Bundesgerichtshof:
Urteil vom 2. März 2010
Aktenzeichen: X ZR 21/07

(BGH: Urteil v. 02.03.2010, Az.: X ZR 21/07)

Tenor

Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufungen wird das am 14. November 2006 verkündete Urteil des 4. Senats (Nichtigkeitssenats) des Bundespatentgerichts wie folgt abgeändert:

Das europäische Patent 1 034 865 wird mit Wirkung für das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland im Umfang der Patentansprüche 1 bis 11 für nichtig erklärt, soweit diese über folgende Fassung hinausgehen:

1. Fräsverfahren zur Herstellung einer Turbinenschaufel (2) aus einem beliebigen Rohteil (1) mittels einem Fräswerkzeug dadurch gekennzeichnet, dass das Fräswerkzeug entlang einer kontinuierlichen spiralförmigen Führungsbahn (7, 7') von der Außenkontur des Rohteils (1) zur Kontur (2') der Turbinenschaufel (2) geführt wird und unter stetigem Materialabtrag eine kontinuierliche Gestaltänderung vom Rohteil (1) zur Turbinenschaufel (2) erreicht wird.

2. Fräsverfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dass die kontinuierliche Führungsbahn (7, 7') als zweidimensionale, ebene, spiralförmige Führungsbahn (7) oder als dreidimensionale, spiralförmige Führungsbahn (7') ausgebildet ist.

3. Fräsverfahren nach Anspruch 2 dadurch gekennzeichnet, dass das Fräswerkzeug entlang einer ersten zweidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7) zwischen der Profillinie des Rohteils (1) und der Profillinie (2') der Turbinenschaufel (2) kontinuierlich geführt wird und dadurch eine Scheibe von Material kontinuierlich abgetragen wird, das Fräswerkzeug sodann wieder an die Profillinie des Rohteils (1) zurückgebracht, entlang der Längsachse der Turbinenschaufel (2) verschoben wird und wiederum eine Scheibe von Material entlang einer weiteren spiralförmigen, zweidimensionalen Führungsbahn (7) bis zur Profillinie (2') der Turbinenschaufel (2) kontinuierlich entfernt wird und dieser Vorgang wiederholt wird bis die gesamte Länge der Turbinenschaufel (2) gefräst worden ist.

4. Fräsverfahren nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet, dass die durchlaufenen, zweidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahnen (7) entlang der Längsachse der Turbinenschaufel (2) jeweils gleich sind.

5. Fräsverfahren nach Anspruch 3 dadurch gekennzeichnet, dass die durchlaufenen, zweidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahnen (7) entlang der Längsachse der Turbinenschaufel (2) jeweils unterschiedlich sind.

6. Fräsverfahren nach Anspruch 2 dadurch gekennzeichnet, dass das Fräswerkzeug entlang einer ersten dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') in einer Längsrichtung der Turbinenschaufel (2) geführt wird und nach Erreichen des Endes der Turbinenschaufel (2) von dieser abgehoben wird und durch die Luft an den Beginn einer nächst tieferliegenden dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') und entlang dieser Führungsbahn (7') bewegt wird und dieser Vorgang so oft wiederholt wird, bis das Profil (2') der Turbinenschaufel (2) erreicht worden ist.

7. Fräsverfahren nach Anspruch 2 dadurch gekennzeichnet, dass das Fräswerkzeug entlang einer ersten dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') in Längsrichtung der Turbinenschaufel (2) bewegt wird und nach Erreichen des Endes der Turbinenschaufel (2) entlang einer zweidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7) zur nächst tieferliegenden dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') bewegt wird und sodann entlang dieser dreidimensionalen Führungsbahn in entgegengesetzter Längsrichtung bewegt wird und dieser Vorgang so oft wiederholt wird, bis das Profil (2') der Turbinenschaufel (2) erreicht worden ist.

8. Fräsverfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche dadurch gekennzeichnet, dass während dem Fräsen die Achse (10) des Fräswerkzeugs (8) um einen Sturzwinkel vom Normalenvektor (11) im Berührungspunkt (9) des Fräswerkzeugs (8) auf der bearbeiteten Fläche des Rohteils (1) in Richtung der Führungsbahn (7, 7') nach vorn geneigt und um einen Neigewinkel vom Normalenvektor (11) von der Führungsbahn (7, 7') seitwärts gekippt wird, und die aus dem Fräsen resultierende Fräsbahn (12) von der Führungsbahn (7, 7') unterschiedlich ist.

9. Fräsverfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche dadurch gekennzeichnet, dass das gesamte Fräsverfahren vom Rohteil (1) zur Turbinenschaufel (2) in einer einzigen Aufspannung erfolgt.

10. Fräsverfahren nach einem der vorangehenden Ansprüche dadurch gekennzeichnet, dass für das Fräsverfahren ein Keramikfräswerkzeug verwendet wird.

Die Patentansprüche 12 bis 14 bleiben hiervon unberührt.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 2/3 und die Beklagte 1/3 zu tragen.

Von Rechts wegen.

Tatbestand

Die Beklagte ist eingetragene Inhaberin des europäischen Patents 1 034 865 (Streitpatents), das am 8. März 1999 angemeldet wurde. Die Patenterteilung wurde am 22. August 2001 veröffentlicht. Die Verfahrenssprache ist Deutsch. Das beim Deutschen Patent- und Markenamt unter der Nr. 599 00 206 geführte Streitpatent betrifft ein "Fräsverfahren" und umfasst 14 Patentansprüche.

Patentansprüche 1, 2, 3, 6 und 7 haben in der erteilten Fassung folgenden Wortlaut:

"1. Fräsverfahren zur Herstellung eines beliebigen Fertigteils (2) aus einem beliebigen Rohteil (1) mittels eines Fräswerkzeugsdadurch gekennzeichnet, dassdas Fräswerkzeug entlang einer kontinuierlichen spiralförmigen Führungsbahn (7, 7') von der Außenkontur des Rohteils (1) zur Kontur (2') des Fertigteils geführt wird und unter stetigem Materialabtrag eine kontinuierliche Gestaltänderung vom Rohteil (1) zum Fertigteil (2) erreicht wird.

2. Fräsverfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dassdie kontinuierliche Führungsbahn (7, 7') als zweidimensionale, ebene, spiralförmige Führungsbahn (7) oder als dreidimensionale, spiralförmige Führungsbahn (7') ausgebildet ist.

3. Fräsverfahren nach Anspruch 1 dadurch gekennzeichnet, dassdas Fräswerkzeug entlang einer ersten zweidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7) zwischen der Profillinie (2') des Fertigteils (2) kontinuierlich geführt wird und dadurch eine Scheibe von Material kontinuierlich abgetragen wird, das Fräswerkzeug sodann wieder an die Profillinie des Rohteils (1) zurückgebracht, entlang der Längsachse des Fertigteils (2) verschoben wird und wiederum eine Scheibe von Material entlang einer weiteren spiralförmigen, zweidimensionalen Führungsbahn (7) bis zur Profillinie (2') des Fertigteils (2) kontinuierlich entfernt wird und dieser Vorgang wiederholt wird bis die gesamte Länge des Fertigteils (2) gefräst worden ist.

6. Fräsverfahren nach Anspruch 2 dadurch gekennzeichnet, dassdas Fräswerkzeug entlang einer ersten dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') in einer Längsrichtung des Fertigteils (2) geführt wird und nach Erreichen des Endes des Fertigteils (2) von diesem abgehoben wird und durch die Luft an den Beginn einer nächst tieferliegenden dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') und entlang dieser Führungsbahn (7') bewegt wird und dieser Vorgang so oft wiederholt wird bis das Profil (2') des Fertigteils (2) erreicht worden ist.

7. Fräsverfahren nach Anspruch 2 dadurch gekennzeichnet, dassdas Fräswerkzeug entlang einer ersten dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') in Längsrichtung des Fertigteils (2) bewegt wird und nach Erreichen des Endes des Fertigteils (2) entlang einer zweidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7) zur nächst tieferliegenden dreidimensionalen, spiralförmigen Führungsbahn (7') bewegt wird und sodann entlang dieser dreidimensionalen Führungsbahn in entgegengesetzter Längsrichtung bewegt wird und dieser Vorgang so oft wiederholt wird bis das Profil (2') des Fertigteils (2) erreicht worden ist."

Hinsichtlich der weiteren Patentansprüche wird auf die Streitpatentschrift verwiesen.

Die Klägerin hat das Streitpatent mit einer Nichtigkeitsklage angegriffen und geltend gemacht, dass das Streitpatent die Erfindung nicht so vollständig offenbare, dass ein Fachmann sie ausführen könne. Sie hat zudem vorgebracht, dass das Streitpatent gegenüber dem Stand der Technik, wie ihn insbesondere die US-Patentschrift 5 378 091 (Anlage K 27), die französische Patentschrift 2 287 962 bzw. die parallele US-Patentschrift 4 031 809 bzw. die parallele deutsche Offenlegungsschrift 25 44 612 (Anlagen K 4, K 4.1 und K 4.2), die schweizerische Patentschrift 177 989 (Anlage K 23), die US-Patentschrift 4 747 236 (Anlage K 28), die Veröffentlichung der RIGID Limited "RBS Rigid Blade Software - NC Turbine Blade Milling" (Anlage K 29), die US-Patentschrift 4 521 860 (Anlage K 31), das Referenzhandbuch Mastercam Fräsen Version 7 (Anlagen K 11 und K 11.1), das Lehrbuch von Schulz, Hochgeschwindigkeitsfräsen metallischer und nichtmetallischer Werkstoffe, 1989, (Anlage E 10) sowie die Handbücher zur bzw. die offenkundige Vorbenutzung mit der Steuerungssoftware "hyperMill SOLO.CAM V.4 und V.4.1" (Anlagen K 2, K 2.1, K 3, E 8 und K 7) bildeten, nicht patentfähig sei, und beantragt, das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 11 für nichtig zu erklären. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten.

Das Bundespatentgericht hat das Streitpatent durch Urteil vom 14. November 2006 im Umfang seiner Patentansprüche 2 bis 6 für nichtig erklärt, Patentanspruch 7 nur insoweit aufrechterhalten, als er auf Patentanspruch 1 rückbezogen ist, und im Übrigen die Klage abgewiesen.

Gegen diese Entscheidung wenden sich die Klägerin und die Beklagte mit ihren jeweiligen Berufungen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Bundespatentgerichts abzuändern und das Streitpatent im Umfang der Patentansprüche 1 bis 11 für nichtig zu erklären.

Nachdem die Beklagte zunächst beantragt hat, das Urteil des Bundespatentgerichts abzuändern und die Nichtigkeitsklage abzuweisen, beantragt sie nunmehr im Hauptantrag, das Urteil des Bundespatentgerichts mit der Maßgabe abzuändern, dass das Streitpatent in der Weise aufrechterhalten wird, dass in den Patentansprüchen 1, 3 bis 7 und 9 bis 10 das Merkmal "beliebiges Fertigteil" durch das Merkmal "Turbinenschaufel" ersetzt wird und der Verwendungsanspruch 11 entfällt, und die Klage im Übrigen abzuweisen.

Hinsichtlich der umfangreichen Hilfsanträge wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Im Auftrag des Senats hat Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Z. , Universität S. , Fachbereich 11 Maschinenbau, ein schriftliches Gutachten erstattet, das er in der mündlichen Verhandlung erläutert und ergänzt hat.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten führt zur Aufrechterhaltung des Streitpatents im Umfang des in der mündlichen Verhandlung zuletzt gestellten Hauptantrags der Beklagten. Die zulässige Berufung der Klägerin bleibt ohne Erfolg.

I. 1. Das Streitpatent betrifft ein Fräsverfahren zur Herstellung eines beliebigen Fertigteils aus einem beliebigen Rohteil mittels eines Fräswerkzeugs.

Der Stand der Technik wird in der Streitpatentschrift im Hinblick auf die Herstellung von Turbinenschaufeln erläutert. Diese würden zum Beispiel aus quaderförmigen Rohteilen gefertigt, indem zunächst ebenflächige Stücke und Ecken des Rohteils abgefräst würden, um eine erste grobe polygonförmige Annäherung an die Schaufelform zu erreichen. Sodann werde das Fräswerkzeug entlang mehrerer Führungsbahnen geführt, die jeweils entlang äquidistanter Flächen verliefen. Durch das Fräsen mehrerer solcher äquidistanter Flächen werde die Form des Fertigteils in Stufen erreicht, wobei die Führungsbahnen durch diskrete Punkte und/oder Kurvenstücke definiert würden.

Eine Schaufel werde nach diesem Verfahren stückweise und unter häufigem Abheben und erneutem Ansetzen des Fräswerkzeugs gefertigt. Dies habe zur Folge, dass das Fräswerkzeug sich zeitweise durch die Luft bewege und während dieses Zeitraums keine Zerspanung erfolge, was eine Verkürzung der Bearbeitungszeit durch Erhöhung der Fräsgeschwindigkeit beschränke. Auch sei der Einsatz von keramischen Werkzeugen nicht möglich, weil dabei ein häufiges Abheben und Ansetzen des Werkzeugs oft zu einem unsteten und ruckartigen Verlauf des Fräsprozesses führe und Keramik zudem bruchempfindlich sei.

In den weiteren Ausführungen der Streitpatentschrift wird es als Aufgabe der Erfindung bezeichnet, ein Fräsverfahren zur Herstellung eines Fertigteils beliebiger Kontur aus einem beliebigen Rohteil zu schaffen, welches die Nachteile des bekannten Verfahrens vermeidet, die Bearbeitungszeit des Werkstücks verkürzt und die Fräswerkzeuge schonender einsetzt.

2. Hierzu lehrt Patentanspruch 1 des Streitpatents in der Fassung des Hauptantrags der Beklagten ein Fräsverfahren, dessen Merkmale wie folgt unterteilt werden können:

1. Fräsverfahren 1.1 zur Herstellung einer Turbinenschaufel (2) aus einem beliebigen Rohteil (1)

1.2 mittels eines Fräswerkzeugs 2. das Fräswerkzeug wird von der Außenkontur des Rohteils (1) zur Kontur (2') der Turbinenschaufel (2) geführt 2.1 und zwar entlang einer kontinuierlichen spiralförmigen Führungsbahn (7, 7');

3. hierbei wird stetig Material abgetragen und 3.1 dabei eine kontinuierliche Gestaltänderung vom Rohteil (1) zur Turbinenschaufel (2) erreicht.

3. a) Unter einem Fräsverfahren nach Merkmal 1 versteht der Fachmann, bei dem es sich um einen Diplom-Ingenieur einer Fachhochschule oder einer Technischen Hochschule bzw. Universität der Studienrichtung "Maschinenbau" mit mehrjähriger Erfahrung im Bereich der Frästechnik handelt, entsprechend der allgemeinen Definition ein Verfahren zur spanabhebenden Bearbeitung eines Werkstücks durch Einsatz der Schneiden eines Werkzeugs. Ein solches Fräsverfahren soll nach den Merkmalen 1.1 und 1.2 der Herstellung einer Turbinenschaufel aus einem beliebigen Rohteil mittels eines Fräswerkzeugs dienen. Für den Fachmann ergibt sich daraus, dass es sich bei dem Rohteil um ein Werkstück handeln muss, aus dem durch Anwendung des Fräsverfahrens eine Turbinenschaufel hergestellt werden kann. Figur 1 des Streitpatents, welche nachfolgend wiedergegeben wird und ein erfindungsgemäßes Ausführungsbeispiel zeigt, ist, jeweils im Schnitt, ein quaderförmiges Rohteil sowie eine Turbinenschaufel zu entnehmen:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

b) Bei Anwendung des Fräsverfahrens soll das Fräswerkzeug nach Merkmal 2 von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur der Turbinenschaufel entlang einer Führungsbahn geführt werden. Aus Sicht des Fachmanns folgt daraus zunächst, dass es eine Außenkontur des Rohteils gibt, die am Anfang des Fräsverfahrens steht, und eine davon verschiedene Kontur der Turbinenschaufel, die am Ende des Fräsverfahrens erreicht wird. Ihm erschließt es sich zudem, dass das Fräswerkzeug von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur der Turbinenschaufel entlang einer eigenen Führungsbahn und damit weder entlang der Außenkontur der Rohteils noch entlang der Kontur der zu schaffenden Turbinenschaufel zu führen ist.

Dabei versteht der Fachmann unter dem Begriff der "Führungsbahn" die Vorschubbewegung des Fräswerkzeugs, durch welche die Fräsbahn erzeugt wird (Streitpatentschrift Sp. 2, Z. 10 ff.). Die Führungsbahn kann sich von der Fräsbahn unterscheiden (Streitpatentschrift Sp. 2, Z. 13 ff.), wie in der Beschreibung im Hinblick auf das in Figur 3 gezeigte Ausführungsbeispiel näher erläutert wird (vgl. Streitpatentschrift, Sp. 5, Z. 46 ff.). Merkmal 2 bestimmt für die Führungsbahn, dass diese an der Außenkontur des Rohteils beginnt und an der Kontur der Turbinenschaufel endet. Dies ist bildlich in Figur 1c dargestellt, in der beispielhaft eine erfindungsgemäße spiralförmige, zweidimensionale Führungsbahn gezeigt wird, die (rechts oben) an der Kontur des Rohteils anfängt und an der Kontur der Turbinenschaufel endet:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

c) Merkmal 2.1 legt fest, dass die Führungsbahn, entlang welcher das Fräswerkzeug von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils geführt wird, spiralförmig verlaufen soll.

Unter einer Spirale wird gemeinhin eine Kurve verstanden, die in beliebig vielen immer weiter werdenden Windungen einen festen Punkt umläuft. Spiralen sind nicht auf Kurven in der Ebene begrenzt, sondern können auch räumliche Kurven bilden, die dann statt eines festen Punktes eine feste Achse umlaufen. Dies gilt auch für die Führungsbahn, entlang welcher das Fräswerkzeug nach der erfindungsgemäßen Verfahrenslehre geführt werden soll. Für den Fachmann ergibt sich dies aus dem Wortlaut des Patentanspruchs, der keine Einschränkung hinsichtlich der Dimension der spiralförmigen Führungsbahn enthält und aus der Beschreibung, in welcher sowohl zweidimensionale als auch dreidimensionale spiralförmige Führungsbahnen als mögliche Ausführungsbeispiele des erfindungsgemäßen Fräsverfahren benannt werden (Streitpatentschrift, Sp. 3, Z. 42 ff.). Zudem ist ausdrücklich in Unteranspruch 2 vorgesehen, dass die Führungsbahn als zwei- oder dreidimensionale spiralförmige Führungsbahn ausgestaltet sein kann, was voraussetzt, dass Anspruch 1, auf den Unteranspruch 2 rückbezogen ist, diese Möglichkeiten mit umfasst.

Sich wiederholende zweidimensionale spiralförmige Führungsbahnen nach der erfindungsgemäßen Verfahrenslehre sind beispielhaft in Figur 2a des Streitpatents gezeigt, die nachfolgend wiedergegeben wird:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Dreidimensionale spiralförmige Führungsbahnen nach der erfindungsgemäßen Verfahrenslehre werden nach den Angaben der Beschreibung des Streitpatents exemplarisch in den anschließend eingefügten Figuren 2b und 2c des Streitpatents vorgestellt:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Wie der gerichtliche Sachverständige schlüssig und von beiden Parteien unwidersprochen erläutert hat, erkennt der Fachmann allerdings aufgrund seines Fachwissens, dass die in den Figuren 2b und 2c gezeigten dreidimensionalen Führungsbahnen sich nicht im Sinne der vorgenannten allgemeinen Definition spiralförmig um die zentrale Achse erweitern, sondern schraubenförmige mit konstanten Windungen um die Achse verlaufen (vgl. Sachverständigengutachten, S. 46 ff., 49 ff.). Lediglich die in Figur 2b gezeigte zweidimensionale Führungsbahn, die eine schraubenförmige Führungsbahn 7' mit der nächst tiefer gelegenen schraubenförmigen Führungsbahn 7' verbindet, ist im Sinne der allgemeinen Definition spiralförmig ausgestaltet (Unteranspruch 7, Sp. 7, Z. 48 ff.; Sachverständigengutachten, S. 47). Da die in den Figuren 2b und 2c gezeigten dreidimensionalen Führungsbahnen 7Ô jedoch in der Beschreibung des Streitpatents ausdrücklich als "Spiralkurven" bezeichnet und dem Fachmann auch ansonsten als erfindungsgemäße Ausführungsbeispiele vorgestellt werden, erschließt es sich ihm konsequenterweise, dass auch dreidimensionale schraubenförmige Führungsbahnen von dem Begriff der spiralförmigen Führungsbahnen im Sinne der Verfahrenslehre des Streitpatents erfasst werden. Dafür spricht auch, dass der mit der spiralförmigen Ausgestaltung der Führungsbahn erfindungsgemäß insbesondere angestrebte Zweck, einen weichen und sanften Verlauf zu erreichen, der frei von ruckartigen Richtungsänderungen ist (Streitpatent, Sp. 2, Z. 23 ff., vgl. auch Sp. 2, Z. 2: schonenderer Einsatz der Fräswerkzeuge) gleichermaßen dann verwirklicht wird, wenn die Führungsbahn (nach allgemeinem Verständnis) schraubenförmig verläuft, unabhängig davon, ob die einzelnen schraubenförmigen Führungsbahnen durch eine zweidimensionale Führungsbahn verbunden werden (wie in Figur 2b gezeigt) oder ob das Werkzeug zwischen zwei schraubenförmigen Führungsbahnen (wie in Figur 2c gezeigt) abgehoben und durch die Luft geführt wird. Nach ständiger Rechtsprechung ist der sich aus der Patentschrift ergebende Inhalt der im Patentanspruch verwendeten Begriffe auch dann maßgebend, wenn dieser von dem allgemeinen technischen Sprachgebrauch abweicht (vgl. nur: Sen.Urt. v. 2.3.1999 - X ZR 85/96, GRUR 1999, 909, 912 - Spannschraube; Sen.Urt. v. 7.6.2005 - X ZR 198/01, GRUR 2005, 754 - werkstoffstückig).

d) Nach Merkmal 2.1 soll die (gemäß dem vorgenannten Verständnis) spiralförmige Führungsbahn, entlang welcher das Fräswerkzeug von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils geführt wird, zudem "kontinuierlich" sein. Diese Anweisung steht in Einklang mit den Merkmalen 3 und 3.1, welche vorsehen, dass bei der Vorschubbewegung des Fräswerkzeugs auf der Führungsbahn "stetig" Material abgetragen werden und dabei eine "kontinuierliche" Gestaltänderung vom Rohteil zur Turbinenschaufel erreicht werden soll.

Die Bedeutung des Begriffs der kontinuierlichen Führungsbahn, des stetigen Materialabtrags bzw. der kontinuierlichen Gestaltänderung ergibt sich für den Fachmann unter Heranziehung der Beschreibung und der Zeichnungen des Streitpatents. Die Lehre des Streitpatents grenzt sich mit diesen Vorgaben vom Stand der Technik ab, in dem Fräsverfahren zur Herstellung von Turbinenschaufeln bekannt waren, bei denen aus einem quaderförmigen Rohteil zunächst ebenflächige Stücke und Ecken abgefräst wurden, um eine erste, grobe polygonförmige Annäherung an die Schaufelform zu finden, und das Fräswerkzeug anschließend entlang mehrerer Führungsbahnen geführt wurde, die jeweils entlang äquidistanter Flächen verliefen (vgl. Streitpatent, Sp. 1, Z. 21 ff.). Gegenüber diesem bekannten Verfahren, das in der Streitpatentschrift als nachteilig kritisiert wird, weil das Fräswerkzeug häufig abgehoben und erneut angesetzt werden muss und sich deshalb während eines bedeutenden Zeitraums "in der Luft" bewegt, ohne eine Zerspanung zu bewirken (Streitpatentschrift, Sp. 1, Z. 33 ff.), und von dem sich die Lehre des Streitpatents ausdrücklich absetzen möchte (Streitpatentschrift, Sp. 1, Z. 54 ff.), soll die Führungsbahn "kontinuierlich" verlaufen, Material "stetig" abgetragen werden bzw. die Gestaltänderung "kontinuierlich" erfolgen.

Die erfindungsgemäß angestrebte Verkürzung der Bearbeitungszeit und Schonung der Fräswerkzeuge (Streitpatentschrift, Sp. 2, Z. 1 f., 31 ff., 43 ff.) wird idealerweise erreicht, wenn das Werkzeug auf der Führungsbahn von der Außenkontur des Rohteils bis zur Kontur des Fertigteils nur einmal angesetzt und bis zum Ende der Bearbeitung nicht mehr durch die Luft geführt werden muss (Streitpatentschrift, Sp. 2, Z. 35 ff.). Der Fachmann entnimmt der Beschreibung jedoch darüber hinaus, dass es im Rahmen der erfindungsgemäßen Verfahrenslehre auch möglich ist, das Werkzeug auf seiner Führungsbahn "im Vergleich zu bekannten Verfahren" "sehr wenig" durch die Luft zu führen (vgl. Streitpatentschrift, Sp. 2, Z. 35 ff.).

In diesem erweiterten Verständnis der streitpatentgemäßen Begriffe der "kontinuierlichen" Führungsbahn, des "stetigen" Materialabtrags bzw. der "kontinuierlichen" Gestaltänderung sieht sich der Fachmann bestätigt, wenn er die in den Figuren 2a bis 2c des Streitpatents dargestellten Verfahrensbeispiele heranzieht. Bei der in Figur 2a gezeigten Variante wird das Werkzeug - ohne Unterbrechung - von der Außenkontur des Rohteils als Ausgangspunkt entlang einer zweidimensionalen spiralförmigen Führungsbahn zur Kontur der Turbinenschaufel als Endpunkt geführt. Danach wird das Werkzeug an die Außenkontur des Rohteils zurückgebracht und entlang der Konturlinie der Turbinenschaufel verschoben, bevor es erneut entlang einer zweidimensionalen spiralförmigen Führungsbahn zur Kontur der Turbinenschaufel geführt wird. Bei dem in Figur 2b gezeigten Verfahren wird das Fräswerkzeug von der Kontur des Rohteils als Ausgangspunkt der Führungsbahn - ohne Unterbrechung - entlang einer ersten dreidimensionalen spiralförmigen (Teil-)Führungsbahn in Längsrichtung der Turbinenschaufel bewegt und nach Erreichen des Endes der Turbinenschaufel entlang einer zweidimensionalen spiralförmigen (Teil-)Führungsbahn zur nächst tieferliegenden dreidimensionalen spiralförmigen (Teil-)Führungsbahn bewegt und sodann entlang dieser dreidimensionalen Führungsbahn in entgegengesetzter Längsrichtung bewegt und dieser Vorgang so oft wiederholt bis die Außenkontur der Turbinenschaufel als Endpunkt der Führungsbahn erreicht worden ist. Bei dem in Figur 2c gezeigten Ausführungsbeispiel wird das Fräswerkzeug von der Kontur des Rohteils als Ausgangspunkt der Führungsbahn entlang einer ersten dreidimensionalen spiralförmigen (Teil-)Führungsbahn in Längsrichtung der Turbinenschaufel geführt und nach Erreichen des Endes des Fertigteils von diesem abgehoben und durch die Luft an den Beginn einer nächst tieferliegenden dreidimensionalen spiralförmigen (Teil-)Führungsbahn und entlang dieser (Teil-)Führungsbahn bewegt und dieser Vorgang so oft wiederholt bis die Außenkontur der Turbinenschaufel als Endpunkt der Führungsbahn erreicht worden ist.

Da nicht nur die in den Figuren 2a und 2b dargestellten, von der Außenkontur des Rohteils bis zur Kontur der Turbinenschaufel unterbrechungslosen Führungsbahnen, sondern auch die in Figur 2c gezeigte Führungsbahn, die zwischen zwei spiralförmigen dreidimensionalen Teilbahnen unterbrochen wird, wenn das Fräswerkzeug abgehoben und durch die Luft an den Beginn der nächst tiefer gelegenen dreidimensionalen Führungsbahn geführt wird, in der Beschreibung als eine Variante des erfindungsgemäßen Fräsverfahrens vorgestellt werden (vgl. Streitpatentschrift, Sp. 4, Z. 35 ff.), ergibt sich aus Sicht des Fachmanns der Schluss, dass eine kurze Unterbrechung der Führungsbahn bzw. des Materialabtrags und der Gestaltänderung dem Kontinuitäts- bzw. Stetigkeitserfordernis, wie sie bei der in Figur 2c gezeigten Führungsbahn auf dem Weg von der Außenkontur des Rohteils bis zur Kontur der Turbinenschaufel vorkommt, von der in Patentanspruch 1 niedergelegten Verfahrenslehre des Streitpatents mit umfasst wird, weil das Werkzeug im Vergleich zum Stand der Technik - wie es in der allgemeinen Beschreibung (Streitpatentschrift, Sp. 2, Z. 37) heißt - nur "sehr wenig" durch die Luft bewegt wird.

Mit dieser Auslegung steht in Einklang, dass der über Patentanspruch 2 auf Patentanspruch 1 rückbezogene Unteranspruch 6 (entsprechend dem in Figur 2c gezeigten Ausführungsbeispiel) ein Abheben des Fräswerkzeugs und eine Bewegung durch die Luft zwischen zwei dreidimensionalen spiralförmigen Führungsbahnen verlangt. Denn diese Konkretisierungen lassen sich nur dann widerspruchsfrei mit dem mittelbaren Rückbezug auf Patentanspruch 1 vereinbaren, wenn sie von diesem auch hinsichtlich des Kontinuitätserfordernisses umfasst werden.

II. 1. Der Gegenstand des Patentanspruchs 1 des Streitpatents in der erteilten Fassung ist neu (Art. 54 EPÜ).

a) Die US-Patentschrift 5 378 091 (Anlage K 27, deutsche Übersetzung: Anlage K 27a) offenbart unter anderem Verfahren zur spanenden Bearbeitung eines Werkstücks mit einem Schaftfräser. In den Figuren 9 bis 13 werden verschiedene Arten der Taschenbearbeitung mit einem Schaftfräser vorgestellt. Die Verfahren sollen sich von im Stand der Technik etwa bei der Gesenkbearbeitung bekannten Verfahren abheben, welche zunächst ein Bohren mittels Bohrer, dann ein Aufweiten der Bohrung mittels Schaftfräser vorgesehen haben. Demgegenüber wird in der Entgegenhaltung vorgeschlagen, den Schaftfräser entlang der z-Achse und gleichzeitig relativ zu dem Werkstück entlang der x- und y-Achse vorzuschieben (Anlage K 27, Sp. 11, Z. 35 ff., 50 ff.; Anlage K 27a, S. 18 Abs. 4 f.). Nachfolgend werden die hier näher interessierenden Figuren 9, 12 und 13 der Veröffentlichung verkleinert wiedergegeben:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Figur 9 zeigt eine der Kontur folgende Bearbeitung. Dabei bewegt sich das Schneidwerkzeug 12 entlang einer inneren Kontur des Rohteils in einer xy-Ebene an einer Position auf der z-Achse. Nachdem sich das Schneidwerkzeug um die innere Kontur des Rohteils bewegt hat, wird es um eine vorbestimmte Schnitttiefe in die Richtung der z-Achse (und zugleich auch in Richtung der x- oder y-Achse) vorgeschoben. Auf der derart erreichten Ebene wird das Werkzeug wiederum entlang der inneren Kontur des Rohteils geführt. Dieser Vorgang wird solange wiederholt, bis die gewünschte Form erhalten ist (vgl. Anlage K 27, Sp. 11, Z. 61 ff.; Anlage K 27a, S. 19 Abs. 1 f.).

Figur 12 offenbart einen Kugelkopffräser 12, welcher zu Bohrungen eingesetzt wird, die einen Durchmesser aufweisen, der größer als der Fräserdurchmesser ist. Der Kugelkopffräser wird gleichzeitig axial in Richtung der z-Achse und kreisförmig in der xy-Ebene geführt, wodurch wendelförmige Bearbeitungsspuren an der Wirkstelle entstehen. Die Bohrung kann eine zylindrische oder eine konische Innenfläche aufweisen (vgl. Anlage K 27, Sp. 13, Z. 30 ff.; Anlage K 27a, S. 21 Abs. 2).

Bei dem in Figur 13 dargestellten Verfahren wird der Schaftfräser 12 zunächst (im Sinne einer Zustellbewegung) parallel zur z-Achse um die vorbestimmte Schnitttiefe im Wesentlichen in der Mitte der Vertiefung P vorgeschoben und gleichzeitig in Richtung der x- oder y-Achse bewegt. Nach Erreichen der vorbestimmten Tiefe in der Richtung parallel zur z-Achse wird der Schaftfräser 12 entlang der Bahn 34 in einer Richtung entgegen dem Uhrzeigersinn von der Mitte der Vertiefung P in der xy-Ebene nach außen bewegt, so dass der gewünschte Kanal, der ein Zwischenkanal der fertigen Vertiefung P ist, erhalten wird. Der Vorgang kann solange wiederholt werden, bis die Vertiefung P erreicht ist (Anlage K 27, Sp. 13, Z. 66 ff.; Anlage K 27a, S. 22 Abs. 3). Der in Figur 13 gezeigt Kanal ist, wie der gerichtliche Sachverständige zutreffend dargetan hat, nach allgemeinem Verständnis spiralförmig und nicht - wie in der Entgegenhaltung irrtümlich ausgeführt ist - schraubenförmig ausgestaltet (Gutachten, S. 82 f.).

Die Entgegenhaltung offenbart ein Fräsverfahren zur Taschenbearbeitung und damit kein Verfahren zur Herstellung einer Turbinenschaufel aus einem beliebigen Rohteil mittels eines Fräswerkzeugs. Darüber hinaus wird bei dem in Figur 9 gezeigten und in der Beschreibung der US-Patentschrift erläuterten Verfahren das Fräswerkzeug konturfolgend und damit nicht von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils entlang einer Führungsbahn geführt. Bei dem in Figur 12 der Entgegenhaltung offenbarten Verfahren entsteht die Kontur einer zylinderförmigen oder konischen Ausnehmung, wenn das Werkzeug entlang der wendelförmigen Bahn in das Rohteil bohrt. Die Führungsbahn des Fräswerkzeugs bestimmt damit auf ihrem gesamten Verlauf die Kontur des Fertigteils und führt nicht von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils. Bei der in Figur 13 gezeigten Bearbeitung wird das Fräswerkzeug, nachdem es zunächst parallel in einer Art Rampenfahrt zur z-Achse und zugleich in Richtung der x- oder y-Achse im Wesentlichen in der Mitte der Vertiefung P vorgeschoben worden ist, entlang der spiralförmigen Bahn 34 entgegen dem Uhrzeigersinn bewegt. Die spiralförmige Führungsbahn, entlang derer das Fräswerkzeug geführt wird, endet damit zwar an der Kontur der Tasche bzw. des Fertigteils, beginnt jedoch nicht an der Außenkontur des Rohteils. Vielmehr liegt der Ausgangspunkt der spiralförmigen Führungsbahn in dem Rohteil, nachdem das Fräswerkzeug die vorbestimmte Bearbeitungstiefe erreicht hat.

b) Die französische Patentschrift 2 287 962 bzw. die parallele US-Patentschrift 4 031 809 und die parallele deutsche Offenlegungsschrift 25 44 612 (Anlagen K 4, K 4.1 und K 4.2) offenbaren ein Verfahren zur Finish-Bearbeitung von bereits vorgearbeiteten Werkstücken, insbesondere auch Turbinenschaufeln. Dabei werden die eingespante Turbinenschaufel 1 und der Fräser 2 jeweils um ihre Längsachsen (x- bzw. z-Achse) gedreht. Zeitgleich führt der Fräser eine Translationsbewegung entlang der Rotationsachse x vom Kopfteil bis zum Fußteil der Turbinenschaufel aus und fräst dabei - wie der gerichtliche Sachverständige im Verhandlungstermin erläutert hat - einer Sollkontur folgend die oberste Schicht des vorgearbeiteten Werkstückes ab. In den Entgegenhaltungen wird ausgeführt, dass der Übergang von einer Fräszeile zur anderen diskret (unter Abnahme des Fräsers von dem Werkstück beim Übergang zu dem benachbarten Oberflächenpunkt und Benutzung der Bewegungen längs der Achsen x, y und z und der Drehung des Werkstücks um die Achse x oder ohne Abnahme) und auch fortlaufend erfolgen kann, wenn die auf der Turbinenschaufel während des Fräsvorgangs zurückgebliebene Berührungskurve des Werkstücks und des Fräsers eine Spiralform aufweist, die an dem Schaufelkopfteil beginnt und an dem Schaufelfuß endet (Anlage K 4.2, S. 17, letzter Abs. Übergang zu S. 18 Abs. 1). Zur weiteren Erläuterung werden nachfolgend die Figuren 1 bis 3 der Entgegenhaltung eingefügt:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Aus den genannten Entgegenhaltungen geht die Lehre aus Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht hervor. Das Fräswerkzeug wird zwar entlang einer (im Sinne der Lehre des Streitpatents) spiralförmigen und kontinuierlichen Führungsbahn geführt. Die Führungsbahn verläuft jedoch nicht von der Außenkontur des Rohteils entlang der Führungsbahn zur Kontur der Turbinenschaufel, sondern ist an der Sollkontur der Turbinenschaufel ausgerichtet.

c) Die schweizerische Patentschrift 177 989 (Anlage K 23) offenbart ein elektrooptisches Verfahren zur automatischen Steuerung von Werkzeugmaschinen zum Fräsen eines Werkstücks, insbesondere eines Propellerflügels. Für die "fertige Bearbeitung" des bereits räumlich vorliegenden Werkstücks (Anlage K 23, S. 1 li. Sp.) ist in einer ersten Variante vorgesehen, dass die Frässpindel entlang der z-Achse des Werkstücks "sprungweise" verschoben wird und zwischen den Vorschüben jeweils das Werkstück umfährt und dabei fräsend bearbeitet (Anlage K 23, S. 1 r. Sp.; vgl. auch Figur 1). Nach einer zweiten Alternative ist es möglich den Spindelvorschub ständig eingeschaltet zu lassen, so dass schraubenlinienähnlich verlaufende Abschälungen des Werkstücks entstehen (Anlage K 23, S. 2 li. Sp., Abs. 1; vgl. auch Figur 2). Die letztgenannte Variante hat nach Angaben der Entgegenhaltung den Nachteil, dass auf der Bildvorlage die Abtastzelle an den Schnittpunkten der Umrisslinien verschiedene Wege vorfinden und mit großer Wahrscheinlichkeit in einem nicht richtigen Umriss einlaufen würde. Zur Lösung dieses Problems wird vorgeschlagen, die die Form des herzustellenden Werkstücks bestimmenden Umrisse jeweils einzeln auf einen Filmstreifen zu übertragen und die nebeneinanderliegenden Umrisse nacheinander von der Photozelle abtasten zu lassen. Da der Filmstreifen jeden Umriss für einen einmaligen Umlauf des Werkzeugs um das Werkstück separat enthält, können darin keine Überschneidungen vorkommen. Der Filmstreifen wird dann jeweils nach einem Umlauf der photoelektrischen Zelle um einen Umriss bzw. um ein Bild weitergeschaltet (Anlage K 23, S. 2 li. Sp.). Nachfolgend werden zur weiteren Veranschaulichung die Figuren 1 bis 5 der Patentschrift wiedergegeben:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Die Entgegenhaltung nimmt die Lehre aus Patentanspruch 1 des Streitpatents nicht vorweg. In Zusammenhang mit einem Steuerungsverfahren zur Herstellung eines Werkstücks wird zwar die fräsende Bearbeitung eines Propellerflügels offenbart. Die in Figur 1 dargestellten, über "sprungartige" axiale Bewegungen des Fräswerkzeugs miteinander verbundenen zweidimensionalen kreisförmigen Führungsbahnen sind jedoch keine spiralförmigen Führungsbahnen im streitpatentgemäßen Sinne, weil nicht ersichtlich ist, dass diese in der jeweiligen Schnittebene (so wie dies in Figur 2a des Streitpatents beispielhaft dargestellt ist) spiralförmig verlaufen. Die aus Figur 2 ersichtliche dreidimensionale wendelförmige Führungsbahn, entlang derer das Fräswerkzeug geführt wird, ist zwar spiralförmig. Es handelt sich jedoch um einen einmaligen Umlauf des Werkzeugs um das Werkstück, so dass das Fräswerkzeug konturfolgend und damit nicht von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Propellerflügels bewegt wird.

d) Die US-Patentschrift 4 747 236 (Anlage K 28) betrifft ein Verfahren für die spanende Bearbeitung von Oberflächen mit nichtkreisförmigen Querschnitten, insbesondere von Nockenwellen. Die nachfolgend wiedergegebene Figur 5 stammt aus der Entgegenhaltung.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Die Zeichnung zeigt die Führungsbahn entlang derer eine in dieser Figur nicht wiedergegebene rotierende Schleifscheibe einen gleichfalls rotierenden Nocken 18 bearbeitet. Beginnend an dem Kontaktpunkt 40 weist die Führungsbahn bis zum Kontaktpunkt 41 zunächst die Form einer archimedischen Spirale auf. Nach dessen Erreichen wird die Nocke konturfolgend mit gleichbleibender Schnitttiefe bis zum Kontaktpunkt 41a überschliffen. Die derart definierte Führungsbahn kann beliebig wiederholt werden bis die gewünschte Nockenkontur erreicht ist (Anlage K 28, Sp. 5, Z. 48 ff.; Übersetzung, S. 8).

Die Entgegenhaltung offenbart kein Fräsverfahren zur Herstellung einer Turbinenschaufel aus einem beliebigen Rohteil. Darüber hinaus wird das Werkzeug nicht entlang einer Führungsbahn von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils (Nocken) geführt, sondern konturfolgend bearbeitet.

e) Die Veröffentlichung der RIGID Limited "RBS Rigid Blade Software - NC Turbine Blade Milling" aus dem Jahre 1984 (Anlage K 29) betrifft Software für die Steuerung von Werkzeugmaschinen, mit der auf NC-gesteuerten Werkzeugmaschinen Turbinenschaufeln gefräst werden können. Auf Seite 2 der (von der Klägerin lediglich in unscharfer Ablichtung vorgelegten) Veröffentlichung findet sich folgende (verkleinert wiedergegebene) bildliche Darstellung:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Auf Seite 4, linke Spalte der Anlage K 29 wird sodann unter anderem unter der Überschrift "Spiral Perimeter Milling" ("Spiral-Umfangs-Fräsen") ausgeführt, dass dieser Werkzeugbahn-Typ für das Schruppen der Schaufel ("blade roughing") und das Schlichten des Radienbereiches ("fillet area finishing") genutzt wird. Spiral-Umfangsfräsbahnen können an einzelnen Stellen, in Bereichen oder über die gesamte Schaufel generiert werden.

Die Entgegenhaltung lässt nicht mit der erforderlichen Eindeutigkeit erkennen, ob das Fräswerkzeug entlang einer Führungsbahn arbeitet, die von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur der Turbinenschaufel führt oder ob diese bei jedem Bearbeitungsgang lediglich der jeweiligen Sollkontur folgt. Weder der oben wiedergegebenen bildlichen Darstellung noch der genannten Textstelle ist zu dieser Frage eine klare Aussage zu entnehmen, wie auch der gerichtliche Sachverständige bei seiner Anhörung bestätigt hat.

f) Die US-Patentschrift 4 521 860 (Anlage K 31) betrifft ein erweitertes Verfahren zur Nutzung von Unterprogrammen für NC-gesteuerte Bearbeitungsmaschinen. Damit können Bohr- und Fräszyklen, insbesondere das Fräsen von Taschen, gesteuert werden. Die nachfolgend wiedergegebene, aus der Entgegenhaltung stammende Figur 8-3E zeigt das Fräsen einer Tasche mit einer Insel:

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Die Entgegenhaltung offenbart das streitpatentgemäße Fräsverfahren nicht. Es wird eine Tasche und keine Turbinenschaufel fräsend hergestellt. Zudem beginnt die spiralförmige Führungsbahn nach einer (nicht gezeigten) Vorbohrung (vgl. Sachverständigengutachten, S. 86) im Rohteil und führt damit von der durch die Vorbohrung erreichten Position - und damit nicht von der Außenkontur des Rohteils - zur Kontur des Fertigteils. Die Führungsbahn zur Schaffung der Insel setzt sich aus nicht kontinuierlichen Bahnstücken zusammen (Sachverständigengutachten, S. 86).

g) In dem Referenzhandbuch Mastercam Fräsen Version 7 (Anlagen K 11 und K 11.1) von Juni 1998 wird unter der Bezeichnung "Blendspirale" die Zeichnung einer spiralförmigen Fräsbahn einer Taschenbearbeitung gezeigt (aaO, S. 167) und dahin erläutert, dass bei einer Blendspirale die Tasche durch schrittweises Interpolieren zwischen der Außenbegrenzung und der Insel geschruppt wird und diese Option nur mit einer Insel verwendet werden kann (aaO, S. 166). Die Entgegenhaltung offenbart kein Fräsverfahren zur Herstellung einer Turbinenschaufel aus einem beliebigen Rohteil. Die Fräsbahn, entlang derer das Werkzeug arbeitet, wird darüber hinaus nicht von der Außenkontur eines Rohteils zur Kontur des Fertigteils geführt. Vielmehr beginnt die spiralförmige Führungsbahn des Fräswerkzeugs nach einer Rampen- oder Helixfahrt (vgl. Anlage K 11.1, S. 170 f.) in dem Rohteil, um von da aus zur Kontur des Fertigteils zu führen.

h) Das Handbuch zur Software "hyperMILL V4 SOLO.CAM" (Anlagen K 2 bzw. K 2.1), von dem die Klägerin behauptet, dass sie dieses in mehr als 100 Exemplaren Ende 1997/ Anfang 1998 an Kunden im In- und Ausland ausgeliefert habe, offenbart auf den Seiten 11-26 und 11-27 jeweils einen Pyramidenstumpf, dessen letztes Aufmaß mittels Finishing abgespant wird. Insoweit zeigt die obere Darstellung auf Seiten 11-26 eine in eng aufeinander folgenden Ebenen verlaufende Führungsbahn, An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

während sich aus dem oberen Bild auf Seiten 11-27 eine spiralförmige Führungsbahn in z-Richtung ergibt.

An dieser Stelle befindet sich eine Abbildung.

Wie der gerichtliche Sachverständige überzeugend ausgeführt hat, ist aus Sicht des Fachmanns in beiden Zeichnungen ein Endbearbeitungsverfahren dargestellt, bei dem das Fräswerkzeug konturfolgend eingesetzt wird (Gutachten, S. 61). Es handelt sich demnach nicht um ein Verfahren, bei dem das Werkzeug entlang einer Führungsbahn von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils arbeitet. Dem Handbuch zur weiterentwickelten Software "hyperMILL SOLO CAM 4.1" (Anlage K 7), welches Ergänzungen und Weiterungen der Version V4.1 gegenüber der Version 4 enthält, können keine relevanten Erkenntnisse entnommen werden, die über das vorstehend zum Handbuch "hyperMILL V4 SOLO.CAM" (Version 4) Ausgeführte hinausgehen. Gleiches gilt für die nach den Angaben der Klägerin mit der Software "hyperMILL SOLO.CAM 4.1" generierten Screenshots 29 bis 32 (Anlagen K 3 und E 8), die offensichtlich eine der Sollkontur der zu erzeugenden Turbinenschaufel folgende Bearbeitung des Rohteils mit einem großen Fräswerkzeug zeigen.

Ob dies im Ergebnis auch für die mit der Software "hyperMILL SOLO.CAM 4.1" generierten Screenshots 47 bis 49 (Anlagen K 3 und E 8) gilt, bedarf mangels Entscheidungserheblichkeit keiner abschließenden Feststellung. Denn die Klägerin hat jedenfalls nicht schlüssig und substantiiert dargetan und es lässt sich auch sonst nicht feststellen, dass die Inhalte der Screenshots bereits vor dem Anmeldetag des Streitpatents der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind (Art. 54 Abs. 2 EPÜ). Es mag sein, dass es die Software "hyperMILL SOLO.CAM 4.1", die nach dem Vorbringen der Klägerin ab Mai 1998 auf den Markt gebracht worden sein soll, den fachlich vorgebildeten Käufern ermöglicht hat, nach Eingabe bestimmter Befehlsfolgen spiralförmige Führungsbahnen zum Fräsen von Turbinenschaufeln zu generieren. Daraus folgt jedoch nicht, dass diese Käufer die in den genannten Screenshots gezeigten Führungsbahnen tatsächlich auch erzeugt haben oder zumindest Kenntnis davon erlangt haben, dass derartige Führungsbahnen erzeugt werden konnten, oder eine derartige Kenntnis erlangen konnten.

Anhaltspunkte dafür, dass Käufer tatsächlich die in den genannten Screenshots gezeigten Führungsbahnen generiert haben, sind nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Durch die beiden Handbücher, die nach Angaben der Klägerin mit der Software an die Käufer verteilt wurden, wurden diese zwar zur Generierung konturfolgender spiralförmiger Führungsbahnen angeregt, nicht aber zur Erzeugung von Führungsbahnen nach Maßgabe der Lehre des Streitpatents. Auf die obigen Ausführungen zu den Seiten 11 bis 26 und 11 bis 27 des Handbuchs "hyperMILL V4 SOLO.CAM" (Anlagen K 2 bzw. K 2.1) wird Bezug genommen. Darüber hinaus kann auch nicht festgestellt werden, dass die Käufer bzw. die bei diesen tätigen Fachleute auf Schulungen, an welchen diese nach dem Vorbringen der Klägerin vor der Inbetriebnahme der installierten und freigeschalteten Software teilgenommen haben, darauf hingewiesen wurden, dass mit der Software die in den genannten Screenshots gezeigten Führungsbahnen für die fräsende Herstellung von Turbinenschaufeln erzeugt werden können. Die Klägerin hat zum Gegenstand der Schulungen lediglich ausgeführt, dass die Käufer bzw. deren Fachleute mit den Grundbegriffen und ausführbaren Features der Software "hyperMILL SOLO.CAM V4.1" vertraut gemacht worden seien. Dieses Vorbringen lässt völlig offen, ob auch die Darstellungen in den Screenshots 47 bis 49 in den Schulungen vorgestellt und damit der Öffentlichkeit zugänglich gemacht worden sind.

2. Der Gegenstand von Patentanspruch 1 in der erteilten Fassung beruht auf einer erfinderischen Tätigkeit (Art. 86 EPÜ).

Wie dargelegt, waren im Stand der Technik zwar mehrere Verfahren zur Herstellung von Turbinenschaufeln im Fräsverfahren bekannt, wie sich insbesondere aus der französischen Patentschrift 2 287 962 bzw. der parallelen US-Patentschrift 4 031 809 und der parallelen deutschen Offenlegungsschrift 25 44 612 (Anlagen K 4, K 4.1 und K 4.2), der Veröffentlichung der RIGID Limited "RBS Rigid Blade Software - NC Turbine Blade Milling" (Anlage K 29) und dem Handbuch zur Software "hyperMILL V4 SOLO.CAM" (Anlagen K 2 bzw. K 2.1) ergibt. Zudem war aus den genannten Vorveröffentlichungen bekannt, mit dem Fräswerkzeug auf einer wendelförmigen und damit im Sinne der Lehre des Streitpatents auch spiralförmigen Führungsbahn zu arbeiten. Die Verfahren aus dem Stand der Technik unterscheiden sich jedoch von dem Gegenstand des Patentanspruchs 1 dadurch, dass das Fräswerkzeug jeweils entlang der Sollkontur der zu erzeugenden Turbinenschaufel geführt wurde und nicht - wie erfindungsgemäß vorgesehen - entlang einer spiralförmigen und kontinuierlichen Führungsbahn von der Außenkontur des Rohteils zu der Kontur der Turbinenschaufel.

Eine Anregung, von der herkömmlichen konturfolgenden Verfahrensweise im Sinne der Lehre des Streitpatents abzuweichen, fand sich aus Sicht des Fachmanns nicht in dem Lehrbuch von Schulz über das "Hochgeschwindigkeitsfräsen metallischer und nichtmetallischer Werkstoffe" aus dem Jahre 1989 (Anlage E 10). Dort heißt es zwar an den von der Klägerin im Verhandlungstermin zitierten Stellen, dass die konventionelle Frässtrategie einen zeilenförmigen Fräsbahnverlauf beinhalte, der primär in eine Richtung verlaufe und sukzessive abgearbeitet werde, wofür ein häufiges Anhalten und Neuanfahren der Vorschubeinheiten typisch sei, das zusätzliche Zeit beanspruche, und demgegenüber bei einer neuen Frässtrategie sich das Werkzeug ständig im Eingriff befinde und die zu bearbeitende Fläche auf einem kontinuierlichen Weg abgefräst werde (Anlage E 10, S. 295 Abs. 1). Die damit erkannte Vorteilhaftigkeit einer kontinuierlichen Führungsbahn enthält für den Fachmann jedoch nicht die konkrete Handlungsanweisung, beim Fräsen der Turbinenschaufel die konturfolgende Führungsbahn zugunsten einer von der Außenkontur des Rohteils zur Kontur des Fertigteils führenden spiralförmigen und kontinuierlichen Führungsbahn aufzugeben. Das gilt auch dann, wenn die weitere von der Klägerin genannte Stelle aus dem Lehrbuch von Schulz berücksichtigt wird, wonach durch das kontinuierliche Fräsen neben kürzeren Bearbeitungszeiten auch günstigere Verhältnisse im Hinblick auf die Maschinenbelastung, die thermischen Einflüsse und die Zykluszeit der Steuerung erreicht wird (Anlage E 10, S. 301 Abs. 1). Auch damit ist der erfindungsgemäße Verlauf der Führungsbahn weder benannt noch nahe gelegt.

Einen solchen Hinweis konnte der Fachmann überdies nicht der US-Patentschrift 4 747 236 (Anlage K 28) entnehmen. Die dort für die spanende Bearbeitung eines Nockens durch eine Schleifscheibe in Figur 5 offenbarte Führungsbahn ist lediglich auf dem Teilstück zwischen den Punkten 40 bzw. 40a und den Punkten 42 bzw. 42a spiralförmig ausgestaltet, um die ansonsten konturfolgenden Teilstücke zwischen den Punkten 42 und 40a bzw. 42a und 40b im Sinne einer Rampenfahrt miteinander zu verbinden, wie auch der gerichtliche Sachverständige bei seiner Anhörung erläutert hat. Eine von der Außenkontur des Rohteils von der Kontur des Fertigteils führende Führungsbahn ist dem Fachmann damit weder offenbart noch nahegelegt. Das gilt erst Recht für die Herstellung von Turbinenschaufeln.

Eine solche Anregung findet sich für den Fachmann weiterhin nicht in der schweizerischen Patentschrift 177 989 (Anlage K 23), die im Hinblick auf ein Verfahren zur selbständigen Steuerung von Werkzeugen an Maschinen zur Bearbeitung von Werkstücken, insbesondere Propellerflügeln, in Figur 1 offenbart, das Werkstück mit dem Werkzeug in der Ebene fräsend zu umfahren und sodann mit dem Werkzeug zur nächsten Schnittebene zu "springen" (Anlage K 23, S. 1 r. Sp., Abs. 2), und in Figur 2 vorschlägt, das Werkstück auf einer dreidimensionalen spiralförmigen Führungsbahn in einem einmaligen Umlauf zu bearbeiten (Anlage K 23, S. 2 li. Sp., Abs. 4). In beiden Varianten wird damit konturfolgend gearbeitet, was sich für den Fachmann auch daraus ergibt, dass es um die "fertige Bearbeitung" geht (Anlage K 23, S. 1 li. Sp.), wie der gerichtliche Sachverständige bei seiner Anhörung bestätigt hat.

Dem Fachmann wurde schließlich auch nicht durch die Entgegenhaltungen, die das Fräsen von Taschen beschreiben, wie die US-Patentschrift 5 378 091 (Anlage K 27), das Referenzhandbuch Mastercam Fräsen Version 7 (Anlagen K 11 und K 11.1) und die US-Patentschrift 4 521 860 (Anlage K 31), nahegelegt, das Fräswerkzeug von der Außenkontur eines Rohteils zur Kontur einer Turbinenschaufel entlang einer kontinuierlichen spiralförmigen Führungsbahn zu führen. Diese Entgegenhaltungen haben den Fachmann zwar gelehrt, Taschen in kontinuierlichen spiralförmigen Führungsbahnen zu fräsen. Die kontinuierliche spiralförmige Führungsbahn beginnt jedoch an einem Punkt, der nach einem Bohrvorgang in das Innere des Rohteils (also parallel zur z-Richtung), der auch in Form einer Rampenfahrt (also in z-Richtung und zugleich in x- oder y-Richtung verläuft) oder einer spiralförmigen Fahrt durchgeführt werden kann, erreicht worden ist, und führt von dort aus bis zur Kontur der Tasche, so wie dies in Figur 13 der US-Patentschrift 5 378 091 (Anlage K 27) und in den Figuren des Referenzhandbuchs Mastercam Fräsen Version 7 (Anlagen K 11 und K 11.1, S. 167) gezeigt und in den Beschreibungen der Entgegenhaltungen erläutert ist (Anlage K 27, Sp. 14, Z. 3 ff. [Rampenfahrt]; Anlage K 11.1, S. 170 f. [Helix- oder Rampenfahrt]). Die kontinuierliche spiralförmige Führungsbahn verläuft also nicht von einer Kontur (der Außenkontur des Rohteils) zu einer anderen Kontur (der Kontur der Tasche), sondern von einem durch Bohren erreichten Punkt im Inneren des Rohteils zur Kontur der Tasche. Eine Anregung für den Fachmann, der die Außenkontur eines Rohteils fräsend bearbeiten möchte, um daraus die Kontur einer Turbinenschaufel zu schaffen, ergibt sich daraus nicht, wie auch der gerichtliche Sachverständige (für Turbinenschaufeln) bei seiner Anhörung bestätigt hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 121 Abs. 2 Satz 2 PatG i.V.m. §§ 92, 97 ZPO.

Scharen Mühlens Berger Grabinski Hoffmann Vorinstanz:

Bundespatentgericht, Entscheidung vom 14.11.2006 - 4 Ni 56/04 (EU) -






BGH:
Urteil v. 02.03.2010
Az: X ZR 21/07


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VG Wiesbaden, Urteil vom 19. November 2008, Az.: 5 K 243/08.WI(V)BPatG, Beschluss vom 27. September 2006, Az.: 28 W (pat) 55/06OLG Hamm, Urteil vom 16. März 2010, Az.: 4 U 195/09LAG Hamm, Beschluss vom 8. März 2006, Az.: 13 TaBV 190/05BPatG, Beschluss vom 8. Juni 2004, Az.: 33 W (pat) 288/03BPatG, Beschluss vom 28. November 2007, Az.: 26 W (pat) 153/04BGH, Beschluss vom 18. September 2001, Az.: X ZB 19/00OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 6. September 2007, Az.: 16 E 707/07BPatG, Beschluss vom 13. September 2006, Az.: 26 W (pat) 123/05BPatG, Beschluss vom 7. Oktober 2002, Az.: 30 W (pat) 165/02