnen, ist dies aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung nicht zu beanstanden.

2. Mit Recht hat das Landgericht dahinstehen lassen, ob zwischen den Parteien eine Vereinbarung getroffen wurde, nach der die Gebühren nur dann gezahlt werden sollten, wenn der geltend gemachte Schaden realisiert wird, wie dies die Beklagte in erster Instanz behauptet hat.

a)

Gegen den Abschluss der von der Beklagten behaupteten Vereinbarung spricht allerdings, dass die Beklagte mit von ihrem Hauptgesellschafter unterzeichneten Schreiben vom 21. und 29. Januar 2010 eine Begleichung der Gebührenrechnung der Kläger zusagte. Hierzu hätte kein Anlass bestanden, wenn die von den Klägern verlangte Vergütung nur im Falle der Realisierung der gegenüber Rechtsanwalt P. geltend gemachten Ansprüche geschuldet gewesen wäre.

Außerdem soll nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten im Zuge der behaupteten Vergütungsabrede auch vereinbart worden sein, dass die Beklagte in jedem Fall 1.500,00 EUR für die Erhöhung der Haftpflichtversicherung an die Kläger zahlt. Tatsächlich wurde ein solcher Betrag aber nicht gezahlt und wurden die Kläger auch ohne die Zahlung dieses Betrages für die Beklagte tätig, indem sie nicht nur das Aufforderungsschreiben vom 18. Januar 2010 an den Vertragspartner der Beklagten richteten, sondern der Kläger zu 1. darüber hinaus unstreitig auch am 26. Januar 2010 an einer Besprechung zwischen der Beklagten und Rechtsanwalt P. teilnahm. Das Vorbringen der Beklagten erscheint insoweit wenig plausibel. Letztlich kommt es hierauf allerdings nicht an.

b) Unterstellt man zugunsten der Beklagten, dass zwischen den Parteien eine Vereinbarung des von ihr in erster Instanz behaupteten Inhalts getroffen wurde, so steht - wie das Landgericht zutreffend angenommen hat - den Klägern gleichwohl ein Honoraranspruch in Höhe der gesetzlichen Vergütung zu.

aa) Nach § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO i. V. m. § 4a Abs. 1 Satz 1 RVG darf ein Erfolgshonorar für eine anwaltliche Tätigkeit nur für den Einzelfall und nur dann vereinbart werden, wenn der Auftraggeber aufgrund seiner wirtschaftlichen Verhältnisse bei verständiger Betrachtung ohne die Vereinbarung eines Erfolgshonorars von der Rechtsverfolgung abgehalten würde. Die Vereinbarung muss hierbei nach § 4a Abs. 2 RVG (1.) die voraussichtliche gesetzliche Vergütung und gegebenenfalls die erfolgsunabhängige vertragliche Vergütung, zu der der Rechtsanwalt bereit wäre, den Auftrag zu übernehmen, sowie (2.) die Angabe, welche Vergütung bei Eintritt welcher Bedingungen verdient sein soll, enthalten.

Der Begriff "Erfolgshonorar" ist § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO definiert. Unter einem "Erfolgshonorar" sind danach Vereinbarungen zu verstehen, durch die eine Vergütung oder ihre Höhe vom Ausgang der Sache oder vom Erfolg der anwaltlichen Tätigkeit abhängig gemacht wird oder nach denen der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält. Erfolgshonorar ist damit entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur eine Vereinbarung, nach der der Rechtsanwalt einen Teil des erstrittenen Betrages als Honorar erhält (sog. quota litis), sondern auch und gerade eine Vereinbarung, nach der der Anwalt ein Honorar nur bei Erfolg erhält (sog. Palmarium; vgl. hierzu BGH, NJW 2009, 3297; Senat, AnwBl. 2008, 211; JurBüro 2006, 594). Es findet keine Unterscheidung zwischen dem reinen (klassischen) Erfolgshonorar und der quota litis-Vereinbarung statt; das Gesetz definiert beide Arten der Vereinbarung als Erfolgshonorar (vgl. Gaier/Wolf/Göcken/v. Seltmann, Anwaltliches Berufsrecht, § 49b BRAO Rdnr. 35).

Eine Vereinbarung, nach der die Kläger ein Honorar in Höhe der gesetzlichen Vergütung nur bei Erfolg erhalten sollten, soll hier nach dem erstinstanzlichen Vorbringen der Beklagten zwischen den Parteien getroffen worden sein.

Wie das Landgericht mit Recht angenommen hat und von der Berufung nicht in Zweifel gezogen wird, verstößt die von der Beklagten behauptete Erfolgshonorarvereinbarung gegen § 4a RVG. Die von der Beklagten mit den Klägern angeblich getroffene Vereinbarung genügt weder den materiellen Anforderungen des § 4a Abs. 1 S. 1 RVG (vgl. hierzu LG Berlin, AGS 2011, 14) noch den formellen Anforderungen des § 4a Abs. 2 RVG. Sie soll überdies nur mündlich geschlossen worden sein und wahrt damit auch nicht die nach § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG erforderliche Textform (§ 126b BGB), welche für alle Vergütungsvereinbarungen mit Ausnahme der Gebührenvereinbarung für Beratungsleistungen nach § 34 RVG gilt (vgl. Mayer/Kroiß, RVG, 4. Aufl., § 3a Rdnr. 10; Gaier/Wolf/Göcken/v. Seltmann, a.a.O., § 49b BRAO Rdnr. 35).

bb) Der Verstoß gegen § 4a RVG führt - ebenso wie der Verstoß gegen § 3a RVG - allerdings nicht zur Nichtigkeit des Anwaltsvertrags und belässt dem Rechtsanwalt grundsätzlich den Anspruch auf die gesetzliche Vergütung.

(1)

Nach der bisherigen Rechtslage war die Vereinbarung eines Erfolgshonorars im Sinne des § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO a.F. zwar nach § 134 BGB nichtig (BGH, NJW 2004, 1169; NJW 2009, 3297; Senat, AnwBl. 2008, 211; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rdnr. 852). Die Nichtigkeit einer solchen Honorarabrede führte aber grundsätzlich nicht zur Unwirksamkeit des gesamten Anwaltsvertrags (BGHZ 18, 340, 348 f. = NJW 1955, 1921; BGHZ 39, 142, 150 = NJW 1963, 1147; BGH, WM 1976, 1135, 1137; NJW 2004, 1169; Senat, AnwBl. 2008, 211 m.w.N.; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rdnr. 853). Dem Rechtsanwalt blieb deshalb in einem solchen Fall der Anspruch auf die gesetzlichen Gebühren erhalten (BGH, NJW 2004, 1169 m.w.N.; Senat, AnwBl. 2008, 211; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rdnr. 853), so dass die unwirksame Vereinbarung eines erfolgsbestimmten Honorars einen Anspruch des Rechtsanwalts auf die gesetzliche Vergütung grundsätzlich nicht ausschloss (Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rdnr. 854 m.w.N.).

Hieran hat sich durch die am 1. Juli 2008 in Kraft getretene gesetzliche Neuregelung grundsätzlich nichts geändert. Der Verstoß gegen § 4a Abs. 1 und 2 RVG führt nicht zur Unwirksamkeit des Anwaltsvertrags. Der anwaltliche Geschäftsbesorgungsvertrag bleibt vielmehr unberührt und bleibt Rechtsgrund für die vom Rechtsanwalt erbrachten Leistungen. Aus einer Vergütungsvereinbarung, die nicht den Anforderungen des § 3a Abs. 1 Satz 1 und 2 oder des § 4 Abs. 1 und 2 RVG entspricht, kann der Rechtsanwalt nach § 4b Satz 1 RVG nur eine höhere als die gesetzliche Vergütung nicht fordern. Dem Rechtsanwalt bleibt somit grundsätzlich der Anspruch auf die gesetzliche Vergütung belassen.

(2)

Ihm kann allerdings die gesetzliche, erfolgsunabhängige Vergütung nach dem Rechtsgrundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) dann zu versagen sein, wenn der Rechtsanwalt in seinem - regelmäßig rechtsunkundigen - Auftraggeber das Vertrauen begründet hat, eine Anwaltsvergütung nur im Erfolgsfall zahlen zu müssen (BGHZ 18, 340, 347, 349 = NJW 1955, 1921; BGH, WM 1976, 1135, 1137). Das gilt auch weiterhin (vgl. Mayer/Kroiß, a.a.O., § 4b Rdnr. 6). Von maßgeblicher Bedeutung ist in diesem Zusammenhang, ob sich der Mandant auf eine entsprechende Honorarregelung eingelassen (BGHZ 18, 340, 347 = NJW 1955, 1921) oder ob er, wenn er die Unwirksamkeit der Abrede eines erfolgsabhängigen Honorars gekannt hätte, den Rechtsanwalt nicht beauftragt hätte (Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rdnr. 854).

Davon, dass sich die Beklagte auf die Zahlung der gesetzlichen Vergütung nicht eingelassen oder sie die Kläger bei Kenntnis der Unwirksamkeit der angeblich getroffenen Vergütungsvereinbarung nicht mandatiert hätte, kann hier aus den vom Landgericht angeführten Gründen aber nicht ausgegangen werden. Der weitere Geschehensablauf spricht vielmehr gerade dafür, dass die Beklagte die Kläger in jedem Falle beauftragt hätte. Das ergibt sich insbesondere daraus, dass sie nach der Beendigung des Mandats ihren Prozessbevollmächtigten mit der Geltendmachung bzw. Weiterverfolgung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Rechtsanwalt P. beauftragt hat, der unstreitig auf der Basis der gesetzlichen Gebühren abrechnet.

3. Soweit die Beklagte mit der Berufung geltend macht, zwischen den Parteien sei eine Pauschalvergütung vereinbart worden, trifft dies nicht zu. Die Beklagte hat in erster Instanz ausdrücklich behauptet, zwischen den Parteien sei vereinbart worden, dass die gesetzlichen Gebühren nur für den Fall der Realisierung des geltend gemachten Schadens bezahlt werden sollten. Bei dieser Vereinbarung handelt es sich - wie ausgeführt - um die Vereinbarung eines Erfolgshonorars im Sinne von § 49b Abs. 2 S. 1 BRAO.

Sollte das Berufungsvorbringen der Beklagten so zu verstehen sein, dass die anwaltliche Tätigkeit der Kläger allein durch die Zahlung eines Betrages von 1.500,00 EUR habe vergütet werden sollen, steht dieses Vorbringen in einem unauflösbaren Widerspruch zu ihren erstinstanzlichen Ausführungen. Außerdem handelt es sich um neues, von den Klägern ausdrücklich bestrittenes Vorbringen, mit dem die Beklagte im Berufungsrechtszug nicht mehr gehört werden kann (§ 531 Abs. 2 ZPO).

II.

An dieser Beurteilung, gegen die die Beklagte innerhalb der ihr gesetzten Frist keine Einwendungen mehr vorgebracht hat, hält der Senat fest.

III.

Der Senat ist nicht nur "einstimmig davon überzeugt", dass die Berufung offensichtlich keinen Erfolg hat, sondern auch, dass die weiteren Voraussetzungen für eine Entscheidung im Beschlussverfahren vorliegen: Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 ZPO). Schließlich ist eine mündliche Verhandlung nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.






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Az: I-24 U 170/11


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